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Gestik ist die Gesamtheit der Gesten 1 die als Bewegungen der zwischenmenschlichen Kommunikation dienen Insbesondere Bewegungen der Arme Hande und des Kopfes begleiten oder ersetzen Mitteilungen in einer jeweiligen Lautsprache Gesten sind Zeichen der nonverbalen Kommunikation Signal eines Eishockey Schiedsrichters durch Gestik Mitteilung einer Entscheidung Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Abgrenzung 3 Typologie 4 Synchronitat und Co Expressiveness 4 1 Phasen einer Geste 4 2 Verbindung zwischen Gestik und Sprache 4 3 Gestische Perspektiven 4 4 Lexical Affiliate LA 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenDas Wort Geste das allgemein eine die Rede begleitende Gebarde bedeutet und um 1500 auf das Gesten machen offentlicher Spassmacher erscheint 2 ist eine Entlehnung aus lateinisch gestus das die Gebarden eines Schauspielers oder Redners umfasst Es gehort zum Verb lat gerere in der deutschen Bedeutung von zur Schau tragen sich benehmen Von diesem Stammwort ist uber die Verkleinerungsbildung gesticulus pantomimische Bewegungen das lat Verb gesticulari abgeleitet aus dem im 16 Jh das Wort suggerieren und im 17 Jh das Wort gestikulieren entlehnt wurden 3 Gestik und Gestikulation zeigen mentale Ablaufe und sie sind ein aktueller Ausdruck der Psyche einer Person 1 Abgrenzung BearbeitenDie Gestikforschung hat sich seit Mitte der 1990er Jahre aus der nonverbalen Kommunikationsforschung gelost wo Gestik nur als affektiver Ausdruck von Gefuhlen angesehen wurde Zeitgenossisch bewegt sich das Forschungsfeld zwischen Linguistik Psychologie Kognitionswissenschaft Semiotik Verhaltensforschung sowie der Gebardensprache Typologie BearbeitenGesten lassen sich in folgende Typen unterscheiden Lexikalisierte Gesten Es sind solche gesellschaftlich tradierte Gesten die wie ein Lexem funktionieren und erlernt sind beispielsweise diverse Beleidigungsgesten oder das Aneinanderreiben der Fingerspitzen fur Zahlungsmittel Deiktische Gesten Gesten die das Ziel haben auf etwas zu zeigen Eine bekannte deiktische Geste ist das Zeigen mit einem Finger sie wird als eine der ersten Gesten uberhaupt schon von Kindern erlernt Bei Erwachsenen wird diese Geste haufig auch als ein abstraktes Zeigen auf nicht vorhandene Gegenstande Orte oder Ideen genutzt Anstelle der Hand konnen andere Korperteile oder ebenso Gegenstande die in der Hand gehalten werden fur eine Zeigegeste eingesetzt werden Ikonische Gesten Sie bilden als ein Ikon die Wirklichkeit in ubertragener Form ab beispielsweise im Nachahmen einer Handlung im Darstellen der Umrisse eines Objektes oder im Anordnen eines Objektes im Raum Dabei konnen sich Gesten nicht nur auf konkrete Dinge beziehen sondern auch Abstraktionen betreffen beispielsweise eine Theorie als Gebaude mit mehreren Etagen zeigen siehe auch Pantomime Metaphorische Gesten Sie stellen Metaphern dar beispielsweise beim Ausfuhren einer Geste als ob etwas in der Hand gehalten wird dabei will die Geste das Halten einer Idee beschreiben Oder wenn beide Hande eine Aufteilung andeuten Auf der einen Seite die Guten und auf der anderen Seite die Schlechten Rhythmische Gesten Gemeint sind rhythmische Bewegungen die etwas betonen bzw unterstreichen sollen Eine solche Geste kann einen wichtigen Punkt in einer Unterhaltung markieren wobei das mehrmalige Wiederholen eine Begrifflichkeit oder einen Leitgedanken darstellen kann beispielsweise wenn Eltern ihren Kindern etwas zum vermeintlich tausendsten Mal erklaren und dabei mit dem Zeigefinger bei jedem Wort die Hand auf und ab bewegen Synchronitat und Co Expressiveness BearbeitenDie zwei Haupteigenschaften der Gestik sind erstens dass sie Bedeutung uber tragt und zweitens dass sie mit der Sprache synchron erscheint Die Gestikplanung kommt neurologisch betrachtet vor der Textkonzeptuierung Sie endet meist mit dem gesprochenen Wort setzt jedoch fruher an Hierfur hat Jan Peter de Ruiter ein Sketch Model entwickelt 4 Seine Abruf Zugriffshypothese erklart dass Gesten einen erleichternden Effekt auf die Sprechproduktion haben Geste und Wort werden oft als Einheit verstanden und wahrgenommen Sie drucken dieselbe Idee neinheit aus Die Geste verfolgt dabei einen