www.wikidata.de-de.nina.az
Aphidophilie Aphidoidea Blattlause und griechisch filia philia Zuneigung bezeichnet die Befahigung einiger Arten verschiedener Gattungen von Ameisen z B Schwarze Wegameise zur Symbiose mit myrmekophilen Schnabelkerfen Eine Ameise beim Betrillern von BlattlausenEine Ameise nimmt einen Honigtautropfen von einer Blattlaus aufEine Ameise nimmt einen Honigtautropfen von einer Rindenlaus aufPrinzipiell bezieht sich der Begriff Aphidophilie nicht ausschliesslich auf Ameisen andere aphidophile Lebewesen konnten auch Pflanzen darstellen die bestimmte Schnabelkerfe wie Pemphigus spirothecae tolerieren Das kann z B der Fall sein bei der Entstehung von Pflanzengallen manche Gemeinschaften aus Schnabelkerfen und Wirtspflanze konnen den Anschein einer Symbiose erwecken Der Begriff Aphidophilie wird auch auf Viren angewendet die Schnabelkerfe befallen 1 Haufige aphidophile Viren z B in Ungarn sind CMV PVY AMV und TSWV 2 Im Folgenden wird Aphidophilie jedoch nur auf Ameisen bezogen Ein Gegenteil von Aphidophilie ist die Aphidophagie Damit wird das Nachstellen und Fressen von Schnabelkerfen durch Pradatoren und Parasitoiden bezeichnet 3 Honigtau erzeugende Rindenlause der Gattung Cinara auf dem mehrjahrigen Holz der FichteInhaltsverzeichnis 1 Symbioseform 2 Rolle der Ameisen 2 1 Anatomische Anpassung 2 2 Schutzbaue 3 Rolle der Schnabelkerfe 4 Evolution 5 EinzelnachweiseSymbioseform BearbeitenDie hier zugrundeliegende Form der Symbiose durch E Wasmann 1901 1902 Trophobiose benannt wurde bereits im 17 Jahrhundert beschrieben Es handelt sich um die Beziehung zwischen myrmekophilen Schnabelkerfen die Nahrung anbieten und aphidophilen Ameisen die diese Nahrung aufnehmen und dafur eine Gegenleistung erbringen insbesondere Schutz 4 Rolle der Ameisen BearbeitenEinige Ameisenarten wie die Gelbe Wiesenameise leben ausschliesslich obligat von den zuckerhaltigen Ausscheidungen ihrer Schnabelkerfe 5 Andere nutzen diese Nahrungsquelle als Beikost In der Symbiose mit Schnabelkerfen konnen sie sich zu hoherer Dichte entwickeln sie sind aber Angriffen durch andere Ameisen meist mehr ausgesetzt und dann weniger wehrhaft 6 Aphidophile Ameisen konnen ihre Blattlause durch anales Betrillern gezielt dazu bringen Honigtautopfen abzugeben die die Ameisen direkt aufnehmen konnen 7 8 Dabei wird meist ein perianal ausgebildeter Haarkranz durch die Ameise bearbeitet 4 Aphidophile Ameisen konnen aber nicht nur die Exkrete ihrer Trophobionten als direkte Nahrungsquelle nutzen sondern auch die Exkretionsrate steigern beispielsweise auf das Zweifache 9 Myrmekophile Schnabelkerfe lassen sich von ihren Ameisen herumtragen Das erfolgt um sie beispielsweise auf eine gunstigere Futterstelle zu verfrachten oder bei Verlegung des Ameisenbaues oder zu deren Schutz beispielsweise vor Witterung oder Aphidophagie Die aphidophilen Ameisen schutzen ihre Trophobionten gegen Pradatoren oder Parasitoiden indem sie diese Tiere direkt angreifen oder indem sie die Schnabelkerfe aus der Gefahrenzone wegtragen 3 10 Anatomische Anpassung Bearbeiten Zum Auffangen und Sammeln der Honigtautropfen haben manche aphidophile Ameisen einen Kropf