www.wikidata.de-de.nina.az
Hugo Daniel Sinzheimer geboren am 12 April 1875 in Worms gestorben am 16 September 1945 in Bloemendaal Overveen Niederlande war ein deutscher Rechtswissenschaftler und sozialdemokratischer Politiker Hugo Sinzheimer Portratzeichnung von Emil Stumpp 1931 Hugo Sinzheimer vor 1920 Zeichnung von Hugo Sinzheimer durch Lino Salini Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Beruf 2 Partei 3 Abgeordneter 4 Gedenken 5 Schriften 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben und Beruf BearbeitenHugo Sinzheimer war ein Sohn des Kleiderfabrikanten Leopold Sinzheimer und der Franziska Mayer er hatte vier Geschwister Nach seinem Abitur auf dem Grossherzoglichen Gymnasium in Worms heute Rudi Stephan Gymnasium 1894 begann Sinzheimer der judisch war zunachst eine kaufmannische Lehre die er aber schon nach einem Jahr abbrach Anschliessend studierte er in Munchen Berlin Freiburg im Breisgau Marburg und Halle Saale Rechtswissenschaften und Nationalokonomie Wahrend des Studiums trat er dem staatswissenschaftlichen Verein Berlin bei Nach seiner Promotion zum Doktor der Rechte an der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg 1902 liess er sich 1903 als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main nieder Als Rechtsanwalt vertrat er vielfach politische und gewerkschaftliche Mandanten Wesentliche Rechtsprinzipien waren fur ihn die Wurde und Freiheit des Menschen er stand dem Humanismus und der Freirechtsbewegung nahe Hugo Sinzheimer wird in Deutschland auch als Vater des Arbeitsrechts bezeichnet 1914 wurde er Mitherausgeber der Zeitschrift Arbeitsrecht Zudem war er Rechtsberater des Deutschen Metallarbeiterverbandes Wahrend der Novemberrevolution war er provisorischer Polizeiprasident von Frankfurt am Main Er erarbeitete den Artikel 165 der Weimarer Reichsverfassung der die Grundlage fur die Verankerung der Rate im Wirtschaftsleben legte Er war ab 1920 Professor fur Arbeitsrecht und Rechtssoziologie an der Universitat Frankfurt Er initiierte 1921 die Grundung der Akademie der Arbeit 1925 ubernahm er bis 1931 gemeinsam mit Gustav Radbruch und Wolfgang Mittermaier die Herausgeberschaft der Zeitschrift Die Justiz der Publikation des Republikanischen Richterbundes In der Weimarer Republik war er mehrfach als Schlichter in Tarifkonflikten eingesetzt und setzte obwohl eigentlich gewerkschaftsnah wahrend des Metallarbeiterstreiks von 1930 zwei Lohnkurzungen durch Im Jahr 1928 berief der ADGB eine hochrangig besetzten Kommission ein zu der neben Sinzheimer unter anderem Fritz Baade Rudolf Hilferding Erik Nolting und Fritz Naphtali gehorten Aufgabe war die Erarbeitung eines wirtschaftspolitischen Grundsatzprogramms Die Ergebnisse veroffentlichte Napthali in seinem Buch Wirtschaftsdemokratie Ihr Wesen Weg und Ziel 1928 Nach der Machtergreifung wurde der bekennende Jude im Februar 1933 in Schutzhaft genommen 1 Nach seiner Freilassung im April 1933 floh Sinzheimer in die Niederlande wo er im Juli 1933 Antrittsrede 6 November 1933 Professor fur Rechtssoziologie zunachst in Amsterdam und spater in Leiden wurde Im September 1933 war ihm im Deutschen Reich die Lehrbefugnis entzogen wurden im April 1937 wurde er ausgeburgert Im Mai 1937 entzog ihm die Universitat Heidelberg die Doktorwurde Im Mai 1940 dem Monat der deutschen