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Das Rathaus von Lemgo im Kreis Lippe ist ein epochenubergreifendes Baudenkmal von besonderer Bedeutung Es steht auf der UNESCO Liste 1 als Kunstwerk von europaischem Rang Die Anfange des Gebaudes liegen im Bau einer gotischen Markthalle die in der mittelalterlichen Handelsstadt bald als Rathaus ausgebaut wurde in dem verschiedene kommunale Funktionen eingerichtet wurden Die Bauphasen liegen in der Blutezeit der Hansestadt Lemgo in Gotik und Renaissance Die Prunkfassaden der Ratslaube und der Apothekenauslucht nehmen einen besonderen Rang in der regionalen Weserrenaissance ein Lemgoer Rathaus NordteilAnsicht von Sudwesten Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Funktion 3 Rathaustypus 4 Baubeschreibung 5 Der Saalbau 5 1 Vorgangerbauten und fruhes Stadium 5 2 Ausseres 5 3 Inneres 6 Erweiterungsbauten 6 1 Ratskammerbau 6 2 Ratslaube und Kornherrenstube 6 3 Apothekenbau und Auslucht 6 4 Ratsstubenbau 6 5 Winteppenhaus 7 Literatur 8 WeblinksLage BearbeitenDas Rathaus von Lemgo bildet heute einen Solitarbau und liegt auf der ostlichen Seite des Marktplatzes Es bildet somit einen Querriegel zwischen Markt und Kirchplatz von St Nikolai der zentralen Hauptkirche der Altstadt Seit dem Mittelalter liegt es im Zentrum der Stadt an wichtigen Hauptstrasse so liegt nordlich die Hauptverkehrsachse der Mittelstrasse Funktion BearbeitenDas Rathaus von Lemgo ist als Baukorper nicht einheitlich geplant sondern entwickelte sich in drei Jahrhunderten vom 14 bis zum 17 Jahrhundert zu der heutigen Anlage Das Rathaus geht in seinem Ursprung auf einen langgestreckten Saalgeschossbau zuruck Er war nicht als Ratsgebaude konzipiert sondern diente der vom Handel gepragten alteren Stadt Lemgo als kophus also Kauf bzw Handelshaus direkt am Marktplatz gelegen Dort erfolgte im 16 Jahrhundert die Anlage fester Burger und Handelshauser in geordneter Reihung und die planvolle Gestaltung des Platzes mit reprasentativer Rathausfassade Aus Anlass der Vereinigung der Lemgoer Altstadt mit der handwerklich gepragten Neustadt im Jahre 1365 wurde das Marktgebaude zum gesamtstadtischen Versammlungsgebaude umfunktioniert Mit der Nennung eines consistorium consulum 1372 sowie der Errichtung der Ratskammer und Gerichtslaube zu gleicher Zeit hat der Bau den Wandel vom Markt zum Versammlungsort vollzogen wobei eine Dominanz der Altstadt also des kaufmannischen Stadtregiments zu erkennen ist Die Handwerkszunfte der Neustadt wurden an der Regierung beteiligt doch das bereits 1314 erwahnte Rathaus der Neustadt wurde aufgegeben Rathaustypus BearbeitenIn seiner Anlage ist dieser Markt und Versammlungsbau der Kaufmannsgilde gleich den fruhen niederdeutschen Rathausern Zwei Geschosse nehmen je einen grossen Saal ein die beide unabhangig voneinander erreichbar sind Neben der raumlichen gibt es darin wenigstens zeitweise auch eine funktionale Trennung Einerseits ist das Obergeschoss als reprasentativ gestalteter Raum oftmals Ort des Haus beziehungsweise Landesherrn das Erdgeschoss der Gefolgschaft Andererseits kann im Marktbetrieb eine Trennung der stadtischen Tuchhandler im Erdgeschoss und der auswartigen Handler im Obergeschoss erfolgen In Lemgo ist keine funktionale Trennung der Sale nachweisbar doch grundsatzlich und wegen der unterschiedlichen Disposition der Eingangsportale denkbar Baubeschreibung BearbeitenDas Rathaus erstreckt sich in nordsudlicher Richtung auf seiner westlichen Seite finden sich vier spater hinzugefugte Bauglieder an der Stelle von Privathausern in der Mitte die Alte Ratskammer nordlich davon der Apothekenbau mit Auslucht sowie sudlich die Neue Ratsstube und das Winteppenhaus Auf der Nordseite findet sich ein