ausgebildet Es handelt sich dabei um eine anatomische trophobiotische Einrichtung 4 In diesem Hohlorgan sammelt die Ameise die Nahrungsflussigkeit um sie teilweise selbst zu verbrauchen grosstenteils aber uber Trophallaxis an andere Ameisen weiterzugeben Schutzbaue Bearbeiten Adulte Schnabelkerfe bzw deren Eier oder Larven bringen die Ameisen zum Uberwintern in eigens fur sie reservierte temperierte unterirdische Kammern im Ameisennest unter verschiedentlich Stallnester genannt 11 12 13 Manche aphidophile Ameisen errichten spezielle Pavillons oder Lauspavillons englisch pavilion von franzosisch pavillon aus latein papilio Schmetterling auch Zelt im Vergleich mit den aufgespannten Flugeln 14 als Schutzbaue fur Ameisengaste 12 13 15 16 Die bodennah angesiedelten Wurzellause werden durch die Ameisen vor Feuchtigkeitsverlust an sonnigen Stellen oder vor Pradatoren geschutzt indem sie tiefe Zweige uber ihnen mit Sand oder Erdkrumen uberbauen und so Schutzraume bereitstellen 11 12 Als Baumaterial fur die zahlreichen einkammrigen Pavillons ihrer Schildlause konnen Camponotus Arten wie C Karavaievia asli sp n C montanus sp n 17 oder C texens 18 auch die Seidensekretion ihrer Ameisenlarven verwenden um die Trophobionten vor Verwehungen von Baumblattern zu schutzen Dort werden in der Regel Brut und Schildlause beherbergt Rolle der Schnabelkerfe BearbeitenEinige auch nicht myrmekophile Schnabelkerfe leben sozial in Kolonien und wehren auch Aphidophagen gemeinsam ab oder mithilfe einer Soldatenkaste 3 Diese soziale Lebensform begunstigt das Zusammenleben mit Ameisen 3 Viele Schnabelkerfe sondern Honigtau ab der zuckerhaltig ist und vor allem Fructose Glucose und Saccharose enthalt 90 95 seiner Trockenmasse 6 daneben kommen auch Maltose Fructomaltose und Melezitose sowie weitere Oligosaccharide in kleineren Mengen vor Dies geschieht zur Volumenverringerung der Zuckergehalt des Pflanzensaftes ist hoher Der ausgeschiedene Honigtau wird ohne Symbiosebeziehung auch von anderen nicht aphidophilen Tieren als Nahrungsquelle genutzt so von Zweifluglern oder Honigbienen Letztere produzieren daraus Waldhonig Einige Schnabelkerfe wie Blatt Schild und Wurzellause sind myrmekophile Trophobionten einige sind sogar auf aphidophile Ameisen angewiesen obligat myrmekophil Einige myrmekophile Blattlause wie Tuberolachnus konnen innerhalb einer Stunde mehr Honigtau abgeben als ihr eigenes Korpergewicht ausmacht 6 Der durch die Ameisen meist betrillerte anale Borstenkranz der aus einem oberen und einem unteren Borstenstand besteht dient als eine Auffangvorrichtung fur die Ubergabe des Honigtautropfens an die Ameise Es handelt sich dabei um eine anatomische trophobiotische Einrichtung myrmekophiler Blattlause 4 Myrmekophilie der Schnabelkerfe Hemiptera verandert nach Thierry Bourgoin 19 Taxa Habitat Myrmekophilie ReferenzenPflanzenlause Sternorrhyncha meist uber dem Boden einige Arten 11 Blattlause Aphidoidea uber dem Boden in Pflanzenkronen einige Arten 4 Schildlause Coccoidea uber dem Boden einige Arten 12 Baumlause Lachnidae unterirdisch auf oder uber dem Boden in Pflanzenkronen einige Arten Schmierlause Pseudococcidae unterirdisch