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Walter Hoff 18 Marz 1890 in Eulenberg Provinz Posen 7 Oktober 1977 in Hamburg war ein Pfarrer in Berlin und Angehoriger der Deutschen Christen der SA und der NSDAP Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft Studium Familie und Berufseinstieg 1 2 Erste Schritte als Nationalsozialist 1 3 NS Karriere bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs 1 4 Weltkrieg und Holocaust 1 5 Nachkriegszeit 1 5 1 Disziplinarverfahren 1 5 2 Ermittlungen wegen des Verdachts der Beteiligung am Holocaust 2 Literatur und Quellen 3 Weblinks 4 FussnotenLeben BearbeitenHerkunft Studium Familie und Berufseinstieg Bearbeiten Hoff wurde als Sohn eines Forsters in Posen geboren Nach seinem Abitur in Gorlitz studierte in Halle Konigsberg und Berlin Theologie und Geschichte Er diente im Ersten Weltkrieg als Freiwilliger unter anderem in Frankreich und Russland 1916 wurde er zum Leutnant der Reserve ernannt 1917 heiratete er Frida ebenfalls mit dem Nachnamen Hoff geboren Mit ihr hatte er in den folgenden Jahren sechs Kinder Von 1922 an bis 1930 war Hoff fur die Evangelisch Lutherische Landeskirche Schleswig Holstein Pastor im II Pfarrbezirk der schleswig holsteinischen Gemeinde Rellingen bei Hamburg 1 2 Erste Schritte als Nationalsozialist Bearbeiten Am 1 April 1930 trat er sein Pfarrersamt in der Charlottenburger Luisengemeinde in der altpreussischen Landeskirche an Die Witwe des Pastors der vor ihm die Pfarrstelle innehatte vertrieb er aus dem Pfarrhaus mit dem Hinweis er werde im Zweifel vor dem Odium der Gewaltanwendung nicht zuruckschrecken 3 Bereits 1929 druckte Hoff in seinen Charlottenburger Probepredigten seine Nahe zum Nationalsozialismus aus Nach seinem Amtsantritt zelebrierte er mehrere Gottesdienste fur die SA und erwarb sich die Anerkennung von Joseph Goebbels dem Berliner Gauleiter Zum 1 September 1932 trat Hoff in die NSDAP ein Mitgliedsnummer 1 313 600 4 Der Pfarrer nahm an Strassenkampfen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten teil Zeitweise konnte sich der Standartengeistliche nur in Begleitung einer Leibgarde in der Offentlichkeit bewegen Im November 1933 erfolgte Hoffs Aufnahme in die SA 5 6 NS Karriere bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs Bearbeiten Nach der Machtubergabe an die Nationalsozialisten engagierte sich Hoff als Deutscher Christ Er grundete den Studentenkampfbund Deutsche Christen der sich an den Universitaten jedoch nicht durchsetzen konnte weil der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund seinen Mitgliedern eine Doppelmitgliedschaft untersagte In der Reichskirchenregierung von Ludwig Muller kummerte er sich um die Sachgebiete Volksmission und theologische Ausbildung 7 Mit Hilfe des Adjutanten von Hermann Goring gelangte er in ein hohes Kirchenamt August Jager ernannte ihn zum Konsistorialrat der Mark Brandenburg Missliebigen Kollegen und Untergebenen drohte Hoff anschliessend mit Verfolgung 7 Nachdem Ludwig Mullers Kirchenregiment im Oktober 1934 faktisch gescheitert war musste Hoff seine Stelle im Konsistorium raumen Er gelangte ab dem 1 Oktober 1936 an die traditionsreiche aber kirchenpolitisch wenig bedeutsame Stelle Probst von Kolln an St Petri Hoff nahm im Wintersemester an der Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin sein Geschichtsstudium wieder auf und promovierte mit einer Arbeit uber die Glashutten der Neumark Die Arbeit wurde von seinen Prufern mit genugend bewertet inhaltlich offenbarte sie abschnittsweise deutlich antislawische Ressentiments des Autors 8 Weltkrieg und Holocaust Bearbeiten 1940 begann Hoffs Militardienst als Ordonnanzoffizier in der Wehrmacht Im Rang eines Hauptmanns ubernahm er 1941 42 die Leitung einer Feldkommandantur der Sicherungs Division 221 die seit Herbst 1941 im ruckwartigen Heeresgebiet mit dem Kampf gegen Partisanen befasst war Im Rahmen von Heimaturlauben brustete sich Hoff mit der Totung von Partisanen und Spionen Fur seine Aktivitaten erhielt er am 21 September 1941 das Kriegsverdienstkreuz Seinen ausgepragten Antisemitismus lebte er im Osten ebenfalls aus In einem Brief an Oberkonsistorialrat Horst Fichtner 9 vom 29 