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Carl Wilhelm von Nageli oder Karl Nageli 27 Marz 1817 in Kilchberg 10 Mai 1891 in Munchen war ein Schweizer Botaniker und Zellforscher Sein offizielles botanisches Autorenkurzel lautet Nageli Carl Wilhelm von Nageli Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen 3 Forschung 4 Schriften Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNageli wurde als Sohn eines Arztes geboren Er studierte in Zurich ab 1836 Medizin wechselte jedoch bald zur Botanik und studierte unter anderem bei Lorenz Oken und Oswald Heer Ab 1839 studierte er an der Universitat Genf bei Alphonse Louis Pierre Pyrame de Candolle Er wurde 1840 in Zurich mit einer Arbeit uber Die Cirsien der Schweiz zum Dr phil promoviert Nachdem er 1841 zunachst in Berlin studiert hatte arbeitete er ab 1842 bei Matthias Schleiden an der Universitat Jena 1849 wurde Nageli zum ausserordentlichen Professor an die Universitat Zurich berufen und erhielt 1852 einen Ruf auf den Lehrstuhl fur Botanik an der Universitat Freiburg im Breisgau Dort wirkte er bis 1856 und war anschliessend Professor fur Allgemeine Botanik am Eidgenossischen Polytechnikum der Vorgangerin der ETH Zurich und zugleich an der Universitat Zurich Die langste Zeit seines akademischen Wirkens verbrachte Nageli an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen wo er von 1857 bis zu seiner Emeritierung 1889 als Professor fur Allgemeine Botanik und Mikroskopie arbeitete Er war Mitglied der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Arzte 1 Seit 1862 war er ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1877 wurde er zum auswartigen Mitglied der Gottinger Akademie der Wissenschaften gewahlt 2 Seit 1865 war er korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften 3 1878 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences aufgenommen Carl Wilhelm von Nageli gehorte zu den bedeutenden Botanikern des 19 Jahrhunderts In der Zeit seines Wirkens veranderte sich die Biologie entscheidend Matthias Schleiden und Theodor Schwann bewiesen dass sich alle Organismen aus Zellen aufbauen und entwickeln Charles Darwin formulierte seine Deszendenztheorie Mit Hilfe mikroskopischer biochemischer und biophysikalischer Methoden wurden neue Einsichten in Strukturen und Funktionen von Zelle und Gewebe gewonnen Damit war es moglich viele Vorgange in der Natur auf naturliche Ursachen zuruckzufuhren Die bis dahin verbreiteten naturphilosophisch spekulativen Theorien unter anderem auch von Nagelis Lehrer Lorenz Oken verloren ihren Einfluss auf das biologische Denken Die grosse Bedeutung von Carl Wilhelm von Nageli fur die weitere Entwicklung der gesamten Botanik belegen die zahlreichen Schuler die spater auf verschiedensten Feldern beruhmte Forscher wurden Der Algenforscher Karl Eduard Cramer 1831 1901 der Begrunder der Anatomie der Moose Paul Gunther Lorentz 1835 1881 Hubert Leitgeb 1835 1888 der die Entwicklung der Lebermoose erforschte Simon Schwendener der als Begrunder der physiologischen Anatomie beruhmt wurde Carl Prantl der Farnforscher Julius Oscar Brefeld der den Entwicklungsgang vieler Pilze aufklarte sowie Carl Correns einer der Mitbegrunder der Vererbungslehre Auch Anton Rehmann studierte fur seine Habilitation bei Nageli Pflanzenanatomie Ehrungen BearbeitenZu Ehren von Nageli wurde am 8 Februar 1955 in Koln eine Strasse nahe der Kolner Flora nach ihm benannt 4 Auch die Pflanzengattungen Naegelia Zoll amp Moritzi aus der Familie der Kreuzdorngewachse Rhamnaceae und die Algengattung Naegeliella Schroet sind nach ihm benannt 5 Forschung BearbeitenCarl Wilhelm von Nageli schrieb bereits im Alter von 25 Jahren eine Arbeit uber die Bildung von Pollen und beschrieb die Zellteilung mit grosser Genauigkeit Die von ihm beschriebenen transitorischen Zytoblasten wurden spater als Chromosomen identifiziert Weiter untersuchte er den Prozess der Osmose in einzelligen Algen Zusammen mit Hugo von Mohl unterschied er als erster Botaniker die pflanzliche Zellwand vom Inneren der Pflanzenzelle und erklarte deren Wachstum durch