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Alfred Sollner 5 Februar 1930 in Frankfurt am Main 9 November 2005 in Giessen war ein deutscher Rechtswissenschaftler und von 1987 bis 1995 Richter des Bundesverfassungsgerichts Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit und juristische Ausbildung 1 2 Universitatskarriere in Kiel und Giessen 1 3 Richter des Bundesverfassungsgerichts 1 4 Weitere Tatigkeiten 2 Werk 3 Ehrungen und Auszeichnungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKindheit und juristische Ausbildung Bearbeiten Sollner war das einzige Kind von Georg Sollner Brauer und Betriebsratsvorsitzender bei der Firma Binding und Anna Sollner geborene Huckschlag Die Familie war katholischen Glaubens und lehnte den Nationalsozialismus ab 1 1938 zog er mit seinen Eltern von Frankfurt ins nahegelegene Neu Isenburg wo er ab 1940 das Goethe Realgymnasium besuchte Noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges wurde er zum Volkssturm eingezogen 2 Nach dem Abitur das er 1949 mit Auszeichnung bestanden hatte begann er 1950 ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universitat Frankfurt am Main das er 1954 mit dem ersten Staatsexamen abschloss Hier hatte er u a Vorlesungen bei Helmut Coing Adalbert Erler Wolfgang Preiser und Helmut Ridder gehort Im OLG Bezirk Frankfurt absolvierte er ab 1955 sein Referendariat Im Wintersemester 1957 58 gab er an der Universitat Frankfurt am Main erstmals Lateinkurse fur Juristen die er in den folgenden Jahren immer wieder anbot Auch seine Dissertation befasste sich mit dem Romischen Recht Bei Helmut Coing der diese Themenwahl angeregt hatte 3 promovierte er 1958 uber die causa im Kondiktionen und Vertragsrecht des Mittelalters bei den Glossatoren Kommentatoren und Kanonisten Die Arbeit wurde mit dem Walter Kolb Gedachtnispreis der Stadt Frankfurt am Main pramiert und 1960 in der Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte publiziert Universitatskarriere in Kiel und Giessen Bearbeiten Nach dem Assessorexamen im Jahre 1959 wollte Sollner seine universitare Tatigkeit fortsetzen Am Romanischen Instituts seines Doktorvaters stand jedoch gerade keine freie Stelle zur Verfugung 4 Daher wurde er wissenschaftlicher Assistent von Helmut Isele am Institut fur Arbeitsrecht Im Jahre 1962 heiratete er 1966 habilitierte er sich uber die Einseitige Leistungsbestimmung im Arbeitsverhaltnis 5 Darin konzipierte er zehn Jahre vor Inkrafttreten des AGB Gesetzes ein System der Arbeitsvertragskontrolle 6 Noch im selben Jahr wurde er zum ordentlichen Professor fur Romisches Recht Burgerliches Recht Arbeitsrecht und Sozialrecht an der Universitat Kiel berufen 1969 legte er eine zweite Habilitationsschrift Zur Vorgeschichte und Funktion der actio rei uxoriae vor Ein Jahr spater trat er der CDU bei 1970 ubernahm er unter Beibehaltung seines bisherigen Facherkanons einen Lehrstuhl an der Justus Liebig Universitat Giessen Dem Fachbereich Rechtswissenschaft stand er 1974 75 als Dekan vor 1976 erhielt er sowohl einen Ruf an die Universitat Gottingen als auch an seine Alma Mater in Frankfurt entschied sich aber an der Giessener Universitat zu bleiben Dort bekleidete er von April 1985 bis Marz 1987 das Amt des Vizeprasidenten und war fur einige Monate auch mit der Fuhrung der Geschafte des Prasidenten beauftragt 1997 wurde er emeritiert Richter des Bundesverfassungsgerichts Bearbeiten Im Jahre 1987 wurde er auf Vorschlag der CDU zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ernannt wo er bis 1995 dem Ersten Senat angehorte Seine Zustandigkeit umfasste das