weiterer Anbau die Ratslaube mit der spater aufgesetzten Kornherrenstube Der Saalbau und die Alte Ratkammer sind Bauten der Gotik wahrend die anderen Teile der Renaissance entstammen Im Grundriss nimmt das Rathaus einen Raum von etwa 48 Metern Lange und 18 Metern Breite ein Den hochsten Punkt des zweigeschossigen Gebaudes erreicht der Giebel der Alten Ratkammer mit einer Hohe von 17 Metern Der Bau besteht zum grossen Teil aus verputztem Bruchstein seit dem 16 Jahrhundert wurde auch Backstein verwendet Werksteingliederungen und unverputzte Schaufassaden der Renaissance sind ganz aus Werkstein Das heutige farbliche Erscheinungsbild beruht auf einem kompletten Neuanstrich von 1977 78 bei dem die Wandflachen in gebrochenem Weiss die Werksteinteile in Sandsteintonen ausgefuhrt wurden und die Wappen und Inschriften neue Farbfassungen erhielten Der Saalbau BearbeitenVorgangerbauten und fruhes Stadium Bearbeiten Der Ursprung des Rathausbaus lasst sich unter dem nordlichen Teil des Saalbaus nachweisen Die erhaltenen Grundmauern aus dem ersten Viertel des 13 Jahrhunderts zeigen einen Vorgangerbau mit leichten Mauern auf denen moglicherweise Fachwerkwande ruhten Er wurde wohl durch einen Stadtbrand um 1240 50 zerstort Die Entstehungszeit des zweiten Baus ist unmittelbar danach um 1250 Von diesem sind Fundamentreste erhalten Die Breite entspricht dem dritten heute erhaltenen Bau die Lange kann nur von Norden bis zur Mitte des Rathauses sicher festgestellt werden Um die Mitte des 14 Jahrhunderts ist dieser Bau ebenfalls einem Brand zum Opfer gefallen Kurz nach dem zweiten Brand wurde vermutlich um 1350 60 der dritte und letzte Bau der heutige Saalbau errichtet Der Vorgangerbau wurde fur den Neubau fast vollstandig abgetragen Um 1545 muss ein Brand den nordlichen Teil des Rathauses in allen Geschossen heimgesucht haben der einen Um und Neubau der Nordhalfte erforderte Dabei wurde im Keller eine kocke Kuche eingerichtet die fur die Bewirtung von Gasten des Rates notwendig war Im Zuge der Umbauten nach dem Brand von 1545 wurden die Geschosse im Nordteil neu erstellt und ein neues Mittelportal in der Nordwand eingefugt Ausseres Bearbeiten Der heutige Saalbau hat eine Lange von 48 eine Breite von 10 70 und eine Hohe bis zur Mauerkrone von 7 Metern Die Mauern bestehen zum grossten Teil aus weiss verputztem Bruchstein und Werkstein als Gliederungselemente an Ecken und Gewanden An der Westseite des Langbaus schliessen sich die spateren Bauglieder an Der gesamte Bau ist mit ursprunglich drei Raumen unterkellert dem Nord Sud und Weinkeller in der Mitte Auf dem Dach liegt eine lange durchgehende Gaube des 20 Jahrhunderts Die Ostwand als architektonisch untergeordneter Fassadenteil entbehrte seit jeher jeder besonderen baulichen Gliederung und Hervorhebung Ihr Erscheinungsbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich gewandelt Nach einem Rekonstruktionsversuch gab es ursprunglich eine zweigeschossige Flucht von stichbogigen Fenstern Zwei dieser ursprunglichen Fenster sind als Blenden links des Ostportals erhalten ansonsten ist die Wand durch sieben grosse dreibahnige Fenster gegliedert Diese erstrecken sich uber die Hohe der beiden ehemaligen Geschosse Die Schauseite des Rathauses war ursprunglich die Sudfassade die sich durch gotischen Giebelschmuck und symmetrische Fassadengestaltung reprasentativ gestaltet zeigte Auf den Schragen stehen sechs Fialen deren Wimperge heute fehlen und Helme erneuert sind Auf der Giebelspitze befindet sich eine Kreuzblume auf schlankem Schaft Darunter ist im Giebelfeld ein Vierpassokulus eingelassen unter dem sich ursprunglich sechs segmentbogige gotische Fenster in symmetrischer Anordnung offneten In der Mitte gab es ein