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Die Fossillagerstatte Sieblos ist eine bedeutende Lagerstatte fossiler Pflanzen und Tiere bei Sieblos einem Ortsteil von Poppenhausen in der Rhon Mit einem Alter von 33 Millionen Jahren stellt sie entwicklungsgeschichtlich ein sonst in Deutschland nicht prasentes Bindeglied zwischen den Formationen von Messel und Rott dar Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Bergbau 3 Fundgeschichte 4 Funde 5 Literatur 6 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenVor 33 Millionen Jahren im fruhen Oligozan befand sich an der Stelle des heutigen Sieblos ein waldumstandener Susswassersee mit einer vegetationsreichen Uferzone Er war Teil einer Seenlandschaft in einem Einbruchsgebiet das durch das Eindringen von Oberflachenwasser in Schichten loslicher Gesteine des Zechsteins entstanden war 1 Das Klima war in dieser Zeit subtropisch bis tropisch also deutlich warmer als heute Der See war in seinem spaten Stadium sauerstoffarm Auf den Grund gesunkene Tierkadaver und Pflanzenreste konnten deshalb nicht mehr verwesen was zur Bildung von Faulschlamm fuhrte Im Verlaufe von Jahrmillionen entstand daraus Dysodil auch Papier oder Blatterkohle genannt Dysodil besteht fast vollstandig aus organischer Substanz und den Skeletten von Kieselalgen und hat pflanzliches und tierisches Material oft hervorragend konserviert Durch den vor 25 Millionen Jahren in der Rhon einsetzenden Vulkanismus wurden die Sedimente vor dem Abtragen bewahrt Bergbau BearbeitenAuf der Suche nach Kaolin fur die Fuldaer Porzellanmanufaktur stiess man 1846 sudostlich der Ortschaft Sieblos auf die dortigen Papierkohlevorkommen 1856 begann der Abbau von Dysodil und bituminosen Schiefertonen die zur Destillation von Teer und zur anschliessenden Produktion von Solarol als Brennmittel fur Petroleumlampen verwendet wurden Die Grube arbeitete nicht wirtschaftlich und wechselte mehrfach den Besitzer Der Abbau wurde mehrmals unterbrochen bis er 1919 endgultig eingestellt wurde 2 Fundgeschichte Bearbeiten nbsp Gedenkstein Ernst HassencampEtwa ab 1858 begann Ernst Hassencamp 1824 1881 Apotheker in Weyhers Fossilien aus dem Abraum der Grube zu bergen und der wissenschaftlichen Fachwelt zur Verfugung zu stellen So wurden einzelne Stucke von bekannten Palaontologen wie Hermann August Hagen Oswald Heer Carl Heinrich Georg von Heyden oder Hermann von Meyer bearbeitet Hassencamps Sammlung von Sieblos Fossilien wurde vor 1865 vom Mineralogisch Geologischen Institut der Julius Maximilians Universitat Wurzburg erworben Im von Fridolin Sandberger veranlassten Katalog sind 254 Stucke Hassencamps aus der Sieblos Formation verzeichnet 3 In den 1980er Jahren sammelte erneut ein Hobby Palaontologe Fossilien aus der Abraumhalde Hugo Schubert 1914 2005 sammelte bis 1992 uber 8000 Einzelstucke darunter Erstnachweise fur Sieblos 4 Anfang 1993 schenkte er einen Teil seiner Sammlung der Gemeinde Poppenhausen Die schonsten Stucke sind dort seit 1995 im eigens geschaffenen Sieblos Museum zu sehen 1994 wurden unter der Leitung von Erlend Martini und Peter Rothe auf dem ehemaligen Grubengelande zwei Kernbohrungen vorgenommen Hierdurch konnten die Umstande der Entstehung der Fossillagerstatte Sieblos weitgehend geklart werden Funde BearbeitenUnter den pflanzlichen Fossilien sind besonders Seerosenblatter und samen haufig Es finden sich aber auch Reste von weiteren Bedecktsamern und deren Pollen sowie von Farnen und Koniferen An Tieren wurden vor allem Wasserasseln Fische und Schnecken gefunden Letztere gehoren uberwiegend zu den Arten Nystia chastelli und Gyraulus depressis Daneben treten Muscheln auf Muschelkrebse