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Oscar Wilhelm August Hertwig oder Oskar Hertwig 21 April 1849 in Friedberg Hessen 25 Oktober 1922 in Berlin war ein deutscher Anatom Zoologe und Entwicklungsbiologe Mit seinem Lehrbuch Allgemeine Biologie eroffnete er eine Denkrichtung in der Biologie in der nicht mehr die Vielfalt der Formen und Prozesse sondern die gemeinsamen Kennzeichen alles Lebendigen im Vordergrund standen Oscar Hertwig 1906 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Befruchtung des Seeigel Eis 2 2 Hertwigsche Epithelscheide 2 3 Coelomtheorie 3 Gegner des Sozialdarwinismus 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Tafel fur Oscar Hertwig in Jena Teichgraben 7Oscar Hertwig kam als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns zur Welt Kurz nach der Geburt zogen die Eltern nach Muhlhausen Thuringen um wo Oscar mit seinem jungeren Bruder Richard Hertwig Schule und Gymnasium besuchte sowie 1868 das Abitur ablegte Beide Bruder gingen 1868 an die Universitat Jena um bei Ernst Haeckel das Medizinstudium aufzunehmen Mit ihm fuhren sie auch auf Exkursionen mindestens einmal nach Dalmatien 1869 kam es zu einem Auslandssemester in Zurich 1870 bestanden beide das Physikum bei Haeckel 1 Ab 1871 fuhrten beide ihre Studien bei Max Schultze in Bonn fort bei dem sie zu Dres med promoviert wurden Oscars Promotionsarbeit von 1872 trug den Titel Uber die Entwicklung und den Bau des elastischen Gewebes im Netzknorpel Die Arbeiten beider Bruder erschienen im gleichen Band des von Schultze herausgegebenen Archiv fur mikroskopische Anatomie Beide wurden anschliessend Assistenten am Anatomischen Institut in Bonn und bestanden dort 1873 ihr medizinisches Staatsexamen 1874 starb Schultze plotzlich und 1875 begleiteten beide Bruder wieder Haeckel auf einer grossen Forschungsreise ans Mittelmeer Dort fuhrte Oscar Hertwig Untersuchungen zum von ihm beobachteten Befruchtungsvorgang 2 an Seeigel Eiern durch welche die Grundlage fur seine Habilitation in Jena im Jahr 1875 wurden 1 Dank finanzieller Unterstutzung durch die Eltern war es den Brudern moglich einige Jahre als freie Forscher zu arbeiten Zusammen wurden sie am 28 Januar 1881 zu Mitgliedern der Leopoldina gewahlt 3 Noch im gleichen Jahr wurde Hertwig 1881 zum ordentlichen Professor fur Anatomie an der Universitat Jena berufen Ebenfalls 1881 erschien Die Coelomtheorie eine Gemeinschaftsarbeit der Bruder 1 nbsp Abbildung im Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere Achte umgearbeitete und erweiterte Auflage 1906 Die in der Bildunterschrift als Keimblaschen bezeichneten Objekte sind Zellkerne des Ovarialeies Triton ist der historische Name der Molch Gattung Triturus Die in Figur 5 dargestellte Struktur wird nach heutiger Terminologie Lampenbursten chromosom genannt 1888 ging er als Grundungsdirektor des Anatomisch Biologischen Instituts nach Berlin wo er bis zu seinem Tod blieb Ab 1889 war er Mitglied in der Preussischen Akademie der Wissenschaften 1894 95 sowie 1908 09 Dekan der medizinischen Fakultat und 1904 05 Rektor der Universitat 1911 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Gottinger Akademie der Wissenschaften gewahlt 4 Er wurde am 1 April 1921 emeritiert 1 Nach dem Ersten Weltkrieg wohnte er in Grunewald in der Wangenheimstrasse 28 5 Oscar Hertwig hatte nur wenige Schuler und Doktoranden errang aber uber seine Lehrbucher und Monografien einen grossen Einfluss auf die deutsche Biologie Seine Kinder waren die Zoologin Paula Hertwig und der Anatom Gunther Hertwig Werk BearbeitenBefruchtung des Seeigel Eis Bearbeiten Auf der Reise von 1875 beobachtete