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Der Zwerchhof ist eine im ostlichen und sudostlichen Osterreich und weit daruber hinaus verbreitete Form des Bauernhofes mit einem zur Strassenseite quer verlaufendem Gebaude L fomig an das Strassenhaus angebaut Zwerchhof in der Oststeiermark Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Bauliche Charakteristika 3 Entstehung und Untertypen 3 1 Streckhof 3 2 Zwerchhof 3 3 Hakenhof 3 4 Doppelhakenhof 3 5 Umgekehrter Zwerchhof Streckhof 3 6 Gassenfronthaus 3 7 Weitere Gebaude 4 Regionale Verbreitung 5 Stadtische Vorbilder und Weiterentwicklungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenDer oberdeutsche Ausdruck zwerch bedeutet quer 1 weil das Hauptgebaude L formig quer an das Strassengebaude angebaut ist Ein im deutschen Sprachraums ebenfalls haufiger Begriff ist Hakenhof der allerdings in anderen Regionen oft nicht die Charakteristika wie Ausrichtung zur Strasse und typische Bauelemente der Zwerchhofe im ostlichen Osterreich und Nachbarlandern umfasst Bauliche Charakteristika BearbeitenZwerchhofe und ahnliche Hofe in Osterreich nbsp Denkmalgeschutzter Zwerchhof in Kemeten im Burgenland nbsp Haufige Bauart eines Zwerchhofs mit zur Strasse abfallendem Dach Doppelhakenhof aus Wildendurnbach im Weinviertler Museumsdorf Niedersulz nbsp Trettn an Front und Querhaus eines Zwerchhofes Museumsdorf Niedersulz nbsp Trettn am Querhaus und Ruckseite des Fronthauses mit Einfahrt an einem Zwerchhof aus Waidendorf im Museumsdorf Niedersulz nbsp Durchlauf Trettn im Museumsdorf Niedersulz nbsp Alter Zwerchhof Baujahr 1776 in Hohenruppersdorf Niederosterreich nbsp Streckhof in Siget in der Wart nbsp Streckhof mit Toreinfahrt aus Bad Pirawarth im Museumsdorf Niedersulz nbsp Hakenhof von 1798 in Jabing Burgenland nbsp Hakenhof in Sankt Martin an der Raab nbsp Streckhof in Jabing mit Trettn ahnlich einer Veranda im hinteren Bereich typisch bei umgekehrten Streckhofen Zwerchhofen die in Ungarn Slawonien und umgebenden Regionen haufig sind nbsp Abseitstadel des Sudmahrerhofes ein Zwerchhof aus Mikulov Nikolsburg im Museumsdorf Niedersulz Bei dieser Form des Mehrseithofes ist der Wohntrakt oder der Wirtschaftstrakt strassenseitig quer an die ubrigen Gebaude angefugt Als Baumaterial uberwiegt der Mauerbau Charakteristisch ist ein Laubengang ursprunglich eher mit Holzsaulen spater auch als Steinarkaden Kolonnade entlang dem Quergebaude manchmal auch in Form einer erhohten Veranda der in Osterreich Trettn genannt wird Der heute oft reprasentativ geschmuckte und begrunte Trettn entstand ursprunglich als Wetterschutz beim Zugang zu den Wirtschaftsgebauden im Querhaus und entwickelte sich erst spater zum Aufenthaltsbereich im Sommer Laubengange sind bei Hakenhofen anderer Regionen im deutschen Sprachraum nicht ublich 2 Entstehung und Untertypen BearbeitenZwerchhofe entstanden 3 in osterreichisch ausseralpinen bohmisch mahrischen und pannonischen planmassig angelegten Siedlungsdorfern wie Anger Reihen und Strassendorfern in denen an der Strasse sehr schmale aber weit in die Tiefe reichende Hofgrundstucke parzelliert wurden Das machte es notwendig Hofeinfahrt und Wohnhaus an der engen Strassenseite nebeneinander zu platzieren weshalb das Wohnhaus quer zur Strasse steht Streckhof Bearbeiten Der Streckhof ist die ursprunglich entstandene Bauernhofform bei dem die Nebentrakte Kuche Speisekammer und Wirtschaftsgebaude Stalle Gerateschuppen Scheune oft im Grundstuck hinten an das Wohnhaus in einer Linie angebaut wurden Die Trennung von Wohn und Kuchenbereich bildete sich zumeist erst seit dem Hochmittelalter und von Wohn und Wirtschaftsbereich besonders Gerateschuppen und Stallen oft erst in der Fruhen Neuzeit 16 18 Jahrhundert heraus womit auch erst jetzt Streckhofe entstanden Streckhofe quer zur Strasse mit Toreinfahrt daneben