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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zu Personen mit dem gleichnamigen Namen siehe Choden Begriffsklarung Die Choden tschechisch Chodove sind Angehorige einer tschechischen Volksgruppe die um die westbohmische Stadt Domazlice Taus zwischen Pilsen und der Grenze zur Oberpfalz zu Niederbayern und dem Egerland seit dem Hochmittelalter ansassig ist und deren Dialekt sich sprachlich von dem Tschechischen der Schriftsprache unterscheidet Das ursprungliche Flaggensymbol der ChodenDie Choden Untertanen der koniglichen Guter Primda Pfraumberg Tachov Tachau und Taus Domazlice waren weitgehend bauerlichen Standes Ihre Dorfer entstanden uberwiegend im 13 Jahrhundert Die Konige von Bohmen ubertrugen ihnen ahnlich wie den kunischen Freibauern ab dem 14 Jahrhundert Wachdienste an der Landesgrenze zu Niederbayern und der Oberpfalz Dafur erhielten die Choden Sonderrechte eigene Wappen Siegel und Standarten die sie in bewaffneten Konflikten mit der Obrigkeit bis in das 18 Jahrhundert hinein selbstbewusst verteidigten Von der Funktion als Grenzwachter stammt die heutige Bezeichnung der Volksgruppe der Choden chodit bedeutet gehen insbesondere im Sinne von patrouillieren 1 Erste urkundliche Nachrichten uber slawische Wehrbauern die als bohmische Grenzmiliz eingesetzt wurden liegen aus dem Jahr 1004 vor 2 3 4 Der Name Choden ist erstmals im 14 Jahrhundert in der Dalimil Chronik und deren deutscher Ubersetzung Di tutsch kronik von Behem lant belegt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Aufgaben und Privilegien der Choden im Mittelalter 1 2 Der Weg in die Untertanigkeit 1 3 Untertanenkonflikte im 17 und 18 Jahrhundert 2 Rezeption 2 1 Herkunftstheorien und Ursprungssagen 2 2 Die Choden und die nationale Frage 2 3 Bekannte Werke der Belletristik 3 Folklore 4 Chodische Dorfer 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAufgaben und Privilegien der Choden im Mittelalter Bearbeiten nbsp Choden beim Holzschlagen Dalimil Chronik 14 Jh Nachdem im 14 Jahrhundert die Landesgrenze von Bohmen und Bayern vermarkt festgelegt worden war erhielten die Chodenbauern die Aufgabe die Grenze zu begehen um Verschiebungen der Grenzsteine in den Waldgebieten festzustellen Sie kontrollierten ob die bayerischen Grenzanwohner auf der bohmischen Seite Holz schlugen oder Siedlungen errichteten boten gegen Bezahlung bewaffnetes Geleit fur Reisende entlang der alten Handelsstrassen an und leisteten in Zeiten der Bedrohung Wachen und Verteidigungsdienste Fur diese Dienstleistungen erhielten die Choden weitreichende Rechte der Selbstverwaltung bestatigt Sie unterstanden einem eigenen Gericht das Menschen aus der Untertanigkeit entlassen und neue Ansassige aufnehmen konnte Die elf bekannten Chodendorfer bildeten eine eigene Gemeinde mit Siegel und Fahne unter einem Dorfaltesten In ihre Dorfer durften sich Adlige nicht einkaufen um die Einnahmen zu kassieren Die Choden waren von Zoll und Mautgebuhren befreit durften Waffen tragen im Grenzwald jagen und Holz schlagen dem freien Handwerk nachgehen und hatten nur einen Frondienst namlich die Lieferung von Holz zur Burg in der Stadt Taus Domazlice Als dieser Dienst im 16 Jahrhundert durch Geldabgaben abgelost wurde entstand unter den Choden die Uberzeugung sie seien nicht frondienstpflichtig also arbeits und abgabepflichtig Sie fuhlten