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Simsimiyya auch semsemiya arabisch سمسمية DMG simsimiya ist eine Leier die in der volkstumlichen arabischen Musik von der Sinai Halbinsel im Norden entlang der Kuste des Roten Meeres bis in den Jemen und noch selten auf Sansibar gespielt wird Das Zupfinstrument mit funf oder mehr Saiten begleitet die traditionellen Lieder von Geschichtenerzahlern der Beduinen ausserdem wird es zusammen mit anderen Melodieinstrumenten in der lebhaften Tanzmusik der Hafenstadte besonders in Port Said eingesetzt Simsimiyya mit 14 Saiten Ein Musikers des Orchesters El Tanbura aus Port Said 2012 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Diskografie 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenLeiern haben ihren Ursprung bei den Sumerern in Mesopotamien von wo sie sich nach Westen bis in den Mittelmeerraum ausgebreitet haben Die bekannteste Leier in Palastina ist der im Alten Testament erwahnte kinnor Ab Anfang des 2 Jahrtausend v Chr wurden Kastenleiern auf Wandbildern in altagyptischen Felsgrabern dargestellt Spatestens in den ersten Jahrhunderten n Chr gelangten Leiern von Agypten am Nil aufwarts nach Nubien wo bis heute die funf oder sechssaitige Leier tanbura nubisch kisir zu den beliebtesten Musikinstrumenten gehort Bis zum 4 Jahrhundert war die Leier ins Aksumitische Reich gekommen Die Tradition der in Athiopien zur Unterhaltung eingesetzten Kastenleier krar und der religiosen Anlassen vorbehaltenen beganna wird auf diese Zeit zuruckgefuhrt Der sudlichste Verbreitungsschwerpunkt der afrikanischen Leiern ist Westkenia und Uganda Eine sechs Zentimeter hohe sitzenden Bronzefigur mit Leier aus dem 1 2 Jahrhundert n Chr im Jemen gehort zu den wenigen Fundstucken aus sabaischer Zeit die zeigen dass die Leier im vorislamischen Arabien am Roten Meer bekannt war 1 Seit der islamischen Zeit spielten Leiern in der klassischen arabischen Musik nur eine geringe Rolle Bis ins 10 Jahrhundert ist in Agypten die Leier miʿzaf belegt Noch im 11 Jahrhundert zur Zeit der Fatimiden Dynastie gab es in Agypten Leiern spater lasst sich ihre ursprungliche arabische Bezeichnung al kinnara abgeleitet von kinnor nicht mehr von den gleichnamigen Lauteninstrumenten und Trommeln unterscheiden 2 Arabische Leiern haben sich regional in der Volksmusik erhalten die tambura wird bis an den Persischen Golf und im sudlichen Irak von Nachfahren ehemaliger schwarzer Sklaven bei Zeremonien verwendet Im Vergleich zur tambura ist die simsimiyya etwas eleganter aufwendiger konstruiert Moglicherweise ist der Name daher von simsim arabisch Sesam abgeleitet was in der agyptischen Umgangssprache fein wohlgeformt bedeutet 3 Bauform Bearbeiten nbsp Simsimiyya mit sechs Saiten Ein Musiker aus al Bawiti in der Oase Bahariyya 2006 Die Bezeichnung simsimiyya gilt fur Leiern ohne eine genau festgelegte Bauweise die in der genannten Region und in den entsprechenden Musikstilen gespielt werden Nach der Form des Resonanzkorpers lassen sie sich den Schalen oder Kastenleiern zuordnen Die Schalenleiern bestehen aus einem flach gerundeten Holzkorpus dessen Decke im Unterschied zu allen anderen arabischen und afrikanischen Leiern nicht aus einer Tierhaut sondern aus einem Holzbrett besteht Bei trapezformigen Kastenleiern sind Boden Seitenteile und auch die Decke aus Brettern zusammengeleimt Simsimiyya mit einem Korpus aus einem Blechkanister wie in Saudi Arabien ublich sind mit Haut uberzogen Wahrend die tambura einen dreieckigen weit ausladenden Rahmen aus runden Holzstaben besitzt und im Sitzen gespielt wird ist der Rahmen der simsimiyya etwas kleiner und trapezformig Die simsimiyya kann daher