www.wikidata.de-de.nina.az
Die Naturethik beschaftigt sich mit dem Wert der Natur Unter Natur wird hier das gesamte Inventar des Lebens auf der Erde und alle biologischen okologischen physischen und chemischen Prozesse verstanden Sie ist Teil der Bioethik Inhaltsverzeichnis 1 Abgrenzung und Fragestellung 2 Anthropozentrische Konzepte 2 1 Physiologische Argumente 2 2 Perzeptive Argumente 2 3 Soziale Argumente 2 4 Inklusive Argumente 3 Physiozentrische Konzepte 3 1 Pathozentrismus 3 2 Biozentrismus 3 3 Holismus 4 Eigener Wert der Natur 4 1 Problematik der Wertfindung 4 2 Nutzwert Eigenwert und Selbstwert 5 Vernunft der Natur 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseAbgrenzung und Fragestellung BearbeitenDie Naturethik ist eine Wissenschaftsdisziplin eine Disziplin der Ethik die ihre Fragestellung im Umfeld der Biologie und Philosophie stellt jedoch spielen haufig auch theologische politische und soziologische Argumente mit in den Diskurs 1 2 Sie umfasst sowohl anthropozentrische als auch physiozentrische Perspektiven und stellt Fragen nach dem moralisch vertretbaren Umgang mit Natur sowie nach dem Wert von Natur und ihren Phanomenen Ihre spezifische Fragestellung die Naturaspekte thematisiert grenzt sie von der Umweltethik ab die zudem Fragen nach der Technik und den moralischen Kriterien ihrer Anwendung stellt Eine zentrale Frage der Naturethik ist welchen Wesen oder Dingen ein Eigenwert beigemessen werden sollte und welche Wesen um ihrer Selbst willen zu berucksichtigen sind Hierzu gibt es unterschiedliche Positionen Wahrend der Pathozentrismus allen schmerzempfindlichen Wesen einen Eigenwert zuschreibt gehen Biozentrismus Okozentrismus bzw Holismus daruber hinaus Im Biozentrismus werden alle lebendigen Wesen als moralisch wertvoll betrachtet im Holismus zusatzlich sogar unbelebte Naturphanomene wie zum Beispiel Berge oder Arten Aus dem Naturethischen Ansatz folgen eine Reihe von Fragen die sich auf das praktische gesellschaftliche und politische Handeln und den Umgang mit der uns umgebenden Natur beziehen Einige Fragen hat die Philosophin Angelika Krebs formuliert 3 Haben wir Pflichten in Ansehung von oder auch Pflichten gegenuber der Natur Hat nur der Mensch eine Wurde Oder gebuhrt auch der Natur der Erde den Meeren den Waldern den Flussen den Pflanzen den Tieren Ehrfurcht Ist die traditionelle anthropozentrische Ethik angesichts okologischer Krisenerfahrungen heute noch zu rechtfertigen oder muss sie einer neuen physiozentrischen Ethik weichen Ist globaler Naturschutz etwas was wir den von der Natur abhangigen Menschen schulden oder ist er etwas was wir der Natur selbst schulden Eine zweite Sichtweise fragt nach der Vernunft der Natur Anthropozentrische Konzepte BearbeitenMan kann zwischen einem Anthropozentrismus im erkenntnistheoretischen und im moralischen Sinne unterscheiden 4 5 Nach dem moralischen Anthropozentrismus gebuhrt Menschen der hochste Wert und kommt allein Menschen Moral zu Der epistemische Anthropozentrismus betont dass in der naturethischen Diskussion daruber ob Natur ein moralischer Wert zukomme nur Menschen beteiligen und als moralische Subjekte auftreten die ihre Interessen benennen und geltend machen wahrend Natur bzw Naturaspekte allenfalls als Objekte der Moral auftauchen Daher liegt die Vermutung nahe dass die Werte die der Natur zuerkannt werden konnen notwendigerweise anthropozentrisch bestimmt sind Trotzdem kann es auch aus anthropozentrischer Perspektive sinnvoll sein der Natur einen Wert jenseits menschlicher Zwecke zuzubilligen Anthropozentrische Konzepte der Naturethik beziehen ethische Positionen auf den Menschen der z B der Natur moralische Werte zuerkennen kann An sich habe die Natur keinen Wert sondern nur fur