Ostracoda kommen zuweilen in Massen vor Wasserasseln haufig der Art Eosphaeroma obtusum sind zum Teil bemerkenswert gut erhalten Die nachstverwandte rezente Gattung ist Sphaeroma Unter den Insekten sind in der Sieblos Formation Kafer Wasserwanzen Zweiflugler und Libellen gefunden worden Fur letztere hat Anton Handlirsch 1865 1935 eine eigene Familie Sieblosiidae errichtet Das bei weitem am haufigsten vertretene Wirbeltier ist der barschartige Fisch Smerdis sieblosensis Die relativ selten gefundenen Amphibien sind zumeist Frosche der Arten Palaeobatrachus gracilis und Rana sieblosensis Weiterhin wurden Reste von Krokodilen Schildkroten Eierschalen Vogeln und Fledermausen sowie der Schadel eines kleinen Saugetiers entdeckt das mit dem heutigen Hirschferkel verwandt ist 1 Es wurden etliche Nannofossilien wie Kieselalgen und Olalgen nachgewiesen Literatur BearbeitenGunter Bechly Fossile Libellennachweise aus Deutschland Odonatoptera In Brockhaus T et al Atlas der Libellen Deutschlands Odonata Libellula Supplement 14 2015 S 423 464 PDF Gerd Geyer Sieblos Schichten In Gerd Geyer Geologie von Unterfranken und angrenzenden Regionen Klett Perthes Verlag Gotha 2002 S 365 368 Frank Gumbel Fossillagerstatte Sieblos Schaufenster im Alttertiar ein Susswassersee vor ca 35 Millionen Jahren In Mitteilungen aus dem Biospharenreservat Rhon 17 2012 S 7 12 PDF Hermann August Hagen Zwei Libellen aus der Braunkohle von Sieblos In Palaeontographica Beitrage zur Naturgeschichte der Vorwelt 5 Funfte Lieferung vom Dezember 1858 Cassel 1855 1858 S 121 124 Digitalisat Hermann August Hagen Petalura acutipennis aus der Braunkohle von Sieblos In Palaeontographica Beitrage zur Naturgeschichte der Vorwelt 8 Erste Lieferung vom Oktober 1859 Cassel 1859 1861 S 22 26 Digitalisat Carl von Heyden Fossile Insekten aus der Braunkohle von Sieblos In Palaeontographica Beitrage zur Naturgeschichte der Vorwelt 5 Funfte Lieferung vom Dezember 1858 Cassel 1855 1858 S 115 120 Digitalisat Carl von Heyden Fossile Insekten aus der Braunkohle von Sieblos Nachtrag In Palaeontographica Beitrage zur Naturgeschichte der Vorwelt 8 Erste Lieferung vom Oktober 1859 Cassel 1859 1861 S 15 17 Digitalisat Ralf Kohring und Joachim Reitner Fossilien aus dem Oligozan von Sieblos Rhon In Fossilien Band 8 1991 S 359 366 Digitalisat PDF 4 4 MB Erlend Martini und Peter Rothe Hrsg Die alttertiare Fossillagerstatte Sieblos an der Wasserkuppe Rhon Hessisches Landesamt f Umwelt u Geologie Wiesbaden 1998 ISBN 978 3 89531 806 1 Hermann von Meyer Palaeoniscus obtusus ein Isopode aus der Braunkohle von Sieblos In Palaeontographica Beitrage zur Naturgeschichte der Vorwelt 5 Funfte Lieferung vom Dezember 1858 Cassel 1855 1858 S 111 114 Digitalisat Carl Friedrich Zincken Die Braunkohle und ihre Verwendung Erster Teil Die Physiographie der Braunkohle Rumpler Hannover 1867 Digitalisat Carl Friedrich Zincken Erganzungen zu der Physiographie der Braunkohle Mentzel Leipzig 1878 Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten a b Erlend Martini Die Forschungsbohrungen Sieblos 1994 PDF 389 kB 1995 Stand 27 Januar 2009 Brigitte Pflug Die Geschichte zur Entstehung des Sieblos Museums Poppenhausen Memento vom 14 Januar 2016 im Internet Archive PDF 446 kB Hugo Schubert Ernst Hassencamp wissenschaftlicher Entdecker der Fossillagerstatte Sieblos Museumsbrief Nr 06 Ausgabe 2 1997 abgerufen am 10 April 2018 Peter Rothe Martin Wittig Hugo Schubert Jetzt mach ich Kohle Museumsbrief Nr 04 Ausgabe 1 1996 abgerufen am 10 April 2018 50 49825 9 9193055555556 Koordinaten 50 29 53 7 N 9 55 9 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fossillagerstatte Sieblos amp oldid 233263791