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Dieser Artikel behandelt die Funktion eines linearen zeitinvarianten Systems Fur die Funktion des Modells neuronaler Netze siehe Kunstliches Neuron Die Ubertragungsfunktion oder auch Systemfunktion beschreibt in der ingenieurwissenschaftlichen Systemtheorie mathematisch die Beziehung zwischen dem Ein und Ausgangssignal eines linearen dynamischen Systems in einem Bildraum 1 Ein dynamisches System kann beispielsweise ein mechanisches Gebilde ein elektrisches Netzwerk oder ein anderer biologischer physikalischer oder auch volkswirtschaftlicher Prozess sein 2 Mithilfe der Ubertragungsfunktion kann alternativ zur Berechnung im Zeitbereich fur ein beliebiges Eingangssignal das Ausgangssignal d h die Reaktion des Systems einfacher bestimmt werden als durch das Losen von Differentialgleichungen Ausserdem Teilsysteme die grafisch in einem Signalflussplan angeordnet sind lassen sich mit Hilfe von Ubertragungsfunktionen durch einfache Rechenregeln umformen und zusammenfassen Fur kontinuierliche Systeme ist der Bildraum gegeben durch die Laplace Transformation Eine Achse ist dabei der Fourier Frequenzparameter iw Daher ist die Ubertragungsfunktion auch verwandt mit dem Frequenzgang eines Systems Fur diskrete Systeme ist der Bildraum gegeben durch die z Transformation Inhaltsverzeichnis 1 Allgemein 2 Grundlagen 2 1 Definition 2 2 Herleitung uber die Systemgleichungen Systemanalyse 2 3 Signalverarbeitung Systemidentifikation 3 Darstellungsformen 4 Beispiele 4 1 Systemanalyse 4 2 Haufig verwendete Ubertragungsfunktionen 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseAllgemein BearbeitenUnter einem System versteht man in der Systemtheorie abstrakt einen Vorgang der ein Signal umwandelt bzw ubertragt 3 Das ihm zugefuhrte Signal wird dann Eingangssignal genannt und das entstehende Signal Ausgangssignal Wie das Signal umgewandelt wird bzw wie diese beiden Signale im Verhaltnis zueinander stehen wird durch die Ubertragungsfunktion mathematisch beschrieben Die Ubertragungsfunktion beschreibt das zeitliche dynamische Verhalten eines Systems Mit ihr kann berechnet werden wie ein beliebiges Eingangssignal durch das System umgewandelt wird bzw welches Ausgangssignal es hervorruft Sie beschreibt das dynamische Verhalten des Systems vollstandig und unabhangig von den konkreten Signalen Die Ubertragungsfunktion bildet nur das mathematische Systemverhalten ab aber nicht die einzelnen Komponenten des Systems Umgekehrt sind auch die Details der Realisierung aus der Ubertragungsfunktion nicht direkt ablesbar Ubertragungsfunktionen kommen in den Ingenieurwissenschaften uberall dort zum Einsatz wo die Veranderungen von Signalen egal ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt beschrieben oder berechnet werden Sie werden meistens bei der Analyse von SISO Systemen verwendet typischerweise in der Signalverarbeitung Regelungs und Nachrichtentechnik sowie der Kodierungstheorie 4 Alle Systeme die man durch lineare Differential oder Differenzengleichungen darstellen kann konnen auf diese Weise mathematisch modelliert werden Oft lasst sich der Vorgang der das Signal verandert naherungsweise durch ein lineares Modell beschreiben Dann kann auf die Theorie der LZI Systeme zuruckgegriffen werden sie sind analytisch leicht zuganglich und theoretisch gut erforscht Da LZI Systeme nur die Amplitude und den Phasenwinkel der Frequenzanteile des Signals verandern ist die Beschreibung im Frequenzbereich meist praktischer zu handhaben und auch kompakter Die Beschreibung des Zeitverhaltens