Intussusception Einlagerung Er beschrieb erstmals Bau und Funktion der Spermatozoide bei den Kryptogamen und untersuchte die Bedeutung niederer Pilze fur die Entstehung von Infektionskrankheiten Zum bleibenden wissenschaftlichen Bestand der Botanik wurde die mit Albert Peter gemeinsam verfasste Monographie Die Hieracien Mitteleuropas 1885 bis 1889 Besonders intensiv beschaftigte sich Nageli mit der Mikroskopie uber die er zusammen mit Simon Schwendener 1865 Das Mikroskop Theorie und Anwendung desselben schrieb Daruber hinaus stellt er in seinem Handbuch der Mikroskopie unter anderem die erste umfassende Darstellung der Polarisationsoptik nebst ihrer Anwendung auf pflanzliche Objekte dar Nagelis genetische und zytologische Forschungen fuhrten ihn zur Erkenntnis dass bei der Fortpflanzung des Organismus die Gesamtheit seiner Eigenschaften als Idioplasma vererbt wird Er fuhrte den Begriff des Idioplasma in die Botanik ein Dieses Idioplasma sollte derjenige Plasmaanteil des Protoplasten sein der die wirklichen Anlagen heute wurden wir sagen den Genotyp enthalt Nageli schreibt dazu In jeder Keimzelle sind die Merkmale aller Vorfahren als Anlagen eingeschlossen Mit seiner Micellartheorie als Mizellartheorie des Protoplasmas auch 1877 publiziert 6 stellte er 1858 eine Hypothese uber die submikroskopische Architektur von optisch anisotrop erscheinenden Biostrukturen vor und pragte den Begriff Meristem Er postulierte dabei dass samtliche Plasmasubstanzen aus den verschiedenen Modificationen der Albuminate bestunden Deren Molekule sollten danach zu krystallinischen Molekulgruppen vereinigt in loslicher und unloslicher Form gemengt eine meist halbflussige schleimartige Masse bilden Weiter Im befeuchteten Zustande ist jedes mit einer Hulle von Wasser umgeben im trockenen Zustande beruhren sie sich gegenseitig Die Molekulgruppen von denen er annahm dass sie 72 C Atome enthielten nannte er Micellen vgl Mizelle Diese Hypothese hat sich in vielen Punkten als zutreffend erwiesen zum Beispiel hinsichtlich der Kristallinitat der Cellulosefibrillen und der Amorphie und starken Quellbarkeit der Intermicellarsubstanz die der heute bekannten Zellwand Grundsubstanz entspricht In dem Werk Mechanisch physiologische Theorie der Abstammungslehre 1884 legte Nageli seine evolutionsbiologischen Ansichten nieder Nageli war schon vor Kenntnisnahme des Werkes von Darwin von einer naturlichen Entwicklung der Arten Evolution uberzeugt so in seiner Schrift Die Individualitat in der Natur von 1856 7 dem Erscheinen von Darwins Entstehung der Arten 1859 setzte er sich intensiv mit der Deszendenzlehre auseinander stimmte ihr auch zu fand aber Darwins Deutung wie dieser selbst der umformenden Einwirkung der Umwelt auf den Organismus unbefriedigend und postulierte ein Zwischen Agens das Idioplasma s o so dass die Selektion auf durch innere Ursachen gestaltete Individuen wirken konnte eine logische Vorwegnahme der spateren Erbsubstanz Allerdings erkannte Nageli die Bedeutung der Arbeiten von Gregor Mendel diesbezuglich nicht Dieser hatte ihm 1866 einen der 40 Sonderdrucke seiner Versuche uber Pflanzen Hybriden geschickt deren Ergebnisse Nagelis Theorien widersprachen weil N noch nicht mit distinkten Genen rechnete In einem Begleitbrief erwahnte Mendel seine Bastardierungsversuche mit Habichtskrautern Hieracium die Nageli besonders gut kannte Offenbar schatzte Nageli den Wert von Mendels Untersuchungen gering weil sie von einem Praktiker stammten Praktiker verliessen sich seiner Ansicht nach auf die Erfahrung ohne deren Richtigkeit zu uberprufen was ja nur durch den wissenschaftlichen Versuch der mit dem sogenannten Versuch der Praktiker nichts gemein hat Nageli 1877 moglich sei Nageli unternahm selbst umfangreiche Kreuzungsexperimente mit Hieracium zur Uberprufung der Abstammungslehre Nageli war zusammen mit anderen Forschern seiner Zeit ein Verfechter des Pleomorphismus Konzepts das in der Folgezeit an Bedeutung verlor Er meinte etwa im Gegensatz zu Robert Koch beobachtet zu haben dass Bakterien durch Zerfall und Neu Zusammentreten der Teile