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Das Restitutionsedikt war eine von Kaiser Ferdinand II am 6 Marz 1629 erlassene Verordnung mit der ohne Einverstandnis der evangelischen Reichsstande der Status quo des geistlichen Besitzstands im Reich wieder auf den Stand des Jahres 1552 gebracht werden sollte Es setzte damit die katholische Interpretation des Augsburger Religionsfriedens 1555 durch Urkunde des RestitutionsediktsDas Restitutionsedikt markierte den Hohepunkt der kaiserlichen Macht im Dreissigjahrigen Krieg Ende der 1620er Jahre erlitten die Protestanten in Norddeutschland verheerende Niederlagen gegen die Truppen des Kaisers und der katholischen Liga Diese Situation der katholischen Dominanz im Reich wollte Kaiser Ferdinand II zur dauerhaften Starkung der katholischen Konfession nutzen Das Edikt hatte bei Befolgung fur die Eigentumsverhaltnisse innerhalb des Reiches enorme Konsequenzen gehabt da in grossem Umfang Enteignungen und Ruckubertragungen ehemals katholischen Besitzes die Folge gewesen waren darunter zwei Erzbistumer sieben Bistumer und uber 500 Kloster Das Edikt fachte den Konflikt zwischen dem katholischen Kaiser und den evangelischen Fursten und Standen erneut an und trug zur weiteren Eskalation des Krieges bei Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Inhalt des Ediktes 3 Durchsetzung des Ediktes 4 Folgen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDer Augsburger Religionsfrieden von 1555 gab den Reichsfursten das Recht die Konfession ihrer Untertanen zu bestimmen Cuius regio eius religio Wessen Gebiet dessen Religion Gleichzeitig hatten Untertanen die die Konfession ihres Herrschers nicht annehmen wollten das Recht auszuwandern und sich in einem anderen Territorium ihrer Konfession niederzulassen ius emigrandi Ebenfalls aufgenommen wurde aber der sogenannte Geistliche Vorbehalt Reservatum ecclesiasticum der geistliche Territorien von der Reformation ausnahm und eine Einziehung von Kirchengutern verbot Dies sollte den Besitzstand der katholischen Kirche von 1552 sichern Um die protestantischen Reichsstande zur Duldung des geistlichen Vorbehalts zu bewegen verabschiedete Ferdinand I eine Zusatzerklarung die Declaratio Ferdinandea die evangelischen Rittern und Stadten in geistlichen Territorien als Ausnahme vom cuius regio Prinzip die Bekenntnisfreiheit zusicherte Trotz des geistlichen Vorbehalts wurden nach dem Augsburger Religionsfrieden noch Kirchenguter umfangreich sakularisiert Gegen diese Sakularisationen konnte zwar vor Reichskammergericht und Reichshofrat juristisch vorgegangen werden doch oftmals waren diese Prozesse sehr langwierig und kostspielig sodass sie sich nicht lohnten 1 Auch wurden zahlreiche norddeutsche Bistumer mittlerweile von evangelischen Bischofen administriert darunter das Erzbistum Magdeburg mit seinem reichsunmittelbaren Erzstift Magdeburg das Erzbistum Bremen mit dem Erzstift Bremen das Bistum Halberstadt mit dem Hochstift Halberstadt das Bistum Lubeck Hochstift Lubeck wahrend das Bistum Meissen Hochstift Meissen und das Bistum Naumburg Zeitz faktisch von den sachsischen Kurfursten annektiert worden waren Bereits vor dem Erlass des Restitutionsedikts hatte Ferdinand II in Einzelfallen Kirchenguter zuruckgeben lassen etwa 1626 das 1601 verlassene Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen dem Pramonstratenserorden Auch hatte er in seinen Habsburgischen Erblanden nach der Niederschlagung des Standeaufstands in Bohmen 1618 die Gegenreformation gemass dem cuius regio Prinzip gewaltsam durchgefuhrt Der protestantische Adel sowie die protestantische Geistlichkeit Bohmens