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Franzien ist der deutsche Ausdruck der zur Bezeichnung der in lateinisch Francia genannten westfrankisch franzosischen Region eingefuhrt wurde um diese von der ostfrankisch deutschen Francia dem heutigen Franken unterscheiden zu konnen Geographisch entsprach Franzien grob beschrieben dem Raum des heutigen Frankreichs nordlich der Loire Inhaltsverzeichnis 1 Name und Lage 2 Das westfrankische Herzogtum Franken 3 Die Francia seit dem hohen Mittelalter 4 Literatur 5 EinzelnachweiseName und Lage Bearbeiten nbsp Die Ausdehnung der neustrischen Francia die in der deutschen Geschichtsliteratur als Franzien bezeichnet wird Der ethnographische Begriff Francia beschreibt im engeren Sinn den gesamten Siedlungsraum des germanischen Stammes der Franken Franci sowohl vor als auch nach der Volkerwanderungszeit Das ursprungliche Stammland der Franken wird dabei als Austrasien Austrasia bezeichnet welches sich am Ostufer der Schelde erstreckte Das in der Volkerwanderung hinzugewonnene Gebiet wurde Neustrien Neustria genannt und umfasste in etwa alles Land nordlich der Loire bis zum Armelkanal mit der Maas und Schelde als Grenze im Osten und der Bretagne im Westen Noch im 9 Jahrhundert war der Begriff Francia fur das Gebiet zwischen Seine und Schelde reserviert so etwa bei dem Dichter Abbo von Saint Germain des Pres wahrend ab dem 10 Jahrhundert die gesamte Neustria in die Francia mit einbezogen wurde Die in die Neustria zugezogenen Franken waren dort auf eine bereits fest verankerte galloromische Kultur gestossen in der sie sich integrierten wahrend die Franken der Austrasia ihrem germanischen Charakter weitgehend treu geblieben waren Im frankischen Reich der Merowinger wurden beide Regionen in den haufig auftretenden Reichsteilungen mehrfach voneinander separiert und wieder zusammengefuhrt Dauerhaft wurde die Francia in der Reichsteilung von Verdun im Jahr 843 getrennt indem die neustrische dem westfrankischen und die austrasische dem mittel hier die heutigen Niederlande Belgien und Lothringen und dem ostfrankischen Reich hier das heutige Franken zugesprochen wurde Beide Regionen wurden umgangssprachlich weiterhin als Francia bezeichnet was in ihrer Betrachtung schnell zu Verwechslungen fuhren kann Die neustrische Francia war im westfrankischen Reich das Kronland der Konigsdynastie der Karolinger wie auch ihrer Konkurrenten aus der Sippe der Robertiner Hier befanden sich also ihre Machtzentren um Laon Senlis Orleans Noyon und schliesslich Paris Im spaten 9 und fruhen 10 Jahrhundert zerfiel die regionale Einheit der Francia in der einsetzenden Feudalisierung in mehrere Feudalterritorien wie zum Beispiel dem Anjou Maine Vermandois der Champagne und Flandern Mit der Normandie entstand auf dem Gebiet der neustrischen Francia ab 911 sogar eine Landschaft mit einem eigenstandigen ethnischen Charakter deren Bevolkerung deshalb neben den Franken Burgundern Aquitaniern Bretonen Goten und Basken als eine der sieben gentes anerkannt wird aus der sich die franzosische Nation herausbildete 1 Das westfrankische Herzogtum Franken Bearbeiten Herzog von Franzien ist die deutsche allerdings ungluckliche Ubersetzung des lateinischen Titels dux Francorum Herzog der Franken Diesen Titel fuhrten im 10 Jahrhundert die Familienoberhaupter der Robertiner die Vorfahren des spateren franzosischen Herrschergeschlechts der Kapetinger In alterer Literatur wird haufig irrtumlich behauptet dass bereits die fruhsten Vertreter der Robertiner Robert der Tapfere 866 Odo Konig 888 898 und Robert I Konig 922 923 diesen Titel getragen hatten Der einzige Beleg dafur ist jedoch eine nachweislich gefalschte undatierte Urkunde in der Konig Odo seinen Bruder Robert als dux Francorum bezeichnet Tatsachlich wurde der frankische Herzogstitel erst im Jahr 936 von Konig Ludwig IV dem Uberseeischen eigens fur den Robertiner Hugo Magnus Hugo der Grosse eingefuhrt Bereits in seinem ersten Amtsjahr hatte der Konig den politisch machtigen Hugo gleich in drei Urkunden als dux Francorum benannt wohl in Anerkennung fur dessen Unterstutzung bei der Thronbesteigung des aus dem angelsachsischen Exil heimkehrenden Ludwig Hugo selbst benutze den Titel erstmals selbst im darauffolgenden Jahr in seinen Urkunden Die genaue staatsrechtliche Bedeutung des Begriffs dux Francorum ist umstritten Zwei Deutungen stehen sich dabei gegenuber Nach der einen ist dux Francorum in Analogie zu rex Francorum Konig der Franken dem Titel der westfrankischen Konige zu verstehen und bedeutet eine Art Vizekonigtum eine Zustandigkeit fur das gesamte Reich Demnach stand der robertinische Frankenherzog zwischen dem karolingischen Frankenkonig und den ubrigen nachgeordneten Vasallen Er hatte damit also der Stellung ahnlich derjenigen der karolingischen Hausmeier in der Spatphase des Merowingerreichs entsprochen Eine solche Position haben die Robertiner Hugo Magnus und dessen Sohn Hugo Capet tatsachlich angestrebt und zeitweilig