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Theodor Heinrich Boveri 12 Oktober 1862 in Bamberg 15 Oktober 1915 in Wurzburg war ein deutscher Mediziner Zoologe Vergleichender Anatom und Mitbegrunder der modernen Zytologie Boveri erkannte 1904 die Chromosomen als Trager der Erbanlagen Theodor Boveri um 1908 1880 bis 1882 beschrieben Eduard Strasburger und Theodor Boveri die Konstanz der Chromosomenzahl bei unterschiedlichen Arten diese ist fur die jeweilige Art typisch und die Individualitat der Chromosomen 1888 pragte er den Begriff Centrosom dessen Bedeutung fur die Zellteilung er erkannt hatte Im Jahr 1904 begrundete er im Anschluss an Walter Sutton die Chromosomentheorie der Vererbung nachdem Ansatze dazu bereits von Carl Wilhelm von Nageli Edouard van Beneden Oscar Hertwig Albert von Koelliker und August Weismann formuliert worden waren Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Familie und Schulzeit 1 2 Munchen 1 2 1 Studium Promotion Habilitation und Stipendien 1 2 2 Neapel und Amphioxus 1 2 3 Krankheit private und berufliche Situation Berufung nach Wurzburg 1 3 Wurzburg 1 3 1 Start in Wurzburg Marcella I O Grady 1 3 2 Berufliche Situation Krankheit und Tod 1 3 3 Personlichkeit 2 Werk 2 1 Centrosomen 2 2 Konstante Chromosomenzahl Beitrag der Eltern 2 3 Chromosomenindividualitat Chromosomen und Krebs 2 4 Diminution 2 5 Niere des Lanzettfischchens 3 Auszeichnungen und Ehrungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFamilie und Schulzeit Bearbeiten nbsp Das Seehaus Hofen gezeichnet vom elfjahrigen Boveri nbsp Portrat von Theodor Boveri im Jahr 1880Theodor Boveri wurde am 12 Oktober 1862 als Sohn einer gutburgerlichen Familie in Bamberg geboren Seine Mutter Antonie Boveri war eine geborene Elssner Sein Vater der ebenfalls Theodor Boveri mit vollem Namen Johann Eugen Theodor hiess war Arzt und finanziell wenig erfolgreich Er praktizierte nur unregelmassig und verkaufte nach und nach den geerbten Grundbesitz In der Folge konnte zwar der alteste Sohn Albert gestorben 1918 noch mit vaterlichem Geld studieren beim zweiten Theodor war es aber nur noch mit Stipendium moglich Der dritte Sohn Walter Boveri konnte nicht mehr an der Universitat studieren er ging mit 17 Jahren an die Konigliche Industrieschule in Nurnberg Nach seinem Abschluss zog er mit 20 in die Schweiz wo er ein bekannter Industrieunternehmer wurde Die Firma Brown Boveri amp Cie sowie die Nachfolgerin Asea Brown Boveri ABB tragen seinen Namen Der jungste Bruder Robert wurde 1871 geboren Wohl weil Theodor junior wenige Jahre spater das elterliche Haus verliess schrieb Walter Boveri in einem Nachruf 1 auf Theodor dass dieser mit einem alteren und einem jungeren Bruder im elterlichen Haus erzogen wurde 1 2 3 Theodor Boveri ging in Bamberg zur Volksschule und in die ersten drei Klassen der Lateinschule Mit 13 Jahren besuchte er ab Oktober 1875 ein Realgymnasium in Nurnberg das er 1881 mit Auszeichnung absolvierte Der Vater meinte er sei zum Architekten oder Ingenieur bestimmt und diese Schulform bereite besser in dieser Richtung vor In Nurnberg lebte er bei der Familie von Robert Steuer einem Freund des Vaters und Grunder und Leiter der stadtischen Musikschule der Boveri auch Musikunterricht erteilte Fortan war Theodor nur noch in den Ferien bei seiner Familie die die Sommerferien regelmassig auf dem Landgut Hofen bei Bamberg verbrachte Er suchte diesen Ort bis an sein Lebensende immer wieder auf 2 1 Munchen Bearbeiten Studium Promotion Habilitation und Stipendien Bearbeiten Noch 1881 nahm Boveri an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen das