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Wolf Maximilian Laminger von Albenreuth auch Lamminger bekannter als Lomikar 23 November 1634 2 November 1696 in Chodenschloss war Freiherr Gutsbesitzer und protoindustrieller Unternehmer in Westbohmen Seine Familie erhielt 1630 das Chodengebiet ubereignet 1691 kamen Privilegien an zehn deutschen Gemeinden bei Taus Domazlice hinzu Wolf Maximilian Laminger von Albenreuth schlug 1693 den Aufstand der Choden gegen sein Herrschaftsverhalten nieder 1695 wurde der Chodenfuhrer Jan Sladky Kozina in Pilsen durch den Strang hingerichtet Laminger ging nach seinem Tod 1696 als Inbegriff des grausamen Gutsherrn in die Tradition der Choden ein und wurde zu einem Gespenst in vielerlei Gestalt das die Menschen bedrohte Sein Sterbeort das Chodenschloss bei Taus die dazugehorigen Herrschaften Chodenschloss Kauth Kouty und Zahoran wurden von seinen Erben an Heinrich Georg Reichsgraf von Stadion von und zu Tannhausen Dompropst zu Bamberg und Domdechant in Wurzburg verkauft Lomikars Tod Illustration von Venceslav Cerny fur die Alten bohmischen Sagen Stare povesti ceske 1894 Inhaltsverzeichnis 1 Vorfahren und Familie 2 Wirken 3 Nachleben 4 Legendenbildung und Nachwirkung 5 Herkunft des Familiennamens 6 Literatur 7 Anmerkungen 8 WeblinksVorfahren und Familie BearbeitenWolf Maximilian entstammte dem oberpfalzer Adelsgeschlecht der Lamminger das mit den Herren von Hertenberg ein gemeinsames Wappen mit einer silbernen Schranke auf einem grunen Dreiberg fuhrte Seine Vorfahren gelangten im 14 Jahrhundert in das Egerland und erwarben im 15 Jahrhundert das Gut Alt Albenreuth bei Eger Cheb 1 Die Lamminger Lomaner zahlten zum niederen Adel mit unbedeutendem Besitz Spater erreichten sie den Freiherrn und Grafenstand Wolf Maximilians Vater Wolf Wilhelm erlangte als erster beachtliche Vermogenswerte Er trat nach dem Ende des Standeaufstandes rechtzeitig zum katholischen Glauben uber eignete sich die Guter seiner drei emigrierten Bruder an und begann im Grenzgebiet rund um die Stadt Taus in Westbohmen eine Gutsherrschaft aufzubauen Bei seinem Tod 1635 hinterliess er seiner Witwe Barbara und den vier minderjahrigen Kindern einige unzusammenhangende Dominien einen Gutshof in Trhanov Chodenschloss eine Brauerei und mit anderen Untertanen die Einwohner von elf zins und robotspflichtigen Chodendorfern die ihm 1630 nach langem und zahem Rechtsstreit in die Erbuntertanigkeit verkauft worden waren dies aber keineswegs akzeptieren wollten Der Familienbesitz stand zunachst unter der Obhut seiner Witwe Barbara spater ubernahm der alteste Sohn Wolf Friedrich die Verwaltung Die Laminger von Albenreuth zahlten in der Mitte des 17 Jahrhunderts bereits zu den machtigeren Familien im Land Bohmen Nach der Steuerrolle aus dem Jahre 1654 gehorten ihnen neben einem Haus in Prag und den elf Chodensiedlungen 21 weitere meist deutschsprachige Dorfer im Grenzgebiet zu Bayern und der Oberpfalz Sie nahmen damit den 39 Platz unter den 510 Adelsgeschlechtern Bohmens ein Da Wolf Friedrich die Laufbahn eines Geistlichen einschlagen sollte traten die Geschwister das Gut 1660 gegen eine finanzielle Entschadigung an den jungsten Bruder Wolf Maximilian ab Wirken BearbeitenWolf Maximilian Laminger Freiherr von Albenreuth liess wahrend seines sechsunddreissigjahrigen Wirken als Gutsherr keinen Zweifel daran dass er alle Mittel auszuschopfen bereit war um das entlegene Gut auf landesublichen Standard zu heben Er arrondierte den Landbesitz durch Zukauf benachbarter Herrschaften grundete neue eigenbewirtschaftete Meierhofe errichtete eine Glashutte einen Hochofen mit funf Eisenhammern und um 1686 die zweitalteste Textilmanufaktur Bohmens Durch den Kauf zweier Marktstadtchen machte er sich vom Markt der Stadt Taus okonomisch unabhangig 1676 77 liess er in Trhanov das sogenannte Chodenschloss als standesgemassen Wohnsitz fur sich seine Frau