sind die alteste Form des Bauernhauses und in einigen Regionen wie Ungarn Slawonien oder Siebenburgen besonders im Szeklerland mit charakteristischen verzierten Hoftoren bis heute die haufigste oder dominierende Variante das Bauernhofes aber heute fast uberall mit Laubengang oder Veranda Zwerchhof Bearbeiten Der Zwerchhof ist eine spatere Weiterentwicklung des Streckhofs bei dem L formig an der Strassenseite in geschlossener Fassade zu den Nachbarhausern ein Strassengebaude mit Tordurchfahrt an den Hof angefugt wurde Zwerchhofe sind besonders in Niederosterreich der Oststeiermark Sudmahren und benachbarten sudostlichen und ostlichen Gebieten Bohmens und Teilen der heutigen Slowakei haufig Hakenhof Bearbeiten Wahrend der Begriff Hakenhof umgangssprachlich oft als Synonym fur Zwerchhofe verwendet wird bezeichnen Ethnologen eine Variante des Streckhofs bei den hintere Wirtschaftsgebaude meist die Scheune Stadel im hinteren Grundstuck quer L fomig hakenformig zum Streckhof errichtet wurde als Hakenhof oder Hakenstreckhof Hakenhofe sind vergleichsweise seltener Doppelhakenhof Bearbeiten Diese dreiseitige Bebauung des Doppelhakenhofs aus Strassenhaus L formig angebautem Hintergebaude mit Laubengang und parallel zum Fronthaus im hinteren Bereich hakenformig erganzte Scheune ist eine U formige Kombination aus Zwerchhof und Hakenhof auch Zwerch Hakenhof genannt Umgekehrter Zwerchhof Streckhof Bearbeiten Bei diesem Typus befinden sich die Wohnbereiche nicht im vorderen sondern im hinteren Bereich der Bebauung also im hinteren Teil des Nebengebaudes wahrend die Wirtschaftsgebaude im vorderen Teil und beim Zwerchhof im Fronthaus untergebracht sind Dieser Typus ist besonders in sumpfigen Bach und Flusstalern haufig weil die Dorfstrassen hier meistens in der Nahe feuchter Bach und Flusslaufe verlaufen weshalb der hintere Teil der Grundstucke oft hoher liegt und die dort ruckwartig errichteten Wohnbereiche besser geschutzt sind Umgekehrte Streckhofe sind besonders in den Flussgebieten Ungarns und Slawoniens die absolut dominierende Hofform manchmal mit Veranden statt Laubengangen am hinteren Wohnbereich Wahrend Garten an den hinteren Zwerchhofen hinter dem Hofbereich meistens eine junge Erganzung sind waren sie am umgekehrten Streck und Zwerchhofen oft von Anfang an vorhanden Gassenfronthaus Bearbeiten Das Gassenfronthaus ist eine Weiterentwicklung des Zwerchhofes bei dem der Bereich von Vorderhaus Nebenhaus und Hof mit einem kompakten Haus unter einem Dach uberbaut ist die dann zwar an der Strassenseite ahnlich schmal wie Zwerchhofe wirken aber oft sehr tief ins Grundstuck reichen Meistens errichteten sie nicht Bauern sondern Handwerker Winzer u a Nicht Bauern weshalb sie meistens keine Toreinfahrt sondern eine Gassentur besitzen hinter dem ein langer Flur Vorhaus den Wohn und Arbeitsbereich unterteilt Im Weinviertel ist er heute der haufigste Landhaustyp Weitere Gebaude Bearbeiten Die Scheunen Stadel die meist zuletzt an den Wirtschaftstrakt des Quergebaudes langs beim Streckhof und Zwerchhof oder quer beim Hakenhof und Doppelhakenhof Zwerch Hakenhof stehen wurden bis Mitte des 19 Jahrhunderts aus Holz aber mit weit herabgezogenen Dachseiten Abseiten gebaut Dieses Abseitstadel wurde danach durch steinerne Scheunen ersetzt Wie in vielen Hofen des 19 Jahrhunderts entstanden auch hier kleine Alterssitze fur die Altbauern Ausgedinge oder Ausnahm die meistens von einem Garten zur Selbstversorgung umgeben waren Neben den ublichen Bauernhofen existierten auch fur fast besitzlose Kleinbauern Kleinhausler und Tagelohner Hausel bzw Hutten die oft wesentlich kleiner waren auf kleinerer Flache standen und je nach Moglichkeiten des Grundstucks und Vermogens nicht alle Elemente eines Streck oder Zwerchhofs umfassten Regionale Verbreitung BearbeitenInnerhalb des heutigen Osterreich sind