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Das Gesetz uber den Widerruf von Einburgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehorigkeit vom 14 Juli 1933 mit Durchfuhrungsverordnung vom 26 Juli 1933 1 ermoglichte die Annullierung von Einburgerungen die nach der Novemberrevolution stattgefunden hatten Die davon betroffenen Personen verloren dadurch ihre deutsche Staatsangehorigkeit die sich damals noch als eine deutsche Staatsangehorigkeit also die eines deutschen Landes darstellte denn eine einheitliche deutsche Staatsangehorigkeit wurde erst durch die Verordnung uber die deutsche Staatsangehorigkeit vom 5 Februar 1934 in der Folge des Gesetzes uber den Neuaufbau des Reichs eingefuhrt Reichsangehorigen die sich im Ausland aufhielten konnte wegen ihres politischen Verhaltens die deutsche Staatsangehorigkeit aberkannt und das Vermogen entzogen werden Gesetz uber den Widerruf von Einburgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehorigkeit RGBl 1933 I S 480 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Auswirkungen 3 Erganzende Verordnungen 4 Ausserkrafttreten 5 Wiedergutmachung 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenAlle nunmehr als unerwunscht erachteten Einburgerungen die in der Zeit zwischen dem 9 November 1918 und dem 30 Januar 1933 vorgenommen worden waren konnten von den Landesbehorden oder dem zustandigen Reichsminister widerrufen werden Diese Moglichkeit zum Entzug der erworbenen Staatsangehorigkeit wurde auf zwei Jahre befristet Deutschen Reichsangehorigen die sich im Ausland aufhielten und dort durch ihr Verhalten gegen die Pflicht zur Treue gegen Reich und Volk verstiessen und die deutschen Belange schadigten konnte die Staatsangehorigkeit entzogen werden Auch Personen die einer Aufforderung zur Ruckkehr nicht nachkamen konnte die deutsche Staatsangehorigkeit entzogen werden Ihr Vermogen konnte beschlagnahmt werden und verfiel nach spatestens zwei Jahren dem Deutschen Reich Rechtswirksam wurde die Ausburgerung mit der Veroffentlichung des Namens im Deutschen Reichsanzeiger Die erste Ausburgerungsliste des Deutschen Reichs vom 25 August 1933 betraf insgesamt 33 entweder wegen des mit der Machtubernahme der NSDAP einhergehenden Terrors gefluchtete oder bereits langer im Ausland lebende prominente Gegner des Nationalsozialismus Auswirkungen Bearbeiten nbsp Faksimile der ersten Ausburgerungsliste Der Reichsminister des Inneren i V PfundtnerZugewanderte Burger in erster Linie rund 16 000 Ostjuden mit inzwischen erworbener deutscher Staatsangehorigkeit 2 wurden nunmehr staatenlos Politische Fluchtlinge mussten bei Aktivitaten die sich gegen die Nationalsozialisten richteten um den Verlust ihrer Staatsangehorigkeit und ihres Vermogens furchten Anfangs diente das Gesetz in erster Linie dem Zweck das Wohlverhalten politischer Gegner zu steuern Spater wurde es ein Instrument zur Ausplunderung judischer Emigranten Die nationalsozialistischen Machthaber konnten sich die von Juden zuruckgelassenen Vermogen mit scheinbarer Legalitat aneignen indem sie ein Verfahren einleiteten das mit der Aberkennung der deutschen Staatsangehorigkeit und damit verbunden dem Vermogenseinzug endete Schon die ungenehmigte Ausreise eines Juden galt als Verstoss gegen die Pflicht zur Treue zu Reich und Volk und konnte zu seiner Enteignung fuhren Nach einem geheimen Erlass Heinrich Himmlers vom 30 Marz 1937 war eine rassenschanderische Betatigung oder die Nichtentrichtung von Steuern und Abgaben eines Emigranten ein volksschadigendes Verhalten das zum Entzug der Staatsangehorigkeit berechtigen sollte 3 Erganzende Verordnungen BearbeitenDer Wortlaut des Gesetzes ermoglichte es nicht mit scheinbarer Legalitat diejenigen Juden zu