Menschen 4 6 7 In der Diskussion um den Schutz der Natur und durch Studien zur Umweltgeschichte ist die anthropozentrische Position in den Verdacht geraten dass sie letztlich zur Naturzerstorung gefuhrt habe Andererseits konnen aus der anthropozentrischen Position auch Argumente fur Werte der Natur formuliert werden die jenseits eines instrumentellen Naturverhaltnisses stehen Um den Anspruch auf eine zentrale Stellung des Menschen im Anthropozentrismus zu relativieren wird mittlerweile von einer humanistischen Sicht gesprochen wenn die Bestimmung von Werten der Natur aus der Perspektive von Menschen getroffen wird 8 Argumente die aus anthropozentrischer Sicht fur einen moralischen Wert der Natur sprachen konnen vier Strategien zugeordnet werden physiologische perzeptive soziale und inklusive Argumentationsweisen Physiologische Argumente Bearbeiten Argumente die sich auf die Physiologie des Menschen beziehen betonen seine Abhangigkeit von Natur Zwar konne der Mensch bestimmte Naturbindungen technisch losen bleibe aber gerade in der Technik die bestimmte Naturaspekte nutzt weiterhin naturgebunden Physiologische Argumente konnen auf instrumentelle Aspekte beschrankt z B okonomischer Nutzen oder mit moralischen Implikationen verknupft werden z B beim Basic Needs Argument 9 10 Das Basic Needs Argument besagt dass Menschen als Lebewesen die mit ihrer Umwelt im Stoffwechsel stehen kein vernunftiges verallgemeinerungsfahiges Interesse daran haben konnen die naturlichen Voraussetzungen ihres Lebens zu zerstoren Daraus wird abgeleitet dass Natur bzw bestimmte Naturaspekte die fur die physische Existenz von Menschen bedeutsam sind aufgrund des Wertes menschlichen Lebens erhalten werden mussten Damit komme dem Menschen die Aufgabe zu Natur neben aufgrund von Nutzlichkeitserwagungen auch aus moralischen Grunden zu schutzen Diese moralische Verpflichtung der Menschen gegenuber Natur bzw Naturaspekten basiert also auf dem Selbstwert des Menschen 11 Besonders deutlich treten die moralischen Implikationen des Basic Needs Arguments hervor wenn die moralischen Subjekte die uber den Zustand der Natur entscheiden von den Folgen ihrer Entscheidungen selbst nicht betroffen sind sondern Menschen in anderen Gesellschaften oder zukunftiger Generationen weil in diesem Fall der instrumentelle Aspekt nicht korrigierend in die Entscheidungsfindung einbezogen werden kann Erkennt man aber an dass moralische Implikationen des individuellen Handelns auf das Wohl aller Menschen bezogen sind dann betreffen die Folgen der Entscheidung auch die moralische Integritat des entscheidenden Subjekts Die Entscheidung ist allerdings davon abhangig wer zur Moralgemeinschaft gehort und daher fur die moralisch vertretbare Entscheidungsfindung relevant ist siehe auch Inklusionsargumente 12 13 Perzeptive Argumente Bearbeiten Die Wahrnehmung von Natur sowohl im asthetischen wie im praktischen Modus bindet Menschen emotional in ihre Naturerfahrung ein und ermoglicht zugleich eine Selbsterfahrung durch die Natur Fur einen eigenen Wert der Natur sprache die Bereicherung der Selbsterfahrung von Menschen in der Begegnung mit Natur Insofern stellt das asthetische Argument heraus dass in der Erfahrung von Naturschonheit der asthetische Sinn des Menschen aktiviert werden konne noch bevor die bewusste Rezeption von Kunstwerken eingesetzt hat 14 So wird z B von Martin Seel die Wahrnehmung des Naturschonen als Motivation eingestuft dass Menschen selber kunstlerisch tatig werden und wird ihr ein asthetischer Eigenwert zuerkannt 15 Andererseits entlaste die Wahrnehmung von Naturschonheit den Menschen von der Verantwortung fur die Welt 16 Der asthetische Eigenwert der Natur ergibt sich aus dem eudamonistischen Eigenwert den