Besetzung der Niederlande versuchte Sinzheimer erfolglos nach England zu fluchten Kurz darauf wurde er verhaftet und zwei Monate lang in Norddeutschland gefangen gehalten Nach seiner Freilassung kehrte er nach Amsterdam zuruck Im Februar 1941 wurde er als Hochschullehrer in Leiden entlassen Im August 1942 wurde Sinzheimer zusammen mit seiner Frau erneut verhaftet und zur Sammelstelle beim Hauptquartier des SD in der Amsterdamer Euterpestraat gebracht nach Fursprachen jedoch freigelassen Die folgenden Jahre bis Kriegsende verbrachte Sinzheimer in wechselnden Quartieren im Untergrund Nach der Befreiung war Sinzheimer entkraftet und unterernahrt 2 er starb wenige Monate spater an den Folgen des Lebens in der Illegalitat Partei BearbeitenWahrend seiner Studienzeit gehorte Sinzheimer linksliberalen Organisationen an Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 trat Sinzheimer der SPD bei wo er sich dem Hofgeismarer Kreis anschloss Abgeordneter BearbeitenSinzheimer war 1919 20 Mitglied in der verfassunggebenden Weimarer Nationalversammlung Dort begrundete er am 16 Juli 1919 den Antrag seiner Fraktion den Passus Die Todesstrafe ist abgeschafft in die Verfassung aufzunehmen Bereits im Juni 1919 hatte er versucht Reichsarbeitsminister zu werden Er unterlag aber in einer fraktionsinternen Abstimmung mit 35 zu 69 Stimmen gegen Alexander Schlicke 3 Von 1917 bis 1933 war er Stadtverordneter in Frankfurt am Main nbsp Das Grab von Hugo Sinzheimer auf dem Friedhof von Bloemendaal Gedenken Bearbeiten nbsp Gedenktafel am Geburtshaus in Worms nbsp Gedenktafeln am ReichstagAn Sinzheimers Geburtshaus in Worms ist eine Gedenktafel angebracht Das Sinzheimer Institut der Fakultat der Rechtswissenschaft der Universitat von Amsterdam ist ebenso nach Sinzheimer benannt wie eine Strasse in Frankfurt am Main Seit 1992 erinnert in Berlin in der Nahe des Reichstags eine der 96 Gedenktafeln fur von den Nationalsozialisten ermordete Reichstagsabgeordnete an Sinzheimer Am 29 April 2010 eroffnete die Otto Brenner Stiftung das Hugo Sinzheimer Institut fur Arbeitsrecht HSI in Frankfurt am Main 4 Das HSI verleiht ihm zu Ehren den Hugo Sinzheimer Preis fur herausragende Dissertationen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts und der Arbeitsrechtssoziologie Preistrager sind 12 Preistrager Stephan Potters Grundrechte und Beschaftigtendatenschutz 11 Preistrager Tim Husemann Das Verbot der parteipolitischen Betatigung Zur Auslegung des 74 Abs 2 S 3 BetrVG 10 Preistragerin Andrea Potz Beweiserleichterungen im Arbeitsrecht am Beispiel des Gleichhandlungsrechts 9 Preistrager Benedikt Schmidt Tarifpluralitat im System der Arbeitsrechtsordnung 8 Preistrager Ralf Nocker Pensionsfonds Versorgungseinrichtung und Finanzsituation 7 Preistrager Robert Kretzschmar Die Rolle der Koalitionsfreiheit fur Beschaftigungsverhaltnisse jenseits des Arbeitnehmerbegriffs 6 Preistrager Niklas Wagner Internationaler Schutz sozialer Rechte die Kontrolltatigkeit des Sachverstandigenausschusses fur die Anwendung der Ubereinkommen und Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation 5 Preistragerin Annedore Fluchter Kollektivvertrage und Konfliktlosung im SGB V 4 Preistragerin Eva Dreyer Race Relations Act 1976 und Rassendiskriminierung in Grossbritannien 3 Preistrager Michael Hammer Die