Zwerchhofe besonders im ostlichen und nordostlichen Alpenvorland 4 also in Niederosterreich der ostlichen und sudostlichen Steiermark und den Vororten von Wien und Graz etwa seit dem 17 18 Jahrhundert traditionell kamen aber im Laufe des 20 Jahrhunderts aus der Mode Im vormals zum Konigreich Ungarn gehorenden Burgenland sind umgekehrte Streckhofe oft bis heute haufig In dieser Umgebung wurden auch immer besonders in grosseren Gemeinden Zwerchhofe manchmal verkurzt mit nebenstehendem Hoftor statt Tordurchfahrt durch das Strassenhaus gebaut Obwohl viele osterreichische Volkskundler die bauerliche Architektur der Streck und Zwerchhofe nur innerhalb der Staatsgrenzen beschreiben hat sich diese Tradition weit daruber hinaus auch in Nachbarlandern gebildet Besonders haufig sind sie bis heute in den Dorfern des sudlichen ebeneren Mahren und in benachbarten sudostlichen und ostlichen Teilen Bohmens also im Sudosten des heutigen Tschechien und auch in vielen Regionen der heutigen Slowakei 5 die von Ende 18 bis Anfang 20 Jahrhundert Oberungarn genannt wurde vom 16 Mitte 18 Jahrhundert wurde nur die ostliche Slowakei so bezeichnet die Westhalfte war noch der Nordteil Niederungarns sowie in der heute zu Slowenien gehorenden Untersteiermark In den Ebenen Zentralungarns Sudungarns des ostkroatischen Slawoniens und des heute zwischen Rumanien und Serbien geteilten Banats seltener in Zentral Kroatien sind zumeist umgekehrte Streckhofe sehr haufig im rumanischen Siebenburgen meistens normale Streckhofe Wie im Burgenland treten auch hier Zwerchhofe besonders in grosseren Ortschaften auf Diese Architektur ist nicht die ursprungliche Bauernarchitektur dieser Regionen aus dem Mittelalters und 16 Jahrhunderts die in Slawonien meistens schilfgedeckte am Karpatenbogen holzgedeckte Holzblockhauser in der ungarischen Tiefebene schilfgedeckte Stampflehmhauser ohne angebaute Neben und Wirtschafthauser waren Sie breitete sich erst seit der Peuplierung des 18 Jahrhunderts mit ungarischen schwabischen slowakischen und tschechischen Siedlern im 18 Jahrhundert sowie im 19 Jahrhundert besonders nach endgultiger Ausfhebung der Leibeigenschaft 1848 aus Nordungarn Osterreich Mahren und Bohmen zahlreich aus und entwickelte sich so zur dominierenden bauerlichen Architektur zentraler Regionen des Habsburgerreiches Stadtische Vorbilder und Weiterentwicklungen Bearbeiten nbsp Luftbild von Levoca Leutschau Region Zips Slowakei mit den fur viele Altstadte der Regionen typischen engen Grundstucksparzellen die mit Gassenfronthausern oder L formigen Hofen bebaut sind Auf der Ruckseite der Hauserzeile vor dem Hauptplatz dessen Hauser im 16 18 Jahrhundert entstanden sind Laubengang Arkaden auch in hoheren Stockwerken zu sehen In den zahlreichen historischen Altstadten Niederosterreichs Bohmens Mahrens Oberungarns Westungarns und Siebenburgens sind Stadthauser mit stadtisch geschlossener Fassade Toreinfahrt und L formig angebautem Hinterhaus die ebenfalls manchmal als Zwerchhofe bezeichnet werden neben Gassenfronthausern bis heute sehr haufig weil auch die Stadthauser auf rechteckigen Handtuchparzellen errichtet wurden Diese stadtischen Entsprechungen der Zwerchhofe werden auch Seitenflugelhauser genannt Im Unterschied sind diese Stadthauser mitunter deutlich alter als dorfliche Zwerchhofe wurden schon im 16 17 Jahrhundert teilweise sogar im Spatmittelalter errichtet Laubengange an den Hinterhofen auch in mehreren Etagen sind schon seit der Epoche der Gotik in den Regionen etwa 1250 nach 1500 erhalten noch bevor umlaufende Laubengange und Balkone in der Renaissance zum bekannten Stilelement wurden Viele Volkskundler gehen davon aus dass der dorfliche Ubergang von Streckhofen zu Zwerchhofen im 17 18 Jahrhundert eine soziale Ubernahme der Vorbilder stadtisch geschlossener Fassaden war bei der wohlhabendere