Studium auf Er begann mit historisch philosophischen Studien Die formalen Voraussetzungen erfullte sein Abschluss am Realgymnasium jedoch nicht Die erforderlichen Lateinkenntnisse besass er schon aus Bamberger Zeiten Griechisch lernte er nun innerhalb von neun Monaten und bestand danach die humanistische Reifeprufung mit Auszeichnung Dadurch wurde er in das Maximilianeum aufgenommen eine bayerische staatliche Einrichtung zur Begabtenforderung die ihm mehrere Jahre freie Kost und Unterkunft gewahrte Dies machte ihn weniger abhangig von den schwieriger werdenden finanziellen Verhaltnissen seiner Eltern 4 Nach einem Semester historischer Studien wechselte Boveri zur Naturforschung und Medizin zuerst zur Anatomie Bei Karl Wilhelm von Kupffer arbeitete er zeitweise als Assistent wohl auch aus finanziellen Grunden Bei Kupffer entstand auch die 1885 bei der Philosophisch Naturwissenschaftlichen Fakultat eingereichte anatomisch histologische Doktorarbeit Beitrage zur Kenntnis der Nervenfasern Er wurde Doktor der Philosophie summa cum laude 4 2 Im Fruhling 1885 erhielt er von der philosophisch naturwissenschaftlichen Fakultat ein funfjahriges Lamont Stipendium das spater um zwei Jahre verlangert wurde Die nach dem Stifter Johann von Lamont benannten Stipendien sollten ab 1854 zur Heranbildung junger Gelehrter dienen die katholisch und geburtige Bayern waren 5 Das Stipendium erlaubte ihm die Assistenzstelle aufzugeben und sich ganz der Forschung zu widmen Er wechselte im Mai an das zoologische Institut zu Richard Hertwig der ihn in die Zellenlehre einfuhrte wenige Tage nachdem dieser nach Munchen gewechselt hatte Beeinflusst von der Arbeit von Edouard van Beneden uber Eizellen und deren Befruchtung begann Boveri mit seinen Arbeiten zu Chromosomen Schon vor Abgabe der Doktorarbeit begann eine lebenslange Freundschaft mit dem zwolf Jahre alteren August Pauly der im zoologischen Institut Assistent und Privatdozent war Ende November 1887 habilitierte sich Boveri fur Zoologie und vergleichende Anatomie Thema der Arbeit war Die Polkorper der Eizellen 6 4 2 Neapel und Amphioxus Bearbeiten nbsp Boveri 1889 zu seiner Munchner Zeit Von Januar bis Ende April 1888 und erneut im Fruhling 1889 besuchte Boveri die von Anton Dohrn gegrundete Zoologische Station Neapel wo er mit Seeigeleiern arbeitete Schon beim ersten Aufenthalt entdeckte er dass Ei und Samenzelle den gleichen Chromosomenbestand haben Beim zweiten Aufenthalt fuhrte er die Merogonie Experimente durch Weitere sieben Aufenthalte folgten in den Jahren bis 1914 7 1890 veroffentlichte er seine Entdeckung der Niere des Lanzettfischchens damals Amphioxus genannt eine Arbeit 8 die ihn davor schutzte als reiner Zellenspezialist angesehen zu werden 4 Krankheit private und berufliche Situation Berufung nach Wurzburg Bearbeiten 1890 begann fur Boveri eine schwere Krise Der Vater Theodor Boveri senior hatte hohe Schulden angehauft und war ernstlich krank geworden Da der Bruder Walter noch weiter vom heimatlichen Bamberg entfernt in der Schweiz lebte ubernahm der 27 jahrige Theodor Boveri junior die Verhandlungen mit den Glaubigern Durch Anstrengungen der beiden Sohne sowie durch das Entgegenkommen der Glaubiger konnte der Verlust des elterlichen Vermogens verhindert werden Jedoch wurde Theodor Boveri junior selbst krank Diagnostiziert wurde Grippe Influenza er selbst schrieb spater von einer schweren Neurasthenie Von Mitte 1890 bis Sommer 1891 war er arbeitsunfahig teilweise mit schweren Depressionen Nachdem er anfanglich noch die Vermogensverhaltnisse der Eltern in Bamberg geordnet hatte war er kurz in Munchen