betriebsverfassungsrechtliche Schutzpflicht fur die Selbstbestimmungsfreiheit des Arbeitnehmers 2 Preistragerin Martina Benecke Beteiligungsrechte und Mitbestimmung im Personalvertretungsrecht 1 Preistrager Martin Becker Arbeitsvertrag und Arbeitsverhaltnis in Deutschland Vom Beginn der Industrialisierung bis zum Ende des KaiserreichsSchriften BearbeitenLohn und Aufrechnung Ein Beitrag zur Lehre vom gewerblichen Arbeitsvertrag auf reichsrechtlicher Grundlage Diss Univ Heidelberg Berlin 1902 Der korporative Arbeitsnormenvertrag Leipzig 1907 Brauchen wir ein Arbeitstarifgesetz Rechtsfragen des Tarifvertrags Jena 1913 Ein Arbeitstarifgesetz Die Idee der sozialen Selbstbestimmung im Recht 1916 Grundzuge des Arbeitsrechts Jena 1921 Das Problem des Menschen im Recht Groningen 1933 Judische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft Amsterdam 1938 mit einem Geleitwort von Franz Bohm wiederaufgelegt von Vittorio Klostermann Frankfurt am Main 1953 Theorie der Gesetzgebung Die Idee der Evolution im Recht Haarlem 1949 postum Arbeitsrecht und Rechtsoziologie Gesammelte Aufsatze und Reden Herausgegeben von Otto Kahn Freund und Thilo Ramm zwei Bande Europaische Verlagsanstalt Frankfurt am Main 1976 Literatur BearbeitenRainer Erd Hugo Sinzheimer 1875 1945 Aufruf zur Befreiung des Menschen In Kritische Justiz Hrsg Streitbare Juristen Eine andere Tradition Nomos Baden Baden 1988 ISBN 3 7890 1580 6 S 282 ff Eckhard Hansen Florian Tennstedt Hrsg u a Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945 Band 2 Sozialpolitiker in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus 1919 bis 1945 Kassel University Press Kassel 2018 ISBN 978 3 7376 0474 1 S 181 f Online PDF 3 9 MB Thomas Klein Leitende Beamte der allgemeinen Verwaltung in der preussischen Provinz Hessen Nassau und in Waldeck 1867 bis 1945 Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte Bd 70 Hessische Historische Kommission Darmstadt Historische Kommission fur Hessen Darmstadt Marburg 1988 ISBN 3 88443 159 5 S 214 215 Susanne Knorre Soziale Selbstbestimmung und individuelle Verantwortung Hugo Sinzheimer 1875 1945 Eine politische Biographie Frankfurt am Main 1991 ISBN 3 631 43436 7 Beitrage zur Politikwissenschaft Band 45 zugleich Dissertation an der Universitat Hamburg 1990 Keiji Kubo Hugo Sinzheimer Vater des deutschen Arbeitsrechts Biografie Originaltitel Aru hōgakusha no jinsei Hugo Sinzheimer Ubersetzt von Monika Marutschke Bund Koln 1995 ISBN 3 7663 2647 3 Inhalt Hugo Sinzheimer In Franz Osterroth Biographisches Lexikon des Sozialismus Band 1 Verstorbene Personlichkeiten Verlag J H W Dietz Nachf GmbH Hannover 1960 S 292 293 Hubert Rottleuthner Drei Rechtssoziologen Eugen Ehrlich Hugo Sinzheimer Max Weber In Erk Volkmar Heyen Hrsg Historische Soziologie der Rechtswissenschaft Frankfurt am Main 1986 S 227 252 Sandro Blanke Soziales Recht oder kollektive Privatautonomie Hugo Sinzheimer im Kontext nach 1900 Mohr Siebeck Tubingen 2005 Sandro Blanke Sinzheimer Hugo Daniel In Neue Deutsche Biographie NDB Band 24 Duncker amp Humblot Berlin 2010 ISBN 978 3 428 11205 0 S 474 f Digitalisat Abraham de Wolf Hugo Sinzheimer und das judische Gesetzesdenken im deutschen Arbeitsrecht Herausgegeben vom Centrum Judaicum Hentrich und Hentrich Berlin 2013 ISBN 978 3 95565 067 4 Judische Miniaturen