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Die Sternwarte Lilienthal war eine astronomische Forschungseinrichtung die 1782 von Johann Hieronymus Schroeter im Dorf Lilienthal bei Bremen gegrundet wurde In den napoleonischen Kriegen wurde sie 1813 weitgehend zerstort Sie gehorte mit ihrer instrumentellen Ausstattung insbesondere grosse Spiegelteleskope Anfang des 19 Jahrhunderts zu den weltweit fuhrenden Sternwarten Die Lilienthaler Sternwarte Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ausstattung 3 Sonstiges 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten1782 wurde der an der Astronomie interessierte Oberamtmann Johann Hieronymus Schroeter im Dienste des Kurfurstentums Braunschweig Luneburg nach Lilienthal versetzt Im Garten des Amtshauses richtete er zunachst eine einfache Beobachtungsstation ein Schroeter war mit der Familie Herschel aus Hannover bekannt und stand in brieflichem Kontakt mit dem in England lebenden Wilhelm Herschel der 1781 den Planeten Uranus entdeckt hatte Von Herschel erhielt Schroeter 1784 einen Spiegel mit 12 cm Durchmesser und Okulare aus denen er ein Spiegelteleskop fertigte 1786 sandte ihm Herschel einen Spiegel mit 16 5 cm Durchmesser den er fur ein weiteres Teleskop verwendete Im selben Jahr liess Schroeter im Amtsgarten ein zweistockiges Observatorium errichten Aus dem Untergeschoss fuhrte eine Terrasse auf die Teleskope geschoben werden konnten Das Obergeschoss war mit verschiebbaren Dachklappen versehen 1788 entstand etwa 70 Meter entfernt eine zweite Beobachtungsstation ein achteckiger Holzbau den er Urania Tempel nannte Ab 1792 entwickelte er mit Professor Johann Gottlieb Friedrich Schrader von der Universitat Kiel und seinem Gartner Harm Gefken Verfahren zur Optimierung von metallischen Teleskopspiegeln Es entstanden Gerate mit sehr guten Abbildungsleistungen wie ein Teleskop mit 24 cm Offnung 1793 begann er mit der Herstellung eines Riesenteleskops das 1794 fertiggestellt wurde Es besass eine Offnung von 50 8 cm und 8 25 m 27 Fuss Brennweite Dieses Teleskop machte die Sternwarte Lilienthal weltberuhmt und sie wurde fortan von Astronomen hohen Staatsbeamten und Militars aller Armeen besucht Zusammen mit Franz Xaver von Zach und Heinrich Wilhelm Olbers grundete Schroter 1800 in Lilienthal die Astronomische Gesellschaft Ab 1799 reichte Schroeters Gehalt als Oberamtmann nicht mehr fur die Unterhaltung der Sternwarte und die Kosten seiner Veroffentlichungen aus Er schloss daher durch Vermittlung eines Londoner Freundes einen Vertrag mit dem britisch hannoverschen Konig Georg III ab Danach gingen samtliche Gerate der Sternwarte fur den Preis von 1200 englischen Guineen nach heutigem Wert etwa 150 000 Euro in das Eigentum des Konigs uber Die Gerate sollten bis zu Schroeters Tod in Lilienthal verbleiben und anschliessend an die Universitat Gottingen gehen Schroeter erhielt ausserdem eine Rente von 300 Talern sowie 200 Taler zur Unterhaltung eines Sternwarte Inspektors Inspektor wurde Karl Ludwig Harding der seit 1796 Schroeters Sohn Johann Friedrich unterrichtete Harding entdeckte 1804 von Lilienthal aus den dritten Asteroiden Juno 1805 ging er an die Universitat Gottingen Von 1806 bis 1809 arbeitete Friedrich Wilhelm Bessel als Assistent in Lilienthal 1809 erhielt Bessel einen Ruf an die Universitat Konigsberg Schroeters ehemaliger Gartner Harm Gefken nutzte seine erworbenen Kenntnisse und grundete in Lilienthal eine