bevor er zur Kur nach Konstanz ging Wieder in Munchen erreichte ihn die Nachricht dass der Vater im Sterben lag und er kehrte Bamberg zuruck Nach der Beerdigung besuchte er in Konstanz eine Nervenanstalt Er bedauerte sehr dass es ihm wegen der Krankheit nicht moglich war im Februar an der Hochzeit des Bruders in der Schweiz teilzunehmen Vier Monate spater ging es ihm wieder besser wenngleich er krankheitsanfallig blieb Zum Wintersemester 1891 ging er wieder nach Munchen 4 1891 lief das Lamont Stipendium aus Am zoologischen Institut konnte er im Sommer bei Hertwig die Assistentenstelle antreten die zuvor Pauly innehatte Zwar hatte er sich zu diesem Zeitpunkt bereits eine internationale Reputation erworben die fur einen Assistenten ungewohnlich war eine bessere berufliche Moglichkeit ergab sich jedoch zunachst nicht Sein Ruf fuhrte aber dazu dass einige auslandische Gastwissenschaftler des Instituts bei ihm arbeiten wollten Darunter war der erste bekannte Zellbiologe der USA der sechs Jahre altere Edmund B Wilson mit dem sich eine dauerhafte Freundschaft entwickelte Trotz unsicherer Berufsaussichten lehnte Boveri eine Dozentur an der Clark University in den USA ab ebenso wie eine Adjunktenstelle an einem Munchner Museum die es ihm nicht erlaubt hatte seine Forschungsinteressen weiter zu verfolgen 4 Am 1 Januar 1893 erreichte ihn ein Brief des Wurzburger Botanik Professors Julius Sachs der ihn um sein Schriftenverzeichnis bat da er ihn beim Ministerium fur eine Professur in Wurzburg vorschlagen wollte Anfang Februar wurde er zu einem Vorstellungsgesprach beim Minister geladen 4 Er schrieb dazu an die Frau seines Bruders Walter Ich bin sonst gerade kein Optimist aber nach der ganzen Sachlage betrachte ich die Geschichte als gewonnen liess mir auch gleich fur die Vorstellung einen feinen Frack nebst Hose und Weste machen welche Errungenschaft mich sogar dazu verleitete seit 7 Jahren wieder einmal auf einen Ball zu gehen Die Stellung in Wurzburg ist in jeder Beziehung sehr angenehm besonders ist das Institut sehr schon und vorzuglich eingerichtet Theodor Boveri Brief an seine Schwagerin Victoire Boveri 4 Wurzburg Bearbeiten Start in Wurzburg Marcella I O Grady Bearbeiten nbsp nbsp Portrats von Theodor Boveri und seiner Frau Marcella geborene O Grady im Hochzeitsjahr 1897 Am 22 Marz 1893 wurde der Dreissigjahrige von der Universitat Wurzburg zum ordentlichen Professor fur Zoologie und vergleichende Anatomie ernannt und als Direktor des Zoologisch Zootomischen Instituts berufen 9 4 Trotz einiger Rufe an andere Orte blieb er bis zu seinem Tod in Wurzburg 2 Seine Forscherlaufbahn war damit finanziell abgesichert Jedoch litt er beim Amtsantritt erneut unter schwerer Neurasthenie so dass er sich Sorgen machte ob er seine neuen Pflichten erfullen konne Boveri ging mit Pauly einige Tage zum Starnberger See sudwestlich von Munchen wo Pauly Boveri auch eine Einfuhrung in die Insektenkunde gab ein Gebiet das Boveri im kommenden Semester unterrichten musste 4 1896 kam die US amerikanische Gastwissenschaftlerin Marcella O Grady nach Wurzburg um bei Boveri zu arbeiten Ein Jahr junger als Boveri war die Schulerin seines Freundes E B Wilson bereits Dozentin am Vassar College damals ein reines Frauencollege Obwohl Boveri das Frauenstudium ablehnte waren sich beide zugetan Boveri erlitt einen schweren Rheuma Anfall mit zeitweiser Lahmung des rechten Arms der ihn zu einem weiteren Krankenhausaufenthalt zwang 4 Er schrieb an seine Schwagerin Meine amerikanische Schulerin besuchte mich einige Male der Mama wird meine Freundschaft mit ihr bereits Besorgnis erregend