einige Arten 12 Rundkopfzikaden Cicadomorpha Actalionidae uber dem Boden ja 19 Cercopoidea auf dem Boden oder unterirdisch nein 19 Cicadoidea unterirdisch nein 19 Zwergzikaden Cicadellidae uber dem Boden nein 19 Eurymelinae unterirdisch uber oder auf dem Boden einige Arten 19 Macropsinae uber dem Boden einige Arten 19 Melizoderidae 19 Buckelzirpen Membracidae uber dem Boden ja 19 Spitzkopfzikaden Fulgoromorpha Acanaloniidae uber dem Boden einige Arten 19 Achilidae uber dem Boden unter Rinde nein 19 Achilixiidae uber dem Boden unter Rinde nein 19 Glasflugelzikaden Cixiidae unterirdisch einige Arten 19 Delphacidae Ugyopini uber dem Boden in Pflanzenkronen nein 19 Delphacidae Asiracini uber dem Boden in Pflanzenkronen nein 19 andere Delphacidae uber dem Boden in Pflanzenkronen einige Arten in Pavillons 19 Derbidae uber dem Boden unter Rinde nein 19 Dictyopharidae uber dem Boden nein 19 Eurybrachidae uber dem Boden nein 19 Flatidae uber dem Boden nein 19 Fulgoridae uber dem Boden nein 19 Gengidae 19 Hypochthonellidae unterirdisch in Ameisennestern 19 Kaferzikaden Issidae Larven unterirdisch Imagines uber dem Boden einige Arten 19 Kinnaridae unterirdisch nein 19 Lophopidae uber dem Boden nein 19 Meenoplidae unterirdisch nein 19 Nogodinidae uber dem Boden nein 19 Ricaniidae uber dem Boden nein 19 Ameisenzikaden Tettigometridae im auf oder meistens uber dem Boden Larven innerhalb Imagines uberwiegend ausserhalb des Ameisennestes 19 Muckenzikaden Tropiduchidae uber dem Boden nein 19 Scheidenschnabler Coleorrhyncha auf dem Boden nein 19 Wanzen Heteroptera auf dem Boden nicht primar 19 Evolution BearbeitenAphidophilie besteht seit mindestens 50 Millionen Jahren so alt ist das Fossil einer in Bernstein eingeschlossenen Ameise beim Betrillern einer Blattlaus 20 1987 hatte C W Schaefer vermutet dass Aphidophilie von Ameisen eine sehr urtumliche Lebensform darstellt aber phylogenetische Testung zeigte dass sich Mykophilie bei Schnabelkerfen wiederholt unabhangig voneinander entwickelte 19 Einzelnachweise Bearbeiten Z Ilovai I Kajati E Kiss Light oil based pesticides as an effective mean for IPM Memento vom 17 Dezember 2010 im Internet Archive PDF In IOBC wprs Bulletin Band 26 Nr 3 2003 S 183 187 Z Ilovai Cs Budai E Dormanns Simon F E Kiss Implementation of IPM in Hungarian greenhouses In IOBC wprs Bulletin 19 Nr 1 1996 S 63 66 E F Kiss Virus diseases of greenhouse pepper in South Hungary In Proceedings of International Workshop on Biological and Integrated Pest Management in Greenhouse Pepper Hodmezovasarhely Ungarn 10 14 Juni 1996 S 119 131 a b c d Manfred Hartbauer Collective defense of Aphis nerii and Uroleucon hypochoeridis Homoptera Aphididae against natural enemies In PLoS ONE 5 Nr 4 29 April 2010 e10417 doi 10 1371 journal pone 0010417 a b c d e Hans Schmidt Morphologie und Okologie des perianalen Haarkranzes der Aphiden In Zeitschrift fur Morphologie und Okologie der Tiere 41 Nr 2 1952 S 223 246 K Escherich Die Beziehungen der Ameisen zu nichtsozialen Tieren In K Escherich Hrsg Die Ameise Achtes Kapitel Friedr Viehweg amp Sohn Braunschweig 1917 S 230ff a b c B Holldobler E O Wilson Journey to the