die Praxis der asthetischen Kontemplation fur Menschen hat Der Schutz asthetisch attraktiver Natur ist den Betrachtern der Natur geschuldet und nicht der Natur selbst Das gute Leben der Betrachter hat moralischen Eigenwert nicht das Gute der Natur selbst betont Angelika Krebs 17 Die Natur ermogliche dem Individuum eine emotionale Selbsterfahrung die eine andere Qualitat hat als diejenige im stadtischen Gesellschaftsleben In der asthetischen Erfahrung der Landschaft erlebe sich das in seinen gesellschaftlichen Rollen und Funktionen fragmentierte Individuum in seiner potenziellen Ganzheit so dass der landschaftlichen Natur fur Menschen ein Wert zukommen kann von dem her sie an ihrer Erhaltung interessiert sind 18 Dieses Interesse betrifft vor allem die Wildnis d h nur wenig von Menschen beeinflusste Naturaspekte die asthetische emotionale und praktische Potenziale fur Erfahrungen enthalten die in der technisch uberformten und funktional bestimmten Welt nicht gemacht werden konnen z B Erfahrungen des Erhabenen 19 Uber die kontemplative Betrachtung hinaus biete Natur auch ein Feld praktischer Erfahrungen mit einer Realitat die nicht oder in geringem Ausmasse technisch gepragt sei und in der sich das Individuum von gesellschaftlichen Normen leichter distanzieren konne Das praxisbezogene Argument bezieht sich auf die Erfahrung dass viele Verhaltensnormen und Einschrankungen durch Besitzverhaltnisse die der praktischen Entfaltung menschlicher Autonomie in der Stadt entgegenstehen auf dem Land weniger rigide kontrolliert und leichter ignoriert werden konnen Insofern ermoglicht die landliche Natur eine praktische Erfahrung von Freiheit Zudem wird in der Moderne Natur mit Freiheit assoziiert Aus dem Interesse an dieser Erfahrung von Autonomie in der Natur kann ein Wert der Natur fur den Menschen abgeleitet werden Soziale Argumente Bearbeiten Soziale Argumente fuhren an dass der Natur ein Wert z B fur den kulturellen Fortbestand einer Gesellschaft zukomme Fur eine Gesellschaft die sich in Differenz zur Natur bestimmt ist ein Begriff von Natur jenseits kultureller Muster notwendig um zu bestimmen was Kultur uberhaupt sein kann Auf der begrifflichen Ebene dient Natur als Grenzbegriff dazu das Andere der Kultur das was sie nicht ist zu benennen und Kultur formal zu bestimmen Fur das Andere der Kultur steht die Natur die uber bestimmte kulturelle Muster inhaltlich ausformuliert und bildlich als konkrete Natur z B Landschaft erfahren werden kann An diesen Gedanken setzt das Heimat Argument an Denn verschwinde das Andere der Kultur indem sich z B dessen konkreten Anschauungen auflosen dann verliere der Kulturbegriff seine spezifische Bedeutung bzw wandelt sich diese Aus dieser inhaltlichen Veranderung der Kultur folge dann ein Wandel in der Bestimmung der sozialen und individuellen Identitat Der Wert der z B im Naturschutz einer gewohnten Naturausstattung und geschichtlich entstandenen Landschaft zuerkannt wird entstammt demnach letztlich dem moralischen Interesse am Fortbestand einer bestimmten Art der Vergesellschaftung von Menschen und ihrem kulturellen Selbstverstandnis z B im Sinne individueller und sozialer Identitat 20 Eine weitere Form sozialer Argumente fur den Wert von Natur stellt das padagogische Argument dar Das padagogische Argument besagt dass der praktische Umgang von Menschen mit Tieren und Pflanzen ein Ausdruck ihrer moralischen Haltung zur Natur sei und diese moralische Haltung zur Natur wiederum nicht unabhangig von moralischen Einstellungen innerhalb der Gesellschaft sei 21 Beispielsweise betont Immanuel Kant dass die Achtung vor Lebewesen und die Aufgeschlossenheit fur die Naturschonheit vor einer Verrohung der Menschen untereinander schutzen konne 22 Diese