zu anderen Arten werden konnten Auf Nageli geht auch der Begriff der Oligodynamie zuruck der eine schadigende Wirkung von Metall Kationen positiv elektrisch geladene Metallionen insbesondere von Schwermetallen auf lebende Zellen beschreibt Schriften Auswahl BearbeitenZur Entwicklungsgeschichte des Pollens bei den Phanerogamen Orell Fussli und Comp Zurich 1842 Google Books Die Individualitat in der Natur mit vorzuglicher Berucksichtigung des Pflanzenreiches Meter amp Zeller Zurich 1856 Google Books Das Wachsthum des Stammes und der Wurzel bei den Gefasspflanzen und die Anordnung der Gefassstrange im Stengel In Beitrage zur Wissenschaftlichen Botanik 1 Wilhelm Engelmann Leipzig 1858 Google Books Entstehung und Begriff der Naturhistorischen Art Munchen 1865 Archive mit Simon Schwendener Das Mikroskop Theorie und Anwendung desselben Wilhelm Engelmann Leipzig 1867 Archive Theorie der Garung ein Beitrag zur Molekularphysiologie R Oldenbourg Munchen 1879 Archive Mechanisch physiologische Theorie der Abstammungslehre R Oldenbourg Munchen und Leipzig 1884 Archive mit Albert Peter Die Hieracien Mittel Europas Monographische Bearbeitung der Piloselloiden mit besonderer Berucksichtigung der mitteleuropaischen Sippen R Oldenbourg Munchen 1885 Archive Literatur BearbeitenKarl Eduard Cramer Leben und Wirken von Carl Wilhelm von Nageli Professor der Botanik in Munchen Ehrenmitglied der Zurcher und Schweiz Naturforschenden Gesellschaft etc Gest 10 Mai 1891 Verlag Zurich F Schulthess 1896 Brigitte Hoppe Nageli Carl Wilhelm von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 18 Duncker amp Humblot Berlin 1997 ISBN 3 428 00199 0 S 702 704 Digitalisat Ilse Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 neubearb und erw Auflage Nikol Hamburg 2004 ISBN 3 937872 01 9 Karl Magdefrau Geschichte der Botanik Leben und Leistung grosser Forscher 2 Auflage G Fischer Stuttgart 1992 ISBN 3 437 20489 0 Erwin Neuenschwander Nageli Carl Wilhelm von In Historisches Lexikon der Schweiz Ernst Wunschmann Nageli Carl von In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 52 Duncker amp Humblot Leipzig 1906 S 573 582 Thomas Junker Charles Darwin Carl Nageli und das Ratsel der neutralen Merkmale in Jurg Stocklin und Ekkehard Hoxtermann Hrsg Darwin und die Botanik Beitrage eines Symposiums der Schweizerischen Botanischen Gesellschaft und der Basler Botanischen Gesellschaft zum Darwin Jahr 2009 Rangsdorf Basilisken Presse 2009 S 192 211 Online Homepage von Junker Thomas Junker Carl Nageli und der Anti Darwinismus Von der Vervollkommnungstheorie zur Makroevolution in Pratum floridum Festschrift fur Brigitte Hoppe Hrsg Menso Folkerts Stefan Kirschner und Andreas Kuhne Algorismus Heft 38 Augsburg Rauner 2002 S 205 19 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Karl Wilhelm von Nageli Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Autoreintrag und Liste der beschriebenen Pflanzennamen fur Carl Wilhelm von Nageli beim IPNI 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Nachruf von Carl Wilhelm von Naegeli PDF Abgerufen am 17 Februar 2017 Korrespondierende Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724 Nyogeli Karl Vilgelm Nageli Carl Wilhelm Russische Akademie der Wissenschaften abgerufen am 17 November 2021 russisch Rudiger Schunemann Steffen Kolner Strassennamen Lexikon Jorg Rushu Selbstverlag Koln 2006 S 381 Lotte Burkhardt Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen Erweiterte Edition Teil I und II Botanic Garden and Botanical Museum Berlin Freie Universitat Berlin Berlin 2018 ISBN 978 3 946292 26 5 doi 10 3372 epolist2018 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 41 Iltis Johann Gregor Mendel Springer 1924 S 126Normdaten Person GND 115774874 lobid OGND AKS LCCN n86814754 VIAF 47499711 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Nageli Carl Wilhelm vonKURZBESCHREIBUNG Schweizer BotanikerGEBURTSDATUM 27 Marz 1817GEBURTSORT Kilchberg bei ZurichSTERBEDATUM 10 Mai 1891STERBEORT Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Carl Wilhelm von Nageli amp oldid 233335788