Ants The Belknap Press of Harvard University Press Cambridge Massachusetts 1994 Ameisen und Waldtracht PDF Bayerische Landesanstalt fur Weinbau und Gartenbau 8 Oktober 2009 archiviert vom Original am 26 Marz 2010 abgerufen am 16 Marz 2021 Hartwig Kunkel Die Kotabgabe der Aphiden Aphidina Hemiptera unter Einfluss von Ameisen PDF 1 4 MB In Bonn zool Beitrag Heft 1 2 Nr 24 1973 S 105 121 C J Banks H L Nixon Effects of the ant Lasius niger L on the feeding and excretion of the bean aphid Aphis fabae Scop In Journal of Experimental Biology 35 Nr 4 1958 S 703 711 U Maschwitz J Moog A Weissflog Ressourcennutzung arborikoler Ameisengemeinschaften in Sudostasien Diversitatserhaltende Mechanismen In H Dalitz M Haverkamp S W Breckle Abstracts zum DFG Abschlusssymposium Mechanismen der Aufrechterhaltung tropischer Diversitat Herausgegeben von Abteilung Okologie Universitat Bielefeld Bielefeld 1992 S 42 a b c Jacques H C Delabie Trophobiosis between Formicidae and Hemiptera Sternorrhyncha and Auchenorrhyncha an overview In Neotropical Entomology Band 30 Nr 4 2001 doi 10 1590 S1519 566X2001000400001 a b c d e Andreas Weissflog Freinestbau von Ameisen Hymenoptera Formicidae in der Kronenregion feuchttropischer Walder Sudostasiens PDF 3 4 MB Dissertation am Fachbereich Biologie und Informatik J W Goethe Universitat in Frankfurt am Main 2001 a b M Dill Wanderhirten Ethookologische und taxonomische Untersuchungen eines Symbiosekomplexes von Ameisen der Gattung Dolichoderus und Pseudococciden in Sudostasien Dissertation am Fachbereich Biologie J W Goethe Universitat Frankfurt am Main 1996 Duden Pavillon Aufgerufen am 28 Januar 2015 M Gibernau A Dejean Ant protection of a Heteropteran trophobiont against a parasitoid wasp In Oecologia Band 126 Nr 1 2001 S 53 57 doi 10 1007 s004420000479 C Liefke W H O Dorow B Holldobler U Maschwitz Nesting and food resources of syntopic species of the ant genus Polyrhachis Hymenoptera Formicidae in West Malaysia In Insectes Sociaux Band 45 Nr 4 1998 S 411 425 doi 10 1007 s000400050098 Klaus Dumpert Ulrich Maschwitz Wolfgang Nassig Wolfgang Dorow Camponotus Karavaievia asli sp n and C K montanus sp p two weaver ant species from Malaysia Formicidae Formicinae PDF In Zool Beitr N F Band 32 Nr 2 1989 S 217 231 Ulrich Maschwitz Klaus Dumpert Gesche Schmidt Silk pavilions of two Camponotus Karavaievia species from Malaysia Description of a new nesting type in ants Formicidae Formicinae In Zeitschrift fur Tierpsychologie Band 69 Nr 3 1985 S 237 249 doi 10 1111 j 1439 0310 1985 tb00149 x a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah Thierry Bourgoin Habitat and ant attendance in Hemiptera a phylogenetic test with emphasis on trophobiosis in Fulgoromorpha PDF In Philippe Grandcolas Hrsg The Origin of Biodiversity in Insects Phylogenetic Tests of Evolutionary Scenarios In Mem Mus natn Hist nat 173 Paris 1997 ISBN 2 85653 508 9 S 109 129 Wolfgang Weitschat Jager Gejagte Parasiten und Blinde Passagiere Momentaufnahmen aus dem Bernsteinwald In Denisia 26 Neue Serie 86 S 243 256 Linz 2009 zobodat at PDF Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aphidophilie amp oldid 228534501