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Die Schlosskirche ist ein denkmalgeschutztes Kirchengebaude in Varel Schlosskirche Varel von SudostenWestturm Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Ausstattung 3 1 Werke von Ludwig Munstermann 3 1 1 Altar 3 1 2 Kanzel 3 1 3 Taufstein 3 2 Orgel 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Kirche aus Granitfindlingen Backstein und Granitquadern wurde im Mittelalter an der hochsten Stelle des Ortes Varel anstelle eines kleinen Holzbaus errichtet Nach 1650 wurde sie Teil einer durch die Vareler Grafen erbauten Schlossanlage Die grafliche Familie nutzte eine eigene Kapelle im Schlossgebaude besass aber auch ein Gestuhl und eine Begrabnisgruft in der Kirche Die Schlossgebaude wurden um 1870 nach einem ausgedehnten Brand abgebrochen Die Kirche stand den Einwohnern des Ortes immer als Gemeindekirche zur Verfugung Sie war ursprunglich wahrscheinlich dem Apostel Petrus geweiht Ab 1992 wurden Baukorper und Innenausstattung schrittweise restauriert Dabei konnten fur die Denkmalpflege viele wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden Die Evangelisch Lutherische Kirche in Oldenburg das Land Niedersachsen die Burger Varels und viele regionale Institutionen trugen durch die Finanzierung massgeblich dazu bei dass die Schlosskirche in Varel wieder als eines der bedeutendsten Bau und Kulturdenkmale der Region genutzt und erlebt werden kann Architektur Bearbeiten nbsp Nordturm von OstenAltester Teil der Schlosskirche ist das im 12 Jahrhundert aus unregelmassig behauenen Findlingen errichtete Langsschiff sein Westgiebel ist trotz des nachtraglich vorgesetzten Turms erhalten der ursprungliche Ostabschluss zeitbedingt wohl eine Apsis nicht mehr erkennbar zumal der Boden 1957 ohne Untersuchung ausgekoffert wurde Das Schiff hatte zunachst eine flache Raumdecke Die spitzbogigen Domikalgewolbe wurden auf kraftigen Wandvorlagen nachtraglich hinein gestellt Im Zusammenhang mit der Einwolbung mussten die Fenster versetzt werden die neuen heutigen erhielten wieder Rundbogen Im selben Umbau wurden Langswande um 1 26 m erhoht innen mit Backstein Der breite gedrungen wirkende Turmbau wurde dem Kirchenschiff in der ersten Halfte des 13 Jahrhunderts nachtraglich als romanisches Westwerk mit einer Doppelturmanlage hinzugefugt deren erstes Obergeschoss als Herrschaftsloge vorgesehen war jedoch unterblieb die Offnung des alten Westgiebels des Kirchenschiffs nach Westen Um 1600 gingen die holzernen Turmspitzen verloren moglicherweise durch einen Sturm Die verbliebenen Rumpfe wurden erst im 18 Jahrhundert zu der heutigen Form unter einem Dach zusammengefasst Von 1775 bis 1986 war der Backstein verputzt und der Putz mit einer Quaderritzung versehen Im Inneren und von Osten kann man noch die beiden Turmstumpfe erkennen in denen die funf Kirchenglocken lauten 1 Der Unterbau der Turmanlage besteht aus der Eingangshalle mit den beiden einzigen farbigen modern gestalteten Glasfenstern und der daruber liegenden Turmloge Die charakteristische Kreuzform erhielt die Schlosskirche durch Erganzung eines Querschiffs und eines Chores im Osten Dabei wurde das Langhaus erneut erhoht diesmal um 1 10 m der dabei verwendete Backstein ist etwas grosser als der der ersten Gewolbe und Mauererhohung Die Datierung von Querhaus und Chor auf Mitte des 15 Jahrhunderts durch Wilhelm Janssen ist erstaunlich spat verglichen mit der abgesehen von den romanischen Rundbogen eher fur die Fruhgotik typischen Dreifenstergruppe des Chorgiebels und nach seinen eigenen Angaben der Granitverblendung Seine Begrunung ist nicht zwingend da das Backsteinformat der inneren Wandschicht schon seit dem 13 Jahrhundert verwendet wurde und spatgotische Kalkmalereien andernorts auch an fruhgotischen Gewolben zu finden sind Janssen sah die Erweiterung der Kirche