spitzbogiges Doppelportal mit einer Freitreppe das heute durch eine Portalblende sichtbar ist In der Wandflache finden sich Kopfreliefs die Darstellungen von Dummheit und Schlafmutzigkeit sein konnten Im Jahre 1548 wurde das Portal geschlossen und die Freitreppe abgebrochen da mit dem Bau des Zeughauses auf dem Platz zwischen Rathaus und Papenstrasse Sicht und Raum in der neuen schmalen Gasse beengt waren Die Schauseite wurde damit auf die Nordseite verlegt Dort war 1545 ein neues Portal das nun als Haupteingang in den Saalbau diente erbaut worden Uber die ursprungliche Gestalt der Nordfassade konnen keine Aussagen mehr getroffen werden da die Nordseite im Jahr 1545 neu errichtet wurde Dabei wurde das spatgotische Mittelportal mit Segmentbogen eingesetzt das nun hinter der Ratslaube im Innern verdeckt ist Die reichen Renaissancefenster wurden 1589 von Georg Crossmann gestaltet Der Schildgiebel ist im Kontrast zu den aufwendig gestalteten Fenstergewanden schlicht gehalten Der spatgotische Giebel ist von einer Fiale mit der Lemgoer Rose als Wetterfahne bekront Inneres Bearbeiten Die Erschliessung des Erdgeschosses erfolgte uber das Hauptportal an der Sudseite sowie vermutlich uber einen weiteren Zugang in der Nordseite Das Obergeschoss wurde uber eine Treppe von Osten her erschlossen In ihrer Anlage als durchgehende Sale und ihrer fruhen Nutzung als Marktplatz fur Pelzer Schuster schohus und Wandschneider waren sie wohl ahnlich Die Geschosse haben eine Lange von 45 50 und eine Breite von etwa 8 80 Meter und waren im ursprunglichen Zustand vermutlich grosse durchgehende Sale In ihnen fanden sich Nischen mit Wandschranken fur Verkaufsstande wie sie auch in Kaufhallen in Dortmund und Brilon vorkamen Das Obergeschoss besitzt mittig in der Westwand eine kleine Nische die als Lichtnische oder als Lavabo Nische fur zeremonielle Waschungen in Ratsmessen gedeutet werden kann Diese einfache Form von Ratskapellen ist auch in westfalischen Rathausern in Attendorn und Dortmund bekannt Zu umfangreichen Veranderungen im Innern kam es im 16 und 18 Jahrhundert Der Umbau des sudlichen Saalbereiches erfolgte 1578 79 aus Anlass eines Besuches des Landesherrn Simons VI Hier wurde ein uber beide Geschosse reichender Saal eingerichtet der rund zwei Drittel der Lange des Langbaus einnahm Von Hermann Wulff wurden die grossen neuen Fenster mit Rollwerkrahmen gestaltet in der ersten Halfte des 18 Jahrhunderts wurde der restliche Saalbau entsprechend gestaltet Das Ostportal wurde nach unten verlangert und diente nun als Eingang in den Erdgeschossaal Im Zuge des Umbaus fur die Nutzung als Amtsgericht wurden nach 1879 Umbauten vorgenommen denen fur einen Tresorraum im Keller der spatgotische Kamin der Kuche von 1545 weichen musste Umfangreiche Umbauten und Restaurierungen wurden im 20 Jahrhundert vorgenommen 1911 12 wurde im Wein und Sudkeller eine Ratskellerwirtschaft eingerichtet 1921 22 erfolgte ein Umbau des Saales im Sudteil Bei Umbau und Auskernung der Sudhalfte des Rathauses von 1959 bis 1962 wurde der Sitzungssaal erneuert Uber dem Saal wurde der Dachstuhl als Stahlkonstruktion erneuert und mit Buroraumen ausgebaut In den Jahren 1964 65 erfolgte die Auskernung der nordlichen Gebaudehalfte die als notwendig erkannt wurde als lediglich der Dachstuhl erneuert werden sollte Erhebliche Bauschaden erforderten den Abbruch von Dach Decken und Zwischenwanden bis zum Kellerfussboden sowie der eines Teils der Ostmauer Im Innern entstand nun hinter der Nordfassade wieder die alte zweigeschossige Aufteilung Der ubrige Bereich wurde als Halle ausgefuhrt wo eine Empore mit Treppe zu neuen Buroraumen im Apothekenbau fuhrt Im Dachraum wurden Sitzungsraume mit Dachgauben eingerichtet Die