Sozialrecht Er war beispielsweise Berichterstatter in den Verfahren zur Berucksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung 7 zur Einkommensanrechnung bei der Gewahrung von Arbeitslosenhilfe 8 zur Erstattungspflicht des Arbeitgebers gemass 128 AFG 9 zur Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten bei den Kundigungsfristen 10 zur Warteschleifenregelung im Einigungsvertrag 11 und zur Verfassungsmassigkeit des Streikparagraphen 116 AFG 12 Gemeinsam mit seinen Kollegen Evelyn Haas und Otto Seidl gab er zum Kruzifix Beschluss und zur Entscheidung uber den Gewaltbegriff bei Sitzblockaden 13 ein Sondervotum ab In dem von der Postgewerkschaft angestrengten Verfahren zur Zulassigkeit der Streikarbeit von Beamten stellte er einen Antrag auf Selbstablehnung nach 19 Abs 3 BVerfGG da er 1982 im Auftrag des Hauptvorstands der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands ein Gutachten zu dieser Frage erstattet und die Streikarbeit darin fur unvereinbar mit den Grundsatzen des Arbeitskampfrechtes erklart hatte 14 Das Bundesverfassungsgericht erklarte die Selbstablehnung fur begrundet 15 und stufte anschliessend ohne seine Mitwirkung die Streikarbeit fur die keine ausdruckliche gesetzliche Grundlage besteht als verfassungswidrig ein 16 Obwohl seine Amtszeit erst 1998 zu Ende gegangen ware schied er im Oktober 1995 auf eigenen Wunsch aus dem Bundesverfassungsgericht aus da er sich noch einmal verstarkt seinen wissenschaftlichen Interessen widmen wollte 17 Weitere Tatigkeiten Bearbeiten Sollner war von 1970 bis 1977 Mitglied der Sachverstandigenkommission fur ein Arbeitsgesetzbuch Des Weiteren gehorte er als Auswartiges wissenschaftliches Mitglied der Max Planck Gesellschaft und als korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz an Im April 1980 begrundete er zusammen mit Meinhard Heinze das erste Giessener Arbeitsrechtliche Praktikerseminar das bereits 1990 zum hundertsten Mal stattfand Er gehorte verschiedenen betrieblichen Einigungsstellen an und wurde wiederholt in Arbeitskampfen zum Schlichter bestellt Insbesondere ist sein Wirken als Schlichter bei Tarifverhandlungen der Deutschen Bundesbahn und als Vorsitzender des Schiedsgerichts der Metallindustrie zu nennen Zudem war er Mitherausgeber der Zeitschrift fur Arbeitsrecht Werk BearbeitenDie primaren wissenschaftlichen Betatigungsfelder Sollners waren das Romische Recht und das Arbeitsrecht 6 Wahrend sein romanistisches Interesse von Helmut Coing und einem guten Lateinunterricht beeinflusst war pragten Heinrich Hoeniger und sein Vater seine Neigung zum Arbeitsrecht 4 Er verfasste drei Lehrbucher Der Grundriss des Arbeitsrechts wurde von ihm von 1969 bis zur 12 Auflage 1998 betreut Es war die erste kurzere moderne Darstellung des Arbeitsrechts 18 und berucksichtigte besonders die Grundlagen des Arbeitsrechts und die Eigenheiten des kollektiven Arbeitsrechts 19 Seine Einfuhrung in die Romische Rechtsgeschichte wurde erstmals 1971 veroffentlicht und erlebte bis zum Jahre 1996 vier weitere Auflagen Mit Hans Jochen Reinert erarbeitete er ein Lehrbuch zum Personalvertretungsrecht das in zwei Auflagen 1985 und 1993 erschien Des Weiteren stammen 150 Aufsatze 80 Urteilsanmerkungen und 40 Buchbesprechungen aus seiner Feder 6 Eine Reihe wichtiger Beitrage zum Arbeits und Sozialrecht ist in dem Werk Arbeitsrecht in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes 1994 versammelt Zudem beteiligte er sich am Munchener Kommentar und kommentierte in zwei Auflagen u a die 611 bis 611b BGB Dienstvertrag In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich