www.wikidata.de-de.nina.az
Die Zeidlerei auch Zedlerei ist das gewerbsmassige Sammeln von Honig wilder oder halbwilder Bienenvolker das vom Zeidler einem Waldimker betrieben wird Bereits im Mittelalter wurde es in Deutschland ausgeubt Zeidlerei Historische Darstellung der Waldimkerei aus Adam Gottlob Schirachs Wald Bienenzucht von 1774 Inhaltsverzeichnis 1 Tatigkeit 2 Verbreitung 3 Geschichte 3 1 Privilegierung 3 2 Niedergang 4 Ausblick 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseTatigkeit Bearbeiten nbsp Waldzeidlerei an Baumen nbsp Eine Puppe verkleidet als ZeidlerDas Sammeln des Honigs wilder Bienen durch den Menschen ist fur die Zeit seit 9000 Jahren belegt Der Begriff des Zeidlers oder Zeitlers bezeichnet einen besonderen Beruf des Honigsammlers wie er sich in Europa seit dem Fruhmittelalter ausgebildet hat Der Zeidler hielt anders als der Imker im heutigen Sinne die Bienen nicht in gezimmerten Bienenstocken oder Bienenkorben Man hieb alten Baumen kunstliche Hohlen Beuten in etwa sechs Meter Hohe ein und versah den Eingang mit einem Brett in das ein Flugloch eingebracht war Ob eine Beute von Bienen beflogen wurde oder nicht hing ganz vom naturlichen Umfeld ab und wechselte jedes Jahr Auch entwipfelte man die Baume um dem Windbruch vorzubeugen Fur ihre Arbeit benotigten die Zeidler ein Beil evtl grosse Hohleisen und ein Kletterseil 1 Verbreitung BearbeitenUberaus gunstig wenn nicht sogar Voraussetzung fur die Zeidlerei waren Nadelholzgebiete Wichtige Standorte der Zeidlerei waren im Mittelalter Gebiete im Fichtelgebirge und im Nurnberger Reichswald In Bayern etwa ist eine Waldbienenhaltung bereits fur das Jahr 959 in der Gegend von Grabenstatt nachgewiesen Aber auch auf dem Gebiet von Berlin gab es ausgedehnte Zeidlerei insbesondere im damals noch viel grosseren Grunewald Vor allem im Nurnberger Umland gibt es immer noch zahlreiche Hinweise auf das dort fruher bluhende Zeidlerwesen wie das Zeidlerschloss in Feucht oder das Wappen der Gemeinde Schwaig Der Honig war wichtig fur die Nurnberger Lebkuchen produktion der Nurnberger Reichswald Des Heiligen Romischen Reiches Bienengarten lieferte genug davon In Feucht befand sich von 1296 bis 1796 das Zeidelgericht Der deutsche Ortsname Zeidler des heutigen Brtniky in Tschechien geht auf die dortige historische Waldimkerei zuruck Zeidler heisst ausserdem eine ehemalige Gemeinde im Ortsteil Fordergersdorf der sachsischen Stadt Tharandt am Tharandter Wald Geschichte BearbeitenDer alteste Nachweis eines Zeidlers in Bayern stammt aus dem Jahr 748 und dokumentiert diesen Beruf am Donauufer und in Schwarzach Karl der Grosse forderte in dieser Zeit die hausliche Bienenhaltung Die Bienen gehorten dem Kaiser doch die Nutzungsrechte an ihren Produkten uberliess er den Zeidlern 2 3 3 Im 10 Jahrhundert wurde der Honig aus Waldbienenwirtschaft gewonnen und stellte die einzige Quelle fur Sussungsmittel dar Zucker oder gar synthetische Sussstoffe waren in Europa nicht verfugbar bzw noch nicht erfunden Auch die Gewinnung von Susse aus Fruchten Apfelkraut hatte nur lokale Verbreitung und den Nachteil dass die Susswirkung des Endprodukts dem Honig unterlegen war Das Bienenwesen hatte vor der Einfuhrung des Rohrzuckers daher eine ganz zentrale Bedeutung Bienen lieferten das Sussungsmittel Honig daruber hinaus Wachs als eine verbesserte Grundlage zur Beleuchtung und Basisstoffe fur die Medizin Propolis Kittharz der Bienen Honig und Gelee royale Wo kein Wachs verfugbar war musste man mit Fackeln Ollampen oder Kienspanen vorlieb nehmen Das Licht aus Bienenwachskerzen russte weniger stank weniger flackerte weniger und hielt langer als alle anderen Optionen entsprechend