um Vierung und heutigen Chor in Verbindung mit der 1465 angebahnten und 1481 vollzogenen Ubernahnme Varels durch die Grafen von Oldenburg Das Dehio Handbuch von 1992 datiert Vierung und Chor auf Ende des 13 Jahrhunderts Die von Janssen erhoffte Dendrodatierung des Dachstuhls hat bis heute nicht stattgefunden Ausstattung Bearbeiten nbsp Innenraum mit den Werken von Ludwig MunstermannWerke von Ludwig Munstermann Bearbeiten Das Anfang des 17 Jahrhunderts uber Varel herrschende Grafenhaus bekannte sich fruh zur protestantischen Lehre In ihrem Geist liess Graf Anton II von Delmenhorst Bruder des herrschenden Grafen von Oldenburg Johann VII in den Jahren 1613 bis 1618 den Bildhauer Ludwig Munstermann aus Hamburg eine neue Ausstattung im Stil des Manierismus fertigen die zu den Hauptwerken dieser Stilrichtung in Norddeutschland gehort das beruhmte aus Eiche geschnitzte Altarretabel die Kanzel und den Taufstein mit Deckel die bis heute nahezu vollstandig erhalten sind 2 Altar Bearbeiten Ludwig Munstermann schuf 1614 mit diesem Altaraufsatz sein umfangreichstes Einzelwerk Seine Signatur ist auf Luthers Buch sichtbar Der Aufbau aus Eiche erhebt sich mit Reliefs und Figuren aus Alabaster in mehreren Geschossen bis in fast 10 m Hohe In der Mittelachse folgen beginnend mit der Predella folgende Reliefs ubereinander Die Anbetung der Hirten daruber das Abendmahl im zweiten Geschoss uber der sockelartig angeordneten Bundeslade als Symbol fur die Einheit der einen Kirche der Reformation 3 wird der erneuerte Gekreuzigte von Mose den beiden Johannes und Maria begleitet ganz oben folgen Auferstehung und Christi Himmelfahrt Als Bekronung des Altars steht mit dem blossen Auge kaum noch zu erkennen der salvator mundi Christus der Retter halt die Weltkugel in der Hand In den seitlichen Achsen bereichern Portrats von Luther und Melanchton Apostel Tugenden und Putten das Figurenprogramm In der uberreichen Ornamentik dominieren noch Roll und Beschlagwerk erst zaghaft entwickeln sich einige Knorpelwerkformen Die farbige Fassung wurde 1962 nach Befunden 4 rekonstruiert nbsp Der Prophet Jesaja am Kanzelkorb L Munstermann 1613 nbsp Georg von Anhalt und Kirchenvater an der Kanzeltreppe von L Munstermann 1613Kanzel Bearbeiten Den Kanzelkorb aus Sandstein umgeben in den Muschelnischen der Brustung Prophetenfigurchen von denen jedoch nur Esaias original ist Auch der Kanzelfuss stammt fruhestens aus dem 18 Jahrhundert Den Kanzelboden stutzen Halbfiguren von Tugenden ein links von der Kanzel angebrachtes Schild mit Hausmarke und Initialen Munstermanns enthalt Signatur und Datierung Uberraschend aber aufschlussreich ist das Auftreten von Kirchenvatern an der Kanzeltreppe Sie sind eher in der katholischen Ikonographie ublich und weisen auf eine Nahe der Auftraggeber zu den Irenikern hin die in den zeitgenossischen Konfessionskonflikten eine eher nachgiebige Linie vertraten In diesen Zusammenhang gehort auch die programmatische Darstellung des Georg von Anhalt Dieser war von den Vertretern eines strengen Luthertums wegen seines Eintretens fur die Interimsregeln angefeindet worden 5 Taufstein Bearbeiten Die pokalformige Taufe aus Sandstein und Alabaster ist rund um den trommelformigen Sockel mit einer Meisterinschrift signiert und mit 1618 datiert Die Taufschale wird von sechs figurlichen Stutzen aus Alabaster getragen Wahrend Johannes der Taufer und ein Engel aus dem inneren Figurenring aus der Munstermann Werkstatt stammen gehen Christus und die vier Evangelisten auf 1905 gefertigte Kopien nach Bruchstucken zuruck 1998 wurde an die Kirche der von oben herabhangende Taufbeckendeckel zuruckgegeben Orgel Bearbeiten nbsp OrgelDie Orgel wurde 1978 von dem Orgelbauer Karl Schuke Berlin erbaut Das Gehause wurde von dem Vorgangerinstrument ubernommen einer zweimanualigen Orgel die im Jahre 1861 von