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Die Frau des Richters ist eine Erzahlung von Arthur Schnitzler die 1925 erstmals erschien und 1928 in Band VI der erzahlenden Schriften Schnitzlers bei S Fischer veroffentlicht wurde Vor dem Hintergrund des 18 Jahrhunderts schildert Schnitzler ironisch die Unmoglichkeit der ehelichen Gemeinschaft und des politischen Fortschritts Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Hintergrund 3 Interpretation 4 Ausgaben 5 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDie Erzahlung beginnt mit dem Tod des Herzogs des fiktiven deutschen Furstentums Sigmaringen Karl Eberhard XVI der sich statt sein Reich als aufgeklarter Monarch zu regieren den Vergnugungen der Jagd und der Liebe hingegeben und im Schloss Karolslust ehrbare Madchen zu seinen unfreiwilligen Matressen den Gartenmagdlein gemacht hat Von seinem Sohn der den Lebenswandel des Vaters immer missbilligt und am Pariser Hof mit Aufklarern wie Denis Diderot und Baron von Grimm verkehrt hatte erwartet die Burgerschaft nun Reformen und mehr Freiheiten Vor der Ankunft des neuen Herzogs erregt der zwielichtige und verarmte Tobias Klenk und sein Jugendfreund der sonst angesehene Richter Adalbert Wogelein mit Hasstiraden gegen die Unterdruckung der Aristokratie die Aufmerksamkeit der obrigkeitshorigen Burgerschaft Adalbert der sonst einen burgerlichen Lebensstil pflegt entsetzt seine Frau Agnes die Tochter des Burgermeisters und die ganze Gemeinde mit seinen provokanten und gefahrlichen Reden Als Klenk bei Handgreiflichkeiten gegen herzogliche Beamte festgenommen wird steht Wogelein als dessen Richter im Zwiespalt Einerseits muss er als Beamter des Herzogtums nach dem reaktionaren Gesetz urteilen andererseits hat er privat dieselben Uberzeugungen wie sein Freund Klenk Zunachst behauptet er aufschneiderisch vor seiner Frau er werde Klenk freisprechen damit gegen das Gesetz urteilen und so eine Fackel entzunden die uber ganz Deutschland leuchten werde Als der neue Herzog der Gerichtsversammlung beiwohnt gelten diese Worte jedoch nichts mehr und Wogelein verurteilt seinen Freund zu einer einjahrigen Haftstrafe und Landesverweisung Da er vor seiner Frau nicht wie ein Schwachling da stehen mochte verstrickt sich Wogelein in Lugen und stellt den jungen Herzog als einen reaktionaren Monarchen dar was Agnes schliesslich durchschaut als der Herzog bei ihnen einkehrt und sich als liberaler aufgeklarter und reformfreudiger Mann entpuppt Enttauscht wendet sich Agnes von ihrem aufschneiderischen feigen Mann ab und bittet den Herzog ihm als Matresse folgen zu durfen was dieser zunachst verweigert aber schliesslich erlaubt Angewidert von der Feigheit des Richters Wogelein und dem Starrsinn des frei gelassenen Klenk verzichtet der junge Herzog auf alle Reformen hat neben Agnes noch weitere Matressen und fuhrt den Lebenswandel seiner Vorfahren fort Hintergrund BearbeitenSchnitzler arbeitete in den Nachkriegs und fruhen zwanziger Jahren besonders an drei Erzahlungen Fraulein Else die Frau des Richters und der Traumnovelle In diesen beschaftigt sich der Autor mit der Darstellung von sozialen Konstellationen und menschlichen Verhaltensmustern was sein ganzes Werk durchzieht Fur Schnitzler war diese Zeit keineswegs glucklich Neben den finanziellen Schwierigkeiten bedingt durch die Auflosung der Donaumonarchie und die nachfolgenden Probleme der Ersten Republik hatte er auch mit personlichen Problemen zu kampfen So stellte er 1922 uber seine Schreibblockade fest Mir ist manchmal als hatt ich noch so manches ja allerlei ganz schones aufzuschreiben