Theodor Boveri Brief an seine Schwagerin Victoire Boveri 4 O Grady etablierte sich in den wissenschaftlichen Kreisen Wurzburgs Noch im Dezember 1896 wurde sie als erster weiblicher Gast in die Wurzburger Physikalisch Medizinische Gesellschaft aufgenommen der sowohl Boveri als auch Wilhelm Conrad Rontgen angehorten Nachdem das Ehepaar Rontgen die Forscherin regelmassig eingeladen hatte entwickelte sich zwischen den beiden Paaren eine dauerhafte Freundschaft 10 Im Juni 1897 schrieb Boveri an seine Schwagerin dass sie jetzt verlobt seien Die Hochzeit fand am 5 Oktober 1897 in Boston statt Zwei Biographen T Boveris Fritz Baltzer und Leopold von Ubisch die beide Assistenten bei Boveri waren berichten dass Frau Boveri aktiven Anteil beziehungsweise tatigen Anteil an den Arbeiten ihres Mannes nahm 11 Baltzer schreibt Ihre fruhere Untersuchungen gaben Frau Boveri Vertrautheit mit der Seeigelentwicklung und damit die Erfahrung die ihr als Mitarbeiterin ihres Mannes in Neapel bei zahlreichen gemeinsamen Arbeiten zugute kam Sie teilte dort sein Gluck und seine Genugtuung bei gelingenden wie seine Enttauschung bei fehlschlagenden Experimenten Fritz Baltzer Theodor Boveri 1962 S 25 Es gibt jedoch keine Veroffentlichungen mit beiden als Autoren der Anteil Frau Boveris ist nicht gewurdigt worden Es gibt uberhaupt nur eine Veroffentlichung aus ihrer Zeit in Deutschland Sie hatte im ersten Jahr in Wurzburg eine Dissertationsschrift angefertigt aber wegen ihrer Heirat auf Prufung und Promotion verzichtet Die Arbeit 12 wurde 1903 veroffentlicht 10 4 Das einzige Kind der Boveris die spatere Journalistin Margret Boveri wurde im Fruhjahr 1900 geboren 1910 starb Boveris Mutter 68 jahrig Boveri schrieb an eine ehemalige Schulerin dass ihn dies schwer getroffen habe und er sich auf einmal alt fuhle 4 Berufliche Situation Krankheit und Tod Bearbeiten nbsp Um 1907 Boveri in seinem Arbeitszimmer im Wurzburger Zoologischen Institut In der Wissenschaft war Boveri um die Jahrhundertwende beruhmt an der Universitat stieg er in der Hierarchie auf und wurde dadurch zunehmend mit Verwaltungsangelegenheiten betraut Er wurde Mitglied im Senat und im Verwaltungsausschuss und war mit Berufungen beauftragt Ihn erreichten mehrere Rufe an andere Universitaten 1911 uberlegte er nach Freiburg im Breisgau zu gehen entschied sich aber doch dagegen Kurz danach wurde ihm die Leitung eines neuen Kaiser Wilhelm Instituts fur Biologie in Berlin angeboten Er war hin und hergerissen ob er die Berufung annehmen oder doch lieber in Wurzburg bleiben sollte Wahrend der sich hinziehenden Verhandlungen schlug er 1912 eine Abteilungsstruktur sowie Abteilungsleiter Max Hartmann fur Protozoen Richard Goldschmidt fur Genetik Hans Spemann fur Entwicklungsphysiologie und Otto Warburg fur Biochemie vor die dann auch berufen wurden Zwei dieser damals noch jungen Forscher wurden spater Nobelpreistrager Fur seine Person lehnte er das Angebot schliesslich doch ab Mit ausschlaggebend war ein weiterer Krankheitsschub mit schwacher Lahmung der rechten Korperhalfte Er befurchtete dass sich sein Gesundheitszustand in Berlin noch weiter verschlechtern wurde 4 Boveri war weiter kranklich Im August 1915 wurden von Eugen Enderlen 13 die vereiterte Gallenblase und ein Gallenstein entfernt Im September schrieb er von Rippenfellentzundung und Fieber Er starb mit nur 53 Jahren am 15 Oktober 1915 2 Uber die zum Tod fuhrende Krankheit gibt es sehr unterschiedliche Angaben Sein Schuler und Biograph Baltzer schrieb 1962 Die Art der Krankheit blieb unsicher 14 Seine Frau nahm an dass es sich um Lungentuberkulose handelte Ferner