auch in senkrechter Position mit der linken Hand am unteren Jocharm gehalten und im Stehen gespielt werden Die ublicherweise funf speziell im sudlichen Jemen sechs Drahtsaiten werden durch moderne Metallwirbel an der Querstange gestimmt Sie verlaufen uber einen bruckenformigen Steg der im unteren Drittel auf der Decke steht bis zur Unterseite des Korpus Die Saiten werden mit einem Plektrum in der rechten Hand entweder einzeln gezupft oder in Sitzposition nach der seit der Antike gebrauchlichen Methode alle zusammen angeschlagen bei der Gitarre englisch strumming genannt Saiten die nicht erklingen sollen werden mit den Fingern der linken Hand von der anderen Seite abgedeckt Der Ton schwingt wenig nach und ist je nach Bauweise metallisch klar oder etwas dumpf Die Stimmung der funf Saiten in Suez lautet f1 e1 d1 c1 b Manche agyptische Leiern werden seit etwa 1980 in Port Said und Suez mit bis zu 16 Saiten ausgestattet um so mit einem grosseren Tonumfang die Lieder beliebter arabischer Sanger wie Umm Kulthum oder Abdel Halim Hafez begleiten zu konnen Eine 16 saitige simsimiyya konnte so gestimmt sein drei Saiten in der tiefen Lage qarar sechs Saiten in mittlerer Lage ʿadi etwa entsprechend g1 f1 e1 d1 c1 b Die verbleibenden sieben Saiten in der hohen Lage ǧawab bedeutet Erwiderung bezogen auf die qarar Saiten eine Oktave hoher Teilweise werden elektrische Tonabnehmer angeschlossen 4 Spielweise BearbeitenVergleichbar mit der nubischen kisir und der athiopischen krar wird die simsimiyya in Agypten nur in der tanzbaren Unterhaltungsmusik und zur Liedbegleitung von Geschichtenerzahlern gespielt und besitzt nicht die rituelle Bedeutung der tambura und anderer Leiern Die Erzahlungen der Beduinen in der Sinai Wuste werden von einem Sanger vorgetragen der von einer simsimiyya und einem den Refrain singenden Chor begleitet wird Fur den Rhythmus sorgen Handeklatschen und dunkel tonende Olfasser Im Jemen begleitete sich der poetische Sanger mughanni bis in die erste Halfte des 20 Jahrhunderts auf dem Metallteller sahn nuhasi der Blechdose tanak der birnenformigen Zupflaute qanbus oder besonders in der Musikszene Adens auf der simsimiyya Mit zunehmender Verbreitung des Rundfunks begann die arabische Laute ʿud allmahlich alle anderen Begleitinstrumente zu ersetzen 5 Die Geschichte der heutigen Unterhaltungsmusik der agyptischen Hafenstadte Port Said und Ismailia begann vor der Eroffnung des Sueskanals 1869 6 In das 1859 neu gegrundete Port Said zogen Arbeiter aus Oberagypten Nubien Athiopien und anderen Gegenden am Roten Meer um beim Bau des Kanals mitzuwirken Die unterschiedlichen Bevolkerungsgruppen entwickelten einen eigenen ḍamma Vereinigung Angliederung genannten Musikstil bei dem ein Sanger ein beliebiges bekanntes Lied uġniyya vortragt worauf weitere Sanger mit teilweise improvisierten Liedern ǧawab antworten die in Melodie oder Text dazu passen mussen Ḍamma bezeichnet nicht nur den Stil sondern auch die Musiker und die Auffuhrungspraxis Die simsimiyya war das typische Begleitinstrument dieser Gesange Besonders zur Unterhaltung der Hafenarbeiter und Seeleute entwickelten semiprofessionelle Strassenmusiker den Tanzmusikstil bambuṭiyya bamboute benannt nach dem Bumboot einem kleinen Versorgungsschiff Der bambuṭiyya wurde moglicherweise vom Charleston beeinflusst der in den 1920er Jahren in Agypten in Mode kam Der Tanzer fuhrt ahnliche weit ausgreifende Beinbewegungen aus schwingt mit den Huften und ahmt mit den Armen verschiedene korperliche Tatigkeiten eines Hafenarbeiters nach 7 Bambuṭiyya eine inhaltliche Kategorie der ḍamma Lieder hiessen auch die fahrenden Handler die auf kleinen Booten am