Kellerraume waren ehemals durch den Eingang nordlich der Gerichtslaube zuganglich der heutige befindet sich im Winteppenhaus Durch ihn sind die Raume der Ratskellerwirtschaft erschlossen die im Sudkeller Weinkeller und sudlichen Teil des Nordkellers untergebracht sind Eine Umgestaltung des Sud und des Weinkellers und die Rekonstruktion des Zustandes von 1589 geschah 1977 78 Der quadratische Weinkeller ist gedeckt mit einem Gewolbe das auf Pfeilern und Konsolen ruht Der ursprunglich durch eine Wand vom Sudkeller getrennte Raum ist seit dem Umbau 1911 12 in zwei Bogen geoffnet Der zweischiffige Raum besitzt ebenfalls Gewolbe auf Pfeilern ein Renaissancekamin aus dem Planetenhaus in der Mittelstrasse 36 von 1612 befindet sich an der Sudwand Erweiterungsbauten BearbeitenDie Anbauten sind dem Langbau des Rathauses auf der westlichen Seite vorgelagert und bilden dort eine durchgehende Fassade zum Marktplatz Im Laufe der Zeit entstanden seit dem ausgehenden Mittelalter zahlreiche Erweiterungen des Rathauses die auf die zunehmende funktionale Differenzierung zuruckzufuhren ist Die alteste Erweiterung ist der Ratskammerbau mit der Alten Ratskammer im Ober und der Gerichtslaube im Erdgeschoss Der zweite gotische Anbau ist der Apothekenbau von 1522 Die Ratslaube von 1565 im Norden mit der 1589 aufgesetzten Kornherrenstube das Winteppenhaus und der Ratsstubenbau mit der Neuen Ratsstube beide von 1589 sind Bauten der Renaissance Die einzelnen Bauteile sind in sich und Baustil unterschiedlich und bilden zusammen eine locker symmetrische architektonische Einheit Die Kombination der verschiedenen Bauformen und Stile bewirkt leichte Kontraste zwischen schlichten Flachen und reicher Ornamentik Ratskammerbau Bearbeiten nbsp RatkammergiebelDer Ratskammerbau ist ein spatgotischer Bau von 1480 der vermutlich auf einen Vorgangerbau des 14 Jahrhunderts zuruckgeht Spatestens mit der Ubernahme von samtlichen landesherrlichen Gerichtsfunktionen durch den Stadtrat in den 1480er Jahren wurde der reprasentative Laubenbau fur Zurschaustellung des kommunalen Selbstbewusstseins erforderlich Im Obergeschoss befindet sich die Ratskammer im Erdgeschoss offnet sich eine Laube Mit dem hohen Staffelgiebel der dem des Rathauses der bedeutenden Hansestadt Munster ahnelt und den grossen Glasfenstern erhielt das Rathaus nun eine Schaufront die Lemgo baulich in die Reihe der reichen Hansestadte stellte und damit Reichtum und Selbstbewusstsein sichtbar macht nbsp Ansicht von spatestens 1909Das Gebaude ist ein aus rotem Sandstein bestehender Werksteinbau mit drei offenen Stichbogen im Erdgeschoss Die von der hinten liegenden Treppe abgeteilten sudlichen Schiffe bildeten die mittelalterliche Gerichtshalle Die Arkaden des Ratkammerbaus waren zwischen 1839 und 1938 vermauert Der Schaugiebel besteht aus drei verschiedenartigen Staffeln auf denen Masswerkformen Krabben und Fialen ruhen In den Staffeln befinden sich sechs Durchbruche mit Vierpassen in die gelehnte Wappenschilde eingefugt sind Die Wappenschilde beinhalten von links nach rechts die Wappen von Schaumburg Mark Hoya Lemgo das auf den Kopf gestellte Wappen Paderborns und schliesslich das von Lippe Die Fenster sind in einem sorgfaltig proportioniertem Grossenverhaltnis angeordnet Im Jahre 1881 wurde bei der Restaurierung das Flachrelief mit der Darstellung des altesten Lemgoer Stadtsiegels eingesetzt Die Alte Ratskammer liegt im Obergeschoss des Gebaudes und hat ein Innenmass von 6 70 Metern Lange und 9 40 Metern Breite bei einer ehemals 5 60 Meter hohen Holztonnendecke Sie war der reprasentative Raum des Rates der hier auf lederbezogenen Sitzen im Gestuhl tagte Gaste empfing und bewirtete Die Wande waren dekoriert mit Spiessen Schwertern