Hoffnung wird in Bezug auf die demonstrative Naturliebe in Kombination mit rassistischen Ideologien z B des Naturschutzes im Nationalsozialismus kritisch gesehen 23 Das padagogische Argument wird von antispeziestischer Seite her wie sie z B im Oko Anarchismus vertreten wird radikalisiert Zwar stehen Antispeziesisten dem Anthropozentrismus kritisch gegenuber allerdings argumentiert der Antispeziesismus insofern anthropozentrisch als er Gewaltverhaltnisse von Menschen zu anderen Lebewesen kritisiert nicht aber Verhaltnisse zwischen nicht menschlichen Lebewesen als potenzielle Gewalt auffasst Das antispeziestische Argument geht von dem Ideal einer gewaltfreien und herrschaftslosen Gesellschaft aus in der keine Formen von Unterdruckung uber z B politische okonomische padagogische erotische oder emotionale Verhaltnisse bestehen sollen Dieser Anspruch beziehe sich aber nicht nur auf Verhaltnisse innerhalb der Spezies Mensch sondern letztlich auch auf das Verhaltnis von Menschen zu anderen Spezies Wer aus einer anthropozentrischen Perspektive an einer gewaltfreien und herrschaftslosen Gesellschaft interessiert sei musse diesen Anspruch auch auf das Verhaltnis zu anderen Spezies und seine moralische Haltung zu diesen ausdehnen so dass daraus ein eigener Wert der Natur resultiere 24 Inklusive Argumente Bearbeiten Das inklusive Argument erstrebt eine vermittelnde Position die aus epistemischer anthropozentrischer Perspektive auch physiozentrische Konsequenzen vor allem solche des Pathozentrismus anerkennen kann 25 Das Verhaltnis von anthropozentrischen zu physiozentrischen Konzepten wird von der Frage nach dem Umfang von Moralgemeinschaften auf die sich die Verantwortung bezieht bzw deren Mitglieder dementsprechende Berucksichtigung verlangen konnen beruhrt Durch die Erweiterung von Moralgemeinschaften konnen anthropozentrische Konzepte letztlich auch physiozentrische Argumentationsstrategien integrieren Aus einer anthropozentrischen Perspektive konnte die logische Ausdehnung von Moralgemeinschaften auf Individuen die miteinander kommunizieren beschrankt sein auf andere Gesellschaften und Menschen die ihre Interessen nicht kommunizieren konnen erweitert und konnten auch Tiere und Pflanzen mit einbezogen werden 26 Wie zwischen Menschen innerhalb einer Moralgemeinschaft weiterhin Konflikte bestehen die ausgehandelt werden mussen ware mit der Erweiterung der Moralgemeinschaft auf alle Lebewesen kein harmonischer Zustand erreicht Moralische Konflikte bestunden fort nur mit dem Unterschied dass ein Interessenskonflikt zwischen einem Menschen und einem Tier zumindest unter Menschen als moralische Frage debattiert werden musste 27 Physiozentrische Konzepte BearbeitenPathozentrismus Bearbeiten Wenn man Moral charakterisiert als etwas das sich fur den gleichen Respekt vor dem guten Leben aller Kreaturen einsetzt folgt das Argument dass ein gutes Leben auch Tiere fuhren konnen und es daher nicht einleuchtet wieso sich der moralische Mensch nur um das gute Leben von anderen Menschen kummern soll Dabei wird davon ausgegangen dass zumindest Tiere in radikaler Sichtweise auch Pflanzen und die unbelebte Natur etwas fuhlen und ihnen dadurch ein moralischer Eigenwert zukommt 28 29 30 Damit waren sie ihrer selbst willen zu schutzen d h auch dann wenn dies der Menschheit zum Nachteil gereicht wie beim Verzicht auf medizinische Tierversuche und kritische Varianten der Tierhaltung Dieses pathozentrische Argument wird u a von Peter Singer Tom Regan und Ursula Wolf vertreten Gegen dieses Leidensargument gibt es eine Reihe von Einwanden 31 32 Eines ist der Policing Nature Einwand wonach der Pathozentrismus zu der absurden Konsequenz fuhre dass wildlebende Beutetiere vor Raubtieren zu schutzen