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Adolf Heinz Beckerle 4 Februar 1902 in Frankfurt am Main 3 April 1976 ebenda war in der Zeit des Nationalsozialismus als deutscher Gesandter in Sofia an der Deportation von Juden in den von Bulgarien im Zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten beteiligt Beckerle war ranghohes Mitglied der SA und Abgeordneter der NSDAP im Weimarer und nationalsozialistischen Reichstag Adolf Beckerle Portratfoto aus dem Reichstags Handbuch 1934 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Ausbildung und fruhe politische Betatigung 1 2 In der Zeit des Nationalsozialismus 1 3 Nach Kriegsende 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAusbildung und fruhe politische Betatigung Bearbeiten Der Sohn des Post Oberamtmanns Hans Beckerle und dessen Ehefrau Margarethe geborene Kammerer besuchte von 1908 bis 1921 die Volksschule und das Realgymnasium in Frankfurt und legte im Marz 1921 am dortigen Wohlergymnasium das Abitur ab An der Universitat Frankfurt nahm er ein Studium der Volkswirtschaft Wirtschaftswissenschaften und Philosophie auf das er 1927 als Diplom Volkswirt abschloss Wahrend des Studiums wurde er Mitglied der Landsmannschaft Frankonia im Coburger Convent 1921 und 1922 war er neben dem Studium Zeitfreiwilliger bei der Reichswehr Beckerle unterbrach sein Studium mehrfach Von Mai 1925 bis Juni 1926 war er Offiziersanwarter der preussischen Schutzpolizei an der Polizeischule in Hannoversch Munden Andere Unterbrechungen waren durch Auslandsreisen nach Nord und Sudamerika und Tatigkeiten in Banken als Krankenpfleger sowie in kaufmannischen und industriellen Berufen bedingt 1922 wurde Beckerle Mitglied im Verband nationalgesinnter Soldaten und im Bund Wiking Am 29 August 1922 trat er kurzzeitig der NSDAP Mitgliedsnr 7197 bei Nach Abschluss des Studiums trat Beckerle zum 1 September 1928 der neu gegrundeten NSDAP Mitgliedsnummer 80 983 1 und zudem der SA bei Am 1 April 1929 ubernahm Beckerle die Fuhrung des SA Sturms 68 in Frankfurt vom 1 Januar 1930 bis zum 13 April 1932 leitete er als SA Standartenfuhrer die dortige SA Standarte II Von Juli 1931 bis April 1932 ubernahm er zusatzlich die Fuhrung der SA Untergruppe Hessen Nassau Sud Am 24 April 1932 wurde Beckerle fur die NSDAP in den Preussischen Landtag gewahlt legte dieses Amt jedoch nieder als er am 31 Juli des gleichen Jahres ein Mandat im Reichstag erhielt Ein zuvor aufgenommenes Jurastudium brach er 1932 ab Im Juli 1932 wurde Beckerle Gaufuhrer des NS Reichsbundes fur Leibesubungen in Hessen Nassau In der Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Beckerle am 1 Marz 1933 zum SA Gruppenfuhrer und am 9 November 1937 zum SA Obergruppenfuhrer befordert Vom 1 Juli 1933 bis zum 31 Januar 1942 ubernahm er die Fuhrung der SA Gruppe Hessen Ab 14 September 1933 war er vertretungsweise Polizeiprasident von Frankfurt von Februar 1934 bis Juni 1941 ubernahm er diese Funktion endgultig Im Zusammenhang mit dem Rohm Putsch im Juli 1934 wurde er als Polizeiprasident kurzzeitig seines Amtes enthoben Am 27 Februar 1935 heiratete Beckerle Silke Edelmann Nach dem deutschen Uberfall auf Polen ubernahm Adolf Heinz Beckerle im Oktober und November 1939 die Funktion des Polizeiprasidenten im polnischen Lodz 1939 und 1940 war er als Kriegsfreiwilliger an der Westfront aus der Wehrmacht wurde er als Leutnant der Reserve entlassen Beckerle gehorte zusammen mit Hanns Ludin und Manfred von Killinger zu einer Gruppe hoherer SA Fuhrer die nach der Kritik Hitlers an den deutschen Berufsdiplomaten in den sudosteuropaischen Landern von Aussenminister Ribbentrop dort als neue Gesandte eingesetzt