Hertwig erstmals am nahezu durchsichtigen Seeigel Ei in seinen einzelnen Stadien unterm Mikroskop die Befruchtung einer weiblichen Eizelle durch eine mannliche Samenzelle Noch im selben Jahr habilitierte er sich in Jena fur Anatomie und Entwicklungsgeschichte uber die Befruchtung des tierischen Eis Spater erforschte er den Befruchtungsprozess noch genauer wobei er seine mikroskopischen Praparate mit Osmiumtetroxid fixierte Er konnte zeigen dass bei der Befruchtung die Kerne beider Keimzellen erhalten bleiben und spater zum Synkarion verschmelzen Es kommt also nicht zu einer Neubildung des Zellkerns wie lange Zeit etwa von Eduard Strasburger behauptet wurde Die Chromosomen hielt er fur die Trager der Erbanlagen Hertwigsche Epithelscheide Bearbeiten Die Hertwig Epithelscheide HES der Bereich der Umschlagfalte zwischen innerem und ausserem Schmelzepithel des Zahnschmelzorgans Organon enameleum wurde nach ihrem Entdecker Oscar Hertwig benannt der sie 1874 an Amphibien entdeckte 6 7 Coelomtheorie Bearbeiten In den Jahren nach 1875 konnte Oscar Hertwig durch kein Amt behindert haufig gemeinsam mit seinem Bruder forschen Sie arbeiteten uber das Nervensystem und die Sinnesorgane der Hohltiere und verfolgten das Schicksal der einzelnen Keimblatter 1881 publizierten sie ihre Coelomtheorie wonach sich bei vielen Tieren aus der Gastrula durch Abfaltung des Mesoderms aus dem Entoderm eine Coelomlarve entwickelt Gegner des Sozialdarwinismus BearbeitenHertwig distanzierte sich vom Vitalismus ebenso wie von einem unreflektierten Physikalismus und dem Einfluss des Atomismus auf die Zellulartheorie Trotzdem stempelte ihn sein Lehrer Ernst Haeckel als Vitalisten ab weil er sich kritisch uber dessen deterministische Selektionstheorie das biogenetische Grundgesetz und den Monismus geaussert hatte Hertwig brach alle Beziehungen zu Haeckel ab wahrend sein Bruder Richard ihm freundschaftlich verbunden blieb In seinen letzten Werken Zur Abwehr des ethischen des sozialen des politischen Darwinismus und Der Staat als Organismus wandte er sich gegen den zunehmenden Sozialdarwinismus Schriften BearbeitenDas Problem der Befruchtung und der Isotropie des Eies Eine Theorie der Vererbung Gustav Fischer Jena 1884 Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere Gustav Fischer Jena 1886 1 Auflage bis 1915 10 Auflage Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere 5 Auflage Gustav Fischer Jena 1896 Digitalisat Zeit und Streitfragen der Biologie 1894 Neuausgabe 2016 ISBN 9783741153792 Die Lehre vom Organismus und ihre Beziehung zur Socialwissenschaft Rede zur Feier des Geburtstages Seiner Majestats des Keisers und Konigs in der Aula der Koniglichen Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin am 27 Januar 1899 W Buxenstein Berlin 1899 Ueber eine Methode Froscheier am Beginn ihrer Entwicklung im Raume so zu orientieren dass sich die Richtung ihrer Teilebenen und ihr Kopf und Schwanzende bestimmen lasst In Denkschriften der Medizinisch Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena 11 Festschrift zum siebzigsten Geburtstage von Ernst Haeckel Herausgegeben von seinen Schulern und Freunden Fischer Jena 1904 S 17 30 Digitalisat Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwickelungsgeschichte der Wirbeltiere Erster Band Erster Teil Erste Halfte Gustav Fischer Jena 1906 Digitalisat Der Kampf um Kernfragen der Entwicklungs und Vererbungslehre Gustav Fischer Jena 1909 Digitalisat Das Werden der Organismen Zur Widerlegung von Darwin s Zufallstheorie durch das Gesetz in der Entwicklung Gustav Fischer Jena 1916 1 Auflage 1918 2 Auflage Digitalisat 1922 3 