www.wikidata.de-de.nina.az
De laudibus sanctae crucis Vom Lob des heiligen Kreuzes auch als Opus in honorem sanctae crucis conditum 1 bzw In honorem sanctae crucis 2 oder Liber sanctae crucis 3 bezeichnet ist ein in der Technik der sogenannten Gittergedichte mit In Texten versus cancellati gestalteter Figurengedichtzyklus dessen Figuren teilweise durch geometrische Formen Buchstaben und Zeichnungen teilweise aber auch durch mehrfarbig ausgefuhrte Miniaturen gebildet sind Deshalb sind die sechs zu Lebzeiten des Verfassers im Skriptorium des Klosters Fulda entstandenen und noch erhaltenen Handschriften des 9 Jahrhunderts nicht zuletzt bedeutende Werke der karolingischen Buchmalerei zumal da an Illustrationen noch zwei Dedikationsbilder zu den Widmungsgedichten an den Heiligen Martin von Tours und an Papst Gregor IV sowie die Darstellung Kaiser Ludwigs des Frommen im Widmungsgedicht fur ihn hinzukommen Das Werk wurde um das Jahr 810 von dem spateren Fuldaer Abt und Mainzer Erzbischof Hrabanus Maurus ca 780 856 einem der herausragendsten karolingischen Gelehrten und Schuler Alkuins von York als Opus geminum angelegt d h als Werk das seinen Stoff in Prosa und Vers doppelt behandelt und vom Autor selbst kommentiert Der junge Hrabanus Maurus links unterstutzt von seinem Lehrer Alkuin dem Abt des Stifts St Martin zu Tours Mitte uberreicht dem Heiligen Martin Erzbischof von Tours von spaterer Hand falschlich als der Mainzer Erzbischof Otgar bezeichnet sein Werk De laudibus sanctae crucis Darstellung in einem Manuskript aus Fulda um 830 40 Wien ONB cod 652 fol 2v Darstellung Ludwigs des Frommen in der Handschrift Vatikanstadt Biblioteca Apostolica Vaticana Reg lat 124 fol 4v Fulda 2 Viertel des 9 Jahrhunderts wohl um 825 26 Inhaltsverzeichnis 1 Form und Inhalt 2 Uberlieferung 3 Die vatikanische Handschrift Reginensis latinus 124 4 Einzelnachweise 5 LiteraturForm und Inhalt Bearbeiten nbsp IIII figura De Cherubin et Seraphin in crucem scriptis aus Jakob Wimpheling Magnencij Rabani Mauri De laudibus sancte crucis opus erudicione versu prosaque mirificum Thomas Anshelm Pforzheim 1503 fol 8vVor dem Hintergrund von byzantinischem Bilderstreit und der Diskussion um die Bilder im Frankenreich Libri Carolini entfaltet der Lehrer Germaniens seine Christusdarstellung die eng mit der Verehrung des heiligen Kreuzes verbunden ist Das Kreuz ist nicht nur Gegenstand des Werks sondern bestimmt auch seine formale Gestalt Der Bedeutung des Themas entspricht die hochkomplexe und anspruchsvolle formale Struktur die Einleitung bildet ein in den Handschriften variierender Bestand an bis zu funf teilweise von Miniaturen begleiteten Widmungsgedichten darunter das Figurengedicht fur Kaiser Ludwig den Frommen Dazu kommen ein Prolog in Prosa und ein Versprolog mit Musenanruf als Figurengedicht sowie ein Kapitelverzeichnis Das eigentliche Zentrum des Werks besteht aus 28 Figurengedichten von denen jedes formal eine aus unterschiedlichen heilsgeschichtlich bedeutsamen Elementen gebildete Kreuzesdarstellung enthalt und inhaltlich Aspekte der Kreuzestheologie so dass sie als Ganzes die gesamte Kreuzestheologie sowie wesentliche Aspekte der Soteriologie Offenbarungstheologie und Christologie zur Entfaltung bringen Zur Freilegung der Sinnstruktur ist jedem der Figurengedichte eine Erlauterung declaratio auf der ihm gegenuberliegenden Seite beigefugt in denen es neben einer Lesehilfe fur die Intexte vor allem um die Auslegung des sensus spiritalis des geistlichen Sinns steht Das erste Buch ist demnach von dichotomischer Struktur bestehend aus Text und Kommentar Im Anhang findet sich noch eine Lesefassung der Figurengedichte unter Weglassung der die Lekture behindernden Figuren Das zweite Buch welches das Werk zu einem sogenannten Opus geminum macht hat eine sehr viel einfachere Binnenstruktur denn ausser einer Vorrede praefatio in Prosa enthalt es lediglich eine Prosaparaphrase fur jedes der wortlich kaum verstandlich zu ubersetzenden 28 Figurengedichte in der vorgegebenen Abfolge Die Zahl 28 ist wie die Zahl 6 identisch mit der Summe ihrer Teiler und gilt in