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Superweiche Rontgenquelle englisch Super Soft X Ray Source SSS bezeichnet ein astronomisches Objekt dessen elektromagnetische Strahlung uberwiegend im Bereich der weichen Rontgenstrahlung von 0 1 bis 2 5 keV emittiert wird Die meisten SSS sind in extragalaktischen Systemen nachgewiesen worden da innerhalb der Milchstrasse die niederenergetische Rontgenstrahlung von interstellarer Materie absorbiert wird Obwohl nur einige Dutzend Quellen in der Milchstrasse bekannt sind wird ihre Gesamtzahl auf einige Tausend hochgerechnet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Eigenschaften 2 Veranderlichkeit 3 Novaausbruche 4 SSS als Vorlaufer von Supernovae vom Typ Ia 5 Weitere Quellen extrem weicher Rontgenstrahlung 6 Beispiele 7 EinzelnachweiseGeschichte und Eigenschaften BearbeitenErstmals beschrieben wurden die Super Soft X Ray Sources im Jahre 1991 nach einer Analyse von ROSAT Daten der Grossen Magellanschen Wolke 2 Die Rontgenleuchtkraft der SSS kann mit bis zu 1038 erg pro Sekunde die Eddington Grenze erreichen dabei sind ihre Rontgenspektren mit einer Energie von 20 bis 100 eV extrem weich Dies entspricht einer Schwarzkorpertemperatur von 105 bis 106 Kelvin und ist um zwei Grossenordnungen geringer als bei anderen Rontgendoppelsternen Aus der Rontgenleuchtkraft ihrer Entfernung und der Schwarzkorpertemperatur konnte der Radius der Super Soft X Ray Sources als charakteristisch fur Weisse Zwerge berechnet werden Die Spektren der SSS werden so gedeutet dass auf der Oberflache der Weissen Zwerge ein stetiges oder zyklisches Wasserstoffbrennen in einer fur Rontgenstrahlen optisch dicken Schicht stattfindet 3 Dazu wird ein Materieeinstrom auf den Weissen Zwerg von circa 10 7 Sonnenmassen pro Jahr benotigt der in den meisten Fallen von einem Begleiter auf den kompakten Stern transferiert wird Die Masse des Begleitsterns ist in den meisten Fallen mindestens so gross wie die des akkretierenden Weissen Zwergs Diese Eigenschaft unterscheidet Super Soft X Ray Sources von den eng verwandten Rontgendoppelsternen und kataklysmischen Veranderlichen 4 Veranderlichkeit BearbeitenEinige superweiche Rontgenquellen verbleiben fur einen langen Zeitraum im Zustand des Wasserstoffbrennens auf der Oberflache des Weissen Zwerges So hat sich um die Rontgenquelle CAL 87 ein Emissionsnebel aus ionisierter Materie gebildet dessen Entstehung beim jetzigen Strahlungsniveau um die 10 000 Jahre gedauert hatte 5 Daneben sind SSS haufig veranderlich sowohl im optischen als auch im Rontgenbereich Dabei sind diese beiden Spektralbereiche antikorreliert wenn die Rontgenhelligkeit im Maximum ist zeigt das System eine niedrige visuelle Helligkeit und umgekehrt Der Wechsel in den entgegengesetzten Zustand dauert nur wenige Tage Diese Wechsel erfolgen zyklisch in einer Grossenordnung von 100 Tagen Die Helligkeitswechsel werden mit einer Anderung der Massentransferrate vom Begleiter auf den Weissen Zwerg in Verbindung gebracht und gelten als ein Anzeichen fur die Doppelsternnatur der SSS Mit der Veranderlichkeit der Massentransferrate andert sich auch der Radius der Photosphare um den Weissen Zwerg wodurch die Strahlung uberwiegend im extremen Ultraviolett emittiert und durch interstellares Gas absorbiert wird 6 Die Doppelsternsysteme sind als Rontgendoppelsterne kataklysmische Veranderliche und symbiotische Sterne klassifiziert worden Superweiche Rontgenquellen in kataklysmischen Doppelsternen wurden unabhangig als V Sagittae Sterne klassifiziert anhand ihrer Eigenschaften im optischen Spektrum Es handelt sich um halbgetrennte Systeme mit einem massereichen Weissen Zwerg von 0 7 bis 1 2 Sonnenmassen der mit einem