eines LZI Systems kann im kontinuierlichen Fall durch lineare Differentialgleichungen erfolgen Uber die Laplace Transformation kann sie in den Frequenzbereich uberfuhrt werden Umgekehrt kann durch die inverse Laplace Transformation aus der Ubertragungsfunktion wieder das Zeitverhalten rekonstruiert werden Bei diskreten Systemen wie es z B die meisten digitaltechnischen Systeme sind z B Digitalfilter ist das Verhalten des Systems nur zu bestimmten Zeitpunkten definiert Solche Systeme konnen im Zeitbereich durch lineare Differenzengleichungen beschrieben werden und mithilfe der z Transformation in den Bildbereich uberfuhrt werden 5 Als Bindeglied zwischen kontinuierlichen und zeitdiskreten Ubertragungsfunktionen stehen verschiedenen Transformationen wie die bilineare Transformation oder die Impulsinvarianz Transformation zur Verfugung um Ubertragungsfunktionen unter Beachtung bestimmter Einschrankungen zwischen diesen beiden Formen uberfuhren zu konnen Um die Ubertragungsfunktion eines Systems zu erhalten gibt es zwei Moglichkeiten 6 Systemanalyse Ist der innere Aufbau des Systems bekannt kann man ihn mathematisch modellieren und daraus sein Verhalten berechnet werden Systemidentifikation Bei bekannten Aus und Eingangssignalen Y und X die entweder gemessen oder vorgegeben sein konnen erhalt man die Ubertragungsfunktion durch Bildung des Quotienten Y X displaystyle tfrac Y X nbsp BeispielEin einfaches Beispiel fur eine gewollte Signalveranderung ist ein Tiefpass Er filtert hohe Frequenzen aus einem Eingangssignal heraus und hinterlasst im Ausgangssignal nur die tieferen Frequenzanteile Eine unbeabsichtigte Veranderung ist z B die Verzerrung bei der Ubertragung durch einen Kanal z B ein Kupferkabel ein Glasfaserkabel oder auch eine Funkstrecke Hier wurde man sich grundsatzlich wunschen dass der Kanal das Signal nicht verandert Er tut dies jedoch da er in der Realitat nicht ideal ist Solche Verzerrungen mussen dann entweder beim Sender oder am Empfanger kompensiert werden Grundlagen BearbeitenDefinition Bearbeiten Fur kontinuierliche Systeme die linear und zeitinvariant sind d h das System zeigt zu jeder Zeit bei gleicher Eingabe das gleiche Verhalten ist die Ubertragungsfunktion definiert als G s Y s U s L y t L u t displaystyle G s frac Y s U s frac mathcal L y t mathcal L u t nbsp oder alternativ in Operatorenschreibweise Y s G s U s displaystyle Y s G s cdot U s nbsp Die Funktion Y s bzw U s sind die Laplace Transformierten des Ausgangs bzw Eingangssignals G s ist der Quotient dieser beiden Grossen und beschreibt das System dadurch 7 Die zweiseitige Laplace Transformierte spielt in realen technischen Systemen eine untergeordnete Rolle da technische Systeme kausal sind Fur zeitdiskrete LZI Systeme wie sie z B in der digitalen Signalverarbeitung verwendet werden ist die Definition ahnlich nur dass hierbei die z Transformierten verwendet werden 8 G z Y z X z Z y k Z x k displaystyle G z frac Y z X z frac mathcal Z y k mathcal Z x k nbsp Herleitung uber die Systemgleichungen Systemanalyse Bearbeiten Wenn der interne Aufbau des Systems bekannt ist kann das Zeitverhalten durch die zugehorige Systemgleichung beschrieben werden Im Fall von kontinuierlichen Systemen sind dies Differentialgleichungen bei zeitdiskreten Systemen Differenzengleichungen Wenn es sich dabei weiterhin um lineare Gleichungen handelt ist das zugehorige System ebenfalls linear und gleichzeitig auch zeitinvariant ein LZI System Statt das Verhalten des Systems nun im Zeitbereich zu beschreiben kann es stattdessen auch in den zugehorigen Frequenzbereich