wird berichtet Ferdinand Sauerbruch habe in Ferndiagnose eine Vergiftung mit Radium vermutet Das radioaktive Element wurde von Boveri in einigen seiner Versuche eingesetzt Anhand der in seinen Briefen beschriebenen Symptome wurde im 21 Jahrhundert medizinhistorisch die Diagnose gestellt Boveri sei an einem Befall mit Ascaris lumbricoides gestorben mit dem er experimentiert hatte 10 Zumindest dass er mit Ascaris infiziert war ist historisch gesichert auch wenn nicht sicher ist ob es die Todesursache war Er schrieb Vorgestern ist mir ein Ascaris lumbricoides Mannchen abgegangen mit einem so stark braun grun gefarbtem Darm dass ich den Verdacht habe die Bestie habe sich vielleicht in die Gallenwege verlaufen gehabt Gemein wenn die Viecher mit denen man sich beschaftigt hat sich nun mit einem selbst beschaftigen Theodor Boveri Brief an Spemann 2 Juli 1915 UB Wu NLB 15 10 Dass weder Baltzer noch Boveris Tochter die Ascaris Infektion erwahnt haben fuhrte einen spateren Biographen zu der Vermutung dass in deren Augen womoglich ein solch peinlicher Laborunfall dem Vater und grossen Biologen nicht gut angestanden hatten 10 Personlichkeit Bearbeiten nbsp Gemalde von Boveri Landschaft bei Ruhpolding Boveris Biographen beschreiben den Jugendlichen wie auch den Erwachsenen als einen Mann dem weniger die Gabe zur glanzenden Rede gegeben war als vielmehr die Kunst der uberzeugenden Diskussion Eine hohe Auffassungsgabe ermoglichte ihm das Wesentliche eines Sachverhaltes zu erkennen und dies pointiert darzustellen Ein Drang sich in den Mittelpunkt zu stellen war ihm fremd Boveri war nicht nur wissenschaftlich sondern auch musikalisch und kunstlerisch begabt Letzteres fand Niederschlag in vielen Bildern und Zeichnungen die er anfertigte nicht zuletzt Zeichnungen in seinen wissenschaftlichen Arbeiten 4 2 16 Werk BearbeitenBoveri untersuchte mit Hilfe des Lichtmikroskops die Vorgange bei der Befruchtung der tierischen Eizelle Seine bevorzugten Untersuchungsobjekte waren der Pferdespulwurm Ascaris megalocephala heute in die beiden Arten Parascaris equorum und Parascaris univalens aufgeteilt 17 von dem er in Wurzburg leicht grossere Mengen erhalten konnte und Seeigel Eier die er in der Zoologischen Station in Neapel zur Verfugung hatte 2 Die Vorzuge des Ascaris Eies beschreibt er wie folgt Allein fur denjenigen der fur den grossten Teil des Jahres sich nicht nur mitten im Land sich aufhalten sondern uberdies stets gewartig sein muss in der Verfolgung eines lebenden Objekts unterbrochen zu werden bilden die Ascaris Eier wegen ihrer Unempfindlichkeit und Anspruchslosigkeit ein unubertreffliches Material Die auf einen Objekttrager aufgestrichenen Eier kann man mindestens fur einige Monate trocken in einem kalten Raum aufbewahren ohne dass sie sich verandern Hat man Zeit an ihnen zu arbeiten so geschieht dies bei Zimmertemperatur wo sie sich langsam weiterentwickeln will man die Entwicklung fur einige Zeit beschleunigen so bringt man die Eier in den Warmeschrank muss man die Arbeit unterbrechen so versetzt man sie wieder auf beliebig lange Zeit in Kalte um sie bei der Fortsetzung der Arbeit ebenso wiederzufinden wie man sie verlassen hat Nimmt man hinzu dass sich das ganze Jahr hindurch unbegrenzte Mengen dieser Eier zur Verfugung halten lassen dass vieles was an anderen Keimen nur durch komplizierte Praparation ermittelt werden kann sich im Leben verfolgen lasst so sind dies Vorzuge die manche Nachteile aufwiegen Theodor Boveri Die Potenzen der Ascaris Blastomeren bei abgeanderter Furchung 1910 18 Centrosomen Bearbeiten Boveri und unabhangig davon Edouard van Beneden