begehrt und teuer war es Der Zeidler entwickelte die Bienenwirtschaft durch eine planmassige Weiterentwicklung der Waldbienenhaltung Neue Nistplatze wurden fur die Bienen angelegt die Bienenvolker dadurch vermehrt und der Ertrag gesteigert 4 Der Bienenstock war in der Regel in hohlen Baumen im Wald untergebracht bis zu mehrere Meter hoch mehrere ubereinander Wenn ein Zeidler im Wald ein wildes Bienenvolk fand durfte er in den zugehorigen Baum sein Zeichen einschlagen dann durfte er das Volk nutzen 2 3 5 Zeidler hohlten die Baume unterhalb des Wipfels den sie oft beseitigten aus Sie verschlossen die so gewonnene Bienenwohnung die Beuten mit einem Brett wahrend eine kleine Offnung als Flugloch diente Diese Baumbienenwohnungen wurden von schwarmenden Bienen besetzt oder der Zeidler brachte selbst einen Schwarm hinein Neben der Waldbienenpflege wurde auch Bienenfang betrieben Die Zeidler durften wilde Bienen fangen und im Wald schwarmen lassen Zur Erntezeit wurden die Beuten geoffnet und Honig und Wachs entnommen Durch das Anlegen der Beuten starb der Baum ab was zu grossen Verlusten des Baumbestands fuhrte Teilweise entwickelte sich aus dieser Art der Haltung die Klotzbeute welche in gewisser Weise eine mobile Form des ausgehohlten Baums darstellt und in Asien teilweise immer noch in Gebrauch ist Zwar gab es auch die Heimbienenhaltung in denen Bienen in eigens fur sie gebauten Stocken auf Bauernhofen lebten Doch konnte sich diese Form der Bienenhaltung auf Grund der grossen Bedeutung der Waldbienenhaltung in den grossen Waldern um Nurnberg nicht etablieren Die Zeidler hatten schon im 11 und 12 Jahrhundert ein gewisses Pfandungs und Rugerecht waren also in den Rang niederer Waldbeamter erhoben worden Ausser dem Forstmeister und den Patrizierfamilien Waldstromer und Koler durften nur die Zeidler Honigwirtschaft betreiben Die Zeidler waren formal den Erbforstern gleichgestellt Sie waren freie und unabhangige Lehensleute Dem Kaiser waren sie zu Kriegsdiensten verpflichtet 4 6 Schon seit der ersten Halfte des 14 Jahrhunderts waren die Rechte und Pflichten der Zeidler in dem grossen Privileg Kaiser Karls IV zusammengefasst Ihre Eigenschaft als Bienenzuchter wurde beschrieben und ihre Funktion als Zeidler ausdrucklich von anderen Berufsgruppen abgegrenzt Sie waren neben den Forstern allein berechtigt in den Nurnberger Waldern Bienen zu halten Alles hierzu notige Holz ebenso das Bauholz fur ihre Wohn und Wirtschaftsgebaude musste ihnen unentgeltlich uberlassen werden Sie waren in allen Stadten des Reichs zollfrei Fur ihre Guter mussten sie seit 1427 ein gewisses Quantum Honig spater eine Vergutung in Geld das so genannte Honiggeld bezahlen Im Jahr 1606 mussten von Zeidlern im Lorenzer Wald zum Beispiel 411 Mass 1 Mass 1 069 Liter Honig erbracht werden was einem Wert von 40 Gulden sechs Pfund und 20 Pfennigen entsprach 4 Die Zeidler bildeten Zunfte mit bestimmten Rechtsbrauchen die in Form der Zeidelweide Niederschlag in Zeidelordnungen etwa bis ins 16 Jahrhundert im Markgraftum Bayreuth 7 fanden Privilegierung Bearbeiten nbsp Zeidlermannchen Feuchter Wappen nbsp Zeidler Darstellung mit Armbrust am Sitz des Deutschen Imkerbundes in VillipDas wichtigste Privileg der Zeidler war ihre eigene niedere Gerichtsbarkeit Sie war im Nurnberger Reichswald notwendig geworden da die intensive Nutzung des Waldes zu dessen Lasten ging Die Anwohner trieben ihre Schweine zur Futterung hinein Nurnberg bezog sein Brennholz daraus Diese Nutzung ging so weit dass Kaiser Karl IV sich nach seinem Satz Mein Wald geht mir vor die Saue zu einer Regelung des Gebrauchs genotigt sah Er legalisierte die Aufforstungsversuche der Nurnberger Familie