faktisch innegehabt In einer Urkunde von 936 stellte Konig Ludwig fest er handle auf den Rat unseres geliebtesten Hugo des Frankenherzogs der in allen unseren Reichen der Zweite nach uns ist nbsp Bei der Thronbesteigung Hugo Capets im Jahr 987 war die alte neustrische Francia bereits in mehrere Feudalterritorien wie Anjou Champagne Vermandois Flandern und Normandie zerfallen Der Konig konnte nur noch uber sein Kronland Krondomane blau unmittelbar herrschen Die andere Deutung die sich auf den gangigen Sprachgebrauch der erzahlenden Quellen stutzt besagt dass sich der Titel dux Francorum nicht auf das ganze Westfrankenreich bezog sondern nur auf einen bestimmten Reichsteil eben dem der Francia entsprechend zu den bereits bestehenden Herzogtumern von Burgund und Aquitanien Flodoard von Reims war der erste der von einem ducatus Franciae Herzogtum Franken schrieb welches Hugo Magnus im Jahr 943 von Konig Ludwig IV ubertragen bekam 2 Dieser Deutung nach waren die dux Francorum also vom Rang nach die den Grafen der Francia ubergeordneten Oberherren gewesen selbst nur dem Konig zur Gefolgschaft verpflichtet Vermutlich aber schwankte der Begriff zwischen der weiteren und der engeren Bedeutung moglicherweise wurde dies auch bewusst im Unklaren gelassen Die Grafen von Vermandois fuhrten den Titel comes Francorum Graf der Franken um formell den dritten Rang im Westfrankenreich zu beanspruchen Tatsachlich forderten sie ihre Ebenburtigkeit einerseits mit den Robertinern andererseits mit den Karolingern von denen die Grafen von Vermandois in direkter Linie abstammten Die Francia seit dem hohen Mittelalter BearbeitenDer frankische Herzogstitel erlosch im westfrankischen Reich mit der Wahl seines zweiten und letzten Tragers Hugo Capet zum Konig im Jahr 987 Er wurde nie wieder vergeben und doch blieb der Frankenbegriff neben der koniglichen Titulatur auch als geografischer Raumname weiterhin im umgangssprachlichen Gebrauch sowohl fur das Land nordlich der Loire im weiteren Sinn als auch fur das dort vom Konig unmittelbar beherrschte Gebiet dem Kronland welches ihm nach der bereits voll abgeschlossenen Feudalisierung des westfrankischen Konigreichs als Eigenbesitz geblieben war So ruhmte einerseits im spaten 11 Jahrhundert Guibert von Nogent den aus der Champagne stammenden Papst Urban II seiner Herkunft aus der Francia wahrend im 12 Jahrhundert Suger von Saint Denis berichtete wie Konig Ludwig VI den gefangen genommenen rebellischen Burgherrn Aymon II von Bourbon in die Francia das Kronland uberstellen liess 3 Das Kronland zu dem die Champagne selbst nicht gehorte konzentrierte sich raumlich um die alten Konigssitze Orleans Paris und Senlis und wurde seit der Neuzeit als Ile de France Insel von Frankreich oder Insel Franziens bezeichnet Noch heute heisst so die den Ballungsraum von Paris umfassende Region womit der Frankenbegriff auch im modernen Frankreich als Regionalname erhalten geblieben ist freilich ohne dass er vom Sprecher des Franzosischen noch wahrgenommen wird Die Franken heissen auf Franzosisch Francs im Unterschied zu den Francais den Franzosen Franken aus der deutschen Region Franken im heutigen Bayern sind dagegen franconiens Neben der Region selbst blieb der Frankenname freilich dem gesamten Reich der rex Francorum erhalten indem er eine Wandlung von seiner ethnografischen zur geographischen Definition Franciae Frankenland ins deutsche als Frank en reich ubersetzt vollzog und den Raum der gesamten ehemaligen romischen Gallia beschrieb Als rex Franciae titulierte sich erstmals Konig Philipp II August 1179 1223 Vom lateinischen Begriff Francia leitet sich der Name Frankreichs in den romanischen Sprachen ab in Portugiesisch Franca und in Rumanisch Franța wahrend er in Spanisch und Italienisch noch dem ursprunglichen lateinischen Namen entspricht Im Franzosischen wurde aus Francia France Literatur BearbeitenHelmut Reimitz Neustria In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 21 Walter de Gruyter Berlin New York 2002 ISBN 3 11 017272 0 S 126 131 Margret Lugge Gallia und Francia im Mittelalter Untersuchungen uber den Zusammenhang zwischen geographisch historischer Terminologie und politischem Denken vom 6 15 Jahrhundert in Bonner historische Forschungen Bd 15 1960 S 169 173 Walther Kienast Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland 9 bis 12 Jahrhundert in Historische Zeitschrift 203 1968 S 532 580 Joachim Ehlers Elemente mittelalterlicher Nationenbildung in Frankreich 10 13 Jahrhundert in Historische Zeitschrift 231 1980 S 565 587Einzelnachweise Bearbeiten siehe Kienast S 538 Flodoard von Reims Annales chronica et historiae aevi Saxonici hrsg von Georg Heinrich Pertz in Monumenta Germaniae Historica SS 3 1839 S 390 Suger von Saint Denis Vita Ludovici VI regis Philippi filii qui grossus dictus hrsg von Leopold Deslisle in Recueil des Historiens des Gaules et de la France 12 1877 S 43 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Franzien amp oldid 231078298