entdeckten die Bedeutung des Zentralkorperchens oder Centrosoms fur Bildung der Spindel bei der Zellkernteilung Mitose bei tierischen Zellen Am Seeigel Ei beobachtete Boveri dass das aktive Centrosom in der befruchteten Eizelle aus dem Mittelstuck des Spermiums stammt Dieses teilt sich und an den beiden Tochtercentrosomen bilden sich die Pole der ersten Teilungspindel aus Demnach gibt also ein Bestandteil des Spermiums das Signal zum Eintritt in die weitere Entwicklung 2 1887 publizierte er 1887 dass das vaterliche Centrosom die entscheidende Rolle fur alle folgenden Kernteilungen spielt das mutterliche Centrosom dagegen inaktiv sei 19 Konstante Chromosomenzahl Beitrag der Eltern Bearbeiten Er zeigte auch dass Spermienkerne und Eizellen einer Art jeweils die gleiche Anzahl von Chromosomen enthielten Eine wichtige Frage war ob die Chromosomen von Vater und Mutter fur die Entwicklung des neuen Organismus gleich wichtig seien Jacques Loeb hatte gezeigt dass sich auch unbefruchtete Seeigel Eier zu normalen Larven entwickeln konnen was gegen eine wichtige Rolle der vaterlichen Chromosomen zu sprechen schien Boveri demonstrierte jedoch dass auch unbefruchtete Eier denen der mutterliche Zellkern entfernt wurde und die mit einem Spermium befruchtet wurden zu einer normalen Larve auswachsen konnen Organismen die nur die Chromosomen aus dem Spermium enthielten wurden als Merogone bezeichnet Bei diesen Untersuchungen zeigte sich weiterhin dass die Grosse der Zellkerne und auch der Zelle von der Zahl der Chromosomensatze abhing stabile Kern Plasma Relation In einer Weiterfuhrung dieser Experimente nutzte er entkernte Eizellen und Spermien von verschiedenen Arten Er konnte kernlose und kernhaltige Eizellen jedoch nicht sauber auftrennen Nach Befruchtung erhielt er Larven die der vaterlichen Art entsprachen und Mischformen Er ging davon aus dass die rein vaterlichen aus den Eizellen ohne mutterlichen Kern entstanden die Mischformen aus solchen mit mutterlichen Kernen oder Kernanteilen Daher schloss er dass die Eigenschaften ausschliesslich vom Kern vererbt wurden Auf Grund der experimentellen Schwierigkeiten setzte sich diese Ansicht jedoch nicht allgemein durch Auch zeigte sich spater dass das einige Aspekte der Larven durchaus durch das Cytoplasma der Mutter beeinflusst werden 2 Chromosomenindividualitat Chromosomen und Krebs Bearbeiten Aufbauend auf der Erkenntnis von Carl Rabl dass Chromosomen auch zwischen zwei Kernteilungen im Zellkern vorhanden sind entwickelte er die Vorstellung der Chromosomenindividualitat also die Annahme dass Chromosomen ihre Individualitat und Verschiedenheit von anderen Chromosomen von Kernteilung zu Kernteilung beibehalten Diese Erkenntnis ist ein Grundpfeiler der Chromosentheorie der Vererbung Die Erforschung dieses Sachverhalts wurde dadurch erleichtert dass die beiden Unterarten von Ascaris nur zwei beziehungsweise vier grosse Chromosomen pro Zelle haben 20 Durch komplexe Versuche an Seeigeleiern konnte er weiterhin nachweisen dass die verschiedenen Chromosomen unterschiedliche Erbanlagen enthalten Auch schlug er einen Zusammenhang zwischen fehlgeleiteten Mitosen und Krebsbildung 21 vor eine Vermutung die von Medizinern zunachst abgelehnt wurde und sich erst viele Jahrzehnte spater bestatigen sollte 2 Diminution Bearbeiten Bei der Teilung von Zellen in einem Organismus erhalten im Regelfall beide Tochterzellen die gleiche Chromosomenausstattung wie sie die Mutterzelle hatte Es gibt aber Ausnahmen von dieser Regel und eine solche Ausnahme die als Diminution oder Chromatindiminution bezeichnet wird entdeckte Boveri am