Stromer spater Waldstromer genannt dies waren die Vorboten der heutigen Monokultur an Fohren im Reichswald um Nurnberg Peter Stromer gilt als einer der Pioniere der Forstwirtschaft im heutigen Sinne und er ubertrug dieser Familie waldpolizeiliche Ordnungsaufgaben Im Zuge dieser Neuorganisation versah Karl IV die Zeidler mit dem umfassenden Privileg von 1350 Das Zeidelgericht das inoffiziell bereits im 12 Jahrhundert in Feucht existierte bildete das Zentrum der 92 vorwiegend im Lorenzer Reichswald verstreuten Zeidelguter Mit Urkunde vom 22 August 1296 wurde dem Zeidelmeister Hilteprant 8 von Feucht seine Zustandigkeit zur Rechtsprechung uber die Zeidler bestatigt 9 10 Im 13 Jahrhundert war das Zeidelwesen bereits voll ausgebildet Die Zeidler hatten ihren eigenen Gerichtsstand und ihr Gericht hatte seinen Sitz in Feucht Sie wurde in der reichsunmittelbaren Privilegierung durch Konig Karl IV in seinem Zeidel Fryheit Brieff vom 1 Juni 1350 niedergeschrieben Darin wurden die Zeidler mit der eigenen Gerichtsbarkeit belehnt Als ausseres Zeichen dieser Privilegierung fuhrten ihre Vorsteher Starosten einen weissen Stab die Zeidler erhielten die in den damaligen Waldern durchaus notige Erlaubnis zur Fuhrung einer Waffe der Armbrust und trugen eine spezifische grune Tracht mit der typischen langen Zipfelmutze siehe hierzu das Zeidlerwappen am Zeidelschloss in Feucht Dafur mussten die Zeidler den Kaiser sicher durch den Nurnberger Reichswald geleiten und einige Zentner Wachs pro Jahr an den Stephansdom in Wien liefern und einige Dinge mehr Den Vorsitz im Zeidlergericht fuhrte ursprunglich der von den Zeidlern gewahlte Zeidelmeister spater der Waldamtmann Das Gericht bestand aus Oberrichter Unterrichter Schoffen und Ratsschoffe den Vierern den Waldherren und dem Waldamtmann Im Hochmittelalter gab es in jedem Dorf ein Ortsgericht in dem der jeweilige Grundherr als Richter Recht sprach In Feucht war es die Ministerialenfamilie der Feuchter Es ist aber anzunehmen dass bereits 1470 das Ortsgericht Feucht nicht mehr existierte sondern dass das Zeidelgericht auch allgemeines Ortsgericht geworden war Die raumliche Zustandigkeit erstreckte sich auf den Lorenzer Wald mit Ausnahme von Brunn Gewohnlich tagte das Zeidelgericht dreimal im Jahr Im 17 und 18 Jahrhundert tagte es nur noch selten Die letzte Sitzung fand 1779 statt Der Hauptgrund fur diesen Ruckgang lag im Niedergang der Zeidlerei sowie der weitgehenden Uberschneidung rechtlicher und sachlicher Zustandigkeiten des Zeidelgerichts mit denen des Forstgerichts Lorenzi bzw des Land und Bauerngerichts in Nurnberg Dazu kamen die hohen Kosten die mit der im 16 Jahrhundert sehr aufwendigen konstituierenden Eroffnungssitzung verbunden waren Die preussischen Behorden hoben schliesslich das Zeidelgericht 1796 auf 11 Interessanterweise wurde dieses Privileg das Zeidelrecht nie eigens aufgehoben Ein rechtlicher Nachhall dieses Privilegs findet sich im Burgerlichen Gesetzbuch mit seinen Bienenparagraphen Niedergang Bearbeiten In der Antike war Honig ein wichtiges Handelsgut Die Romer nutzten Kerzen aus Wachs fur ihre religiosen Feste spater die Kirche bei zahlreichen Zeremonien Als der Bedarf an Bienenwachs fur die Beleuchtung in Burgen Kirchen Klostern und Stadten stark anstieg bekam die Imkerei Auftrieb Es wurde vermehrt Wachs produziert wahrend Honig eher ein Nebenprodukt war Im Zuge der Reformation wurde allerdings von den Kirchen weniger Kerzenwachs benotigt Der schleichende Niedergang der Zeidlerei verlief in Europa von West nach Ost Der Niedergang wurde eingeleitet durch die Einfuhr von Rohrzucker der aber noch im 17 Jahrhundert so teuer war dass ihn sich nur reichere Leute leisten