Katharina Polyxena geborene von Lobkowitcz 1709 2 und seine zwei Tochter erbauen Begleitet wurde diese vorindustrielle Entwicklung durch drakonische Massnahmen zur Befriedung der Untertanen Laminger beschlagnahmte Bauernland richtete Absatzmonopole ein indem er zum Beispiel die Dorfeinwohner zwang nur noch obrigkeitliches Bier zu kaufen und erhob immer neue Fronforderungen Diese Erscheinungen waren in dem durch den Dreissigjahrigen Krieg entvolkerten und verwusteten Land nicht ungewohnlich Der Adel ging uberall zunehmend zur Eigenwirtschaft uber und die untertanige Bevolkerung wurde in Leibeigenschaft gebracht Laminger ging dabei besonders rucksichtslos gegen die Choden vor die seit dem Mittelalter grosse Privilegien als konigliche Grenzwachter hatten und diese Rechte verteidigten Die Choden hatten zwar einen Grossteil ihrer uberkommenen Rechte bereits unter Wolf Maximilians Lamingers Vorgangern verloren doch bewahrten sie weiterhin ihre Urkunden auf die sie von den bohmischen Konigen erhalten hatten Auch sie waren entschlossen sich mit allen Mitteln gegen die Anforderungen der Obrigkeit zu verteidigen In den Jahren 1652 70 1680 und 1692 95 wandten sie sich mit Suppliken nach Wien und Prag beauftragten Advokaten erschienen personlich vor Kaiser Leopold I von Habsburg und ignorierten alle Niederlagen auch das ihnen 1668 auferlegte ewige Schweigen perpetuum silentium In den Dorfern kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen Laminger verhangte Gefangnis und Prugelstrafen gegen Dorfbewohner die Fronarbeiten verweigerten Den letzten grossen Aufstand in den Jahren 1692 1695 liess er mit Hilfe kaiserlicher Soldaten niederschlagen Die Anfuhrer der Choden wurden inhaftiert Die konigliche Kammer in Prag verurteilte sie zu je einem Jahr Zwangsarbeit doch Laminger legte Widerspruch ein und forderte ihre Todesstrafe Kaiser Leopold milderte das zweite Urteil ab so dass schliesslich nur einer der Anfuhrer Jan Sladky Kozina am 28 November 1695 in Pilsen offentlich gehangt wurde Laminger starb ein Jahr spater am 2 November 1696 in seinem Schloss in Trhanov an einem Schlaganfall Nachleben BearbeitenDer zeitliche Zusammenhang der beiden Todesfalle war offensichtlich Grundlage der bald einsetzenden Legendenbildung Im Laufe des 18 Jahrhunderts entstand im Chodengebiet die Erzahlung von einem Gottesgericht dem Lomikar unterworfen worden sei In der verbreitetsten Version ruft der Widerstandskampfer Kozina am Galgen die Worte aus Lomikare Lomikare Do roka budeme spolu stat pred sudnu stolici bozi Hin se hukaze hdo z nas Lamingen Lamingen Von heute uber ein Jahr werden wir mitsammen vor dem Richterstuhle Gottes stehen da wird s entschieden werden wer 3 worauf der Henker den Schemel umwirft Am Jahrestag der Hinrichtung feiert Laminger in seinem Schloss ein Fest und bringt auf seinen ehemaligen Kontrahenten einen hamischen Trinkspruch aus was dieser fur ein schlechter Prophet gewesen sei Daraufhin offnet sich eine Tur in die sturmische Nacht Kozinas Geist erscheint und Lomikar fallt vor Schreck tot um Legendenbildung und Nachwirkung BearbeitenDie alteste schriftliche Aufzeichnung der ursprunglich mundlichen Uberlieferung dieser Vorkommnisse besorgte 1799 der Tauser Propst Ernst Papstmann Im 19 Jahrhundert erlebte der Stoff einige Dutzend literarische Bearbeitungen wobei im Einzelnen ungewiss bleibt inwieweit die Belletristik eine sich fortentwickelnde mundliche Tradition aufgriff oder inwieweit die Schopfungen einzelner Autoren Eingang in die volkstumliche Uberlieferung fanden und diese beeinflussten Herausragende landesweit beachtete Arbeiten schufen der judische Landarzt Georg Leopold Weisel in seiner historischen Abhandlung von 1848 Der Chodenprozess die Schriftstellerin Bozena Nemcova 1846 mit der Sammlung Obrazy z okoli domazlickeho Bilder aus der Gegend von Taus und schliesslich Alois Jirasek mit seinem Roman Psohlavci