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Das Salz Schlickgras Spartina anglica C E Hubb Syn Sporobolus anglicus C E Hubb P M Peterson amp Saarela auch als Englisches Schlickgras bezeichnet ist eine fruchtbare fertile Hybride Sie gehort zur Familie der Sussgraser Poaceae Ursprunglich ausschliesslich verbreitet endemisch in sud mittelbritischen Uferregionen wurde sie an vielen Kusten als Sand und Schlickfanger gepflanzt und breitet sich seitdem stark aus Als sogenannte invasive Art besitzt sie eine Vielzahl von direkten und indirekten okologischen Auswirkungen auf andere Arten Lebensgemeinschaften oder Biotope im Lebensraum Wattenmeer Salz SchlickgrasSalz Schlickgras Spartina anglica im Gezeitenbereich des WattenmeeresSystematikCommelinidenOrdnung Sussgrasartige Poales Familie Sussgraser Poaceae Unterfamilie ChloridoideaeGattung Schlickgraser Spartina Art Salz SchlickgrasWissenschaftlicher NameSpartina anglicaC E Hubb Inhaltsverzeichnis 1 Taxonomie Herkunft und Ausbreitungswege 2 Verbreitung und Lebensraum 3 Beschreibung 4 Biologie und Okologie 5 Status und Auswirkungen der Ausbreitung 5 1 Okologische Auswirkungen 5 2 Sedimentation und Erosion okonomische Auswirkungen 5 3 Menschliche Gesundheit 5 4 Gefahrenpotenzial und Massnahmen 6 Referenzen 7 Weiterfuhrende Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseTaxonomie Herkunft und Ausbreitungswege BearbeitenDie Hybriden Spartina townsendii und Spartina anglica sind in an der englischen Kanalkuste entstanden Wahrend die Elternart Spartina alterniflora 2n 62 aus Nordamerika stammt ist Spartina maritima 2n 60 in Sud England heimisch Aus den genannten Arten ist zunachst die unfruchtbare sterile Hybride Spartina townsendii 2n 61 entstanden die wiederum durch Chromosomenverdopplung Autopolyploidisierung zu Spartina anglica 2n 122 wurde Spartina alterniflora wurde erstmals 1816 in Sud England entdeckt Wahrscheinlich wurden die Samen im Ballastwasser von Schiffen an die englische Kuste eingeschleppt 1870 wurde dort die sterile Hybride Spartina townsendii gefunden 1892 wurde erstmals eine neue fertile Schlickgrasart beschrieben welche spater den Namen Spartina anglica erhielt Im Wattenmeer wurden Anpflanzungen mittels Rhizomteilen des Salz Schlickgrases zur gezielten Landgewinnung durchgefuhrt Diese wurden erstmals 1924 von England in die Niederlande importiert 1927 nach Deutschland und 1931 nach Danemark Von diesen Anpflanzungen ausgehend breitete sich das Schlickgras selbstandig uber verdriftete Rhizomteile und Samen aus Ihre heutige Verbreitung ist damit eine Kombination aus anthropogener und naturlicher Ausbreitung Das Taxon gilt als ein Musterbeispiel fur die schnelle rezente Evolution von Arten nbsp Salz Schlickgras Spartina anglica Verbreitung und Lebensraum BearbeitenDas Salz Schlickgras kommt im gesamten Gezeitenbereich des Wattenmeeres Niederlande Deutschland Danemark vereinzelt bis verbreitet vor Sein Hauptvorkommen befindet sich entlang der Festlandskuste sowie auf den Inseln jeweils auf den dem Festland zugewandten Seiten Es ist ursprunglich in England beheimatet kommt aber als Neophyt in Irland Nordfrankreich Neuseeland Australien China und in den USA in den Bundesstaaten Washington und Kalifornien vor 1 Das Schlickgras kann wegen seiner hohen Uberflutungs und Salztoleranz am weitesten meerseits der Mittelwasserlinie MThw wachsen und kommt hier in der Quellerzone vor In Bereichen mit sehr ruhigem Wasser kann es