aber meine Seele wechselt zwischen Starrheit und Unruhe es fehlt ihr die edelruhige rhythmische Bewegung in der kunstlerische Arbeit gedeihen kann 1 Weiters litt er unter dem Altern und den Auseinandersetzungen mit seiner Frau Olga Gussmann von der er sich 1921 scheiden liess Die Unmoglichkeit ehelicher Gemeinschaft die ein zentrales Thema in Die Frau des Richters ist lasst sich wohl auf diese personliche Erfahrung zuruckfuhren Interpretation BearbeitenSchnitzler trat in seinen Werken z B in Fraulein Else oder Reigen stets fur die Enttabuisierung der weiblichen Sexualitat ein und kritisierte die Doppelmoral der damaligen Gesellschaft die nur die Frauenrollen der Mutter oder Dirne tolerierte In dieser Alterserzahlung ist dieses Thema besonders zentral In der historischen Szenerie der Aufklarung schildert er die weibliche Sexualitat durch das Schicksal der Burgerstochter Agnes die ihren schwachen feigen Mann verlasst und bei ihrem Fursten als Matresse Erfullung findet und ihre korperlichen und geistigen Fahigkeiten realisieren kann Der Ruckgriff aufs 18 Jahrhundert erlaubt dem Autor so seine eigene Zeit zu kritisieren Zur Ironie der Geschichte zahlt auch dass die sexuelle Befreiung von Agnes zum Erlahmen der Reformen des neuen Herzogs fuhrt der enttauscht von seinen Untertanen wieder Matressen halt und sich wenig um das Wohl der Burger schert Sozialer Fortschritt scheint fur Schnitzler in dieser Erzahlung unmoglich Ein anderer interessanter Aspekt an der Erzahlung sind die Charaktere Tobias Klenk und Adalbert Wogelein die die Zerrissenheit des aufgeklarten Burgers symbolisieren Adalbert Wogelein muss sich mit seinem Fursten arrangieren da er von ihm abhangig ist hat aber in Wirklichkeit liberale und aufgeklarte Ansichten Tobias Klenk das Alter Ego seines Jugendfreundes vertritt seine Uberzeugung ohne Scheu schreckt aber auch nicht vor Ubertriebenheit und Radikalitat zuruck und bringt sich so an den Rand der Gesellschaft Die Zerrissenheit des Burgers zwischen Anpassung und dem Streben nach Freiheit wird so ausdrucklich geschildert Neben diesem Dr Jekyll Mr Hyde Schema erinnert diese Konstellation eindeutig an Kleists Drama Der zerbrochene Krug in dem der Richter Adam einen Unschuldigen verurteilt um seine eigene Schuld zu verdecken Ausgaben BearbeitenArthur Schnitzler Traumnovelle und andere Erzahlungen Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt a Main August 2008Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Arthur Schnitzler an Dora Michaelis 11 November 1920 In Arthur Schnitzler Briefe 1913 1931 S 217 219 hier S 218 Werke von Arthur Schnitzler RomaneFrau Bertha Garlan Der Weg ins Freie Therese Chronik eines FrauenlebensErzahlungen Welch eine Melodie Er wartet auf den vazierenden Gott Amerika Erbschaft Der Furst ist im Hause Mein Freund Ypsilon Der Andere Reichtum Die drei Elixire Die Braut Sterben Der Sohn Die Komodiantinnen Die kleine Komodie Spaziergang Blumen Spater Ruhm Der Witwer Der Empfindsame Der Andere Aus dem Tagebuch eines Hinterbliebenen Ein Abschied Die Frau des Weisen Der Ehrentag Die Toten schweigen Die Nachste Um eine Stunde Ein Erfolg Legende Lieutenant Gustl Der blinde Geronimo und sein Bruder Wohltaten still und rein gegeben Andreas Thameyers letzter Brief Die grune Krawatte Boxeraufstand Die griechische Tanzerin Die Fremde Exzentrik Das Schicksal des Freiherrn von Leisenbohg Die Weissagung Abendspaziergang Das neue Lied Der Tod des Junggesellen Der tote Gabriel Geschichte eines Genies Das Tagebuch der Redegonda Der Morder Die 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