Winzer und Grossbauern Vorreiter waren 6 In den erwahnten Regionen waren in der Fruhen Neuzeit freie Bauern ebenfalls ein bedeutender Teil der Stadtburgerschaften Ackerburger besonders in den kleineren Ackerstadten In den Stadten entwickelte sich in der Manufakturzeit des Absolutismus Mitte 17 Mitte 19 Jahrhundert als einige Stadte zu Grossstadten wurden und grosse Mietshauser osterreichisch Zinshauser haufig wurden aus der Tradition stadtischer Zwerchhofe Seitenflugelhauser die bohmisch osterreichisch ungarische Tradition der oft L formig seltener U formig gebauten Pawlatschenhauser die beispielsweise in Wien Brunn Prag Graz Bratislava Budapest oder Ljubljana noch haufiger vorkommen Um die nicht optimale Platznutzung auszugleichen viele Hinterhauser enden in ungenutzten Freiflachen wurde die Zahl der Stockwerke erhoht und Zugangsbalkone Laubengange tschechisch pavlac Gang Zugang zu den Hinterhausern in allen Etagen eingefuhrt Erst mit der Modernisierung des Katasterwesens vieler Stadte im 19 Jahrhundert zu weniger schmal parzellierten Grundstucken wurden Pawlatschenhauser schrittweise von oft reprasentativer gestalteten Wohnhofen Arbeiter Hinterhofe waren in der Architektur Osterreich Ungarns verglichen mit dem Deutschen Kaiserreich selten mit Stiegenhausern d h eine Stiege Treppenhaus pro Zinshaus zuruckgedrangt Die Stadt Wien verbot den Neubau dieser engen Bebauung ohne Feuertreppen zwischen den Pawlatschen nach einem Brand der Ringstrasse 1881 in noch nicht eingemeindeten Vorstadten und anderen Stadten wurden sie aber noch etwas langer gebaut 7 Die engen teils bereits als Element sozialen Wohnens konzipierten im 20 Jahrhundert oft baufalligen Pawlatschenhauser entwickelten sich zu Wohngebieten unterer Einkommensgruppen und umgangssprachlich wurde Pawlatsche auch zum Synonym eines baufalligen Hauses 8 Erst mit den postmodernen Stadtsanierungen ab den 1970er Jahren entwickelten sie sich zur beliebten begrunten Wohnlage und Spielort improvisierter Pawlatschentheater mit dem Publikum auf den Pawlatschen Schon Egon Erwin Kisch beschrieb im Marktplatz der Sensationen den Scherenschleifer der blinde Methodius der seinem meist weiblichen Pawlatschenpublikum in Prager Hinterhofen Bankelgesange in tschechischer Sprache zu aktuellen Ereignissen und Kriminalfallen vortrug Literatur BearbeitenArthur Haberlandt Taschenworterbuch der Volkskunde Osterreichs Wien 1953 Bd 1 S 73 f 144Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Zwerchhof Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag zu Hofformen im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Hakenhofe bzw Zwerchhofe Dr Veronika Plockinger Walenta Hausformen im Weinviertel aus der Seite des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz Einzelnachweise Bearbeiten Digitales Worterbuch der deutschen Sprache Eintrag zwerch Vgl Hakenhofe bzw Zwerchhofe und Eintrag zu Hofformen im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Soweit nicht anders angegeben entstammen die Angaben dieses Kapitels Dr Veronika Plockinger Walenta Hausformen im Weinviertel aus der Seite des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz deren Angaben meist auf Arthur Haberlandt bis auf die umgekehrten Zwerchhofe zuruckgehen Vgl Eintrag zu Hofformen im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Mate Tamaska Weinbauorte in Osterreich Ungarn und der Slowakei zwischen architektonischem Erbe und der Freiteitgesellschaft z B Mate Tamaska Weinbauorte in Osterreich Ungarn und der Slowakei zwischen architektonischem Erbe und der Freiteitgesellschaft S 31 32 Sigrid Hanzl dencity Eine Nachverdichtungsstudie an grunderzeitlichen Restflachen Diplomarbeit an der TU Wien 2014 S 35 36 Vgl z B Wiktionaly Eintrag Pawlatsche mit Referenzen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zwerchhof amp oldid 239558452