wurden Diese SA Diplomaten dienten zugleich als Gegengewicht zu den dortigen Ambitionen des Reichsfuhrers der SS Heinrich Himmler Von seinen Funktionen in Frankfurt wurde Beckerle im Februar 1941 urlaubsbedingt entbunden Ab 28 Juni 1941 war er Deutscher Gesandter in Sofia In dieser Funktion musste er gegenuber dem Auswartigen Amt immer wieder rechtfertigen warum er nicht in der Lage war Bulgarien auf die deutsche Linie zu bringen Resignierend antwortete er dass Bulgarien wegen seiner ethnischen Verwandtschaft nicht fur eine Teilnahme am Russlandfeldzug zu gewinnen sei Auch hatte Bulgarien eine Kriegserklarung gegenuber der Sowjetunion stets vermieden Wohl erklarte die UdSSR dann kurz vor ihrem Einmarsch im September 1944 ihrerseits Bulgarien den Krieg 2 Nach der zaudernden Haltung Bulgariens in der Judenpolitik befragt bekraftigte Beckerle sinngemass die Bulgaren hatten aufgrund ihrer Mentalitat kein Verstandnis fur Antisemitismus 3 Laut Ermittlungen der deutschen Nachkriegsjustiz war Beckerle massgeblich beteiligt an der Deportation und Ermordung von etwa 11 000 Juden fur die aber unmittelbar die SS verantwortlich war 4 In Vernichtungslager deportiert wurden Juden aus Makedonien und Thrakien Gebiete die Bulgarien 1941 annektiert hatte Nach Kriegsende Bearbeiten Am 18 September 1944 wurde Beckerle von der Roten Armee in Swilengrad im Suden Bulgariens gefangen genommen Beckerle wurde von einem sowjetischen Militargericht nach Ukas 43 wegen seiner Verbrechen zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt Wahrend seiner Gefangenschaft wurde Beckerle von der Zentralspruchkammer in Hessen am 22 Marz 1950 in der Entnazifizierung als Hauptschuldiger eingestuft Am 13 Oktober 1955 gehorte er zu den letzten deutschen Strafgefangenen deren Freilassung zuvor bei einem Besuch Konrad Adenauers in Moskau vereinbart worden war und erhielt eine Entschadigung von 5600 DM 5 von 1956 bis 1966 war er als Prokurist in Neu Isenburg tatig Im November 1966 wurde Beckerle wegen seiner Beteiligung an den Judendeportationen in Bulgarien verhaftet Im Prozess gegen Beckerle vor dem Frankfurter Schwurgericht bei dem es um die Verschleppung und Ermordung von 11 343 neu bulgarischen Juden ging forderte dessen Verteidiger mehrfach die Vorladung des damaligen Bundeskanzlers Kurt Georg Kiesingers 6 Das Verfahren gegen Beckerle wurde am 27 Juni 1968 eingestellt da dieser krankheitsbedingt verhandlungsunfahig war 7 Das Verfahren gegen den Mitangeklagten ehemaligen Legationsrat im Auswartigen Amt Fritz Gebhardt von Hahn wurde hingegen fortgesetzt 8 und endete am 18 August 1968 mit dessen Schuldspruch und einer Verurteilung zu acht Jahren Haft 9 Literatur BearbeitenRaul Hilberg Die Vernichtung der europaischen Juden Die Gesamtgeschichte des Holocaust Olle und Wolter Berlin 1982 ISBN 3 88395 431 4 Hans Joachim Hoppe Bulgarien Hitlers eigenwilliger Verbundeter Eine Fallstudie zur nationalsozialistischen Sudosteuropapolitik Studien des Instituts fur Zeitgeschichte Munchen dva Stuttgart 1979 ausfuhrliche Darstellung der Tatigkeit Beckerles in Bulgarien auf der Basis der Korrespondenz mit dem Auswartigen Amt Ernst Klee Personenlexikon zum Dritten Reich Fischer Frankfurt 2005 ISBN 3 596 16048 0 S 36 Thomas Klein Leitende Beamte der allgemeinen Verwaltung in der preussischen Provinz Hessen Nassau und in Waldeck 1867 bis 1945 Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte Bd 70 Hessische Historische Kommission Darmstadt Historische Kommission fur Hessen Darmstadt Marburg 1988 ISBN 3884431595 S 93 Joachim Lilla Martin Doring Andreas Schulz Statisten in Uniform Die Mitglieder des Reichstags 1933 1945 Ein biographisches