sich als freie Bauern Zum Beweis ihrer verbrieften Rechte bewahrten die Choden konigliche Dokumente auf Von besonderer Bedeutung war eine Urkunde Johanns von Luxemburg von 1325 die sie dem Recht der Stadt Taus unterstellte Bis zum Beginn des 16 Jahrhunderts liessen sich die Choden von den bohmischen Konigen ihre Rechte bei deren Thronbesteigung bestatigen Ein Teil ihrer Sonderstellung leitete sich jedoch auch aus dem Gewohnheitsrecht ab und wurde nie schriftlich festgelegt Der Weg in die Untertanigkeit Bearbeiten nbsp Domazlice Taus Zentrum des ChodenlandesAb dem 16 Jahrhundert verlor der bauerliche Grenzdienst an Bedeutung Die Grenzen waren stabilisiert und durch zwischenstaatliche Abkommen geregelt Die Entwicklung der Kriegstechnik liess den militarischen Wert der bewaffneten Bauern sinken Zudem versuchten die Obrigkeiten die personliche Abhangigkeit der Untertanen zu verstarken und Gewohnheitsrechte ausser Kraft zu setzen Die koniglichen Guter im Chodengebiet das sich auf ca 40 Kilometer Lange und 15 Kilometer Breite entlang der bayerischen Grenze zwischen Hostoun und der Chodska Uhlava erstreckte waren schon im Mittelalter zeitweise verpfandet doch mussten die mittelalterlichen Pfandherren die uberkommenen Rechte ausdrucklich gewahren Nachdem 1482 die Domane Taus an die Herren von Schwamberg gefallen war begannen auch hier die Privilegien zu brockeln Die Schwamberger verboten die Freizugigkeit die freie Berufswahl der Kinder und stellten Beschrankungen fur den Handel auf Botschaften der Choden an die konigliche Kammer in Prag blieben ohne Erfolg 1572 schliesslich liehen sie sich vom Augsburger Stadtrat 7 000 Taler und kauften sich vom Pfand los Diese im Kontext landlicher Untertanenkonflikte recht ungewohnliche Losung hatte aber nicht lange Bestand Bereits 1579 setzte der Kaiser die Stadt Taus als Verwalter uber das Gut ein denn die Choden hatten ihre Schulden nicht bezahlt Ab 1585 war die Domane wieder Pfandgut Pfandherr war zunachst die Stadt Taus Ab 1621 zu Beginn des Dreissigjahrigen Krieges wurden an Freiherr Wolf Wilhelm Laminger von Albenreuth aus einem Egerlander Adelsgeschlecht die Pfandrechte der Domane Taus verliehen und 1630 mit Zinsen und Frondiensten Jagdrecht und Gerichtsbarkeit verkauft Als Erbuntertanen waren sie nun verpflichtet dem neuen Herrn Horigkeit Gehorsam und Leibeigenschaft zu versprechen Untertanenkonflikte im 17 und 18 Jahrhundert Bearbeiten Die Herren Laminger von Albenreuth begannen das Gut intensiv zu bewirtschaften Wolf Wilhelm spater seine Witwe und seine Sohne errichteten bei Taus eine Brauerei eigenbewirtschaftete Meierhofe einen Hochofen mit funf Eisenhammern eine Glashutte und eine Textilmanufaktur Diese protoindustrielle Entwicklung ging mit Enteignung von Bauernland und neuen Fronforderungen einher die mit Gefangnis und anderen Zwangsmassnahmen durchgesetzt wurden Die Choden legten mehrere Male Widerspruch beim Kaiser und den koniglichen Amtern ein selbst nachdem ihre Privilegien 1668 samtlich fur ungultig erklart worden waren Schliesslich kam es auch zu bewaffnetem Widerstand den Wolf Maximilian Laminger von Albenreuth auch unter dem Namen Lomikar bekannt gewaltsam niederschlagen liess Symbolcharakter gewann die Hinrichtung des Chodenanfuhrers Jan Sladky Kozina am 28 November 1695 Auch im 18 Jahrhundert kam es unter den neuen Herren den Grafen von Stadion zu Unruhen und