optische Werkstatt zur Herstellung von Spiegelteleskopen wobei er auch Schroeter belieferte Im Laufe der Zeit entstanden in Lilienthal bedeutende Arbeiten uber den Mond und die Planeten Merkur Venus Mars Jupiter und Saturn Hier entstand auch Schroeters grosser Mondatlas Selenotopographische Fragmente Infolge der napoleonischen Kriege kam Lilienthal 1810 unter franzosische Verwaltung und Schroeter wurde zwangspensioniert Seine Bezuge wurden nicht mehr gezahlt die Gelder aus England waren seit 1806 ausgeblieben Am 21 April 1813 fuhrten franzosische Truppen eine Strafexpedition durch und brannten die Ortschaft Lilienthal nieder Schroeters Amtshaus mitsamt Aufzeichnungen verbrannte Die Sternwarte blieb zwar verschont wurde jedoch geplundert Im November 1813 wurde Schroeter wieder in sein Amt eingesetzt Da sich sein Gesundheitszustand verschlechterte liess er vertragsgemass alle Instrumente die vor 1799 gekauft worden waren nach Gottingen transportieren 1816 verstarb Schroeter im Alter von 70 Jahren in Lilienthal Nach seinem Tode verfiel die Sternwarte zunehmend 1850 wurden die letzten Reste abgerissen In Lilienthal befindet sich heute ein Heimatmuseum in dem einige der originalen Teleskope besichtigt werden konnen Auf einer Aussenflache befindet sich ein Modell des Riesenteleskops Seit November 2015 steht ein funktionstuchtiger Nachbau des 27 Fuss Spiegelteleskops von 1793 am Ortseingang von Lilienthal gegenuber vom Borgfelder Landhaus Telescopium Lilienthal 1 2 Ausstattung BearbeitenDas erste Gerat der Sternwarte war ein Achromat von Dollond mit 5 cm Offnung 91 5 cm Brennweite und funf auswechselbaren Okularen den Schroeter 1799 erworben hatte Spater stellte er das Gerat im Urania Tempel auf Bei der Plunderung von 1813 hatte ein franzosischer Offizier das Teleskop entwendet Schroeter erhielt es spater wieder Das erste Spiegelteleskop von 1784 aus Teilen von Wilhelm Herschel besass eine Offnung von 12 cm und 122 cm Brennweite Acht Okulare ermoglichten 60 bis 339 fache Vergrosserungen Das zweite Spiegelteleskop mit einem Spiegel von Herschel hatte 16 5 cm Offnung und 2 14 m 7 Fuss Brennweite Zehn Okulare lieferten Vergrosserungen vom 74 bis zum 1200 fachen Die Bauteile kosteten 600 Reichstaler was damals fast Schroeters halbem Jahresgehalt entsprach Ab 1792 entstanden mehrere Teleskope aus eigener Fertigung Zwei davon eines mit 16 5 cm Offnung und 2 14 m Brennweite nach Schroeters Angaben den Geraten von Herschel absolut gleichwertig und eines mit 24 cm Offnung und 3 96 m 13 Fuss Brennweite blieben in Lilienthal Letzteres hatte eine hervorragende Abbildungsleistung und war uber mehrere Jahre das beste Teleskop der Sternwarte Von dem Augsburger Optiker Hoschel bezog er ein Glasmikrometer das dieser nach einem Modell von Schroeter angefertigt hatte Damit wurde das Gesichtsfeld in parallele Linien zwischen 4 und 26 Bogensekunden eingeteilt Das Gerat erlaubte so die Bestimmung der Winkelabstande von Sternen nbsp Nachbau von Schroeters Teleskop aus dem Jahr 1794 in LilienthalDas beruhmte 27 fussige Lilienthalische Riesentelescop besass eine Offnung von 50 8 cm und eine Brennweite 8 25 m Der metallische Spiegel war von Schroeter und Gefken gegossen und poliert worden Er war 6 cm dick und besass ein Gewicht von ca 100 kg Zur Verbesserung des Reflexionsvermogens waren 5 kg Arsen mit verarbeitet worden Der Tubus war achteckig und bestand aus Tannenholz Das gesamte Teleskop besass ein Gewicht