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Der kopflose Reiter ist ursprunglich ein untoter Wiederganger der in den Volkssagen des deutschsprachigen Raumes erscheint Ahnliche Figuren existieren auch in anderen Gegenden wie beispielsweise der Dullahan der irischen Sagenwelt Kopfloser Reiter auf Notgeld aus Berga Elster 1921 Inhaltsverzeichnis 1 Der kopflose Reiter in der deutschen Volkssage 2 Der kopflose Reiter in der Literatur 3 Verfilmungen 4 Literatur 5 WeblinksDer kopflose Reiter in der deutschen Volkssage BearbeitenDer kopflose Reiter ist in den Volkssagen Deutschlands eine gefurchtete Gestalt deren Erscheinen fur denjenigen der ihm begegnet oft mit dem sofortigen oder baldigen Tod verbunden ist Das Hauptverbreitungsgebiet dieser Sagen scheint das Rheinland gewesen zu sein aber es kann nicht ausgeschlossen werden dass die im 19 Jahrhundert aufgezeichneten Sagen in deren Mittelpunkt der kopflose Reiter steht nur noch einen Restbestand widerspiegeln und diese Gestalt in fruheren Jahrhunderten auch die Sagenwelt anderer Teile des deutschsprachigen Raumes bevolkerte Der kopflose Reiter wurde der Uberlieferung nach zu nachtlicher Stunde gesichtet In einigen Sagen ist die Rede davon dass er wie aus dem Nichts erschien wahrend er in anderen Uberlieferungen auf seinem Pferd aus einem Grab oder einer Gruft heraus galoppiert Im Gegensatz zum headless horseman in Tim Burtons Verfilmung Sleepy Hollow schlug der kopflose Reiter der west und nordwestdeutschen Sagenwelt seinen Opfern nicht den Kopf ab sondern totete sie durch die Beruhrung mit der Hand Der Volkskundler Will Erich Peuckert gibt eine Sage aus Norddeutschland wieder in der ein paar Jugendliche sich plotzlich einem Leichenzug gegenubersehen Sie erkennen sofort dass es sich um Gespenster oder besser Wiederganger handelt denn keiner der Menschen hat einen Kopf und sogar die Pferde vor dem Leichenwagen sind kopflos Einer der Knaben erhalt eine heftige Ohrfeige die ihn nach wenigen Tagen sterben lasst Allein die Beruhrung des Untoten lasst den Lebenden ins Grab sinken Dahinter steht offenbar die Uberzeugung dass der direkte Kontakt mit dem Wiederganger zum Verlust der Lebenskraft fuhrt Damit ist aber auch klargestellt dass es sich um einen in voller Korperlichkeit wiederkehrenden Untoten einen lebenden Leichnam und nicht um einen materielosen Geist gehandelt haben muss Im Rheinland waren die kopflosen Reiter haufig Wiederganger die nach dem Glauben der Menschen fur eine ganz bestimmte Sunde bussen mussten Entweder waren sie Selbstmorder deren Leichen bis ins 17 Jahrhundert vom Henker gekopft und an einer Wegkreuzung oder einer anderen ungeweihten Stelle eingegraben wurden wobei man sie oft mit einem langen Hagedornpfahl unter der Erde festnagelte Eselsbegrabnis Die andere Gruppe waren Grenzsteinversetzer die sich am Ackerland ihrer Nachbarn bereichert hatten Bei einem uralten wenn auch nur selten vollzogenen Hinrichtungszeremoniell durfte der Geschadigte den Betruger bis zum Hals an der Stelle an der sich der Grenzstein ursprunglich befunden hatte eingraben und den Pflug so oft uber den Ubeltater lenken bis von dessen Kopf nichts mehr ubrig blieb Nach seinem Tod musste der Kopflose nach Ansicht der Menschen in der Nacht umgehen wobei er den Lebenden nicht mehr primar Schaden zufugte sondern sie durch seine