seien Biozentrismus Bearbeiten Dem Biozentrismus liegt wie allen naturethischen Sichtweisen ein ethisches Modell zugrunde das allem Lebendigen einen ethischen Eigenwert zuordnet 33 34 Ist dieser Eigenwert fur alle Entitaten derselbe also ohne Abstufung spricht man von einem radikalen Biozentrismus oder egalitarem Biozentrismus sonst von einem hierarchischen beziehungsweise schwachen Biozentrismus 35 Zu den bekanntesten Vertretern des Biozentrismus gehort Albert Schweitzer auf den die paradigmatische Formulierung Ehrfurcht vor dem Leben zuruckgeht Ich bin Leben das leben will inmitten von Leben das leben will Holismus Bearbeiten In der Naturethik wird der Holismus als eine Sichtweise fur den Eigenwert der Natur angefuhrt 36 37 38 Prominente Vertreter des Holismus sind neben Arne Naess Tiefenokologie Carolyn Merchant Okofeminismus Aldo Leopold Land Ethik Adolf Meyer Abich auch Jan Christiaan Smuts Schopferische Evolution der den Begriff erstmals pragte Den holistischen Ansatzen ist die Auffassung gemeinsam dass das Ganze mehr sei als die Summe seiner Teile Demgemass konne der Wert des Ganzen nicht von seinen Bestandteilen her bestimmt werden und komme dem Ganzen vor seinen Teilen Prioritat zu Bezogen auf den Eigenwert des Ganzen bedeutet dies dass die einzelnen Bestandteile die dem Ganzen funktional eingepasst sind sich ihm auch moralisch einzufugen hatten Eine Variante des Holismus ist der Okozentrismus der anders als der Biozentrismus der sich nur auf den Wert einzelner Lebewesen Individuen bezieht auch Arten Lebensgemeinschaften Okosystemen und Landschaften also uberindividuellen Ganzheiten einen moralischen Wert zuerkennt 39 40 Eigener Wert der Natur BearbeitenDie Unterscheidung zwischen Selbstwert Eigenwert und Nutzwert von Natur ist im Zusammenhang der Diskussion um die Auslegung des 1 BNatSchG zu verstehen Dort findet sich die Forderung dass Natur und Landschaft unter anderem auf Grund ihres eigenen Wertes zu schutzen seien 41 Der Eigenwert der biologischen Vielfalt wurde schon in der Praambel der Biodiversitatskonvention 1992 erwahnt 42 Problematik der Wertfindung Bearbeiten Umstritten ist wie der eigene Wert der Natur inhaltlich ausgefullt werden kann da die Naturschutzdiskussion eine verwirrende Vielfalt von Eigenwertbegriffen hervorgebracht hat 43 Daher kommt der im Gesetzestext nicht inhaltlich ausgefullte Forderung die Natur auf Grund ihres eigenen Wertes zu schutzen in der Rechtsprechung keine praktische Relevanz zu So betonen Gassner und Heugel Unter Wertungsaspekten ist hervorzuheben dass die Silbe Eigen der praktischen Rechtsanwendung nicht weiterhilft letztlich konne der Begriff des Eigenwertes nicht halten was er verspricht 44 Dennoch lassen sich zwei generell verschiedene Ansatze in der Naturschutzethik erkennen 43 Die Natur um der Menschen willen zu schutzen Die Natur um ihrer selbst willen zu schutzenIn der moralphilosophischen Diskussion zur Naturethik wird vorgeschlagen in Bezug auf Natur bzw Naturaspekte zwischen dem instrumentellen Wert der Natur Nutzwert dem inharenten Wert der Natur Eigenwert und dem intrinsischen Wert der Natur Selbstwert zu unterscheiden 45 46 47 Da diese Werte auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind mussen sie einander nicht ausschliessen konnen aber in der Gesellschaft zu einem Normenkonflikt fuhren aus dem Prioritaten resultieren Nutzwert Eigenwert und Selbstwert Bearbeiten Nutzwert und Eigenwert der Natur werden von einer anthropozentrischen Ethik her bestimmt s o Der Selbstwert der Natur basiert auf einer physiozentrischen Ethik s o 48 49 Der instrumentelle Nutzwert der Natur wird durch Interessen und Nutzungsanspruche von Menschen bestimmt 50 51 Im Allgemeinen spricht man hinsichtlich der