dichte geschlossene Bestande aufbauen bei Wellenschlag entstehen nur kleinere Flachen oder nur einzelne Horste Landseits dringt es auch in Salzwiesen und in Astuare ein Wegen seines Vorkommens in naturnaher Vegetation gilt es als Agriophyt Das Salz Schlickgras ist eine Charakterart des Spartinetum anglicae aus dem Verband Spartinion kommt aber auch im Puccinellietum maritimae aus dem Verband Puccinellion maritimae vor 2 Beschreibung BearbeitenDas Salz Schlickgras ist eine ausdauernde krautige Wasserpflanze mit Uberwinterungsknospen unter Wasser Hydrophyt die Wuchshohen zwischen 30 und 130 cm erreicht und in dichten Horsten mit dicken fleischigen Rhizomen wachst Die kahlen Halme sind in der ganzen Lange von Blattscheiden umgeben Das Blatthautchen Ligula ist durch einen Kranz seidiger etwa 2 mm langer Haare ersetzt Die graugrunen Blattspreiten werden 8 bis 50 cm lang und 6 bis 15 mm breit Sie wachsen steil aufrecht und sind in eine sehr dunne harte Spitze ausgezogen Die Oberseiten sind stark gerippt und die Rander sind scharfkantig rau Die Rispen aus zwei bis neun ahrenartig aufgebauten Asten sind gelbgrun bis 20 cm lang aufrecht und zusammengezogen Die Staubbeutel mit fertilem Pollen sind 8 bis 12 mm lang Die Blutezeit reicht von Juli bis Oktober Vom sterilen Townsends Schlickgras Spartina townsendii ist das Salz Schlickgras anhand der Gestalt der Fruchte eine Karyopse und der langeren Staubbeutel 5 bis 8 mm mit sterilem Pollen zu unterscheiden Biologie und Okologie BearbeitenDas Salz Schlickgras ist eine Pionierpflanze Es vermehrt sich uber Rhizomfragmente und Samen die uber das Wasser verbreitet werden Uber Sprossungen entstehen aus Einzelpflanzen sehr dichte und gegen mechanische Wirkungen sehr widerstandsfahige Horste Die Salzausscheidung durch Salzdrusen ist bei dieser Salzpflanze Halophyt sehr effektiv Eine Salzdruse besteht beim Salz Schlickgras lediglich aus zwei Zellen Zum einen ist eine grosse Basalzelle vorhanden Sie grenzt mit ihrer Zellwand direkt an die Nachbarzellen des Blattgewebes Eine trennende Kutikula ist nicht vorhanden Bei der anderen Zelle handelt es sich um die kleinere Sekretionszelle Man vermutet dass hier uberwiegend Natrium Ionen ausgeschieden werden 3 Die Blatter sind durch Kieselsaureeinlagerung sehr widerstandsfahig An ihrer gefurchten Oberflache bildet sich bei Uberflutung ein Luftfilm der den Gasaustausch im untergetauchten Zustand erleichtert Dadurch kann das Schlickgras Uberflutungen bis zu 16 Stunden tolerieren Status und Auswirkungen der Ausbreitung BearbeitenDie World Conservation Union IUCN hat Spartina anglica in ihre Liste der 100 of the World s Worst Invasive Alien Species aufgenommen Das Bundesamt fur Naturschutz BfN fuhrt das Gras in der Liste der in Deutschland vorkommenden invasiven Arten Hier sind derzeit insgesamt 32 Arten gelistet Die Ausbreitung des Salz Schlickgrases hat vielfaltige Auswirkungen Okologische Auswirkungen Bearbeiten Das Salz Schlickgras besitzt eine Vielzahl an okologischen Auswirkungen im Wattenmeer Dazu gehort die Etablierung einer neuen Pflanzengesellschaft die Schlickgrasgesellschaft des Spartanietum anglicae Diese ist eine ausdauernde und sehr artenarme Initialgesellschaft des Wattenmeeres Die Ansiedlung des Salz Schlickgrases ist mit der Verdrangung weniger konkurrenzkraftiger Arten sowie mit nachteiligen Folgen fur Bodenlebewesen und Mikrofauna aufgrund des dichten Wurzelwerkes Verlust von Lebensraumen verbunden Es