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Unter Eingemeindung versteht man im deutschen Sprachgebrauch das Verschmelzen von zwei oder mehr Gemeinden wobei meist eine der ursprunglichen Gemeinden grosser als die anderen ist wahrend man bei gleich grossen Gemeinden eher von Zusammenlegung spricht In Deutschland ist der Begriff auch ein Rechtsbegriff im Kommunalrecht fur die Eingliederung von mindestens einer Gemeinde oder eines gemeindefreien Gebietes in eine bereits bestehende Gemeinde Die aufnehmende Gemeinde bleibt dabei bestehen die eingegliederte wird aufgelost und verliert ihre Rechtsfahigkeit Der Gegensatz ist die Ausgemeindung den Wechsel der Zugehorigkeit eines Gebietes von einer Gemeinde zu einer anderen nennt man Umgemeindung Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Rechtsfragen 3 Arten 4 Eingemeindungspolitik 5 Abgrenzung 6 Auswirkungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenEingemeindungen konnen das Ergebnis einer allgemeinen Gebietsreform sein oder auf einem nur fur diese Eingemeindung geltenden spezifischen Gesetz beruhen Eine weitere Moglichkeit der Gebietsreform stellt neben der Eingemeindung die Gemeindefusion dar Eine Gemeindefusion ist der Zusammenschluss mindestens zweier benachbarter Gemeinden zu einer neuen so dass die beteiligten Gemeinden ihre Existenz als Einzelgemeinden aufgeben und sich zu einer neuen Gemeinde zusammenschliessen 1 die samtliche offentlichen Aufgaben der bisherigen Gemeinden ubernimmt 2 Daher finden Gebietsreformen statt durch Entzug eines ganzen oder teilweisen Gemeindegebiets etwa durch Zusammenschluss Gemeindefusion oder Eingemeindung 3 und gleichzeitige Vergrosserung eines vorhandenen anderen Gemeindegebiets Stets ist mit einer Gebietsreform eine kommunale Neugliederung verbunden Der Sprachgebrauch der Neugliederung bezeichnet mit Gemeindefusion den Zusammenschluss etwa gleich grosser nahe zusammenliegender Gemeinden wobei die neue Gebietskorperschaft haufig einen Doppelnamen zusammengesetzt aus Namen der fusionierenden Gemeinden oder einen neuen Namen erhalt Gemeindefusionen gibt es als Zusammenschluss zu einer neuen Gemeinde oder als Eingemeindung in Form der Aufnahme einer Gemeinde in eine andere Gemeinde 4 Umfassende Gebietsreformen gehen stets von einer Landesregierung aus wahrend Eingemeindungen auf freiwilliger Grundlage auch zwischen den beteiligten Gemeinden stattfinden konnen Rechtsfragen BearbeitenDie Eingemeindung ist kein kommunalrechtlicher Begriff Vielmehr ist in 16 HessGemO vorgesehen dass aus Grunden des offentlichen Wohls Gemeindegrenzen geandert Gemeinden aufgelost oder neu gebildet werden konnen Dabei sind die beteiligten Gemeinden und Landkreise vorher zu horen Werden durch die Anderung von Gemeindegrenzen die Grenzen von Landkreisen beruhrt so bewirkt die Anderung der Gemeindegrenzen auch die Anderung der Kreisgrenzen Gemeindegrenzen konnen freiwillig durch Vereinbarung der beteiligten Gemeinden mit Genehmigung der zustandigen Aufsichtsbehorde geandert werden Die Vereinbarung muss von den Gemeindevertretungen der beteiligten Gemeinden mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreter beschlossen werden Nach 16 Abs 4 HessGemO konnen Gemeindegrenzen gegen den Willen der beteiligten Gemeinden nur durch Gesetz geandert werden Das gilt auch fur die Neubildung einer