enteignen die im Deutschen Reich verblieben waren Diese Vermogenseinziehung so die burokratische Fachterminologie wurde lediglich mit einem Ruckgriff auf andere Gesetze von 1933 und einen spateren Erlass formaljuristisch gedeckt wobei man den Betroffenen pauschal volks und staatsfeindliche Bestrebungen unterstellte Juden die im Sammellager auf ihre Deportation nach Theresienstadt im damaligen Protektorat Bohmen und Mahren warteten erhielten vom Gerichtsvollzieher eine formliche Verfugung ausgehandigt wodurch ihr gesamtes Vermogen eingezogen wurde 4 Bis Ende des Jahres 1941 wurde ein derartig kompliziertes formliches Verfahren auch bei denjenigen Deportierten durchgefuhrt die in reichsrechtlich nicht als Ausland geltende Gebiete wie das Generalgouvernement und die Reichskommissariate Ostland und Ukraine deportiert wurden 5 Die gedruckte Urkunde enthielt folgenden Text Auf Grund des 1 des Gesetzes uber den Einzug kommunistischen Vermogens vom 26 Mai 1933 in Verbindung mit dem Gesetz uber den Einzug volks und staatsfeindlichen Vermogens vom 14 Juli 1933 wird in Verbindung mit dem Erlass des Fuhrers und Reichskanzlers uber die Verwertung des eingezogenen Vermogens von Reichsfeinden vom 29 Mai 1941 RGBl 1941 I 303 das gesamte Vermogen entzogen der Judin XY 6 Am 25 November 1941 legte die 11 Verordnung zum Reichsburgergesetz fest dass judische Deportierte mit dem Grenzubertritt ins Ausland automatisch ihre Staatsangehorigkeit verloren und ihr Eigentum dem Staat verfiel In der Fachterminologie der Verwaltungsburokratie wurde dies Vermogensverfall genannt 7 Am 3 Dezember 1941 wurden die im Osten besetzten Gebiete als Ausland im Sinne dieser Verordnung deklariert so dass eine formliche Urkunde nur noch bei Deportationen nach Theresienstadt ausgehandigt wurde 8 In einem Erlass des Reichssicherheitshauptamtes vom 2 Marz 1942 heisst es dass die Bestrebungen der abgeschobenen Juden auf welche die 11 DVO des Reichsburgergesetzes nicht angewendet werden konnte volks und staatsfeindlich gewesen waren 9 Ausserkrafttreten BearbeitenDas Gesetz konnte nach Artikel II b des alliierten Kontrollratsgesetzes Nr 1 vom 20 September 1945 als aufgehoben gelten Ausser Kraft gesetzt war es spatestens infolge des Widerspruchs zu Art 16 Abs 1 in Verbindung mit Art 123 Abs 1 des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland vom 23 Mai 1949 Wiedergutmachung BearbeitenArt 116 Abs 2 GG begrundet auf Antrag einen Anspruch auf Wiedereinburgerung 10 Die Ausburgerung von judischen Staatsburgern nach dem Gesetz uber den Widerruf von Einburgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehorigkeit bleibt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ein historisches Geschehen das als solches nicht nachtraglich beseitigt werden kann Art 116 Abs 2 GG will aber das Unrecht das den ausgeburgerten Verfolgten angetan worden ist im Rahmen des Moglichen wiedergutmachen 11 12 Die aufgrund des Gesetzes vom 14 Juli 1933 aus rassenideologischen Grunden ausgesprochene Einzelausburgerung ist unter dem Grundgesetz als nichtig das heisst als von Anfang an unheilbar unwirksam anzusehen 13 Durch das Vierte Gesetz zur Anderung des Staatsangehorigkeitsgesetzes vom 12 August 2021 14 wurde in 15 StAG ein gesetzlicher Anspruch auf Wiedergutmachungseinburgerung fur Personen geschaffen die von nationalsozialistischen Verfolgungsmassnahmen betroffen waren aber keinen Anspruch auf Wiedererwerb der deutschen Staatsangehorigkeit nach der Wiedergutmachungsvorschrift des Art 116 Abs 2 GG haben weil sie nicht formlich ausgeburgert worden waren Diese Regelung betrifft Personen die nicht formlich ausgeburgert worden waren aber im Zusammenhang mit Verfolgungsmassnahmen aus den in Art 116 Abs 2 Satz 1 GG