Hauptreihenstern oder Unterriesen um den gemeinsamen Schwerpunkt kreist Die Akkretionsrate ist mit 10 7 bis 10 5 Sonnenmassen pro Jahr sehr hoch nahe der Eddington Grenze Durch das Wasserstoffbrennen auf der Oberflache des Weissen Zwerges entsteht ein Sternwind mit einer Abstromrate von bis zu 10 7 Sonnenmassen pro Jahr Dieser Wind fuhrt an der Oberflache der Akkretionsscheibe zu einer Kelvin Helmholtz Instabilitat mit dem Ergebnis dass die Oberflachenschicht abgetragen wird Nach einiger Zeit wird durch diesen Prozess die gesamte weiche Rontgenstrahlung absorbiert und der Sternwind gewinnt zusatzliche Energie Der Sternwind trifft auf den Begleitstern und dies fuhrt zu einer Erodierung seiner ausseren Atmosphare Die Ausdehnung des Begleitsterns sinkt unter die Roche Grenze und dadurch endet der Materiestrom zum Weissen Zwerg Die Super Soft X Ray Source wird wieder transparent und der ca alle 100 Tage laufende Zyklus des An und Aus der Rontgenstrahlung beginnt von vorne 7 Neben Roten Zwergen oder spaten Unterriesen konnen auch fruhe Sterne wie die Be Sterne Materie auf den Weissen Zwerg transferieren Dies geschieht nicht durch ein Uberschreiten der Roche Grenze im Doppelsternsystem sondern durch eine Akkretion von Materie aus dem Sternwind des fruhen Sterns Die Akkretionsrate ist allerdings sehr gering deshalb wird die wasserstoffreiche Materie zunachst uber Jahre bis Jahrzehnte auf der Oberflache des Weissen Zwergs angesammelt Danach uberschreitet die Dichte einen kritischen Grenzwert und das Wasserstoffbrennen zundet fur einen kurzen Zeitraum von einigen Wochen bis Monaten Danach fallt das Doppelsternsystem wieder in seinen Ruhezustand zuruck 8 Novaausbruche Bearbeiten20 aller Ausbruche von klassischen und wiederholenden Novae durchlaufen eine Phase in der sie als Super Soft X Ray Sources nachgewiesen werden konnen und die bis zu 10 Jahre andauern kann Novae sind die Folge eines explosiven Zundens von Wasserstoff auf der Oberflache eines Weissen Zwerges und des Ausstossens von Materie aufgrund der Energiefreisetzung Der dabei entstehende Sternwind fuhrt zu einer Pseudophotosphare die die Strahlung reabsorbiert und zunachst im Optischen wieder abstrahlt Erst wenn sich die abgeworfene Atmosphare weit genug ausgedehnt und damit ihre Dichte abgenommen hat kann die Rontgenstrahlung des Wasserstoffbrennens austreten Das Ende der Super Soft Phase wird als Ende des Wasserstoffbrennens auf dem Weissen Zwerg interpretiert 9 10 SSS als Vorlaufer von Supernovae vom Typ Ia BearbeitenSupernovae vom Typ Ia entstehen unter anderem wenn die Masse eines Weissen Zwerges die Chandrasekhar Grenze von ca 1 2 bis 1 4 Sonnenmassen uberschreitet 11 Die Vorlaufer konnen keine Novae sein da sie bei einem Ausbruch mehr Materie verlieren als sie vorher akkretiert haben Bei Super Soft X Ray Sources dagegen kommt es zu einem konstanten Wasserstoffbrennen an der Oberflache des Weissen Zwerges dessen Masse bei diesem Vorgang zunimmt und die o g Grenzmasse uberschreiten kann Voraussetzung hierfur ist eine hohe Massentransferrate uber einen langen Zeitraum Dies kann bei einigen kataklysmischen Veranderlichen wie den Zwergnovae im permanenten Ausbruch auftreten 12 Bei symbiotischen Sternen kann eine thermische Instabilitat in dem Roten Riesen zu einer grossen Massentransferrate auf den Weissen Zwerg fuhren 13 Um sich in eine Supernova vom Typ Ia zu entwickeln darf die Massentransferrate weder zu hoch noch zu niedrig sein wenn die Massentransferrate namlich einen Schwellenwert uberschreitet wird der Massenfluss instabil und das gesamte Doppelsternsystem durchlauft eine Phase einer gemeinsamen Hulle bei der die gemeinsame Hulle am Ende abgestossen wird zuruck bleibt meist ein