ersetzt die Bestande des Schlickwatt Quellers Salicornia stricta in der Quellerzone Salicornietum der auf naturnahen und naturlichen Standorten des Kustengewassers zu finden ist Schwerer wiegt das Eindringen des Schlickgrases in Salzwiesen Durch seinen hohen und dichten Wuchs verdrangt es die Salzwiesenpflanzen in der Andelzone Puccinellietum maritimae Andelrasen konnen durch das Schlickgras feuchter werden weil es den Abfluss des Wassers behindert Seine grosse Biomasse geht fast nur als Detritus in die Nahrungskette ein Fur Regenpfeiferartige Limikolen oder Watvogel gehen auf offenen Wattflachen wertvolle Nahrungsgrunde verloren Dies hat in Grossbritannien zum Ruckgang der Vogelpopulationen in Astuaren um bis zu 50 gefuhrt Besonders betroffen war der Alpenstrandlaufer Calidris alpina Sedimentation und Erosion okonomische Auswirkungen Bearbeiten Das Schlickgras wurde ursprunglich zur Forderung der Landgewinnung Festlegung des Sedimentes an der Nordseekuste angepflanzt Es erfullte jedoch nicht die Erwartungen da es keine ausreichend grossen geschlossenen Bestande bildet und sich in Bereiche ausgebreitet hat in denen das Sediment bereits festgelegt war Wahrend geschlossene Bestande im Mittelwasserbereich die Sedimentation stark fordern konnen fuhren Einzelhorste durch Strudelbildung zu lokalen Auskolkungen Wie die Veranderungen von Sedimentation und Erosion auf den Kustenschutz wirken ist insgesamt unklar so dass die wirtschaftlichen Folgen nicht bilanzierbar sind Menschliche Gesundheit Bearbeiten nbsp Mutterkorn auf SchlickgrasDie Pflanze ist obwohl selbst ungiftig ein Wirt fur den Mutterkornpilz Claviceps purpurea 4 Jungere Untersuchungen der Leibniz Universitat Hannover zeigten fur die Nordseekuste einen starken Befall der Rispen des Salz Schlickgrases mit Claviceps purpurea 5 Die Uberwinterungsorgane dieses Pilzes die Mutterkorn genannten Sklerotien sind stark giftig und enthalten beim Schlickgras hohere Konzentrationen von Mutterkornalkaloiden als bei Getreide bereits der Verzehr von einigen davon kann bei Kleinkindern zum Tode fuhren Da das Schlickgras sich auch auf Weideflachen im gesamten Deichvorland ausgebreitet habe konnten nach Auffassung einer Botanikerin der Universitat Hannover auch Schafe und Hunde oder sogar Kinder betroffen sein Die genaue Verbreitung ist noch nicht geklart in den Niederlanden und Danemark wurde in den Schlickgrasbestanden jedoch ebenfalls Mutterkorn gefunden Sprecher von Nationalparkverwaltung und Landwirtschaftskammer Niedersachsen halten eine Gefahrdung von Menschen oder Tieren dagegen fur unwahrscheinlich und sehen dafur bisher keine konkreten Anhaltspunkte Der Befall sei bekannt und bislang auf den unteren Teil der Salzwiesen begrenzt der als Naturschutzzone gilt 6 7 Wattwanderer konnen sich schmerzhafte Schnittverletzungen an den scharfen Blattern zufugen Gefahrenpotenzial und Massnahmen Bearbeiten Weitere Folgen der Ausbreitung des Salz Schlickgrases und deren Gefahren besonders fur den Kustenschutz sind vielfach noch ungeklart Unbekannt sind auch die Auswirkungen der Infizierung des Schlickgrases mit dem Spartina mottle virus SpMV sowie mit dem Pilz Claviceps purpurea Letztere hat in England zu einer Verringerung der Samenproduktion des Schlickgrases gefuhrt In Deutschland wurden bisher keine Massnahmen zur Bekampfung durchgefuhrt da die bisherigen Beobachtungen der Entwicklung der Bestande keine solchen rechtfertigen wurden Erfahrungen in