Band 159 Christoph Muller Hugo Sinzheimer 1875 1945 Selbstorganisation und Selbstverwaltung im Arbeitsrecht In Detlef Lehnert Hrsg Vom Linksliberalismus zur Sozialdemokratie Politische Lebenswege in historischen Richtungskonflikten 1890 1945 Bohlau Verlag Koln Weimar Wien 2015 S 145 174 ISBN 978 3 412 22387 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Hugo Sinzheimer Quellen und Volltexte nbsp Commons Hugo Sinzheimer Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Hugo Sinzheimer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Hugo Sinzheimer in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Hugo Sinzheimer in der Online Version der Edition Akten der Reichskanzlei Weimarer Republik Hugo Sinzheimer Institut Hugo Sinzheimer Preis Ausfuhrlichere Biografie auf der Seite des Vereins Warmaisa e V uber beruhmte Wormser Burger judischen Glaubens AIAS HSI Amsterdam Institute for Advanced Labour Studies AIAS und Hugo Sinzheimer Institute HSI der Fakultat fur Rechtswissenschaften der Universitat Amsterdam englisch Hugo Sinzheimer Institut Webseite des Hugo Sinzheimer Instituts der Otto Brenner Stiftung Sinzheimer Hugo Daniel Hessische Biografie Stand 8 Januar 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Sinzheimer Hugo im Frankfurter Personenlexikon The Hugo Sinzheimer Repository www sinzheimer net enthalt eine komplette Liste von Sinzheimers Publikationen und eine kurzgefasste Biographie Polizeiprasidenten in Frankfurt am Main Guido von Madai 1867 1872 Carl Friedrich August von Hergenhahn 1872 1888 Ernst Matthias von Koller 1887 1889 Wilhelm von Muffling 1889 1904 Fritz von Scherenberg 1904 1911 Karl Riess von Scheurnschloss 1911 1918 Hugo Sinzheimer 1918 1919 Leopold Harris 1919 Fritz Ehrler 1919 1925 Josef Zimmermann 1926 1929 Ludwig Steinberg 1929 1933 Reinhard von Westrem zum Gutacker 1933 Adolf Heinrich Beckerle 1933 1943 Fritz Stollberg 1945 Ferdinand Muhrdel 1945 Willy Klapproth 1946 1951 Hanns Jess komm 1951 52 Gerhard Littmann 1952 1970 Knut Muller 1970 1980 Karlheinz Gemmer 1980 1994 Klaus Krumb interim 1994 Wolfhard Hoffmann 1995 1999 Harald Weiss Bollandt 1999 2005 Achim Thiel 2005 2014 Gerhard Bereswill 2014 2022 Stefan Muller seit 2022 Siehe auch Polizeiprasidium Frankfurt am MainEinzelnachweise Bearbeiten Martin Schumacher Hrsg M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus Politische Verfolgung Emigration und Ausburgerung 1933 1945 3 Auflage Droste Verlag Dusseldorf 1994 ISBN 3 7700 5183 1 S 475 477 Unter Hinweis auf Angaben der Tochter Sinzheimers Schumacher M d R S 477 Eberhard Kolb Friedrich Ebert als Reichsprasident Amtsfuhrung und Amtsverstandnis Oldenbourg Wissenschaftsverlag 1997 ISBN 3 486 56107 3 Seite 39 Fussnote 98 Jetzt unter dem Dach der Hans Bockler Stiftung HSI Abgerufen am 31 Dezember 2018 Normdaten Person GND 118614711 lobid OGND AKS LCCN no95041407 NDL 00526231 VIAF 27864307 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sinzheimer HugoALTERNATIVNAMEN Sinzheimer Hugo Daniel vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Rechtswissenschaftler und sozialdemokratischer PolitikerGEBURTSDATUM 12 April 1875GEBURTSORT WormsSTERBEDATUM 16 September 1945STERBEORT Bloemendaal Overveen Niederlande Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hugo Sinzheimer amp oldid 234862888