befruchteten Ascaris Ei Nur die Keimbahnzellen erhalten die vollstandige Chromosomenausstattung der befruchteten Eizelle Die zukunftigen somatischen Zellen oder Korperzellen bauen dagegen Teile der Chromosomen ab 2 Niere des Lanzettfischchens Bearbeiten Bei Amphioxus dem Lanzettfischchen entdeckte er die segmental angeordneten Nieren und leistete damit einen Beitrag zur Erforschung der Evolution der Wirbeltiere 2 Auszeichnungen und Ehrungen BearbeitenSeit 1903 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 22 1906 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg gewahlt 23 Ebenfalls Mitglied der Akademien in Berlin Kopenhagen Philadelphia und New York 24 Dr med h c der Universitat Marburg 24 1913 Bayerischer Maximiliansorden fur Wissenschaft und Kunst 1913 Wahl in die National Academy of SciencesLiteratur BearbeitenErinnerungen an Theodor Boveri Tubingen 1918 verschiedene Autoren Online Version an der Universitat Wurzburg Walter Ruhm Boveri Theodor Heinrich In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 493 f Digitalisat Fritz Baltzer Theodor Boveri Ein Wegbereiter der Vererbungs und Zellforschung In Forscher und Wissenschaftler im heutigen Europa 2 Mediziner Biologen Anthropologen Hrsg Hans Schwerte amp Wilhelm Spengler Reihe Gestalter unserer Zeit Bd 4 Stalling Oldenburg 1955 S 183 192 Die Hrsg waren SS Kader Fritz Baltzer Theodor Boveri Leben und Werk eines grossen Biologen 1862 1915 Grosse Naturforscher Band 25 Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft M B H Stuttgart 1962 194 S Margret Boveri Verzweigungen Eine Autobiographie Hrsg Uwe Johnson Piper Munchen 1977 Dort S 65 74 Amputationen I Der Vater ISBN 3 492 02309 6 Herbert A Neumann Vom Ascaris zum Tumor Leben und Werk des Biologen Theodor Boveri 1862 1915 Blackwell Berlin 1998 Ilse Jahn Boveri Theodor In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 202 Gerhard Krause Martin Lindauer Die Zoologie in Wurzburg vom Naturalien Kabinett des Pater Bonavita Blank bis zur Theorie der Chromosomenindividualitat von Theodor Boveri In Peter Baumgart Hrsg Vierhundert Jahre Universitat Wurzburg Eine Festschrift Degener amp Co Gerhard Gessner Neustadt an der Aisch 1982 Quellen und Beitrage zur Geschichte der Universitat Wurzburg Band 6 ISBN 3 7686 9062 8 S 629 636 hier 631 ff Bernd Krebs Beitrage zur Begriffsgeschichte der Nomenklatur der Zellenlehre bis zum Anfang des 20 Jahrhunderts Dissertationsschrift Ruhr Universitat Bochum Bochum 2013 S 38 40 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Theodor Boveri Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Biographie Memento vom 9 Juli 2013 im Internet Archive Theodor Boveri Institut der Universitat Wurzburg Developmental Biology Online Theodor Boveri Drei Originalarbeiten von Boveri auf www biolib de Zellen Studien 1888 Hier auch die erste Erwahnung des Begriffs Centrosoma Zellen Studien Heft 5 Ueber die Abhangigkeit der Kerngrosse und Zellenzahl der Seeigel Larven von der Chromosomenzahl der Ausgangszellen 1905 Zellen Studien Heft 6 Entwicklung dispermer Seeigel Eier Ein Beitrag zur Befruchtungslehre und zur Theorie des Kerns 1907 Theodor Boveri Die Blastomerenkerne von Ascaris megalocephala und die Theorie der Chromosomenindividualitat Archiv fur Zellforschung 3 181 268 1909 Ein Teilnachlass befindet sich in der Bayerischen StaatsbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b c Dr Walter Boveri Eltern und Kindheit In Erinnerungen an Theodor Boveri Verlag von J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1918 S 1 3 online an der Universitats Bibliothek Wurzburg a b c d e f g