und Hakenbuchsen sowie mit Malereien An die Stelle eines verschwundenen gotischen Kamins mit Wappen der Herrschaften der Familie des Bernhard VII wurde 1965 ein Renaissancekamin aus der Kornherrenstube gesetzt Zwischen 1839 und 1961 war der Raum durch eine Zwischendecke und in kleine Amtsstuben unterteilt Beim Umbau wurden Malereien mit Inschriften zerstort die teils in Abschrift erhalten sind Sie enthielten Weisungen und Mahnungen an die Ratsherren fur eine gerechte Regierung Nach der Errichtung der Neuen Ratsstube hatte die Ratskammer ihre Funktion verloren und wurde von der Lemgoer Pelzerzunft und als Arrestlokal genutzt Ratslaube und Kornherrenstube Bearbeiten nbsp Laube und KornherrenstubeDie Ratslaube ist dem Saalbau nordlich vorgelagert Sie wurde 1565 dem Nordportal vorgesetzt und war seit 1545 Ort des Haupteingangs Die Laube dient als Nobilitierung des Einganges und markiert das Rathaus innerhalb der Hauptstrasse in deren Strassenraum sie hineinragt Meister Hermann Wulff fertigte mit der Ratslaube den ersten Renaissancebauteil des Rathauses wobei die kraftigen und eigentumlichen Formen und reiche Ornamentik der Weserrenaissance Anwendung fanden Lisenen Zierquader und Saulen gliedern die rundbogigen Fenster Rollwerkmuster und dekorierte Vollwappen schmucken den Bau auf dem die Jahreszahl 1565 eingelassen ist Daneben gibt es Rundmedaillons die teils mit Fratzen teils mit Bluten ausgefullt sind Eine Rollwerkkartusche beinhaltet das Lemgoer Wappen daneben sind Busten eines Mannes in antiker und einer Frau in zeitgenossischer Kleidung angebracht Ein besonderes Merkmal der Ratslaube ist die fruhe Rollwerkornamentik die hier erstmals in Lippe angebracht wurde Die Asymmetrien mit ungleichmassigen Formen sowie der verspielte und reiche Flachen und Plastikschmuck sind Kennzeichen der Weserrenaissance Die Kornherrenstube wurde 1589 von Georg Crossmann als Obergeschoss auf die Ratslaube gesetzt Benannt ist sie nach ihrer Bestimmung als Amtsstube der stadtischen Kornherren die die Aufsicht uber den seit 1550 in Lemgo ansassigen zentralen Umschlagplatz fur Getreide in Lippe hatten Der Bauteil sitzt auskragend auf diamantierten Konsolen auf Beschlagwerk Lowenkopfe und Reliefs mit allegorischen Darstellungen und epigraphischen Benennungen der Sieben Freien Kunste dekorieren den Bauteil namlich GRAMMATICA DIALECTICA RHETORICA MVSICA ARITHMETICA GEOMETRIA und ASTRONO MIA Die Fenster sind durch ionische Saulen und Pilaster gegliedert Das Giebelfeld ist mehrfach geschweift und von Beschlagwerkbandern mit Voluten und in der Flache geschmuckt Ein Okulus auf dem Giebel besitzt ein Inschriftenfeld mit der Jahreszahl 1589 und tragt eine allegorische Figur der Caritas Die Kornherrenstube besteht aus einem kleinen Raum dessen ursprungliche Innenausstattung 1965 entfernt wurde Sie besass einen Wandschrank Sohlbanke Wandvertafelungen und Sitztruhen Das Verhaltnis des kleinen Innenraums zum reich geschmuckten Ausseren zeigt eine eher reprasentative als tatsachlich funktionale Einrichtung Ornamentik und Glasluxus zeigen materiellen die Allegorien geistigen Reichtum der Stadt Apothekenbau und Auslucht Bearbeiten nbsp Apotheken AusluchtDer Apothekenbau liegt an der Nordwestecke des Rathauses und grenzt im Suden an den Ratskammerbau Der gotische Bau wurde 1522 als Niggehuis Neues Haus errichtet Der Apothekenbau ist zum Markt traufstandig mit zwei Geschossen deren Wandflachen weiss verputzt die Werksteinteile rot sind Der Nordgiebel ist ein schlichter Dreiecksgiebel mit schmaler Firststaffel und funf Fenstern Die mittlere Firststaffel tragt eine Wetterfahne mit der Lemgoer Rose Die Marktfassade ist im Erdgeschoss in einen Bogengang aufgelost der beim Bau der