erschreckende Erscheinung davon abhielt ebenfalls eine Todsunde zu begehen Dieser Bedeutungswandel vom schadigenden zum bussenden Wiederganger ist vermutlich auf den pragenden Einfluss des christlichen Fegefeuerglaubens zuruckzufuhren wie der Glaube an wiederkehrende in voller Korperlichkeit erscheinende Tote im westeuropaischen Raum insgesamt verchristlicht und in Richtung eines Glaubens an nicht korperliche Geisterwesen umgeformt worden ist Da der kopflose Reiter in seiner westdeutschen Auspragung in erster Linie ein Busser war konnte er erlost werden Oft reichte ein Gebet oder ein Gruss in dem Gott oder Christus genannt wurde Dann verwandelte sich der meist in schwarzer Kleidung umgehende Kopflose zeigte sich in einem weissen Leichentuch und bedankte sich bei dem Lebenden Doch durfte dieser keinesfalls die Hand des Wiedergangers ergreifen sondern ihm allenfalls einen Stock hinhalten Dieser wurde durch die Beruhrung des Toten morsch was bedeutete dass der Lebende der den Toten beruhrte trotz seiner Erlosungstat hatte sterben mussen Verwandt mit dem kopflosen Reiter ist der kopflose Junker der sowohl im Gebiet zwischen Rhein und Ruhr als auch in Bohmen umging Ihm wurde nachgesagt dass er sich jungen Frauen oder Madchen die in der Nacht auf dem Heimweg waren in den Weg stellte und sie an der Brust beruhrte wobei er ihnen die Lebenskraft raubte Nach wenigen Tagen starben die Opfer und in ihrer Todesstunde sahen sie den Kopflosen als damonischen Brautigam unsichtbar fur alle anderen Anwesenden an ihrem Bett stehen Hier fliessen offenbar verschiedene Sagentypen mit ein so etwa das Motiv des toten Brautigams in der Lenorensage Die Figur des kopflosen Junkers wurde im Volksmund als ein wiederkehrender Vergewaltiger gedeutet der zu Lebzeiten der gerechten Strafe entgangen war und nun ohne Kopf umgehen musste als ob ihm nach seinem Tod die Strafe widerfahren ware die ihm aufgrund seiner Verbrechen zugestanden hatte Hier haben wir es mit dem Motiv der spiegelnden Strafe zu tun Motivgeschichtlich ist die Nahe zum schadigenden Wiederganger vom Typ des Vampirs nicht zu ubersehen denn beide rauben ihren Opfern die Lebenskraft Zuweilen verschmilzt der Kopflose mit der Figur des Feuermanns eines Wiedergangers der von Flammen umhullt ist sozusagen ein wandelndes Fegefeuer das den Lebenden als Warnung dienen soll Der fehlende Kopf dieses Wiedergangers wurde in jungerer Zeit als Zeichen fur die gerechte Strafe gedeutet die der Sunder im Fegefeuer erhalten habe wie etwa der kopflose Junker Diese Deutung ist nachvollziehbar wenn man berucksichtigt dass die Enthauptung im Mittelalter und in der fruhen Neuzeit die am meisten bei Mannern vollstreckte Hinrichtungsart war Tatsachlich verbirgt sich aber hinter der Figur des Kopflosen die tief in die Menschheitsgeschichte zuruckreichende Auffassung dass der Kopf der Sitz der Lebenskraft oder christlich wenngleich nicht ganz korrekt ausgedruckt der Seele darstellte In der verchristlichten Sicht des Mittelalters und der fruhen Neuzeit bedeutete dies Wahrend die Seele und damit der Kopf im Fegefeuer blieb war es dem Sunder gestattet fur eine kurze Zeitspanne auf die Erde zuruckzukehren um die Lebenden zu warnen In der im 19 Jahrhundert kolportierten Sage vom Postmichel aus Esslingen taucht ein um 1500 zu Unrecht Hingerichteter als kopfloser Reiter