Handbuch Unter Einbeziehung der volkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924 Droste Dusseldorf 2004 ISBN 3 7700 5254 4 Bogdan Musial Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement Harrassowitz Wiesbaden 2000 ISBN 3 447 04208 7 Quellen und Studien Band 10 Wolf Oschlies Bulgarien Land ohne Antisemitismus Erlangen 1976 Gerald Reitlinger Die Endlosung Hitlers Versuch der Ausrottung der Juden Europas 1939 1945 4 Auflage Colloquium Berlin 1961 Martin Schumacher M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus 3 Auflage Droste Dusseldorf 1994 ISBN 3 7700 5183 1 Hermann Weiss Hrsg Biographisches Lexikon zum Dritten Reich S Fischer Frankfurt am Main 1998 ISBN 3 10 091052 4 Weblinks BearbeitenAdolf Beckerle in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Beckerle Adolf Heinz Hessische Biografie Stand 24 Juli 2019 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Bundesarchiv R 9361 VIII KARTEI 1510196 Hans Joachim Hoppe Bulgarien Hitlers eigenwilliger Verbundeter Eine Fallstudie zur nationalsozialistischen Sudosteuropapolitik Stuttgart 1979 Wolf Oschlies Bulgarien Land ohne Antisemitismus Erlangen 1976 Zu Beckerles Beteiligung an den Judendeportationen Eintrage bei Chronologie des Holocaust unter 19 Juni 1942 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive 9 Oktober 1942 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive 1 November 1942 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive 16 November 1942 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive 4 Februar 1943 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive 27 Februar 1943 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive 7 Juni 1943 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive 31 August 1943 Memento vom 26 September 2007 im Internet Archive Heinz Ganther Die Juden in Deutschland Neuauflage Gala Verlag Hamburg 1959 S 352 Verteidiger fordert erneut Zeuge Kiesinger In Frankfurter Rundschau 27 Februar 1968 S 8 Prozess gegen Beckerle geplatzt Einstellung wegen Verhandlungsunfahigkeit des Angeklagten In Frankfurter Rundschau 6 Juni 1968 Keine prazise Antwort Kiesingers Vernehmung im Frankfurter Judenmordprozess Richter rugt Rundfunk In Frankfurter Rundschau 5 Juli 1968 S 1f Hahn muss ins Gefangnis Schuld an Mord von 20 000 Juden In Frankfurter Rundschau 19 August 1968 abgerufen am 26 April 2010 Polizeiprasidenten in Frankfurt am Main Guido von Madai 1867 1872 Carl Friedrich August von Hergenhahn 1872 1888 Ernst Matthias von Koller 1887 1889 Wilhelm von Muffling 1889 1904 Fritz von Scherenberg 1904 1911 Karl Riess von Scheurnschloss 1911 1918 Hugo Sinzheimer 1918 1919 Leopold Harris 1919 Fritz Ehrler 1919 1925 Josef Zimmermann 1926 1929 Ludwig Steinberg 1929 1933 Reinhard von Westrem zum Gutacker 1933 Adolf Heinrich Beckerle 1933 1943 Fritz Stollberg 1945 Ferdinand Muhrdel 1945 Willy Klapproth 1946 1951 Hanns Jess komm 1951 52 Gerhard Littmann 1952 1970 Knut Muller 1970 1980 Karlheinz Gemmer 1980 1994 Klaus Krumb interim 1994 Wolfhard Hoffmann 1995 1999 Harald Weiss Bollandt 1999 2005 Achim Thiel 2005 2014 Gerhard Bereswill 2014 2022 Stefan Muller seit 2022 Siehe auch Polizeiprasidium Frankfurt am Main Normdaten Person GND 11919421X lobid OGND AKS VIAF 13112505 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Beckerle AdolfALTERNATIVNAMEN Beckerle Adolf Heinz vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher SA Funktionar und Politiker NSDAP MdRGEBURTSDATUM 4 Februar 1902GEBURTSORT Frankfurt am MainSTERBEDATUM 3 April 1976STERBEORT Frankfurt am Main Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Adolf Beckerle amp oldid 236827723