Apothekenauslucht verkurzt und vermauert wurde Im Jahre 1964 wurden im Zuge der Auskernung des nordlichen Saalbaus und des Apothekenbaus die Bogen wieder freigelegt und mit einer hinter den Bogen liegenden Mauer abgeschlossen in die Fenster und Tur eingelassen sind Die Apotheke wurde vor 1553 in Lemgo als erste im Lipper Land gegrundet und 1559 im Nebengebaude des Rathauses untergebracht Sie unterstand der Aufsicht von zwei Apothekerherren die dem Stadtrat angehorten Der Stadt brachte der Apothekenbetrieb erhebliche Einkunfte da neben der Arzneiversorgung auch Handel mit Schreiberbedarf und edlen Lebensmitteln stattfand Wegen der Enge der Geschaftsraume wurde 1600 die Vermauerung des Bogenganges und der Bau der Auslucht beschlossen 1612 wurde die Auslucht der Apotheke vom Stadtbaumeister Hermann Roleff und seinem Sohn Johann Nachfolger seines Vaters und Georg Crossmanns als Stadtbaumeister seit 1612 vollendet Der reich geschmuckte Bauteil mit den lebhaften Arztereliefs stellt ein Hauptwerk der Weserrenaissance dar und ist die letzte und zugleich prachtvollste architektonische Erweiterung des Lemgoer Rathauses Das Zusammenspiel von grossen Fenster und reichen Ornamentflachen erreicht in seiner Pracht fast barocke Formen Die Apothekenauslucht ist ein von einem geschweiften Dreiecksgiebel bekronter zweigeschossiger Bau an der Nordwestecke des Apothekenbaus Sie ist dem Markt zugewandt und nobilitiert und betont die ansonsten schlichte Fassadenecke des Apothekenbaus Die Wande sind fast vollstandig in Fensterflachen geoffnet und durch waagerechte und senkrechte Gliederungen ausgewogen proportioniert Beschlagwerk Zierquader Saulen und Rollwerk schmucken die Wandflachen Daneben sind Kopf Lowen und Rosenreliefs Fruchtgehange und zehn Hochreliefs mit Busten beruhmter Naturforscher und Arzte aus Mythologie Antike und aus dem Renaissancezeitalter selbst zu finden Folgenden Gelehrten sind Reliefs mit Namensinschriften angebracht PEDANTIVS DIOSCORIDES ARISTOTELES Nordseite RHASES CLAVDIVS GALENUS HIPPOCRATES HERMES TRISMEGISTOS AEGYPT ICUS R AIMUNDUS LULLIUS HISPANUS GEBER ARABS Hauptseite sowie ANDREAS VESALIVS und TH EOPHRASTUS PARACELSVS GERMANVS Sudseite Den Darstellungen beigefugt sind jeweils Ausspruche oder Prinzipien der Personen sowie individuelle Attribute Die Gestik der Figuren ist sehr variantenreich und individuelle Gesichtszuge sind besonders markant ausgeformt Sie scheinen teils aus Lemgoer Werkstatten und grosstenteils von den Bildhauern Hans oder Jonas Wolf aus Hildesheim zu stammen Die Arztereliefs gehen moglicherweise auf eine Auswahl des Apothekers Wolrad Ferber zuruck der zuvor beim Entwurf eines Nurnberger Arzneibuches mitgewirkt hatte Fur funf Busten sind Vorlagen in wissenschaftlichen Werken des 16 und fruhen 17 Jahrhunderts nachgewiesen Die Auswahl und bildliche Darstellung sprechen fur ein hohes Mass an Gelehrsamkeit Im Obergeschoss sind funf weibliche Figurenplastiken angebracht die die funf Sinne darstellen Sie sind durch die Beischriften aber auch durch ihre Attribute als TACTVS und AVDITVS Tastsinn und Gehor in der Mitte VISVS Gesicht GVSTVS und ODORATVS Geschmack und Geruch zu erkennen Der abschliessende Fries tragt eine Inschrift aus Satzteilen des Bibelbuches Sirach 38 WEN DU KRANK BIST SO BITTE DEN HERN UND LAS AB VON SVNDEN SO WIRD ER DICH GESVND MACHEN DAR NACH LAS DEN ARTZ ZV DIR DEN DER HOCHST HAT IN GESCHAFF EN DIE ART N ZEI KOMPT VOM HER N U N D DER APOTEKER BEREIT SI Der Sinnspruch steht fur die Verbindung von Medizin und Obrigkeit da es dem Gelehrten Jesus ben Eleasar ben Sirach bereits in jenem Bibelkapitel ein Anliegen ist Weisheit und Gesetz miteinander in Einklang zu bringen Die Giebelflache ist reich mit Beschlagwerkbandern