konnten Erst der Anbau von Zuckerruben in Europa im 19 Jahrhundert anderte die Situation grundlegend In der Lausitz dem Baltikum und Russland konnte sich die Waldimkerei bis ins 19 Jahrhundert als ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor erhalten Dagegen ist die Zeidlerei zumindest in Deutschland als aktiver Wirtschaftsfaktor vollig bedeutungslos Es gibt Bestrebungen diese Form der Honigernte auch in Deutschland wieder aufleben zu lassen Ausblick BearbeitenWahrend in anderen Landern die Zeidlerei nie aufgegeben wurde 12 13 gibt es in Mitteleuropa im Rahmen des Naturschutzes vereinzelte Versuche zur Forderung der Biodiversitat Bienenvolker im Wald anzusiedeln und die Zeidlerei wieder aufzunehmen 14 15 Siehe auch BearbeitenGeschichte der ImkereiLiteratur BearbeitenMax Wagner Das Zeidelwesen und seine Ordnung im Mittelalter und in der neueren zeit ein Beitrag zur Geschichte der Waldbenutzung und Forstpolitik Kellerer Munchen 1895 Digitalisiert in der ZB MED Eva Crane The world history of beekeeping and honey hunting Duckworth London 2000 ISBN 0 7156 2827 5 englisch Karl Hasel Ekkehard Schwartz Forstgeschichte Ein Grundriss fur Studium und Praxis 2 aktualisierte Auflage Kessel Remagen 2002 ISBN 3 935638 26 4 Richard B Hilf Der Wald Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart Erster Teil Reprint Aula Wiebelsheim 2003 ISBN 3 494 01331 4 Klaus Baake Das Zeidelprivileg von 1350 Munchen 1990 Adam Gottlob Schirach Wald Bienenzucht Wilhelm Gottlieb Korn Breslau 1774 Digitalisiert in der BSB Munchen Johannes E Bischoff Die Zeidelhuben und Bienenpflege im Sebalder Reichswald zwischen Erlangen und Nurnberg in siedlungs und waldgeschichtlicher Sicht In Jahrbuch fur frankische Landesforschung 1956 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Zeidlerei Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Zeidler Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Website des Zeidel Museums Feucht Rettung fur unsere Bienen auf YouTubeEinzelnachweise Bearbeiten Suddeutsche Zeitung Vergessene Professionen Diese Jobs gibt es nicht mehr Abgerufen am 9 Mai 2020 a b Bayerischer Rundfunk Geschichte der Imkerei Von Zeidlern und hohlen Baumen 28 September 2017 br de abgerufen am 15 Februar 2020 a b c Die Geschichte der Imkerei Das Geschaft mit der Biene am 2 Oktober 2017 um 9 05 Uhr und am 23 Oktober 2017 um 15 05 Uhr radioWissen Bayern 2 a b c Zeidelwesen Markt Feucht Abgerufen am 15 Februar 2020 Zeidler Honig Bienen in Baumhohlen am 14 Juli 2017 um 19 Uhr Unser Land BR Fernsehen Lotter JM Das alte Zeidelwesen in den Nuernbergischen Reichswaldungen Fachbuchverlag Dresden 2015 ISBN 978 3 95692 038 7 Max Dollner Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933 Ph C W Schmidt Neustadt a d Aisch 1950 Neuauflage 1978 anlasslich des Jubilaums 150 Jahre Verlag Ph C W Schmidt Neustadt an der Aisch 1828 1978 S 455 Feucht Ein Streifzug durch die Jahrhunderte 2011 Kap Nichts als dichter Wald von Alexander Buttner S 46 Feucht Geschichte nach Dr Friedel Derks Heinl 2008 W Schwemmer Alt Feucht Feucht 1977 S 9 Max Wagner as Zeidelwesen und seine Ordnung im Mittelalter und in der neueren zeit ein Beitrag zur Geschichte der Waldbenutzung und Forstpolitik Kellerer 1895 ISBN 978 3 95770 460 3 Anforderungen an eine bienenfreundliche Kulturlandschaft Deutscher Imkerbund abgerufen am 29 Juli 2019 Traditional hunter honey bees forest in Nepal Abgerufen am 29 Juli 2019 englisch Zeidlerei FREETHEBEES abgerufen am 30 Juni 2019 Andre Wermelinger Pilotprojekt zur Wiedereinfuhrung der Zeidlerei in der Schweiz Abgerufen am 29 Juli 2019 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zeidlerei amp oldid 238798490