okonomischen Interessen an Naturgutern von ihrem Nutzwert Der Nutzwert kann uber die Art und Weise ihrer Aneignung qualifiziert Blumen pflucken um sie zu verschenken sowie uber Produktionsaufwand und Preisbildung quantifiziert werden Blumen zuchten um sie zu verkaufen Damit steht neben dem quantifizierbaren okonomischen Wert ein eudamonistisch orientierter Wert der Natur der auf ein qualitativ gutes Leben ausgerichtet ist s u 52 Der inharente Eigenwert der Natur wird ihr in Bezug auf Kultur und Identitat von Menschen zuerkannt wodurch sie fur Menschen einen eigenen Wert erhalt 53 54 55 56 Bestimmte Naturaspekte konnen mit Geschichte und Erinnerungen verbunden sein und damit fur eine Gesellschaft und auch fur Individuen kulturelle Bedeutung erlangen und daher wertvoll sein 57 Um uber den instrumentellen Rahmen der Nutzung der Natur als Ressource hinaus auch die asthetischen symbolischen und kulturellen Funktionen der Natur fur den Menschen starker zu betonen wird dieser Wert der Natur auch als Eigenwert der Natur bezeichnet 58 Dieser Eigenwert der Natur ist mit kulturellen Sinngebungen und gesellschaftlichen Zielen verbunden wie Vorstellungen vom guten Leben Man spricht daher von eudamonistischen Eigenwerten die Natur und Landschaft fur Menschen haben konnen 47 52 Der intrinsische Selbstwert der Natur wohne ihr selbst inne und zwar unabhangig von ihrer Wertschatzung durch Menschen Die Natur und Naturaspekte hatten demnach einen Wert an sich der von Menschen respektiert werden musste 59 60 61 Der Selbstwert wird von Menschen fur sich in Anspruch genommen und im GG anerkannt Die Wurde des Menschen ist unantastbar 62 Der Selbstwert des Menschen verlangt uberdies dass allen Menschen ein Selbstwert zuerkannt werden muss und in jedem Menschen daher seine Wurde geachtet werden soll 63 Das bedeutet fur den intrinsischen Selbstwert der Natur dass neben den Menschen auch anderen Lebewesen und sogar nicht lebenden Naturaspekten eine Wurde eigen ist die von Menschen geachtet werden musste 64 65 Aus diesem Anspruch resultieren sowohl auf der theoretischen als auch auf der praktischen Ebene Probleme wie logische Paradoxa ethische Konflikte und Handlungsprobleme 66 67 68 Der Naturschutzokonom Ulrich Hampicke konstatiert dass die meisten Menschen welche vom Eigenwert der Natur sprechen eher einen inharenten als einen intrinsischen Wert also keinen Selbstwert meinen 69 Vernunft der Natur BearbeitenDie Idee von der Vernunft der Natur meint dass die belebte Natur Strategien entwickelt hat die wir beim Menschen als vernunftig erachten oder als intelligent betrachten Dazu zahlt die Vernunft der Gefuhle im Sinne von Dieter Zimmer 70 71 die Gerechtigkeitsstrategie des Tit for Tat die kollektive Intelligenz als Schwarmintelligenz und allgemeiner die Kooperation im Sinne des Primatenforschers Tomasello etwa als Verbindung von Reziprozitat und Solidaritat Auch spiegelt der Darwinismus die Ethik des Utilitarismus wider und beruht zugleich auf ihr Der Rechtsanthropologe Axel Montenbruck bundelt diese Ansatz ebenfalls unter dem Begriff dem Begriff Naturethik Seines Erachten sei es dabei aus der Sicht des Dualismus offen ob es sich im Sinne des Idealismus um Strategien handele die der Menschen fur sich selbst entwickelt habe sodass die Strategien evolutionar erprobten und so erfolgreichen Naturvernunft nur analog zu denen der menschlichen Vernunft einzuordnen seien und diese nur bekraftige Es konne sich aber aus der Sicht des Naturalismus auch beim Menschen um genetisch vorprommierte moralanaloge Instinkten handeln die das Naturwesen Mensch nur individuell relativ frei nutzen und auch in Gruppen kulturell gesondert ausformen konne 72 Siehe auch BearbeitenUmweltethik Bioethik Biblische