Voluten Obelisken und Masken verziert Ein Rollwerkschild zeigt das von einem Lowen und einem Greifen gehaltene Stadtwappen daruber ist das Vollendungsjahr 1612 inschriftlich festgehalten Eine bekronende Askulap Figur ist nicht erhalten Wie die anderen Schaufassaden des Lemgoer Rathauses so zeugt auch die der Apothekenauslucht ganz besonders von kommunalem Selbstbewusstsein Ratsstubenbau Bearbeiten nbsp Ratsstubenerker und WinteppenhausDer Neue Ratsstubenbau ist der sudwestliche Bauteil des Rathauses an der Ecke zwischen Altstadtscharren und Marktplatz Das Erdgeschoss ist spatgotisch und offnet sich in zwei flachen Arkaden die im 19 Jahrhundert verschlossen waren Heute besitzen die zuruckliegenden Wande im schmalen Bogengang zwei Fensterpaare hinter jedem Bogen Die Sudwand besitzt drei moderne Doppelfenster Die Schragen des schlichten Giebels sind mit Steinkugeln und einem Adikulaaufsatz gegliedert auf dessen Segmentbogen zwei weitere Steinkugeln sowie eine Wetterfahne mit der ausgesagten Jahreszahl 1885 platziert sind Ein Wappenstein mit der Lemgoer Rose aus dem 15 Jahrhundert stammt moglicherweise vom Vorgangerbau Das Obergeschoss wird eingenommen von der Neuen Ratsstube mit einem Doppelerker aus der Renaissance Der Erkerbau wurde 1589 von Georg Crossmann als erstem vorkragenden Bauteil des Rathauses errichtet Er sollte als Ratsarchiv Repositur und als neue Sitzungsstube anstatt der Alten Ratskammer dienen In den Jahren 1958 bis 1961 musste der bis dahin am wenigsten veranderte Bauteil des Lemgoer Rathauses abgetragen und in originalgetreuer Kopie wiederhergestellt werden Auf Konsolen uber den Bogenpfeilern liegen zwei zu den Bogen parallele mit Zierquadern und Lowenkopfreliefs geschmuckte Flachbogen In einer Nische steht ein Engel mit Stab der vor sich das Stadtwappen in einem Rollwerkschild halt Das obere Stockwerk ist in eine durchgehende Fensterflache mit ionischen Saulengliederungen aufgelost Die Schafte der Saulen sind mit figurlichen Darstellungen der funf Kardinaltugenden geschmuckt die durch Beischrift und Attribute folgendermassen erscheinen Glaube FIDES mit Kreuz und Buch Klugheit PRVDENTIA mit Spiegel und Schlange Gerechtigkeit IVSTITIA mit Doppelkopf und Schwert Tapferkeit FORTITVDO mit Saule und besiegtem Lowen und Massigkeit TEMPERANT IA als Ruckenfigur die Wasser in einen Weinbecher giesst Die Brustung tragt einen im Original erhaltenen Gebalkfries mit lateinischer Inschrift VDICIIS INOPES DEFENDITE SVSCIPITE ORBOS ASSERITE OPPRESSOS IVSTIFICATE PIOS REDDITE PAVPERIBVS IVS ERIPITE INSVPER IPSOS SI QVOS IN VINLIS IMPIVS HOSTIS HABET PSL 82 Der Text aus Psalm 82 lautet in deutscher Ubersetzung Verteidigt die Armen in Prozessen widmet euch den Bedrangten rechtfertigt die Frommen Gebt den Armen das Recht zuruck uberdies rettet jene wenn sie der gottlose Feind in Fesseln halt Auf dem Fries befindet sich die folgende vom Original kopierte Inschrift DER OBRIGKEIT DAS WOL STEHT AN FVR IHR GEMEIN GVTH SORG ZV HAN DIE VNTERTHANEN AVCH DABEI IHRR OBRIGKEIT GEHORSAM SEI DOCH WIS DAS BEID DAS AVGE MERK VND DAS OHR HOR IST GOTTES WERCK Wie zuvor die Alte Ratkammer sollte nun die Neue Ratsstube den Rat selbstbewusst nach aussen vertreten Die Inschriften mit dem Ausdruck des Selbstverstandnisses einer gerechten Regierung wurden nicht mehr innen sondern aussen fur alle Burger sichtbar angebracht Sinnbildlich stehen die Sieben Tugenden fur den moralischen Anspruch der Ratsherren in deren Mitte innen wie aussen als wichtigstes Symbol der Gerichtsbarkeit und Regierung die Justitia steht Der Doppelgiebel des Gebaudes ist durch Bander an den geschweiften Randern gerahmt und bietet zwei 1890 erneuerten Vollwappen des Grafen Simons VI links und