der Zahlensymbolik als vollkommene Zahl numerus perfectus Die aus der Spatantike Publilius Optatianus Porfyrius Venantius Fortunatus uberlieferte Technik des Figurengedichtes erlaubte die Kombination von Bild imago und Schrift bzw Wort signum in der Weise dass durch das Bild aus dem Grundtext ein Intext ausgegrenzt und dadurch uberhaupt erst konstituiert wird In den Fallen in denen als Bild Buchstaben gewahlt sind ergeben sich sogar drei Textebenen Das Bild offenbart also den verborgenen Intext und wird dadurch selbst zum Zeichen Ausserdem sind alle Bilder Reprasentationen des Kreuzes verweisen also auf das universale Heils und Christussymbol Dieses wird in den Texten jedoch auch als Grundstruktur des gesamten von Gott geschaffenen Kosmos erwiesen Es ist also nicht ein konventionelles Zeichen sondern seine Existenz besitzt ihren realen Grund in der Schopfung der dadurch ihrerseits als Ganzer eine durch den Offenbarungswillen Gottes im Rahmen seines Heilsplanes vorgesehene heilsgeschichtliche Zeichenbedeutung zugesprochen wird Methodische Pramisse der Konzeption ist die der spatantik mittelalterlichen Bibelexegese zugrundeliegende auf Philon von Alexandria Origenes Ambrosius und Augustinus und letztlich auf die antike Homerphilologie zuruckgehende hermeneutische Theorie vom mehrfachen Schriftsinn wonach zwischen dem sensus historicus auch sensus litteralis oder planus und dem sensus figuralis auch spiritalis oder mysticus zu unterscheiden ist Jede Aussage kann also nach dem Wortsinn oder nach ihrer Zeichenbedeutung interpretiert werden Die Zeichenbedeutung kann sich auf die moralische auch tropologische die heilsgeschichtliche auch allegorische oder typologische d h die Prafiguration des Neuen Testaments im Alten Testament aufweisende oder die anagogische endzeitliche Bedeutungsebene beziehen Programmatischen Charakter hat dabei die Darstellung des lebenden Jesus Christus im ersten Figurengedicht Jesus der das Kreuz als Heilszeichen eingesetzt und sich und den gottlichen Heilsplan damit offenbart hat 4 wird zwar in seiner menschlichen Natur dargestellt der Gekreuzigte bildlich dargestellt kann jedoch nur als Hinweis signum auf die doppelte menschliche und gottliche Natur Christi verstanden werden Abbildlichkeit kommt ihm also nur im Hinblick auf die menschliche Natur Jesu zu Zeichen aufgrund seiner Kreuzgestalt ist es im Hinblick auf die gottliche Natur des gekreuzigten Christus Auch dem Bild kommt demnach Zeichencharakter zu es ist daher Medium gottlicher Offenbarung nicht lediglich totes und verfalschendes Abbild wie die Bildkritiker argumentierten Uberlieferung BearbeitenDe laudibus sanctae crucis ist aus dem Mittelalter in 80 Handschriften uberliefert was ein reges Interesse dieser Epoche an diesem Werk des Hrabanus Maurus voraussetzt der sich wie die zahlreichen Dedikationsexemplare und die grosstenteils auf das Fuldaer Skriptorium zuruckgehende fruhe Handschriftenuberlieferung zeigen auch selbst ungewohnlich intensiv um die Verbreitung seines Werkes bemuhte Aus der Lebenszeit des Gelehrten selbst sind folgende Handschriften erhalten De laudibus sanctae crucis an Erzbischof Otgar von Mainz 826 847 um 825 826 Vatikanstadt Biblioteca Apostolica Vaticana Reg lat 124 Digitalisat der BAV an Kaiser Ludwig den Frommen 814 840 um 831 Paris Bibliotheque nationale de France Lat 2423 Digitalisat in Gallica an Papst Gregor IV 827 844 um 843 844 Amiens Bibliotheque municipale Ms 223 Digitalisat in Gallica an das Kloster St Denis um 843 847 Paris Bibliotheque Nationale de France Lat 2422 Digitalisat in Gallica an den Markgrafen Eberhard von Friaul um 845 Turin Biblioteca Nazionale Universitaria K II 20 fur Bischof Gozbald von Wurzburg oder fur das Kloster Fulda nach 830 wohl nach 842 Wien Osterreichische Nationalbibliothek Cod 652 Digitalisat der ONB Die vatikanische Handschrift Reginensis latinus 124 Bearbeiten nbsp Das Lamm Gottes umgeben von den Evangelistensymbolen in der Handschrift aus dem Anfang des 11 Jahrhunderts Bern Burgerbibliothek Cod 9 Digitalisat in e codices fol 11vBesonders die in Fulda entstandene heute im Vatikan