aufgefuhrten Grunden in der Zeit vom 30 Januar 1933 bis zum 8 Mai 1945 die deutsche Staatsangehorigkeit aufgegeben oder verloren hatten etwa mit ihrer Deportation aus dem Reichsgebiet nach der Elften Verordnung zum Reichsburgergesetz vom 25 November 1941 15 oder sie erst gar nicht erwerben konnten 16 17 18 Siehe auch BearbeitenListe antijudischer Rechtsvorschriften im Deutschen Reich 1933 1945 Erste Ausburgerungsliste des Deutschen Reichs Zweite Ausburgerungsliste des Deutschen Reichs Dritte Ausburgerungsliste des Deutschen Reichs Vierte Ausburgerungsliste des Deutschen Reichs Liste von Ausgeburgerten wahrend des Nationalsozialismus bis 1936Literatur BearbeitenKlaus Pfeiffer Joachim Rott Die erste Ausburgerungsliste vom 25 August 1933 Berlin 2016 Hentrich amp Hentrich ISBN 978 3 95565 085 8 Topographie des Terrors Notizen Band 9 Weblinks BearbeitenGesetz uber den Widerruf von Einburgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehorigkeit vom 14 Juli 1933 verfassungen de abgerufen am 25 Oktober 2017 Eine Erwiderung auf auslandische Kritik an dem Gesetz formulierte Berthold Schenk Graf von Stauffenberg in Die Entziehung der Staatsangehorigkeit und das Volkerrecht Eine Entgegnung Zeitschrift fur auslandisches offentliches Recht und Volkerrecht ZaoRV JG 1934 Die Entgegnung gilt einem Beitrag von Georges Scelle in Revue Generale de Droit International Public des Jg 1934 in dem dieser das Gesetz uber den Widerruf von Einburgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehorigkeit kritisiert Arisierung Enteignung durch Verknupfung zweier GesetzeEinzelnachweise Bearbeiten RGBl 1933 I S 538 Dorothee Mussgnug Die Reichsfluchtsteuer 1931 1953 Berlin 1993 ISBN 3 428 07604 4 S 41 Durchfuhrungsverordnung vom 26 7 1933 RGBl I 438 genaue Zahl 16 258 bei Gotz Aly und Henz Roth Die restlose Erfassung FiTb 14787 Frankfurt M 2005 ISBN 3 596 14767 0 S 71 Hans Dieter Schmid Finanztod Die Zusammenarbeit von Gestapo und Finanzverwaltung bei der Ausplunderung der Juden in Deutschland In Gerhard Paul Klaus Michael Mallmann Hrsg Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg Darmstadt 2000 ISBN 3 89678 188 X S 143 Wolf Gruner Widerstand in der Rosenstrasse Frankfurt M 2005 ISBN 3 596 16883 X S 68 Hans Dieter Schmid Finanztod S 151 Dokument abgedruckt bei Hans Gunther Adler Die verheimlichte Wahrheit Theresienstadter Dokumente Tubingen 1958 S 61 Text auch in Walther Hofer Der Nationalsozialismus Dokumente 1933 1945 FiTb Frankfurt M 1977 ISBN 3 596 26084 1 S 299 Dok 172 Abs 3 Christiane Kuller Erster Grundsatz Horten fur die Reichsfinanzverwaltung Die Verwertung des Eigentums der deportierten Nurnberger Juden In Birthe Kundrus Beate Meyer Hrsg Die Deportation der Juden aus Deutschland Gottingen 2004 ISBN 3 89244 792 6 S 166 Hans Dieter Schmid Finanztod S 150 151 Fauck Vermogensbeschlagnahmen an judischem Eigentum vor dem Erlass der 11 DVO zum Reichsburgergesetz In Gutachten des Instituts fur Zeitgeschichte Bd 2 Stuttgart 1966 S 25 Anspruchseinburgerung Memento vom 25 Oktober 2017 im Internet Archive Website des Bundesverwaltungsamts abgerufen am 25 Oktober 2017 BVerfGE 8 81 86 88 BVerfGE 54 53 67 f vgl BVerfGE 54 53 68 BGBl I S 3538 RGBl S 722 Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Anderung des Staatsangehorigkeitsgesetzes 19 28674 vom 19 April 2021 S 12 f 15 ff Im Rahmen der Wiedergutmachung wieder Deutsch werden Bundesverwaltungsamt abgerufen am 26 Juni 2022 Anne Beatrice Clasmann Deutschland Einburgerung Grosses Interesse an Wiedergutmachung Judische Allgemeine 23 Februar 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesetz uber den Widerruf von Einburgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehorigkeit amp oldid 233479725