September 1943 ruhmte er sich dass ich in Sowjetrussland eine erhebliche Anzahl von Juden namlich viele Hunderte habe liquidieren helfen 10 Nachkriegszeit Bearbeiten Disziplinarverfahren Bearbeiten Hoff geriet nach Kriegsende in britische Kriegsgefangenschaft Das Evangelische Konsistorium von Berlin Brandenburg zu Berlin versuchte bereits in dieser Zeit aufgrund von Hoffs Nahe zum Nationalsozialismus und seiner exponierten Stellung bei den Deutschen Christen ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten mit dem Ziel ihn seines Amtes zu entheben Hoff selbst scheute zunachst seine Pfarrstelle wieder anzutreten diese lag im sowjetischen Sektor Berlins Stattdessen bewarb er sich bei der Evangelisch Lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate allerdings erfolglos Die Berliner Kirchenvertreter hofften eine Wiederanstellung Hoffs auch ohne Disziplinarverfahren und Amtsenthebung vermeiden zu konnen und baten die Hamburger Kollegen Hoff zur Aufgabe seines Pfarramts zu uberreden Hoff bestand allerdings auf Wiedereinstellung beziehungsweise auf seinen Rentenanspruchen 11 In dieser Situation legte Horst Fichtner innerkirchlich offen was Hoff ihm am 29 September 1943 zu seiner Beteiligung am Judenmord schriftlich mitgeteilt hatte Die mit dem kirchlichen Disziplinarverfahren Beauftragten begannen die Befragung ehemaliger Mitarbeiter Hoffs diese unterstrichen dessen deutsch christliche Positionen Das Disziplinarverfahren gegen Hoff begann schliesslich am 19 Februar 1948 Ihm wurde vorgeworfen kirchliche und nicht kirchliche Amtstrager kirchenpolitisch und politisch angegriffen und verfolgt zu haben Ausserdem sei er gegen sonstige Personen in nicht entschuldbarer Weise vorgegangen 12 Das Urteil erging am 15 November 1949 Die Selbstbezichtigung Hoffs am Judenmord teilgenommen zu haben spielte dabei kaum eine Rolle Das Urteil stellte vielmehr auf innerkirchliche Verfehlungen Hoffs ab Die Disziplinarkammer akzeptierte Hoffs Behauptung er habe seine Beteiligung an den Ermordungen von Juden nur erfunden um Misstrauen der NSDAP entgegentreten zu konnen Politische Uberwachungsstellen des NS Staates habe er vormachen wollen weiterhin loyal zu sein Die Aussagen im Schreiben an Fichtner waren in den Augen der Disziplinarkammer eine politische Zweckluge Demnach war Hoff kein Kriegsverbrecher der an die Justiz auszuliefern gewesen ware sondern ein Pfarrer der sich im Bereich der Gesinnung und verbal falsch verhalten habe Diese Sachverhalte seien jedoch so schwerwiegend dass Hoff eine dauernde Amtsunwurdigkeit attestiert wurde mit der Folge der Entlassung aus dem Dienst und der Aberkennung aller Rechte des geistlichen Standes 12 Gnadenhalber und widerruflich gewahrte die Kirche Hoff zunachst fur drei Jahre ein Viertel seines gesetzlichen Ruhegehalts Diese Zahlungen wurden immer wieder verlangert Hoff legte dennoch Berufung ein die vom westlichen Senat des Disziplinarhofs der Evangelischen Kirche in Deutschland EKD am 9 Juni 1952 abgewiesen wurde Im Zuge dieses Revisionsbegehrens behauptete Hoff er sei bereits 1942 mit der nationalsozialistischen Judenpolitik in Konflikt geraten Dem hielt die Revisionsinstanz entgegen dass er zum zehnjahrigen Jubilaum der Machtergreifung an die Berliner Bevolkerung offentlich appelliert habe Gott fur die Beseitigung des Judentums aus Deutschland zu danken Die Selbstbezichtigung Hoffs im Brief an Fechtner wertete die Revisionsinstanz als schwere moralische Verfehlung habe er sich damit doch auf die Seite von Mordern gestellt Die mogliche Mittaterschaft beim Judenmord veranlasste hingegen auch die Revisionsinstanz nicht Strafverfolgungsbehorden einzuschalten 13 Am 28 Februar 1953 unternahm Hoff einen weiteren Versuch seine Bestrafung ruckgangig zu machen Gegenuber dem Berliner Konsistorium brachte er seinen guten Leumund bei fruheren Wehrmachtskameraden in Anschlag zudem sei er von satanischen Machten besessen gewesen Er bat um Verzeihung fur einen reuigen Sunder und betonte seine Busse durch Ungluck und Herzeleid Die angeschriebene Instanz griff diese Initiative Hoffs auf und beantragte die Zustimmung des zustandigen Rats der EKD Der Rat lehnte ab er sah keinen durchgreifenden