aufbewahrte Handschrift Reginensis latinus 124 zeigt De laudibus sanctae crucis in einer sehr schonen Fassung Auf 61 Pergamentblattern sind ausgebreitet Widmung an Erzbischof Otgar von Mainz fol 1v Widmung dedicatio an den heiligen Martin fol 2v Uberreichen des Buches an Papst Gregor IV fol 3v Figurengedicht zu Ehren Kaiser Ludwigs des Frommen fol 4v 1 Hauptteil Buch 28 Kreuzgedichte und Erlauterungen fol 8v Zwischenteil Texte der Kreuzgedichte in Hexametern fol 37r Vorrede zum 2 Buch fol 43v 2 Hauptteil Buch Prosaparaphrase der 28 Kreuzgedichte fol 44r Der Codex war zunachst wohl fur den Mainzer Erzbischof Haistulf wurde aber nach dessen Tod mit einer Widmung an Erzbischof Otgar versehen Er muss dann zum Bestand der Mainzer Dombibliothek gehort haben und gelangte zu einem nicht naher bestimmbaren Zeitpunkt ins Kloster Fulda zuruck Dort ist er im 16 Jahrhundert bezeugt als Kaiser Rudolf II 1612 ihn belegt durch ein Schreiben vom 15 Juni 1598 auslieh Die Handschrift gelangte nach Prag wurde dort kopiert und blieb auch weiterhin in Prag bis sie im Dreissigjahrigen Krieg 1618 1648 von den Schweden erbeutet wurde Die schwedische Konigin Christina 1689 verleibte den Codex ihrer Bibliothek ein 1655 konvertierte sie zum katholischen Glauben und lebte danach lange in Rom wo nach ihrem Tod 1689 ihre Bibliothek und damit die Rabanus Handschrift an Papst Innozenz XI gelangte Einzelnachweise Bearbeiten So Spilling siehe unten Literatur S 29 f So die kritische Edition von Perrin siehe unten Literatur So Michele C Ferrari Il Liber sanctae crucis siehe unten Literatur der die Titelfrage S 230 239 ausfuhrlich diskutiert Buch I C 1 Durch die Haltung seiner Glieder heiligt er fur uns die hochst heilsame susse und liebenswerte Gestalt des heiligen Kreuzes membrorum suorum positione consecrat nobis saluberrimam dulcissimam et amantissimam sanctae crucis formam Literatur BearbeitenBecht Jordens Gereon Litterae illuminatae Zur Geschichte eines literarischen Formtyps in Fulda In Gangolf Schrimpf Hrsg Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen Fuldaer Studien 7 Josef Knecht Frankfurt am Main 1996 S 325 364 ISBN 3 7820 0707 7 Klaus Gereon Beukers Kreuzeslob Fruhmittelalterliche Bildgedichte von Hrabanus Maurus Kunsthistorischer Kommentar zur Faksimile Ausgabe der Handschrift aus der Biblioteca Apostolica Vaticana Reginensis latinus 124 Belser Stuttgart 2019 ISBN 978 88 210 1023 1 Ernst Ulrich Carmen figuratum Geschichte des Figurengedichts von den antiken Ursprungen bis zum Ausgang des Mittelalters Pictura et poesis 1 Bohlau Koln 1991 ISBN 3 412 03589 0 Ferrari Michele C Il liber sanctae crucis di Rabano Mauro Testo immagine contesto Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 30 Peter Lang Bern u a 1999 ISBN 3 906762 17 3 Haarlander Stephanie Rabanus Maurus Ein Lesebuch mit einer Einfuhrung in sein Leben und Werk Mainz 2006 ISBN 3 934450 24 5 Holter Klaus Hrabanus Maurus Liber de Laudibus Sanctae Crucis Codex Vindobonensis 652 Akademische Druck und Verlagsanstalt Graz 1972 ISBN 978 3 201 00784 9 Kotzur Hans Jurgen Hg Rabanus Maurus Auf den Spuren eines karolingischen Gelehrten Ausstellungskatalog Mainz 2006 ISBN 3 8053 3613 6 Muller Hans Georg Hrabanus Maurus De laudibus sanctae crucis Studien zur Uberlieferung und Geistesgeschichte mit dem Faksimile Textabdruck aus Codex Reg Lat 124 der vatikanischen Bibliothek Beihefte zum Mittellateinischen Jahrbuch 11 Ratingen u a 1973 ISBN 3 450 12026 3 Perrin Michel Hrabanus Maurus In honorem sanctae crucis Corpus Christianorum continuatio medievalis 100 100A Brepols Turnhout 1997 ISBN 2 503 04001 2 Matthias Schulz Der codierte Christus Figuration als Bild Text Dynamik im De laudibus sanctae crucis des Hrabanus Maurus In Zeitschrift fur Kunstgeschichte 79 2016 S 10 43 ISSN 0044 2992 Spilling Herrad Opus Magnentii Hrabani Mauri in honorem sanctae crucis conditum Hrabans Beziehung zu seinem Werk Fuldaer Hochschulschriften 18 Josef Knecht Frankfurt am Main 1992 ISBN 3 7820 0656 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title De laudibus sanctae crucis amp oldid 218436832