kommunikativen Zweck Um diesen Zweck analytisch zu untersuchen werden die gestischen Bewegungen in drei Kategorien unterteilt Die Unit welche ein Intervall zwischen Pausen der Arm bzw Handbewegungen also die gesamte Geste einschliesslich ihres Auf und Abbaus umfasst Sie besteht aus einer oder mehreren Gesten Phasen Die Phase welche die Geste selbst beschreibt Diese kann aus bis zu funf Phasen bestehen Die Phasen konnen wiederum in weitere Kategorien unterteilt werden Phasen einer Geste Bearbeiten Die Preparation Phase Vorbereitungsphase bereitet die Hauptgeste vor Meist folgt ihr der Prestroke Hold der den wichtigsten Teil einer Geste den Stroke so lange hinauszogert bis das entsprechende sprachliche Segment bereit ist artikuliert zu werden und er signalisiert dem Zuhorer gleichzeitig dass ebendieses Segment erwartet wird Dabei befinden sich die Hande in einer Position die gehalten wird bis das entsprechende Sprachsegment artikuliert wird Die nun folgende Phase der Stroke ist der bedeutendste Teil einer Geste da er die eigentliche Bedeutung ubertragt Das kann auch dadurch belegt werden dass der Stroke zu 90 ko expressiv mit der Sprache ist d h ihr zwar vorausgehen kann was auch zu 10 der Fall ist ihr aber niemals folgt Nun kann die Stroke Hold Phase folgen welche keine Bewegung sondern eine gehaltene Position zusammen mit einer Bedeutung darstellt Ein Beispiel dafur ist wenn jemand das zweite Stockwerk eines Hauses beschreiben mochte dazu die Hand angehoben hat und sie wahrend der Beschreibung dort halt Als Nachstes kann sich die Post Stroke Hold Phase anschliessen welche auftritt falls die Geste vollzogen wurde der sprachliche Teil jedoch noch weiter lauft Zum Schluss einer Geste kann die sogenannte Retraction kommen Dabei gehen die Hande in die Ruheposition zuruck Folgt jedoch eine weitere Geste kann die Retraction Phase ausfallen Verbindung zwischen Gestik und Sprache Bearbeiten So lange Sprache und Gestik die gleiche Bedeutung haben sind sie so gut wie untrennbar Dies zeigen verschiedene Beobachtungen die durchgefuhrt wurden Das Delayed Auditory Feedback DAF bei dem die Sprache eines Sprechers aufgezeichnet und ihm zeitversetzt Zeitversatz 25 ms wiedergegeben wird zeigt dass der Sprachfluss wahrenddessen langsamer und zogerlicher wird Dabei wird oftmals Stottern wahrend des Versuchs aufgerufen Trotzdem bleiben Gesten und Sprache dabei stets synchron Ebenso sieht man die starke Bindung zwischen Sprache und Gesten bei Versuchen mit stotternden Menschen Hier konnen Gesten uber das Stottern hinweghelfen In einigen Versuchen wurde beobachtet dass sobald ein Stroke beginnt nie gleichzeitig das Stottern begonnen hat wobei man dies in anderen Phasen durchaus beobachten konnte Selbst wahrend der Stroke Phase konnte Stottern einsetzen nie jedoch gleichzeitig mit dem Beginn dieser Phase Sobald das Stottern einsetzte konnte beobachtet werden dass nicht nur der Sprachfluss unterbrochen wurde sondern immer auch die Gesten Dabei blieben die Hande stehen und kamen zur Ruhe Sobald das Stottern aufhorte und der Sprachfluss wieder aufgenommen werden konnte wurden die Gesten synchron zur Sprache fortgefuhrt Selbst bei Versuchen in denen von Geburt an blinde Menschen vorwiegend Kinder untersucht wurden konnte eine starke Sprache Gesten Bindung beobachtet werden Blinden Kindern wurden andere Kinder gleichen Alters und Geschlechts gegenubergesetzt und sie sollten sich einige Dinge erklaren Den Kindern wurde dabei mitgeteilt ob das Kind gegenuber ebenfalls blind ist oder sehen kann Dabei hat es keine Rolle gespielt ob beide blind waren oder nicht die Kinder zeigten stets die gleiche Menge an Gesten Dies zeigt dass die Bindung von Sprache und Gesten von Geburt an bei jedem Menschen stark ist Es kam bei Versuchen oftmals vor dass sich Menschen nach dem Versuch an Aussagen erinnern und beschreiben sollten ob die Aussage eine Geste oder eine verbale Information war Haufig wurden dabei Gesten als verbale Informationen deklariert obwohl sie in Wirklichkeit nicht ausgesprochen wurden Ebenso konnte dieser Effekt in die andere Richtung beobachtet werden Auch diese Beobachtung zeigt eine starke Verwobenheit und Synchronitat zwischen der Wahrnehmung von Gesten und Sprache Gestische Perspektiven