regelmassig in der St Michaels Nacht wieder auf Der kopflose Reiter in der Literatur Bearbeiten nbsp The Headless Horseman Pursuing Ichabod CraneGemalde von John Quidor 1858Literarischen Ruhm erntete die Figur des kopflosen Reiters durch Washington Irvings Novelle Die Sage von der schlafrigen Schlucht The Legend of Sleepy Hollow 1809 In diesem fruhen Werk der amerikanischen Literatur erscheint der Reiter zu Lebzeiten ein deutscher Soldner als eine Art Geist der den Bewohnern des Dorfchens Sleepy Hollow allerlei Streiche spielt Irving hatte die Gestalt des Reiters vermutlich bei einer Reise entlang des Rheins 1806 kennengelernt und ahnlich wie beim Monch von Heisterbach der zu Rip Van Winkle wurde den Schauplatz von Westdeutschland in das niederlandisch gepragte Hinterland von New York verlegt Verfilmungen BearbeitenDie Geschichte von Sleepy Hollow wurde mehrmals verfilmt zuletzt von Tim Burton mit Johnny Depp als Ichabod Crane und Christina Ricci als Katrina Van Tassel Allerdings gerat der headless horseman in Sleepy Hollow zum damonischen Wiederganger der respektablen Burgern die Kopfe abschlagt und diese in einem Wald versteckt Insofern hat dieser Bosewicht mehr Ahnlichkeit mit den deutschen Sagenfiguren als mit Irvings eher zum Schabernack aufgelegtem Schreckgespenst Der Film der bis auf die Namen des Schauplatzes und der Hauptpersonen wenig Ahnlichkeit mit der literarischen Vorlage zeigt war in erster Linie als stimmungsvolle Hommage an die Horrorfilmklassiker der 1950er und 1960er Jahre gedacht und so spielt Johnny Depp nicht wie im Original einen schrulligen Dorfschullehrer sondern einen jungen modern denkenden Polizeioffizier der von einem New Yorker Friedensrichter gespielt von Christopher Lee ausgeschickt wird um die erschreckende Mordserie in Sleepy Hollow aufzuklaren Im Jahr 2007 produzierte der Sci Fi Channel einen Horrorfilm unter dem Titel Headless Horseman Literatur BearbeitenHanns Bachtold Staubli Hrsg Handworterbuch des deutschen Aberglaubens Zehn Bande de Gruyter Berlin 1927 1942 Unveranderter photomechanischer Nachdruck Ebenda 2000 ISBN 3 11 011194 2 Dieter Feucht Grube und Pfahl Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Hinrichtungsbrauche Juristische Studien Bd 5 ISSN 0449 4369 Mohr Tubingen 1967 Heinrich Hoffmann Hrsg Zur Volkskunde des Julicher Landes 2 Bande Dostall Eschweiler 1911 1914 wichtige Sagensammlung Band 1 Sagen aus dem Rurgebiet Band 2 Sagen aus dem Indegebiet Peter Kremer Wo das Grauen lauert Erschrockliche Geschichten von Blutsaugern und kopflosen Reitern von Werwolfen und Wiedergangern an Inde Erft und Rur PeKaDe Verlag Duren 2003 ISBN 3 929928 01 9 Sagensammlung Peter Kremer Draculas Vettern Auf den Spuren des Vampirglaubens in Deutschland Selbstverlag Duren 2006 Will Erich Peuckert Hrsg Bremer Sagen Denkmaler deutscher Volksdichtung Bd 5 ZDB ID 504250 1 Schwartz Gottingen 1961 2 unveranderte Auflage ebenda 1988 ISBN 3 509 01491 X Liane Luthy Kopflos Das Tagebuch der Trud von 1844 Lenz 2023 ISBN 978 3 943624 83 0 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Headless horseriders Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Auflistung der Filme um Sleepy Hollow und den Kopflosen Reiter Podcast zum Thema im Phantastikon Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kopfloser Reiter amp oldid 234488665