Osterreichs und Ungarns wurden des Landes verwiesen oder zum Konfessionswechsel gezwungen Die Exulanten hatten sich in weiten Teilen Europas zerstreut von Reichsstadten wie Nurnberg und Augsburg bis in die Kurfurstentumer Sachsen und Brandenburg nach West und Ostpreussen einzelne sogar nach Danemark Schweden oder in die Niederlande einige schlesische Grundbesitzer waren ins benachbarte katholische Polen emigriert Inhalt des Ediktes BearbeitenDer erste Teil des Ediktes dessen Formulierung wesentlich auf den Mainzer Kurfurst Erzbischof und Reichserzkanzler Georg Friedrich von Greiffenclau zuruckgeht beinhaltet eine Erorterung wie der Augsburger Religionsfriede gemeint gewesen sei Sie bestatigt die katholische Auslegung als verbindlich und erklart die protestantische zu Unrecht die katholische Lesart der Bestimmungen uber die reichsmittelbaren geistlichen Guter also solcher Gebiete die einem Landesherrn und nicht direkt dem Kaiser unterstanden sei die einzig richtige und der Geistliche Vorbehalt sei uneingeschrankt rechtskraftig Die Echtheit der Declaratio Ferdinandea wird bezweifelt und ihr Anspruch als ungultig zuruckgewiesen nach dem die geistlichen Fursten ebenso wie die weltlichen Fursten das Recht hatten Andersglaubige aus ihrem Territorium auszuweisen Weiterhin seien die Anhanger des Calvinismus nicht in das Schutzversprechen des Friedens mit eingeschlossen sondern nur die Anhanger der Augsburger Konfession In dem Edikt droht der Kaiser allen Reichsstanden die weder lutherisch noch katholisch sind oder Widerstand gegen das Edikt leisten die Reichsacht an 2 Im zweiten Teil werden die dementsprechenden Konsequenzen gezogen Sollten die Protestanten auf ihrer Auslegung des Friedens beharren so solle das Reichskammergericht ohne weitere Disputation entsprechende Urteile dagegen fallen Verscharfend wurden die meisten Interpretationen der protestantischen Seite als so klar erkennbar falsch erklart dass sie gar nicht erst vor einem Gericht verhandelt werden mussten Daraus folgend seien samtliche Sakularisationen von Kirchengut durch die Protestanten die nach dem Passauer Vertrag von 1552 erfolgt waren ungultig Die korrekte Rechtsauslegung durch den Kaiser musste also nur noch durch die Exekutive durchgesetzt werden Durchsetzung des Ediktes Bearbeiten nbsp Kaiser Ferdinand II Zunachst liess Ferdinand in Wien heimlich 500 Kopien des Edikts anfertigen die er an die Kreisobristen und wichtige Fursten mit der Order schickte weitere Kopien gleichzeitig am 29 Marz zu veroffentlichen Im ganzen folgenden Jahr konzentrierten sich die Anstrengungen darauf das Edikt durchzusetzen 3 Die Bestimmungen des Ediktes bedeuteten die Ruckgabe der Erzbistumer Bremen und Magdeburg sowie sieben weiterer Bistumer und uber 500 Kloster Diese lagen vor allem in Wurttemberg Franken und Niedersachsen 4 In den betroffenen Reichskreisen setzten kaiserliche Kommissare das Edikt durch indem sie die sakularisierten Guter inspizierten und mit Hilfe von Soldaten besetzten und an katholische Administratoren ubergaben 2 Besonders betroffen waren davon die Reichsstadte die Markgrafschaft Baden Durlach und das Herzogtum Wurttemberg in dem allein 50 Kloster restituiert wurden und der Herzog dadurch fast die Halfte seines Territoriums verlor 5 In Franken und Wurttemberg vollzog Ernst Egon Graf von Furstenberg das Restitutionsedikt Folgen BearbeitenDie Protestanten setzten dem Edikt erbitterten Widerstand entgegen zumal sie befurchteten dass der Kaiser ein weiteres Edikt erlassen konnte in dem er auch den vor 1552 sakularisierten Kirchenbesitz restituiert 3 Daher unterstutzte ihre offentliche