h i j k l m Leopold von Ubisch Theodor Boveri In Hugo Freund und Alexander Berg Hrsg Geschichte der Mikroskopie Leben und Werk grosser Forscher Band 1 Biologie Umschau Verlag Frankfurt am Main 1963 S 121 132 Herbert A Neumann Vom Ascaris zum Tumor Leben und Werk des Biologen Theodor Boveri 1862 1915 Blackwell Wissenschafts Verlag Berlin Wien 1988 ISBN 3 89412 384 2 S 64 65 250 S a b c d e f g h i j k l m n o p Fritz Baltzer Theodor Boveri Leben und Werk eines grossen Biologen 1862 1915 Grosse Naturforscher Band 25 Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft M B H Stuttgart 1962 194 S Neumann 1988 Seite 77 Boveri Theodor Zellenstudien I Die Bildung der Richtungskorper bei Ascaris megalocephala und Ascaris lumbricoides In Zeitschrift fur Naturwissenschaften 21 1887 S 423 515 Baltzer 1962 Seiten 15 16 und 71 Theodor Boveri Uber die Niere des Amphioxus In Sitz Ber d Ges f Morph u Phys Munchen Band 6 1890 Zitiert nach Baltzer 1962 Neumann Herbert A Vom Ascaris zum Tumor Blackwell Berlin 1998 Dort S 102 a b c d e Helga Satzinger Differenz und Vererbung Geschlechterordnungen in der Genetik und Hormonforschung 1890 1950 Bohlau Verlag Koln Weimar 2009 ISBN 978 3 412 20339 9 S 484 Seiten online bei Google Books Seite 59 64 Baltzer 1962 Seite 24 von Ubisch 1963 Seite 121 Marcella Boveri Uber Mitosen bei einseitiger Chromosomenbindung In Jen Zeitschr f Naturw Band 37 1903 S 401 445 Taf XXI XXIII Andreas Mettenleiter Das Juliusspital in Wurzburg Band III Medizingeschichte Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Wurzburg anlasslich der 425jahrigen Wiederkehr der Grundsteinlegung Stiftung Juliusspital Wurzburg Wurzburg 2001 ISBN 3 933964 04 0 S 187 Baltzer 1962 S 32 Neumann Herbert A Vom Ascaris zum Tumor Blackwell Berlin 1998 Dort S 222 225 General Hermann Beeg Munchen Theodor Boveri in seiner Jugend Entwicklung In Erinnerungen an Theodor Boveri Verlag von J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1918 S 4 11 online an der Universitats Bibliothek Wurzburg Hermann Beeg war ein Schulfreund Boveris C Goday S Pimpinelli Chromosome organization and heterochromatin elimination in parascaris In Science Band 224 Nummer 4647 April 1984 S 411 413 doi 10 1126 science 224 4647 411 PMID 17741221 Theodor Boveri Die Potenzen der Ascaris Blastomeren bei abgeanderter Furchung In Festschrift zum sechzigsten Geburtstag Richard Hertwigs Band III Verlag von Gustav Fischer Jena 1910 S 133 214 Mit 6 Tafeln und 24 Textfiguren Thomas Cremer Von der Zellenlehre zur Chromosomentheorie Springer Verlag Berlin Heidelberg New York Tokyo 1985 ISBN 3 540 13987 7 S 109 Thomas Cremer Von der Zellenlehre zur Chromosomentheorie Springer Verlag Berlin Heidelberg New York Tokyo 1985 ISBN 3 540 13987 7 S 155 Theodor Boveri Zur Frage der Entstehung maligner Tumoren Jena 1914 Mitgliedseintrag von Theodor Boveri bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften abgerufen am 26 Dezember 2016 Auslandische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724 Theodor Boveri Russische Akademie der Wissenschaften abgerufen am 2 August 2015 englisch a b Walter Ruhm Boveri Theodor Heinrich In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 493 f Digitalisat Normdaten Person GND 118662449 lobid OGND AKS LCCN n90723777 VIAF 32790241 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Boveri TheodorALTERNATIVNAMEN Boveri Theodor HeinrichKURZBESCHREIBUNG deutscher BiologeGEBURTSDATUM 12 Oktober 1862GEBURTSORT BambergSTERBEDATUM 15 Oktober 1915STERBEORT Wurzburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Theodor Boveri Mediziner amp oldid 236161358