Gemeinde aus Teilen einer oder mehrerer Gemeinden Durch Eingemeindung wird das Ortsrecht der aufnehmenden Gemeinde ausgedehnt und das der beseitigten Gemeinde aufgehoben Arten BearbeitenEntweder gibt es die Eingemeindung durch Einigung der beteiligten Gemeinden mit einem nachfolgenden Ausspruch der Landesregierung uber die Anderung der Gemeindegrenzen oder bei fehlender Einigung die Eingemeindung durch Erlass eines Gesetzes 17 Abs 2 HessGemO Die erste Form stellt sich als offentlich rechtlicher Vertrag der beteiligten Gemeinden und der Ausspruch der Regierung als die staatliche Genehmigung dieses Vertrages unter dem Gesichtspunkt uberortlichen offentlichen Wohles dar Eine solche Genehmigung oder Bestatigung von Vertragen ist als Regelung eines Einzelfalles ein Verwaltungsakt Bei einer Eingemeindung gibt eine Gemeinde ihre rechtliche Eigenstandigkeit auf Die meistens kleinere Gemeinde B displaystyle B verliert ihre Selbstandigkeit A B A displaystyle A B A Die echte Gemeindefusion lasst dagegen aus zwei oder mehr bislang selbstandigen Gemeinden eine neue Gemeinde entstehen die einen neuen Gemeindenamen C displaystyle C erhalt A B C displaystyle A B C Formal wird auch die Mischform unterschieden bei der die neu erschaffene Gemeinde den gleichen Namen tragt wie eine der aufgelosten Gemeinden A B A displaystyle A B A Eingemeindungspolitik Bearbeiten Alter Grenzstein zwischen den einst getrennten Grossstadten Altona und Hamburg von 1896 der heute noch in der Brigittenstrasse seit 1938 im Hamburger Stadtteil St Pauli besteht Eine populare Form der Eingemeindung liegt vor wenn eine sich flachenmassig ausdehnende Stadt mit eigenstandigen Gemeinderechten versehene Vororte ubergangslos erreicht und diese von der grosseren Stadt eingemeindet werden Urbanisierung Im Verlauf der Urbanisierung des 19 Jahrhunderts entstanden Stadtrander keineswegs stets durch Stadterweiterungen im Sinne einer raumlichen Ausdehnung sondern auch durch Eingemeindungen von Vorstadten oder Dorfern 5 Haufig konnten erst durch Eingemeindungen grossere Stadte entstehen bzw die Stadtplanung entsprechend regionalubergreifend gestaltet werden wie etwa durch den Hobrecht Plan in Berlin ab 1862 Die Eingemeindungspolitik des Deutschen Reiches nach 1935 zielte darauf ab Eingliederungen in grossere Gemeinden mit uber 25 000 Einwohnern ab 1935 generell nur hinsichtlich derjenigen Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl durchzufuhren die schon einen urbanen Charakter trugen und mit der benachbarten sie aufnehmenden grosseren Stadt stadtebaulich wirtschaftlich und verkehrsmassig so eng verflochten waren dass sie zusammen mit dieser einen einheitlichen Ballungsraum bildeten 6 Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten erfolgten auch politisch motivierte Zwangseingemeindungen wie z B Eibingen im Rheingau in Rudesheim am Rhein Im Zuge der Gemeindereformen seit Ende der 1960er Jahre wurde die Zahl der Gemeinden in Westdeutschland durch Zusammenschlusse und Eingemeindungen von 24 282 1968 auf 8 513 2004 verringert Auch diese Zusammenschlusse erfolgten nicht immer nach dem Prinzip der Freiwilligkeit und sorgen teilweise noch heute fur Unmut in der Bevolkerung der ehemaligen Gemeinden Beispiel hierfur ist die durch das Koln Gesetz vom Januar 1975 geschaffene Voraussetzung zur Eingemeindung von Porz