seiner Frau Elisabeth von Holstein Schaumburg rechts Raum Die Voluten des Giebels besitzen wiederum Steinkugeln und Obelisken daruber finden sich Masken und bekronende Wetterfahnen die Lilien und Wappenschilde von Lippe und Schwalenberg tragen Im Erdgeschoss des Ratsstubenbaus sind zwei gewolbte Raume das Obergeschoss wird von einem gewolbten Raum eingenommen Er hat eine Lange von etwa acht und eine Tiefe von etwa 7 Metern und besitzt in der Mitte eine dekorativ betonte Saule die mit Diamantquadern Rollwerkvoluten Tuch und Fruchtgehangen sowie Kopfplastiken reich verziert ist In einer rundbogigen Nische steht eine farbig gehaltene Justitia des Meisters Georg Crossmann von 1593 die gewissermassen das innere Gegenstuck zur ausseren Justitia Figur darstellt Die Renaissance Innenausstattung mit Wandvertafelungen und Archivschranken mit gravierten Beschlagen ist original Winteppenhaus Bearbeiten nbsp Winteppenhaus Fenster mit Stadtwappen und InschriftDer einfachste Bauteil des Lemgoer Rathauses ist das Winteppenhaus das 1589 von Georg Crossmann errichtet wurde Der Name des Gebaudes leitet sich vom Winteppen dem Weinzapfer ab Er war der Pachter des stadtischen Weinhandels dessen Lager im Saalbaukeller untergebracht war Die Weinherren sind die fruhesten bekannten Beamten des Rates mit besonderer Funktion die im 15 Jahrhundert Erwahnung finden Die Weinkellerordnung von 1462 sollte spater Vorbild fur die Regeln der Apotheken und Kornherren werden Das Winteppenhaus ist ein einfacher traufstandiger Bau mit Satteldach Im Norden grenzt er an den Ratskammer im Suden an den Ratsstuben im Osten an den sudlichen Saalbau Die Pfeiler und Bogenformen des Bogenganges mit zwei flachen Arkaden wurden denen des Ratsstubenbaus angeglichen Das Winteppenhaus hatte ursprunglich als einziger Bauteil zwei Obergeschosse In die Fassade ist ein Relief des Stadtwappens eingelassen das einen mit Engelskopf Kugelknaufen und Obelisken geschmuckten Beschlagwerkgiebel besitzt Eine Inschrift nennt das Erbauungsjahr AO DNI 1589 Von 1839 bis 1938 war der Bogengang geschlossen und im Jahre 1903 wurde das zweite niedrige Obergeschoss aufgegeben Literatur BearbeitenStephan Albrecht Mittelalterliche Rathauser in Deutschland Architektur und Funktion Wiss Buchges Darmstadt 2004 ISBN 3 534 13837 6 Otto Gaul Ulf Dietrich Korn Hrsg Die Stadt Lemgo Bau und Kunstdenkmaler von Westfalen Bd 49 1 Aschendorff Munster 1983 ISBN 3 402 05049 8 Karl Gruber Das Deutsche Rathaus Bruckmann Munchen 1943 DNB 361439334 Fred Kaspar Bauen und Wohnen in einer alten Hansestadt Zur Nutzung von Wohnbauten zwischen dem 16 und 19 Jahrhundert dargestellt am Beispiel der Stadt Lemgo Schriften der Volkskundlichen Kommission fur Westfalen Bd 28 Aschendorff Munster 1985 ISBN 3 402 05666 6 Jurgen Soenke Herbert Kreft Die Weserrenaissance Niemeyer Hameln 1964 1975 ISBN 3 87585 030 0 Max von Sonnen Die Weserrenaissance Die Bauentwicklung um die Wende des XVI und XVII Jahrhunderts an der oberen und mittleren Weser und in den angrenzenden Landesteilen Niedersachsische Renaissance Bd 1 Aschendorff Munster 1918 DNB 362764085 Ernst Ullmann Renaissance Deutsche Baukunst 1520 1620 Seemann Leipzig 1995 ISBN 3 363 00647 0 Kristine Weber Sabine Wehking Die Inschriften der Stadt Lemgo Die Deutschen Inschriften Bd 59 Reichert Wiesbaden 2004 ISBN 3 89500 345 X Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Rathaus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Rathaus von Lemgo auf lemgo net Apothekenerker des Rathauses auf lemgo net aufgerufen am 6 Oktober 2012 Das Rathaus auf baukunst nrw52 0280909 8 90157497 Koordinaten 52 1 41 1 N 8 54 5 7 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rathaus Lemgo amp oldid 237884177