Bearbeiten Die in Gesten auftauchenden Perspektiven umfassen zwei Arten Die Perspektive der dritten Person Observer Viewpoint Die Perspektive der ersten Person Character Viewpoint Beim Observer Viewpoint stellen die Gesten in einer Erzahlung einzelne Entitaten wie Baume Hauser Menschen etc dar Der Bereich vor dem Erzahler ist dabei der Aktionsbereich Der Character Viewpoint Rollen Prespektive ist dann gegeben wenn die Gesten des Erzahlers auch die Gesten einer Person in seiner Erzahlung darstellen Dann befindet sich der Erzahler selbst im Aktionsbereich Die beiden Perspektiven konnen auch zusammen in einer Geste auftreten etwa dann wenn ein Erzahler einen imaginaren Gegenstand in der Hand halt und damit umfallt Dabei stellt seine geschlossene Faust den Gegenstand dar und damit den Observer Viewpoint dagegen entspricht die Fallbewegung des Erzahlers mit dem Gegenstand in der Hand dem Character Viewpoint Lexical Affiliate LA Bearbeiten Der lexikalische Begleiter lexical affiliate einer Geste ist das Wort oder die Worte die als einer Geste am nachsten stehend gelten Er entspricht nicht dem ko expressiven Sprachsegment CE Eine Geste kann dem LA vorausgehen aber gleichzeitig mit seinem CE Sprachsegment synchronisiert sein Der LA kann erkannt werden wenn man die Geste und das Gesprochene vergleicht im Gegensatz zum CE Sprachsegment welches nur dem Kontext entnommen werden kann Ein Beispiel um den Unterschied zwischen Ko Expressivitat und dem LA zu verdeutlichen ware der folgende Satz der beschreibt wie ein Schloss funktioniert Hebe die Stifte an bis zu ihrer benotigten Hohe bei der es moglich ist den Schlussel zu drehen In diesem Satz wird bei dem Wort moglich eine Schlusseldrehbewegung ausgefuhrt Dabei ist der LA Schlussel oder Schlussel zu drehen Die Bedeutung der Geste der ko expressive Teil allerdings ist dass es uberhaupt moglich ist den Schlussel zu drehen Siehe auch BearbeitenGebarden unterstutzte Kommunikation Interkulturelle Kompetenz Liste der Gesten Actio Rhetorik Lautgesten MimikLiteratur BearbeitenJan N Bremmer Herman Roodenburg Hrsg A Cultural History of Gesture From Antiquity to the Present Day Neuaufl Polity Press Cambridge 1994 ISBN 0 7456 1101 X Hans Gustav von Campe Tagliche Technik Studien zur Gestik der Verrichtungen Gesamthochschul Bibliothek Kassel 1987 zugl Diss Bielefeld 1983 ISBN 3 88122 370 3 Margreth Egidi Oliver Schneider Irene Schutze Caroline Torra Mattenklott Hrsg Gestik Figuren des Korpers in Text und Bild Gunter Narr Tubingen 2000 ISBN 3 8233 5707 7 Adam Kendon An Agenda for Gesture Studies In Semiotic Review of Books Bd 7 3 1997 ISSN 0847 1622 Online Adam Kendon Gesture Visible Action as Utterance Cambridge University Press Cambridge 2004 ISBN 978 0 521 83525 1 Cornelia Muller Redebegleitende Gesten Kulturgeschichte Theorie Sprachvergleich Dissertation an der FU Berlin 1996 Spitz Berlin 1998 ISBN 3 87061 747 0 David McNeill Hand and Mind What gestures reveal about thought Chicago University Press Chicago Ill 1995 ISBN 0 226 5613 4 8 David McNeill Gesture and Thought University of Chicago Press 2005 ISBN 0 226 5146 2 5 Nico Pezer Gestik in darstellenden Kunsten In Nico Pezer Hrsg Neurorhetorik Fink Paderborn 2017 ISBN 978 3 7705 5817 9 S 127 152 Christine Vogt Hrsg Die Geste Kunst zwischen Jubel Dank und Nachdenklichkeit Meisterwerke aus der Sammlung Peter und Irene Ludwig Von der Antike uber Albrecht Durer bis Roy Lichtenstein Kerber Verlag Oberhausen 2018 ISBN 978 3 7356 0506 1 Weblinks Bearbeiten Commons Gesten Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wiktionary Geste Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Wiktionary Gestik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Gesture Internationale Zeitschrift fur Gestenforschung Einzelnachweise Bearbeiten a b Duden Das Fremdworterbuch Mannheim 2007 Lemma Gestik Friedrich Kluge Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache De Gruyter Berlin New York 1975 Lemma Geste Duden Das Herkunftsworterbuch Etymologie der deutschen Sprache Mannheim 2007 Lemma Geste Jan Peter de Ruiter The production of gesture and speech S 298 Siehe Weblink Normdaten Sachbegriff GND 4157167 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gestik amp oldid 232434691