Rodenkirchen Lovenich Widdersdorf Esch und Pesch nach Koln durch die sich die Stadtflache um 44 und 43 km vergrosserte wahrend sich die Einwohnerzahl um 20 auf 996 000 erhohte 7 Diese Eingemeindung war der Grund dafur dass Koln zur Millionenstadt avancieren konnte In Ostdeutschland fanden in den 1990er und 2000er Jahren umfangreiche Gemeindegebietsreformen statt Neben dem bezweckten Wegfall kleinster Verwaltungseinheiten wurde dieses Mittel auch bei uberschuldeten Kommunen wie z B der Gemeinde Kittlitz Januar 2003 oder der Stadt Siebenlehn September 2003 in Sachsen angewandt In Osterreich wurden Eingemeindungen wahrend des 19 und 20 Jahrhunderts laufend durchgefuhrt So wurden in Wien die ehemaligen Vororte eingemeindet die noch kleiner waren als die heutigen Wiener Gemeindebezirke Aber auch bei anderen Stadten war das der Fall Bei den Gemeindereformen wurden meist mehrere kleinere Katastralgemeinden zu einer Grossgemeinde zusammengeschlossen Aufgrund des ausufernden Wachstums vor allem durch Einkaufszentren und Gewerbeflachen von Speckgurtelgemeinden rund um die Grossstadte Prominente Beispiele Wals bei Salzburg Rum bei Innsbruck Pasching bei Linz Seiersberg bei Graz Vosendorf bei Wien und des damit verbundenen Kaufkraftabflusses entstehen massive infrastrukturelle und wirtschaftliche Probleme fur die Regionen Raumordnungsexperten in Osterreich fordern seit langem neue Gemeindegebietsreformen stossen aber bei den Politikern weitgehend auf taube Ohren da das Raumordnungsmittel Eingemeindung oft als negativ verstanden wird In der Deutschschweiz konnten die Stadte St Gallen Winterthur Bern Biel und Thun durch Eingemeindung ihre Entwicklungsprobleme losen im Falle von Zurich erfolgte die Eingemeindung 1934 aufgrund stadtebaulicher Schwierigkeiten 8 In Belgien erfolgte im Jahr 1977 eine annahernd flachendeckende Neugliederung der belgischen Gemeinden um leistungsfahige Verwaltungsstrukturen zu schaffen Die Gesamtzahl der Gemeinden verringerte sich durch diese Gemeindegebietsreform von 2359 auf 596 Im deutschen Sprachgebiet wurden die zuvor 25 Gemeinden zu neun Grossgemeinden zusammengeschlossen Bullingen zum Beispiel umfasst nach der Neugliederung mit seinen 27 Ortsteilen eine Flache von uber 150 km grosser als Bonn Abgrenzung BearbeitenDie Gebietsreform legt grossflachig und gleichzeitig die Grenzen einer Vielzahl von Gemeinden Kreisen usw neu fest Eine Gemeindefusion ist dagegen der Zusammenschluss mindestens zweier benachbarter Gemeinden zu einer neuen wobei die neue Gemeinde samtliche offentlichen Aufgaben der bisherigen Gemeinden ubernimmt 9 und die bisherigen Gemeinden ihre rechtliche Existenz aufgeben Die Eingemeindung entzieht lediglich der aufgelosten Nachbargemeinde ihr Ortsrecht die aufnehmende Gemeinde wird ihr Rechtsnachfolger Auswirkungen BearbeitenEingemeindungen konnen sich vor allem auf Wohn und Geschaftssitz Wahlkreise Schulen Gemeindesteuern oder Sparkassen auswirken Allen gemeinsam ist ihre Abhangigkeit von einem Gemeindegebiet so dass eine Anderung eines Gemeindegebiets automatisch auch eine Veranderung dieser geografisch orientierten Rechtsinstitute zur Folge hat So fuhrten beispielsweise Gebietsanderungen aufgrund der Gebietsreform in Nordrhein Westfalen zu erheblichen Ubertragungen von Sparkassenzweigstellen 10 Durch die Gebietsreform in Nordrhein Westfalen