getrenntes Doppelsternsystem ohne weiteren Massenfluss Ist die Massentransferrate dagegen zu niedrig kommt es zu explosivem Wasserstoffbrennen in Form einer Nova Es ist nicht klar wie ein Doppelsternsystem lange genug in diesem schmalen Parameterband bleiben kann um eine signifikante Masse zu akkretieren und die chandrasekharsche Grenzmasse zu uberschreiten 14 Auf jeden Fall musste wenigstens eine Million Jahre vor der finalen Explosion als Supernova vom Typ Ia das Doppelsternsystem ein kontinuierliches Wasserstoffbrennen auf der Oberflache des Weissen Zwergs zeigen und damit auch weiche Rontgenstrahlung nachweisbar sein Allerdings ist die Anzahl der beobachteten Super Soft X ray Sources um zwei Grossenordnungen zu gering um einen signifikanten Beitrag zur Entstehung von Typ Ia Supernovae zu bilden Dies kann aber die Folge einer Absorption der weichen Rontgenstrahlung in einer wasserstoffreichen Hulle um das Doppelsternsystem sein Bereits ein Sternwind mit einer Rate von 10 11 Sonnenmassen pro Jahr kann so viel Rontgenstrahlung absorbieren dass ein Nachweis nicht mehr moglich ware Dieser Sternwind kann direkt eine Folge des Wasserstoffbrennens sein oder aber Materie die nicht vom Weissen Zwerg akkretiert wird da sie nicht uber den Lagrange Punkt L1 abfliesst 15 In Kugelsternhaufen ist die Sterndichte so hoch dass sich durch dynamische Wechselwirkung haufiger enger Doppelsternsysteme bilden Dazu zahlen neben kataklysmischen Veranderlichen auch die Rontgendoppelsterne die in Kugelsternhaufen ca 200 mal haufiger beobachtet werden als im allgemeinen galaktischen Feld Daher sollten auch Supernovae vom Typ Ia wenn sie sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus Super Soft X Ray Sources entwickeln eine erhohte Haufigkeit in Richtung von Kugelsternhaufen zeigen Mehrere Untersuchungen in nahen Galaxien konnten jedoch keine Ubereinstimmung der Position von Ia Supernovae mit einem Kugelsternhaufen nachweisen 16 Weitere Quellen extrem weicher Rontgenstrahlung BearbeitenNeben den Weissen Zwergen an deren Oberflache es zu einem permanenten Wasserstoffbrennen kommt in Form von symbiotischen Sternen Novae kataklysmischen Veranderlichen und Rontgendoppelsternen existieren weitere astronomische Quellen superweicher Rontgenstrahlung 17 Weisse Zwerge unmittelbar nach der Post AGB Phase Pulsierende Weisse Zwerge der Klasse PG1159 AM Herculis Sterne Polare DQ Herculis Sterne Planetarische Nebel Supernovauberreste Aktive galaktische Kerne Bei den beiden Arten von Weissen Zwergen die nicht in einem Doppelsternsystem vorkommen Post AGB Objekte und PG1159 Sterne handelt es sich bei der Rontgenstrahlung um thermische Strahlung des vor kurzer Zeit freigelegten Sternkerns Bei den AM und DQ Herculis Sternen entsteht die Rontgenstrahlung durch die Erwarmung der Oberflache des Weissen Zwergs um die magnetischen Pole an denen die akkretierte Materie abrupt gebremst wird Bremsstrahlung Beispiele BearbeitenWechselwirkender Doppelstern QR Andromedae V Sagittae Weisser Zwerg KPD 0005 5106Einzelnachweise Bearbeiten Walter Lewin Michael van der Klies Compact Stellar X ray Sources Cambridge Astrophysics Cambridge University Press Cambridge 2010 ISBN 978 0 521 15806 0 J Trumper et al X ray survey of the Large Magellanic Cloud by ROSAT In Nature Band 349 1991 S 579 583 doi 10 1038 349579a0 Walter H G Lewin Jan van Paradijs Edward P J van den Heuvel X ray Binaries Cambridge University Press 1997 ISBN 978 0 521 59934 4 A F Rajoelimanana et al Optical and X ray Properties of CAL 83 I Quasi periodic Optical and Supersoft Variability In Astrophysics Solar and Stellar Astrophysics 2013 arxiv 1304 4109v1 Remillard R A 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