Die Hundskopfe von 1884 der jahrzehntelang das meistverkaufte belletristische Werk in Bohmen und der Tschechoslowakei war Im 19 Jahrhundert hatte die Erzahlung von Kozina Lomikar und dem Chodenaufstand eine ausgepragt nationale Ausrichtung erhalten und der deutschsprachigen Laminger von Albenreuth wurden in Gegensatz zu den tschechischsprachigen Choden gesetzt In der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts wurde der Stoff als eine fruhe Form des Klassenkampfes verwertet wozu besonders Martin Frics Verfilmung der Hundskopfe von 1955 beitrug In beiden Richtungen liess die kunstlerische Bearbeitung das Interesse an historischer Wahrheit zugunsten der Ideologie in den Hintergrund treten und Lomikar passte als Inbegriff des bosen deutschen Feudalherrn in beide Konzepte Einen dritten Weg beschritt der Gutsherr in Erzahlungen die Volkskundler und Heimatforscher im 19 Jahrhundert unter der Landbevolkerung aufzeichneten Danach fand er nach seinem Tod keine Ruhe Sein Geist erscheint in der Gegend von Trhanov in vielfaltiger Form Als Bettler oder Adliger als Teufel mit Pferdefuss kopfloser Reiter brennender Hund schwarze Katze Pferd oder Stier als Lichterscheinung Nebel oder als Mauer die sich nachtlichen Wanderern unversehens in den Weg stellt Die Begegnung mit Lomikar wie er genannt wurde galt als gefahrlich und endete oft mit dem Tod Wahrend sein Gegner Kozina zum Volkshelden stilisiert wurde verwandelte sich Lomikar in den landlichen Traditionen zu einem gefahrlichen Gespenst in vielerlei Gestalt Herkunft des Familiennamens BearbeitenDer Familienname Laminger soll sich von dem Dorf Lomany bei Plasy herleiten einer der aus Lomany stammt und ist in einer Vielzahl weiterer Schreibweisen uberliefert zum Beispiel Lomaner Lamingar Lamingar Lomigar Lamminger oder Lammingen Die Namensform Lomikar stammt aus Jiraseks Roman Die Hundskopfe wahrend sich fur die Adelsfamilie Lamminger keine einheitliche Bezeichnung durchgesetzt hat 4 Literatur BearbeitenJaroslav Kramarik Kozina a Lomikar v chodske lidove tradici Academia Prag 1972 Eduard Maur Kozina a Lomikar Slovo k historii 20 ZDB ID 2833845 5 Melantrich Prag 1989 Eduard Maur Die Chodenbauern Eigensinn und Widerstandigkeit einer privilegierten Untertanengruppe in Bohmen im 16 18 Jahrhundert In Jan Peters Hrsg Gutsherrschaftsgesellschaften im europaischen Vergleich Akademie Verlag Berlin 1997 ISBN 3 05 003161 1 S 387 398 Heribert Sturm im Auftrag es Collegium Carolinum Institut Hrsg Biographisches Lexikon zur Geschichte der bohmischen Lander Band 2 I M R Oldenbourg Munchen 1984 ISBN 3 486 52551 4 S 371 Anmerkungen Bearbeiten www rozhlas cz Witwe des Alexander Ferdinand Wratislaw von Mitrowitz genealogy euweb cz Die tschechische Version ist hier wiedergegeben nach Alois Jirasek Stare povesti ceske 3 Auflage Prag Statni pedagogicke nakladatelstvi 1959 S 221 228 online Die deutsche Version folgt G L Weisel Der Chodenprozess 1848 Hier wiedergegeben nach Jaroslav Kramarik Kozina a Lomikar v chodske lidove tradici Academia Prag 1972 S 17 Die hier gewahlte Form Laminger folgt Roman von Prochazka Genealogisches Handbuch erloschener bohmischer Herrenstandsfamilien Verlag Degener amp Co Neustadt Aisch 1973 S 237 241 und Erganzungsband R Oldenbourg Verlag Munchen 1990 S 53 Weblinks BearbeitenLiteratur und andere Medien von und uber Wolf Maximilian Laminger von Albenreuth im Katalog der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik Normdaten Person GND 1044561564 lobid OGND AKS VIAF 84035228 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Laminger von Albenreuth Wolf MaximilianALTERNATIVNAMEN Lomikar Spitzname Lammingen LammingerKURZBESCHREIBUNG bohmischer Gutsherr und UnternehmerGEBURTSDATUM 23 November 1634STERBEDATUM 2 November 1696STERBEORT Chodenschloss Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wolf Maximilian Laminger von Albenreuth amp oldid 222980719