uberfuhrt und dort weiter analysiert werden Mithilfe der transformierten Gleichung kann eine Losung meist leichter gefunden werden und dadurch die Systemantwort fur ein beliebiges Eingangssignal bzw die Ubertragungsfunktion bestimmt werden Fur kontinuierliche Systeme verwendet man dazu standardmassig die Laplace Transformation fur zeitdiskrete Systeme die z Transformation Eine solche Beziehung zwischen Zeit und Bildfunktion nennt man Korrespondenz Da die analytische Bestimmung dieser Transformationen aufwendig ist und oftmals immer wieder die gleichen auftreten existieren sogenannte Korrespondenztabellen in denen haufig verwendete Transformationen nachgeschlagen werden konnen Die Anfangswerte der Systemgleichungen stellen den internen Zustand des Systems zu Beginn dar z B den der internen Energiespeicher In den meisten Fallen ist der Anfangszustand uninteressant fur die Systemanalyse und man setzt voraus dass alle Anfangswerte Null sind d h die internen Energiespeicher des Systems seien leer Signalverarbeitung Systemidentifikation Bearbeiten In der Signalverarbeitung besteht meist der Wunsch ein gegebenes Eingangssignal in ein bestimmtes Ausgangssignal umzuwandeln bzw das Spektrum des Eingangssignals auf eine bestimmte Art und Weise zu verandern D h anders als bei der Systemanalyse ist zwar die Reaktion des Systems bekannt nicht jedoch die Funktionsweise In diesem Fall ist die Systemgleichung im Zeit als auch im Frequenzbereich unbekannt und sie wird aus Ein und Ausgangssignal bestimmt Bei einem kontinuierlichen System bildet man dazu das Ein und Ausgangssignal in den Frequenzbereich ab X s L x t d e f x t e s t d t displaystyle X s mathcal L left x t right stackrel mathrm def int infty infty x t mathrm e st mathrm d t nbsp Y s L y t d e f y t e s t d t displaystyle Y s mathcal L left y t right stackrel mathrm def int infty infty y t mathrm e st mathrm d t nbsp Das Ausgangssignal hangt dann vom Eingangssignal uber die Ubertragungsfunktion ab Y s G s X s displaystyle Y s G s cdot X s nbsp Und durch Umstellen erhalt man selbige G s Y s X s displaystyle G s frac Y s X s nbsp Das Verfahren funktioniert aquivalent bei zeitdiskreten Systemen indem man hier die z Transformierte der Signale verwendet Darstellungsformen BearbeitenDie Ubertragungsfunktion kann entweder als mathematische Formel oder als graphische Kurven angegeben werden Bei der formalen Darstellung wahlt man ublicherweise zwischen der Polynomdarstellung ihrer Produktdarstellung oder der Partialbruchzerlegung Die graphische Darstellung wird Bode Diagramm genannt und besteht aus der Beschreibung der Amplitudenverstarkung und der Phasenverschiebung die das Eingangssignal erfahrt Darstellungsform Notation im FrequenzbereichPolynom G s b m s m b m 1 s m 1 b 1 s b 0 a n s n a n 1 s n 1 a 1 s a 0 displaystyle G s frac b m s m b m 1 s m 1 dotsb b 1 s b 0 a n s n a n 1 s n 1 dotsb a 1 s a 0 nbsp Pol Nullstellen G s k s s 0 1 s s 0 2 s s 0 m s s 1 s s 2 s s n displaystyle G s k cdot frac s s 0 1 s s 0 2 dotsm s s 0 m s s infty 1 s s infty 2 dotsm s s infty n nbsp Partialbruch G s A 1 s s 1 A 2 s s 2 A n s s n displaystyle G s frac A 1 s s infty 1 frac A 2 s s infty 2 dotsb frac A n s s infty n nbsp In der Produktdarstellung lassen sich sehr leicht die Pol und Nullstellen der Funktion auslesen Die Darstellung in Partialbruchen ist vor allem fur die Rucktransformation in den Zeitbereich geeignet Beispiele BearbeitenSystemanalyse Bearbeiten Kontinuierliches LZI System 9 Ein System sei durch folgende DGL beschrieben y t a 1 y t a 0 y t b 1 x t b 0 x t displaystyle