ZoologieLiteratur BearbeitenVittorio Hosle Philosophie der okologischen Krise Munchen 1991 ISBN 3 406 38368 8 Angelika Krebs Ethics of Nature A Map Mit einem Vorwort von Bernard Williams De Gruyter Berlin New York 1999 ISBN 3 11 015830 2 Angelika Krebs Hrsg Naturethik Grundtexte der gegenwartigen tier und okoethischen Diskussion Suhrkamp Frankfurt 1997 ISBN 3 518 28862 8 Angelika Krebs Naturethik im Uberblick In A Krebs Hrsg Naturethik Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 518 28862 7 S 337 379 Uta Eser Thomas Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis Nomos Verlagsgesellschaft Baden Baden 1999 ISBN 3 7890 6016 X Uta Eser Ann Kathrin Neuruther Albrecht Muller Klugheit Gluck Gerechtigkeit Ethische Argumentationslinien in der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt Hrsg Bundesamt fur Naturschutz Landwirtschaftsverlag Bonn 2011 ISBN 978 3 7843 4007 4 Annemarie Nagel Ulrich Eisel Ethische Begrundungen fur den Schutz der Natur In Stefan Korner Annemarie Nagel Ulrich Eisel Hrsg Naturschutzbegrundungen Bonn Bad Godesberg 2003 ISBN 3 7843 3839 9 Reinhard Piechocki Landschaft Heimat Wildnis Schutz der Natur aber welcher und warum Beck Verlag Munchen 2010 ISBN 978 3 406 54152 0 Konrad Ott Ipso facto Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 518 58243 7 Paul Taylor Die Ethik der Achtung gegenuber der Natur In A Krebs Hrsg Naturethik Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 518 28862 7 S 111 143 Theodor Leiber Natur Ethik Verantwortung und Universalmoral LIT Verlag Munster 2002 ISBN 978 3825853686 Weblinks Bearbeitenwww umweltethik at Artikelsammlung zur UmweltethikEinzelnachweise Bearbeiten A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 337 345 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 183 ff Naturethik auf der Webseite der Bundeszentrale fur politische Bildung 20 Oktober 2010 a b A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 343 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 197 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 196 f U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 58 f U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 68 A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 364 f U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 56 f 60 f A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 366 ff A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 366 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 189 A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 370 f Martin Seel Asthetik der Natur Frankfurt am Main 1992 A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 374 A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 370 372 Dieter Groh Ruth Groh Weltbild und Naturaneignung Frankfurt am Main 1990 A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 372 f A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 374 f A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 375 f Immanuel Kant Metaphysik der Sitten 17 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 203 f Bernd Udo Rinaz Postmoderne Veganismus Anarchismus In J Mumken Hrsg Anarchismus in der Postmoderne Frankfurt 2004 ISBN 3 936049 37 8 A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 378 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 189 f U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 67 ff A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 347 352 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 199 205 U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 59 ff A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 351 f R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 203 ff R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 