dem Orgelbauer Philipp Furtwangler erbaut worden war An dem Gehause befinden sich Reste des Orgelprospektes von Ludwig Munstermann aus dem Jahre 1615 fur das von Christian Bockelmann 1613 gebaute Instrument 6 Links und rechts neben dem mittleren Pedalturms sind zwei wappentragende Lowen angebracht Eine Apollofigur 7 steht heute in der Skulpturenabteilung der Staatlichen Museen Preussischer Kulturbesitz im Bode Museum Das Orgelwerk aus dem Jahre 1978 hat 46 Register auf drei Manualen und Pedal Die Spieltrakturen sind elektrisch Schleifladen die Registertrakturen und Koppeln sind elektrisch 8 I Ruckpositiv C Metallgedackt 8 Quintade 8 Principal 4 Rohrflote 4 Oktave 2 Quinte 1 1 3 Sifflote 1 Sesquialtera IIScharff IV 2 3 Cromorne 16 Dulcian 8 Tremulant II Hauptwerk C Schwegel 16 Principal 8 Spielflote 8 Oktave 4 Nachthorn 4 Nassat 2 2 3 Oktave 2 Cornett IV V 4 Mixtur V VI 1 1 3 Trompete 8 Trompete 4 III Schwellwerk C Praestant 8 Koppelflote 8 Gambe 8 Schwebung 8 Principal 4 Flute douce 4 Quintflote 2 2 3 Flute traversiere 2 Terz 1 3 5 Fourniture VI 2 Fagott 16 Oboe 8 Tremulant Pedal C Principal 16 Subbass 16 Quinte 10 2 3 Oktave 8 Gedackt 8 Superoktave 4 Blockflote 4 Nachthorn 2 Mixtur VPosaune 16 Trompete 8 Schalmei 4 Koppeln I II III I III II I P II P III PSiehe auch BearbeitenListe der Kirchen in der Landeskirche OldenburgLiteratur BearbeitenWilhelm Janssen Die Schlosskirche Varel und ihre Baugeschichte Heinz Holzberg Verlag Oldenburg 1986 ISBN 3873582732 Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Band Bremen Niedersachsen 1992 ISBN 3 422 03022 0 S 1289 Hans Bernd Rodiger Waldemar Reinhardt Friesische Kirchen Rustringen Friesische Wehde Butjadingen Stedingen und Stadt Wilhelmshaven Band 4 Verlag C L Mettcker amp Sohne Jever 1982 S 45 ff Hans Reinhard Aukschun Die Schlosskirche in Varel und ihre Munstermann Werke Evangelisch lutherische Kirchengemeinde Varel 1983 ISBN 9783924113001 Robert Noah Martin Stromann Gottes Hauser in Friesland und Wilhelmshaven Verlag Soltau Kurier Norden Norden 1991 ISBN 978 3 922365 95 2 S 96 ff Wilhelm Gilly Mittelalterliche Kirchen und Kapellen im Oldenburger Land Baugeschichte und Bestandsaufnahme Isensee Verlag Oldenburg 1992 ISBN 3 89442 126 6 S 152 ff Dagmar de Levie Hippen Im Westen eine neue Empore In Nordwest Zeitung NWZ vom 25 November 1994 Hermann Haiduck Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Kustenraum 2 Auflage Ostfriesische Landschaftliche Verlags und Vertriebs GmbH Aurich 2009 ISBN 978 3 940601 05 6 S 24 34 43 48 53 ff 97 149 152 219 221 ff Wolfgang Muller Lowen wachen in der Kirche In Wilhelmshavener Zeitung WZ vom 13 September 2014 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Schlosskirche Varel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Internetprasenz der Ev luth Kirchengemeinde VarelEinzelnachweise Bearbeiten Gelaut der Schlosskirche zu Varel abgerufen am 7 September 2018 Dietmar J Ponert R Schafer Ludwig Munstermann Der Meister die Werkstatt die Nachfolger Text und Tafelband Oldenburg 2016 S 176 245 Dietmar J Ponert Graf Anton II von Delmenhorst und seine Gemahlin Sybille Elisabeth asl Forderer der Kunst Ludwig Munstermanns in Jahrbuch der Gesellschaft fur niedersachsische Kirchengeschichte 117 Bd 2019 S 183 214 Holger Reiners Ludwig Munstermann Marburg 1993 Abb S 131 Wilhelm Knollmann Ludwig Munstermann im Rahmen der oldenburgischen Geschichte In Wilhelm Knollmann Dietmar J Ponert Rolf Schafer Ludwig Munstermann Oldenburg 1992 Dietmar J Ponert Christian Bockelmann baut 1613 eine Orgel fur die Schlosskirche St Petri in Varel In Ars Organi 69 Jahrgang Heft 1 Marz 2021 S 12 16 Bild Apoll Informationen zur Orgel und zur Disposition53 397372 8 136925 Koordinaten 53 23 50 5 N 8 8 12 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schlosskirche Varel amp oldid 221155808