wieder verstarkt dem Romischen Recht Sein letzter Aufsatz Bona fides guter Glaube kurz vor seinem Tod in der Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte publiziert fuhrt den Nachweis das bona fides im romischen Sachenrecht nicht lediglich den guten Glauben bezeichnet sondern als normativer Begriff der nach Redlichkeit Verkehrssitte und Geschaftsmoral zu wahrenden Vertragstreue Treu und Glauben zu verstehen ist 19 Sollner betrachtete das Arbeitsrecht als Ordnungsrecht und nicht einseitig als Arbeitnehmerschutzrecht Als oberstes Ziel freiheitlichen Rechtsdenkens galt ihm die Selbstbestimmung Dem Richterrecht stand er konservativ gegenuber Er sah die Aufgabe der Gerichte nicht im Social Engineering sondern in der gerechten Entscheidung des Einzelfalls 20 Ehrungen und Auszeichnungen BearbeitenFakultatsfestschrift zum 60 Geburtstag Geschichtliche Rechtswissenschaft ars tradendo innovandoque aequitatem sectandi 1990 Grosses Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband 1995 Festschrift zum 70 Geburtstag Europas universale rechtsordnungspolitische Aufgabe im Recht des dritten Jahrtausends 2000 Hessischer Verdienstorden 1990 Literatur BearbeitenHermann Heussner Alfred Sollner 60 Jahre In Arbeit und Recht 1990 S 43f C Katharina Schockenmohle Alfred Sollner Richter am Bundesverfassungsgericht In Bernhard Grossfeld Herbert Roth Hrsg Verfassungsrichter Rechtsfindung am U S Supreme Court und am Bundesverfassungsgericht Lit Verlag Munster Hamburg 1995 Munsteraner Studien zur Rechtsvergleichung Band 5 ISBN 3 8258 2264 8 S 449 459 Wolf Dietrich Walker Alfred Sollner zum 70 Geburtstag In Neue Juristische Wochenschrift 2000 S 408f Wolfgang Zollner Alfred Sollner zum Siebzigsten In Zeitschrift fur Arbeitsrecht 2000 S 1 3 Reinhard Richardi Alfred Sollner zum 75 Geburtstag In Neue Juristische Wochenschrift 2005 S 346 Alfred Sollner gestorben In Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11 November 2005 Wolfgang Hromadka Alfred Sollner In Neue Zeitschrift fur Arbeitsrecht 2006 S 26f Gerhard Kobler Alfred Sollner In Neue Juristische Wochenschrift 2006 S 972 Raimund Waltermann Alfred Sollner In Recht der Arbeit 2006 S 52f Weblinks BearbeitenPressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr 112 2005 vom 11 November 2005 Ehemaliger Bundesverfassungsrichter Alfred Sollner verstorbenEinzelnachweise Bearbeiten Schockenmohle S 449 FAZ vom 11 November 2005 Schockenmohle S 449 Walker S 408 a b Hromadka S 26 Kobler S 972 Vgl Alfred Sollner Einseitige Leistungsbestimmung im Arbeitsverhaltnis Abhandlungen der geistes und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz Jahrgang 1966 Nr 1 a b c Hromadka S 26 BVerfGE 87 1 Trummerfrauen BVerfGE 87 234 Einkommensanrechnung BVerfGE 81 156 Arbeitsforderungsgesetz 1981 BVerfGE 82 126 Kundigungsfristen fur Arbeiter BVerfGE 84 133 Warteschleife BVerfGE 92 365 Kurzarbeitergeld BVerfGE 92 1 Sitzblockaden II Schockenmohle S 455 Sollners rechtliche Ausfuhrungen in Arbeit und Recht 1982 S 233ff BVerfGE 88 1 BVerfGE 88 103 Streikeinsatz von Beamten Walker S 409 Zollner S 2 a b Waltermann S 53 Hromadka S 26f Normdaten Person GND 118924087 lobid OGND AKS LCCN n83010892 VIAF 93112073 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sollner AlfredKURZBESCHREIBUNG deutscher Rechtswissenschaftler und Richter des BundesverfassungsgerichtsGEBURTSDATUM 5 Februar 1930GEBURTSORT Frankfurt am Main Hessen DeutschlandSTERBEDATUM 9 November 2005STERBEORT Giessen Hessen Deutschland Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alfred Sollner amp oldid 224300663