y t a 1 y t a 0 y t b 1 x t b 0 x t nbsp Dabei seien a n b m displaystyle a n b m nbsp reellwertige Konstanten Die Laplace Transformierte der Differentialgleichung lautet L y t a 1 L y t a 0 L y t b 1 L x t b 0 L x t s 2 Y s s y 0 y 1 a 1 s Y s y 0 a 0 Y s b 1 s X s x 0 b 0 X s displaystyle begin aligned mathcal L y t a 1 mathcal L y t a 0 mathcal L y t amp b 1 mathcal L x t b 0 mathcal L x t Leftrightarrow quad s 2 Y s sy 0 y 1 a 1 sY s y 0 a 0 Y s amp b 1 sX s x 0 b 0 X s end aligned nbsp Dabei seien alle Anfangswerte y k 0 k 0 n 1 displaystyle y k 0 k 0 dots n 1 nbsp und x 0 0 displaystyle x 0 0 nbsp Eingesetzt erhalt man Y s s 2 a 1 s a 0 X s b 1 s b 0 displaystyle Y s s 2 a 1 s a 0 X s b 1 s b 0 nbsp Laut Definition ist die Ubertragungsfunktion der Quotient Y X teilt man auf beiden Seiten entsprechend erhalt man G s Y s X s b 1 s b 0 s 2 a 1 s a 0 displaystyle G s frac Y s X s frac b 1 s b 0 s 2 a 1 s a 0 nbsp Zeitdiskretes LZI SystemAhnlich dem kontinuierlichen System oben sei die Systemfunktion eines diskreten LZI Systems durch folgende Differenzengleichung beschrieben y k a 1 y k 1 a 0 y k 2 x k b 0 x k 1 b 1 x k 2 displaystyle y k a 1 y k 1 a 0 y k 2 x k b 0 x k 1 b 1 x k 2 nbsp Dabei seien a n b m displaystyle a n b m nbsp reellwertige Konstanten Die z Transformierte der Differenzengleichung lautet dann Y z a 1 Y z z 1 a 0 Y z z 2 X z b 0 X z z 1 b 1 X z z 2 Y z 1 a 1 z 1 a 0 z 2 X z 1 b 0 z 1 b 1 z 2 displaystyle begin aligned Y z a 1 Y z z 1 a 0 Y z z 2 amp X z b 0 X z z 1 b 1 X z z 2 Y z 1 a 1 z 1 a 0 z 2 amp X z 1 b 0 z 1 b 1 z 2 end aligned nbsp Durch Umformen erhalt man die Ubertragungsfunktion G z Y z X z 1 b 0 z 1 b 1 z 2 1 a 1 z 1 a 0 z 2 displaystyle G z frac Y z X z frac 1 b 0 z 1 b 1 z 2 1 a 1 z 1 a 0 z 2 nbsp Haufig verwendete Ubertragungsfunktionen Bearbeiten In der Signalverarbeitung und Nachrichtentechnik Butterworth Filter Bessel Filter Cauer Filter Tschebyscheff Filter Gaussfilter Raised Cosine Filter In der Regelungstechnik P Glied I Glied D Glied PT1 Glied PT2 Glied Totzeit GliedSiehe auch BearbeitenSignalanalyse Greensche Funktion Kopfbezogene UbertragungsfunktionLiteratur Bearbeiten nbsp Wikibooks Einfuhrung in die Systemtheorie Ubertragungsfunktion Lern und Lehrmaterialien Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 Fernando Puente Leon Uwe Kiencke Holger Jakel Signale und Systeme 5 Auflage Oldenbourg Verlag Munchen 2011 ISBN 978 3 486 59748 6 Jan Lunze Regelungstechnik 1 Systemtheoretische Grundlagen Analyse und Entwurf einschleifiger Regelungen 7 Auflage Springer 2008 ISBN 978 3 540 68907 2 Holger Lutz Wolfgang Wendt Taschenbuch der Regelungstechnik mit MATLAB und Simulink 12 Auflage Europa Lehrmittel 2021 ISBN 978 3 8085 5870 6 Einzelnachweise Bearbeiten Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 S 101 Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 S 7 Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 S 6 John G Proakis Masoud Salehi Communication systems engineering 2 Auflage Prentice Hall Upper Saddle River NJ 2002 ISBN 0 13 095007 6 S 626 englisch Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 S 326 Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 S 102 Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 S 100 Bernd Girod Rudolf Rabenstein Alexander Stenger Einfuhrung in die Systemtheorie 4 Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0176 0 S 303 Douglas K Lindner Signals and Systems McGraw Hill ISBN 0 07 116489 8 S 294 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ubertragungsfunktion amp oldid 235568746