Gesinnungswandel Hoff bemuhte sich weiter um die Wiedereinsetzung in seine alten Rechte Am 28 Februar 1958 hatte er damit schliesslich Erfolg Nach einer Anderung der Disziplinarordnung war nicht mehr der Rat der EKD zustandig sondern das Berliner Konsistorium Es setzte ihn wieder in die Rechte des geistlichen Standes ein Von da an bezog er 75 Prozent seines regularen Gehalts Die Hannoversche Landeskirche beauftragte ihn Ende 1957 mit Seelsorge Aufgaben im Krankenhaus Ginsterhof in Totensen Diese Tatigkeit ubte er bis Ende Mai 1962 aus Ab April 1960 bezog er auf Beschluss des Berliner Konsistoriums eine Rente 14 Ermittlungen wegen des Verdachts der Beteiligung am Holocaust Bearbeiten Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklarung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg wurde Ende der 1960er Jahre auf Hoff aufmerksam Sie untersuchte ob er 1941 42 an Massenerschiessungen des Einsatzkommandos 8 in der Nahe von Klimowitschi Belarus als Leitungsangehoriger der Feldkommandantur 549 beteiligt war Eine Einsatzmeldung aus dem Reichssicherheitshauptamt belegte die Zusammenarbeit des Einsatzkommandos 8 und der Sicherungs Division 221 unter anderem in Fragen der Partisanenbekampfung Ferner lagen der Ludwigsburger Zentralstelle Zeugenaussagen aus der Sowjetunion vor die Hoff belasteten Die Ermittler schatzten die Erfolgsaussichten eines Verfahrens gegen Hoff allerdings skeptisch ein 1961 und 1963 wurde Otto Bradfisch als Fuhrer des Einsatzkommandos 8 wegen des Mordes an 15 000 Juden verurteilt die Einzelheiten der Vorgange im Raum Klimowitschi liessen sich dabei jedoch nicht klaren Die Selbstbezichtigung Hoffs in seinem Brief an Fichtner war in Ludwigsburg nicht bekannt 1975 ubergaben die Ludwigsburger den Fall Hoff an die Staatsanwaltschaft Munchen die die Ermittlungen 1979 einstellten nachdem Hoff bereits 1977 verstorben war 15 Literatur und Quellen BearbeitenDagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 61 Jg 2013 H 3 S 197 210 Die Protokolle des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Bd 7 1953 bearbeitet von Dagmar Popping und Peter Beier Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2009 S 500 518 762 Weblinks BearbeitenManfred Gailus Holocaust Auf dunklem Grund In Zeit Online 12 Februar 2013 abgerufen am 16 September 2019 Dagmar Popping Solveig Grothe Kirche und Kriegsverbrechen Der Sundenfall des Nazi Pfarrers In einestages auf Spiegel Online 11 Februar 2013 abgerufen am 16 September 2019 Fussnoten Bearbeiten Dagmar Popping Solveig Grothe Der Sundenfall des Nazi Pfarrers Abgerufen am 26 Februar 2013 deutsch Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 198 Zitiert nach Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 199 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 16240832 Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 199 Zur Aufmerksamkeit bei Goebbels auch Manfred Gailus Auf dunklem Grund in Die Zeit 14 Februar 2013 a b Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 200 Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 201 f Zu Fichtner siehe Hannelore Braun und Gertraud Grunzinger Personenlexikon zum deutschen Protestantismus 1919 1949 Vandenhoeck amp Ruprecht 2006 ISBN 978 3 525 55761 7 S 75 Digitalisat Vollstandiger Text des Briefes in Die Protokolle des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Bd 7 1953 bearbeitet von Dagmar Popping und Peter Beier Gottingen 2009 S 514 f Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 205 f a b Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 206 dort auch das Zitat aus der Anklage gegen Hoff Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 207 f Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 208 210 Dagmar Popping Zwischen Kriegsverbrechen und Pfarramt Walter Hoff und die evangelische Kirche in ZfG 3 2013 S 203 f Normdaten Person GND 1038285593 lobid OGND AKS VIAF 304973306 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hoff WalterKURZBESCHREIBUNG deutscher PfarrerGEBURTSDATUM 18 Marz 1890GEBURTSORT Eulenberg PosenSTERBEDATUM 7 Oktober 1977STERBEORT Hamburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Walter Hoff Pfarrer amp oldid 238035822