Auflage Digitalisat Allgemeine Biologie Zweite Auflage des Lehrbuchs Die Zelle und die Gewebe Gustav Fischer Jena 1906 Die Elemente der Entwicklungslehre des Menschen und der Wirbeltiere Anleitung und Repetitorium fur Studierende und Arzte 5 Aufl Jena Fischer 1915 Digitalisierte Ausgabe der Universitats und Landesbibliothek Dusseldorf Zur Abwehr des ethischen des sozialen des politischen Darwinismus Gustav Fischer Jena 1918 Online Ausgabe von 1921 Der Staat als Organismus Gedanken zur Entwicklung der Menschheit Gustav Fischer Jena 1922 Literatur BearbeitenGeorg Uschmann Hertwig Oscar Wilhelm August In Neue Deutsche Biographie NDB Band 8 Duncker amp Humblot Berlin 1969 ISBN 3 428 00189 3 S 706 f Digitalisat Paul Weindling Darwinism and Social Darwinism The Contribution of the Cell Biologist Oscar Hertwig 1849 1922 Stuttgart und New York Gustav Fischer Verlag 1991 ISBN 3 437 11305 4 Gunther Wagner und Karl Heinz Reiche Der Anatom Oscar Hertwig 1849 1922 Lebensbild und Verdienste in Forschung und Lehrer in Christian Fleck Volker Hesse Gunther Wagner Hrsg Wegbereiter der modernen Medizin Jenaer Mediziner aus drei Jahrhunderten Von Loder und Hufeland zu Rossle und Brednow Verlag Dr Bussert amp Stadeler Jena Quedlinburg 2004 ISBN 3 932906 43 8 S 183 204 Barbara I Tshisuaka Oskar Hertwig in Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte Verlag Walter de Gruyter Berlin 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 580 Heinz Penzlin Oscar Hertwig legt den Grundstein zu einer Allgemeinen Biologie Biologie in unserer Zeit 40 2010 S 280 282 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Oscar Hertwig Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Oscar Hertwig Quellen und Volltexte Literatur von und uber Oscar Hertwig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Die ersten Kapitel aus O Hertwigs Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere 1906 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Gunter Tembrock Oscar Hertwig In Hugo Freund un Alexander Berg Hrsg Geschichte der Mikroskopie Leben und Werk grosser Forscher Band 1 Biologie Umschau Verlag Frankfurt am Main 1963 S 207 215 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 41 Mitgliedseintrag von Oscar Hertwig bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina abgerufen am 11 Juli 2022 Holger Krahnke Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 1751 2001 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Bd 246 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Mathematisch Physikalische Klasse Folge 3 Bd 50 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2001 ISBN 3 525 82516 1 S 112 Berliner Adressbuch von 1920 S 1042 In derselben Strasse wohnten in diesem Jahr Max Planck Wangenheimstrasse 21 und Karl Bonhoeffer Wangenheimstrasse 14 X Luan Y Ito T G Diekwisch Evolution and development of Hertwig s epithelial root sheath In Developmental Dynamics Band 235 Nummer 5 Mai 2006 S 1167 1180 ISSN 1058 8388 doi 10 1002 dvdy 20674 PMID 16450392 PMC 2734338 freier Volltext Review O Hertwig Uber das Zahnsystem der Amphibien und seine Bedeutung fur die Genese des Skeletts der Mundhohle Arch Mikrosk Anat EntwMech 11 suppl 55 56 1847 Normdaten Person GND 118703919 lobid OGND AKS LCCN n85356422 VIAF 64802006 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hertwig OscarALTERNATIVNAMEN Hertwig Oscar Wilhelm August vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Zoologe und AnatomGEBURTSDATUM 21 April 1849GEBURTSORT Friedberg Hessen STERBEDATUM 25 Oktober 1922STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oscar Hertwig amp oldid 238011228