Kanal die Lebensmittelversorgung sicherstellten Die in den Kaffeehausern am Hafen auftretenden Musikgruppen nannten sich suhbaǧiyya von ṣahiba jemanden begleiten Der Musikstil erlebte den Hohepunkt seiner Popularitat in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts 8 Heute nennen sich die Musiker und Sanger dieser Liedtradition der agyptischen Kanalstadte firaq Sg firqa Ihre Begleitinstrumente der Tanzlieder sind neben der simsimiyya die Laute ʿud die einsaitige Fiedel rababa gelegentlich die Langsflote nay mehrere Trommeln allgemein ṭabl darunter Tamburine duff oder Bechertrommeln darbuka Als Perkussionsinstrumente sind ebenso Blechtopfe und Benzinkanister geeignet 9 Auf der Insel Sansibar vor der tansanischen Kuste werden neben dem hofischen Musikstil taarab die traditionellen Stile sambra und sharaha gepflegt die ebenfalls arabischen Ursprungs sind Fur den Rhythmus sorgt bei beiden die kleine zweifellige Zylindertrommel mirwas arabisch Plural marawis In der sambra Musik ist das fuhrende Melodieinstrument die simsimiyya Kiswahili utari in der sharaha Musik ist es die Kegeloboe nzumari Zumindest in den 1990er Jahren wurde die sambra Musik noch vereinzelt gespielt 10 Diskografie BearbeitenBedouin Jerry Can Band Coffee Time 30 IPS 2007 Ensemble Al Tanburah geleitet von Zakariya Ibrahim Simsimiyya de Port Said Institut du Monde Arab Paris 1999 El Tanbura Friends of Bamboute 20th Anniversary Edition 30 IPS 2009Literatur BearbeitenGabriele Braune Das Ḍamma und Simsimiyya Repertoire in Port Saʿid In Rudiger Schumacher Hrsg Von der Vielfalt musikalischer Kultur Festschrift fur Josef Kuckertz Ursula Muller Speiser Anif Salzburg 1992 S 81 102 Christian Poche Simsimiyya In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians Vol 24 Macmillan Publishers London 2001 Ali Jihad Racy The Lyre of the Arab Gulf Historical Roots Geographical Links and the Local Context In Jacqueline Cogdell DjeDje Hrsg Turn up the Volume A Celebration of African Music UCLA Fowler Museum of Cultural History Los Angeles 1999 S 134 139 Amnon Shiloah The Simsimiyya A Stringed Instrument of the Red Sea Area In Asian Music IV Nr 1 1972 S 15 26Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Simsimiyya Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Osama Kamal Songs of semsemiya Al Ahram Weekly 24 30 Juni 2010 Tuija Rinne Sing o simsimiyya El Hosseny DanceEinzelnachweise Bearbeiten Mohammed Maraqten Statuette Registration number 1930 0613 16 The British Museum Hans Hickmann Die Musik des Arabisch Islamischen Bereichs In Bertold Spuler Hrsg Handbuch der Orientalistik 1 Abt Der Nahe und der Mittlere Osten Erganzungsband IV Orientalische Musik E J Brill Leiden Koln 1970 S 64 Braune S 89 Braune S 90 Flagg Miller Yemen In John Shepherd David Horn Dave Laing Hrsg Continuum Encyclopedia of Popular Music of the World Bd VI Africa and the Middle East Continuum London 2005 S 245 Osama Kamel Searching for Ramadan sabils Al Ahram Weekly 17 23 September 2009 Magda Saleh Dance in Egypt In Virginia Danielson Dwight Reynolds Scott Marcus Hrsg The Garland Encyclopedia of World Music Band 6 The Middle East Garland London 2002 S 623 Martin Stokes La Simsimiyya de Port Said Ensemble Al Tanburah Besprechung der CD des Institut du Monde Arab Paris 1999 Tim Cumming Bedouin Jerry Can Band Reinventing ancient musical traditions to breathe new life into Egypt s folk scene The Independent 12 Oktober 2007 Janet Topp Fargion The Music of Zenj Arab African crossovers in the music of Zanzibar In Journal des africanistes Bd 72 Nr 2 2002 S 203 212 hier S 205 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Simsimiyya amp oldid 216019422