gewaltsamen Konflikten so in den Jahren 1706 1707 1767 1769 und 1775 Vorrangiges Ziel auf Seiten der Choden war nun aber nicht mehr die Wiederherstellung der alten Privilegien sondern die Lockerung oder Aufhebung der Fronpflicht die auch hier bis 1848 zur Bauernbefreiung weiterbestand Rezeption BearbeitenHerkunftstheorien und Ursprungssagen Bearbeiten Altere Forschung suchte den Ursprung der Choden etwa in Polen Ungarn oder Karnten Lange hielt sich die Angabe des Chronisten Vaclav Hajek z Libocan sie hatten bereits 1040 an der Schlacht am Regensburger Steig teilgenommen in welcher bohmische Truppen unter Bretislav I die Truppen Heinrichs III besiegten Diese Angabe wird heute ebenso abgelehnt wie die in der Volkstradition uberlieferte Sage von der Teilnahme der Choden an der Belagerung Mailands 1158 denn die spezifischen Aufgaben der Choden waren erst mit der genauen Vermessung der Grenzen im 14 Jahrhundert uberhaupt sinnvoll einsetzbar Die Choden und die nationale Frage Bearbeiten nbsp Chodischer Bauer 1906Die Choden wurden oft als slawischer Vorposten idealisiert der sich einer germanischen Bedrohung widersetzt habe Die Tachauer Choden sollen teilweise bayerischer Herkunft gewesen sein oder nahmen wie in der Gegend um Pfraumberg bis zum Ende des 16 Jahrhunderts Dialektbestandteile der mittelhochdeutschen Sprache an Da sich die Choden um die Stadt Taus in Westbohmen bis in der Neuzeit einen archaischen tschechischen Dialekt die Volkskultur besonderer Trachten fur Manner und Frauen bewahrt haben aber sonst bedeutungslos waren und assimiliert wurden wird die Bezeichnung Choden seit dem 19 Jahrhundert meist nur noch fur Nachfahren der ehemaligen Grenzwachter gebrauchlich Erst das entstehende tschechische Nationalbewusstsein ruckte die Tauser Choden ab dem 19 Jahrhundert in den Blickpunkt des offentlichen Interesses und interpretierte eine nationale Dimension in ihre Geschichte hinein Die Choden waren vom 19 bis in das fruhe 20 Jahrhundert ein beliebtes Thema in der Volkskunde Literatur und Kunst Schriftsteller wie Alois Jirasek Bozena Nemcova Karel Jaromir Erben Jindrich Simon Baar und Maximilian Schmidt beschaftigten sich mit den Choden Kunstler wie Mikolas Ales Jaroslav Spillar und Venceslav Cerny schufen populare Gemalde die den Freiheitskampf Kozinas und seiner Mitstreiter glorifizierten Die moderne historische Forschung kann dagegen keine eindeutige antideutsche Tendenz in den Konflikten der Choden mit ihrer Obrigkeit erkennen Im Kontext der Untertanenunruhen der Fruhen Neuzeit lassen sich Parallelen zu anderen Gebieten erkennen auch wenn den Choden durch ihre privilegierte Stellung und ihr starkes Selbstbewusstsein durchaus eine Sonderstellung zugebilligt wird Bekannte Werke der Belletristik Bearbeiten Alois Jirasek Die Hundskopfe Neues Leben Berlin 1985 Auch Reclams Universal Bibliothek Nummer 8982 85 Der tschechische Roman Psohlavci aus den Jahren 1883 1884 spielt im 17 Jahrhundert Die Choden unter Fuhrung von Jan Sladky Kozina kampfen fur die Wiedereinfuhrung ihrer fruheren Vorrechte ihr Aufstand wurde niedergeschlagen und Jan Sladky hingerichtet Jindrich Simon Baar Chodentrilogie drei Bande Pani komisarka 1923 Osmactyricatnici 1924 Lusy 1925 Originaltitel Chodska trilogie Maximilian Schmidt Hancicka das Chodenmadchen 1893 mit einer sorgfaltigen Beschreibung der Frauentracht der Choden im 19 Jahrhundert Anton Schott