anderen Landern zeigen dass kleine Bestande problemlos entfernt werden konnen Aus England und den USA gibt es Erkenntnisse wonach eine Mahd geeignet scheint den Samenansatz und damit die weitere Ausbreitung zu verhindern Auf lange Sicht soll das Schlickgras dadurch verdrangt werden In Washington wurden Schlickgrasbestande nach dem Abmahen mit Folien abgedeckt Nach ein bis zwei Vegetationsperioden waren die Pflanzen abgestorben Das Ausreissen und Ausgraben des Grases scheint dagegen wenig erfolgversprechend weil Rhizomfragmente im Boden bleiben und wieder austreiben Es wird in Fachkreisen eine starkere Beobachtung Biomonitoring der Entwicklung der Schlickgrasbestande diskutiert Referenzen BearbeitenInformationen des Bundesamtes fur Naturschutz BfN NeoFlora Invasive und gebietsfremde Arten in Deutschland Stefan Nehring amp Karl Jurgen Hesse Das Salz Schlickgras Spartina anglica Eine invasive Art im Nationalpark Wattenmeer PDF 231 kB Poster prasentiert auf der BfN Fachtagung Invasive Arten in Deutschland Aktivitaten und Umsetzungsmoglichkeiten 23 24 Juni 2005 GottingenWeiterfuhrende Literatur BearbeitenIngo Kowarik Biologische Invasionen Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa Ulmer Stuttgart 2003 ISBN 3 8001 3924 3 S 234ff Stefan Nehring Alien species in the North Sea Invasion success and climate warming In Ocean Challenge 13 3 2003 ISSN 0959 0161 S 12 16 Karsten Reise Das Schlickgras Spartina anglica Die Invasion einer neuen Art In Jose L Lozan Eike Rachor Karsten Reise Jurgen Sundermann Hein Westernhagen Hrsg Warnsignale aus dem Wattenmeer Wissenschaftliche Fakten Blackwell Berlin u a ISBN 3 8263 3025 0 S 211 214 Blackwell Fachwissen Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Salz Schlickgras Spartina anglica Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Verbreitungskarte fur Deutschland bei FloraWeb 1 Salz Schlickgras In BiolFlor der Datenbank biologisch okologischer Merkmale der Flora von Deutschland Verbreitung in den Niederlanden 2 niederl Karte zur Verbreitung von Arten der Gattung Spartina in der Bucht von San Francisco PDF Thomas Meyer Datenblatt mit Bestimmungsschlussel und Fotos bei Flora de Flora von Deutschland alter Name der Webseite Blumen in Schwaben Field Guide Spartina anglica English cordgrass PDFEinzelnachweise Bearbeiten Spartina anglica In Plants of the World Online Bereitgestellt durch die Royal Botanic Gardens Kew abgerufen am 18 November 2016 Erich Oberdorfer Pflanzensoziologische Exkursionsflora fur Deutschland und angrenzende Gebiete Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Muller 8 stark uberarbeitete und erganzte Auflage Eugen Ulmer Stuttgart Hohenheim 2001 ISBN 3 8001 3131 5 S 239 Kunnemann Gad Salzwiesen Isensee Verlag 1997 Seiten 23ff ISBN 3 89598 414 0 A F Raybould A J Gray and R T Clarke The Long Term Epidemic of Claviceps purpurea on Spartina anglica in Poole Harbour Pattern of Infection Effects on Seed Production and the Role of Fusarium heterosporum In New Phytologist Vol 138 No 3 Mar 1998 JSTOR 2588346 Giftiges Mutterkorn breitet sich an der Nordsee aus Meldung bei Scinexx de Leibniz Universitat Hannover 22 Mai 2013 Ludger Fertmann Gefahrlicher Parasit am Wattenmeer Artikel in Die Welt vom 23 Mai 2013 dradio de Forschung Aktuell 28 Mai 2013 Michael Engel Mutterkorn an der Kuste Pilz befallt Schlickgras an der Nordsee 30 Mai 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Salz Schlickgras amp oldid 238613218