vom Januar 1975 verlor die Kreissparkasse Koln KSK 26 Zweigstellen an die Stadtsparkasse Koln dieses Koln Gesetz brachte die Auflosung der ehemaligen Landkreise Koln und Bergheim mit sich die im Erftkreis aufgingen Die Ubertragung der nunmehr ausserhalb des Gewahrtragergebiets liegenden Zweigstellen der KSK wurde zum 30 Juni 1983 durch die Sparkassenaufsicht angeordnet Der Oberbergische Kreis wurde im Januar 1985 Mitglied des Sparkassenzweckverbandes wodurch die Kreissparkasse Waldbrol in der KSK Koln aufging im Dezember 1988 erhielt die KSK Koln acht Zweigstellen der Kreissparkasse Euskirchen Die beitretende Gemeinde fungiert nach einer Eingemeindung und nach Neugrundungen in der Regel als satzungsgemass festgelegter Orts oder Stadtteil der in der Regel den Namen der ursprunglichen Gemeinde fuhrt Diese Orts oder Stadtteile erhalten teilweise eine politische Vertretung den Ortsrat Ortsbeirat oder Stadtbezirksrat Je nach Grosse der Orts oder Stadtteile konnen mehrere ehemalige Gemeinden zu einer Ortschaft oder zu einem Stadtbezirk zusammengefasst werden Daneben mussen auch Strassennamen haufig umbenannt werden damit ein Strassenname nicht mehrmals in einer Gemeinde vorkommt Literatur BearbeitenPhilipp Hamann Gemeindegebietsreform in Bayern Entwicklungsgeschichte Bilanz und Perspektiven Utz Verlag Munchen 2005 ISBN 3 8316 0528 9 Hans Joachim von Oertzen und Werner Thieme Hrsg Die kommunale Gebietsreform Schriftenreihe Nomos Baden Baden 1980 1987 Landtag NRW Der Kraftakt Kommunale Gebietsreform in Nordrhein Westfalen Dusseldorf 2005 Schriftenreihe des Landtags Bd 16 ohne ISBN Sabine Mecking und Janbernd Oebbecke Hrsg Zwischen Effizienz und Legitimitat Kommunale Gebiets und Funktionalreformen in der Bundesrepublik Deutschland in historischer und aktueller Perspektive Forschungen zur Regionalgeschichte Bd 62 Ferdinand Schoningh Verlag Paderborn u a 2009 ISBN 978 3 506 76852 0 Weblinks Bearbeiten Wiktionary Eingemeindung Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Artikel Eingemeindung im Historischen Lexikon Bayerns Peter Steiner Gemeindezusammenschluss In Historisches Lexikon der Schweiz 23 November 2006 Gemeindeanderungen ab 1945 Statistik Austria In Anderungen in der Verwaltungsgliederung Statistik Austria ZIP 1 3 MB Inhalt PDF Einzelnachweise Bearbeiten Andreas Huber Stephan A Jansen Harald Plamper Hrsg Public Merger Strategien fur Fusionen im offentlichen Sektor 2004 S 343 Reto Steiner Kooperationen und Fusionen der Gemeinden in der Schweiz 1999 S 31 Christian Munzer Rechtsschutz der Gemeinden im Verfahren zur kommunalen Gebietsanderung nach nordrhein westfalischem Recht 1971 S 6 ff Eva Siebenherz Untergegangene Orte Verschwundene Dorfer in Deutschland 2016 S 4 Annette Harth Gitta Scheller Wulf Tessin Hrsg Stadt und soziale Ungleichheit 2000 S 89 f Sachsisches OVG Urteil vom 8 Dezember 2004 Az AZ OVG 5 B 111 03 S 20 Kolner Stadt Anzeiger vom 26 Januar 2015 Koln Gesetz So veranderte die Eingemeindung vor 40 Jahren das Leben der Kolner Michael Koch Willy A Schmid Die Stadt in der Schweizer Raumplanung 1999 S 77 Reto Steiner Kooperationen und Fusionen der Gemeinden in der Schweiz 1999 S 31 Hans Pohl Wirtschaft Unternehmen Kreditwesen 2005 S 1105Normdaten Sachbegriff GND 4151286 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eingemeindung amp oldid 225005026