von ca 700 kg Befestigt wurde es auf einem zweistockigen 3 5 m breiten und 6 5 m hohen gemauerten Turm mit Eichenholz Fachwerk Die Ausrichtung in der Neigung erfolgte mittels Flaschenzugen die horizontale Bewegung uber ein Drehgestell In einem Radius von 10 5 m wurde die Galerie ein Beobachtungsplatz fur mehrere Personen um das Teleskop gefahren Das Teleskop besass zwei kleinere Sucherfernrohre Fur sein Riesenteleskop hatte Schroeter spezielle Okulare anfertigen lassen die eine 179 bis 360 fache Vergrosserung erlaubten Das Gesamtgewicht der Anlage schatzte Schroeter auf 20 Tonnen Um Vergleiche mit den eigenen Teleskopen anzustellen erwarb Schroeter 1795 den seinerzeit grossten Refraktor mit einer Linse von 10 cm Durchmesser und 3 m Brennweite von Dollond Er wurde im Urania Tempel aufgestellt und spater mit einer parallaktischen Montierung ausgestattet Schroter war mit dem Gerat zufrieden beobachtete aber meist mit den eigenen lichtstarkeren Teleskopen 1803 erwarb Schroeter aus der Werkstatt von Gefken ein Spiegelteleskop mit 2 14 m Brennweite 1805 folgte ein weiteres Gerat aus dessen Herstellung Es besass eine Offnung von 30 5 cm und 5 57 m Brennweite Gefken hatte dazu einen 1796 hergestellten Spiegel umgeschliffen der fur ein 20 fussiges Teleskop bestimmt war Das Gerat hatte sich jedoch als unhandlich erwiesen und wurde nicht benutzt Das von Gefken gebaute Teleskop galt als Meisterwerk und liess laut Schroeter 2000fache Vergrosserungen zu Von der von Fraunhofer in Benediktbeuern gegrundeten Optischen Anstalt erwarb Schroter 1806 zwei Achromaten mit 91 cm und 3 69 m Brennweite Die Gerate entsprachen jedoch nicht seinen Erwartungen 1807 entstand im Amtsgarten ein weiteres freibewegliches Grossteleskop Der von Gefken gefertigte Spiegel besass einen Durchmesser von 30 5 cm bei 6 1 m Brennweite Das Teleskop war an einem Gerust befestigt das auf einem Schienenkreis von 12 m lief Die Konstruktion konnte von einer Person bedient werden Sonstiges BearbeitenDer Schriftsteller Arno Schmidt 1914 1979 plante einen Roman uber den Lilienthaler Astronomen Kreis der aber nicht mehr zustande kam Einen Teil des gesammelten Materials verarbeitete Schmidt in seinem 1960 erschienenen Roman KAFF auch Mare Crisium der sowohl in einem Kaff am Rande der Luneburger Heide als auch auf dem Mond und dort im Bereich des Mondmeers Mare Crisium spielt Schmidts ubrige Entwurfe eines Lilienthal Romans wurden 1996 aus dem Nachlass herausgegeben 3 Literatur BearbeitenDieter Gerdes Die Lilienthaler Sternwarte 1781 bis 1818 Verlag M Simmering Lilienthal 1991 ISBN 3 927723 09 6 Jorg Drews Heinrich Schwier Hrsg Lilienthal oder die Astronomen Historische Materialien zu einem Projekt Arno Schmidts Edition Text Kritik Munchen 1984 ISBN 3 88377 169 4 Weblinks BearbeitenJohann Hieronymus Schroeter 1745 1816 Lilienthal und die Astronomie Astronomie in Bremen und umzu Astronomische Statten in Lilienthal TELESCOPIUM Lilienthal 1793 2015 Astronomie in LilienthalEinzelnachweise Bearbeiten Telescopium in Lilienthal Himmlischer Ausblick auf weser kurier de abgerufen am 3 Dezember 2020 Sternstunden fur Hobby Astronomen auf nwzonline de abgerufen am 3 Dezember 2020 Fragmente zur genauen Kenntnis der Mondflache Auf Website des Deutschen Museums abgerufen am 2 November 2013 53 141171686111 8 912626505 Koordinaten 53 8 28 2 N 8 54 45 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sternwarte Lilienthal amp oldid 206205543