Meinung die Invasion des Schwedenkonigs Gustav II Adolf der im folgenden Jahre 1630 den Krieg gegen den Kaiser und die Liga aufnahm Auch die anfangs zogerlichen evangelischen Kurfursten von Sachsen und Brandenburg schlossen sich dem Schwedenkonig an Aber auch die katholischen Reichsstande insbesondere die Kurfursten hatten Bedenken gegen das Restitutionsedikt da es die Machtposition des Kaisers erheblich starkte So hatte dieser gleich zwei der vormals protestantisch administrierten reichsunmittelbaren Territorien das Erzstift Magdeburg und das Hochstift Halberstadt seinem jungeren Sohn Leopold Wilhelm ubergeben Erstmals wieder seit dem Wormser Edikt von 1521 war ein Reichsgesetz erlassen worden ohne die Kurfursten um ihre Zustimmung zu bitten Unbeschadet von inhaltlicher Zustimmung erschien das ihnen generell bedenklich Dementsprechend zwangen sie unter der Fuhrung von Maximilian I von Bayern auf dem Regensburger Kurfurstentag 1630 Kaiser Ferdinand II seinen Generalissimus Wallenstein der ein entschiedener Gegner des Ediktes aber auch das militarische Hauptwerkzeug des Kaisers war zu entlassen und einer Uberprufung des Restitutionsediktes zuzustimmen Beachtenswert ist dass Maximilian die Kurfurstenwurde erst einige Jahre zuvor durch einen Bann des pfalzischen Kurfursten Friedrich V und der Aberkennung von dessen Kurfurstenwurde durch Ferdinand II erlangt hatte und auch inhaltlich keineswegs ein Gegner des Ediktes war Im Prager Frieden von 1635 musste der Kaiser das Edikt fur 40 Jahre ausser Kraft setzen Im endgultigen Westfalischen Frieden von 1648 wurde das Restitutionsedikt aufgehoben und der Konfessionsstand von 1624 als verbindliche Norm festgeschrieben Literatur BearbeitenHeinrich Gunter Das Restitutionsedikt von 1629 und die katholische Restauration Altwirtembergs Kohlhammer Stuttgart 1901 online Michael Frisch Das Restitutionsedikt Kaiser Ferdinands II vom 6 Marz 1629 Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung Mohr Tubingen 1993 ISBN 3 16 146000 6 Jus Ecclesiasticum 44 Zugleich Tubingen Univ Diss 1990 91 Wolfgang Seibrich Gegenreformation als Restauration Die restaurativen Bemuhungen der alten Orden im Deutschen Reich von 1580 bis 1648 Verlag Munster 1991 ISBN 9783402039724 nicht eingesehen Peter Claus Hartmann Das Heilige Romische Reich deutscher Nation in der Neuzeit 1486 1806 Reclam Stuttgart 2005 ISBN 3 15 017045 1 Reclams Universal Bibliothek 17045 Axel Gotthard Das Alte Reich 1495 1806 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2003 ISBN 3 534 15118 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Restitutionsedikt Quellen und Volltexte nbsp Commons Restitutionsedikt Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Gerhard Schormann Der Dreissigjahrige Krieg Kleine Vandenhoeck Reihe Band 1506 3 durchgesehene Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2004 ISBN 3 525 33506 7 S 41 a b Johannes Arndt Der Dreissigjahrige Krieg 1618 1648 Reclam Stuttgart 2009 ISBN 978 3 15 018642 8 S 95 Reclams Universal Bibliothek 18642 Reclam Sachbuch a b Gerhard Benecke The practice of absolutism II 1626 1629 In Geoffrey Parker Hrsg The Thirty Years War 2nd Edition Routledge London u a 1997 ISBN 0 415 15458 8 S 88 Gerhard Schormann Der Dreissigjahrige Krieg 3 durchgesehene Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2004 ISBN 3 525 33506 7 S 41 42 Kleine Vandenhoeck Reihe 1506 Johannes Arndt Der Dreissigjahrige Krieg 1618 1648 Reclam Stuttgart 2009 ISBN 978 3 15 018642 8 S 96 Reclams Universal Bibliothek 18642 Reclam Sachbuch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Restitutionsedikt amp oldid 232150663