206 213 U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 61 ff Ethikmodelle oder die relative Ethik Dokumentation bei der Uni Hannover Vgl auch Kirsten Schmidt Blinde Huhner als Testfall tierethischer Theorien In Zeitschrift fur philosophische Forschung Band 62 Heft 4 Oktober Dezember 2008 A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 361 364 R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 222 229 U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 64 ff R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 214 221 U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 63 f BNatSchG 2010 1 1 U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 78 a b R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 192 Heugel Gassner Das neue Naturschutzrecht C H Beck Verlag Munchen 2010 RN 113 Am Besten ware es den Begriff des Eigenwertes wegen seiner Zweideutigkeit zu tilgen Hampicke 1996 zitiert in R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 192 K Ott Ipso facto 1997 S 638 f U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 60 ff a b R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 193 U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 56 60 ff R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 194 f U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 53 f 60 f U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 79 f a b A Krebs Naturethik im Uberblick 2007 S 339 Taylor 1981 116 f K Ott Ipso facto 1997 S 638 U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 54 f U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 80 ff U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 61 f A Nagel U Eisel Ethische Begrundungen fur den Schutz der Natur 2003 S 53 U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 55 f 62 f R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 193 f U Eser u a Klugheit Gluck Gerechtigkeit 2011 S 83 f GG Art 1 1 Handle so dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als auch in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck niemals bloss als Mittel brauchest Immanuel Kant in Metaphysik der Sitten Taylor 1981 K Ott Ipso facto 1997 S 641 K Ott Ipso facto 1997 S 640 U Eser T Potthast Naturschutzethik Eine Einfuhrung fur die Praxis 1999 S 49 ff R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 199 229 Hampicke 1997 zitiert in R Piechocki Landschaft Heimat Wildnis 2010 S 194 Dieter Zimmer Die Vernunft der Gefuhle Ursprung Natur und Sinn der menschlichen Emotion 2 Auflage 1981 ISBN 3 492 00527 6 Friedel Bolle Emotionen und Vernunft keine Gegensatze Antrittsvorlesung an der Europa Universitat Viadrina Frankfurt Oder am 14 Juni 1994 In Hans N Weiler Hrsg Europa Universitat Viadrina Frankfurt Oder Universitatsschriften Band 7 Antrittsvorlesungen I Sommersemester 1994 1995 S 155 ff Axel Montenbruck Demokratischer Praambel Humanismus Westliche Zivilreligion und universelle Triade Natur Seele und Vernunft Schriftenreihe Zivilreligion Eine Rechtsphilosophie als Kulturphilosophie Band I Grundlegung 5 erneut erheblich erweiterte Auflage 2015 ISBN 978 3 944675 27 5 und online auf der Webseite der Universitatsbibliothek der Freien Universitat Berlin S 309 ff 327 ff Gerechtigkeits Naturalismus 342 ff 376 ff zusammenfassend S 529 ff Axel Montenbruck Universelle Natur und Schwarmethik Physikalische Naturgesetze und systemische Gerechtigkeit Information und Reflexion universelle Schwarmvernunft und spieltheoretische Strategie Physizismus und Kulturalismus 2021 Open Access der Freien Universitat Berlin 1 ISBN 978 3 96110 371 3 ISBN print 978 3 96110 372 0 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Naturethik amp oldid 227674751 Eigener Wert der Natur