Schriftsteller Um Recht und Freiheit 1938 historischer Roman Bergland Verlag Salzburg Folklore BearbeitenBis heute pflegen die Choden eine reiche Volkskultur mit Musik zu der auch Dudelsackspielen gehort Trachtengruppen und Volkskunst Symbol der Choden war ein Paar Filzstiefel den Schaferhundskopf fuhren sie erst seit dem 19 Jahrhundert als zur Zeit der Monarchie Osterreich Ungarn eine Wiederbesinnung auf nationale slawische Werte einsetzte Nach den Choden ist die Hunderasse Chodsky pes benannt Der Hundekopf war auch Uniformabzeichen Kragenspiegel einer Grenztruppe nach der Grundung der Tschechoslowakei im Jahre 1918 Pohranicni straz Chodische Dorfer BearbeitenBezdekov Possigkau Chodov Meigelshof Chodska Lhota Melhut Chodsky Ujezd bis 1960 Svaty Kriz Heiligenkreuz Drazenov Trasenau Klenci Klentsch Stary Klicov Klitschau Gemeinde Mrakov Mrakov Mraken Pocinovice Putzeried Postrekov Possigkau Chadolzdorf Katzdorf bei Neunburg vorm Wald Bayern Straz Hochwarth Tlumacov Tilmitschau Tremesne Zemschen Ujezd Aujezd Ujezd Svateho Krize Heiligenkreuz Literatur BearbeitenJurgen Joachimsthaler Nachbarschaft als Utopie Die Choden In ders Text Rander Die kulturelle Vielfalt in Mitteleuropa als Darstellungsproblem deutscher Literatur Band 3 Winter Heidelberg 2011 ISBN 978 3 8253 5919 5 S 151 194 Eduard Maur Die Chodenbauern Eigensinn und Widerstandigkeit einer privilegierten Untertanengruppe in Bohmen im 16 18 Jahrhundert In Jan Peters Hrsg Gutsherrschaftsgesellschaften im europaischen Vergleich Akademie Verlag Berlin 1997 ISBN 3 05 003161 1 S 387 398 Jaroslav Kramarik Kozina a Lomikar v chodske lidove tradici Academia Prag 1972 darin besonders S 49 62 Johanna von Herzogenberg Zwischen Donau und Moldau Von Regensburg nach Prag Mit einem Beitrag zur Kultur und Geschichte der Choden Prestel Munchen 1968 S 46 70 Matthias Pangerl Die Choden zu Taus Ein Beitrag zur Geschichte der Unterthanigkeits Verhaltnisse im Bohmerwalde Prag 1875 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3D 7B 7B 7B1 7D 7D 7D GB 3DD8GidN8feDAC 26printsec 3Dfrontcover IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3D doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D Die Markengrundungen Kaiser Heinrichs III auf bayerisch osterreichischem Boden in Karl Bosl Oberpfalz und Oberpfalzer Verlag Michael Lassleben Kallmunz 1978 ISBN 3784711294 S 47 99Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Choden Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien ChodenlandEinzelnachweise Bearbeiten Ricarda Gerhardt Tschechien Tipps fur individuelle Entdecker 1 Auflage Iwanowski s Reisebuchverlag Dormagen 2005 ISBN 3 933041 20 1 S 234 Max Piendl Das Landgericht Kotzting In Historischer Atlas von Bayern Teil Altbayern Reihe I Heft 5 Kommission fur Bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Munchen 1953 S 2 Digitalisat Max Piendl Das Landgericht Cham In Historischer Atlas von Bayern Teil Altbayern Reihe I Heft 8 Kommission fur Bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Munchen 1955 S 2 Digitalisat Karl Bosl Die Markengrundungen Kaiser Heinrichs III auf bayerisch osterreichischem Boden Zeitschrift fur bayerische Landesgeschichte Band 14 1944 S 195 196 auch in Karl Bosl Oberpfalz und Oberpfalzer Verlag Michael Lassleben Kallmunz 1978 ISBN 3784711294 S 60 61 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Choden amp oldid 232936310