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Als Raman Streuung auch Raman Effekt oder Smekal Raman Effekt wird die unelastische Streuung von Licht an Molekulen bezeichnet Sie ist nach C V Raman benannt der den Effekt 1928 erstmals nachweisen konnte Rayleigh Stokes Raman und Anti Stokes Raman StreuungDurch die inelastische Wechselwirkung findet eine Energieubertragung statt d h das gestreute Licht besitzt eine hohere oder niedrigere Frequenz als der einfallende Lichtstrahl und ist spezifisch fur das streuende Atom bzw Molekul Aufgrund des kleineren Streuquerschnittes ist der Anteil des frequenzverschobenen Lichtes jedoch um einen Faktor 103 bis 104 geringer als das Licht der elastischen Streuung welche als Rayleigh Streuung bezeichnet wird Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung 2 1 Unterschiede zur Fluoreszenz 2 2 Physikalische Beschreibung 2 3 Raman Streuung in Plasmen 2 4 Resonanz Raman Effekt 2 5 Phonon Raman Streuung 2 6 Elastische Streuung von hochenergetischer Strahlung 3 Anwendung 4 Oberflachenverstarkte Raman Streuung 4 1 Geschichte 4 2 Beschreibung 4 3 Anwendungen 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Effekt wurde 1923 von Adolf Smekal vorhergesagt 1 deswegen auch ab und zu Smekal Raman Effekt und am 28 Februar 1928 2 durch C V Raman und K S Krishnan an Flussigkeiten sowie unabhangig davon durch Grigory Landsberg und Leonid Mandelstam an Kristallen nachgewiesen Raman erhielt dafur 1930 den Nobelpreis in Physik 3 4 5 Beschreibung BearbeitenFindet eine Wechselwirkung zwischen einem Photon und einem Molekul oder einem Kristall statt so kommt es mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit zu einer Energieubertragung zwischen dem anregenden Photon und der angeregten Materie bei der sich die Rotations und Schwingungsenergie des beteiligten Molekuls bzw die Schwingungsenergie im Kristallgitter andert Beide Richtungen der Energieubertragung sind moglich Stokes Raman Streuung vgl Stokes Verschiebung Energieubertragung vom Photon auf das streuende Molekul Dieses befindet sich nach dem Streuvorgang auf einem hoheren Energieniveau als zuvor die Energie und die Frequenz des gestreuten Photons sind geringer als die des anregenden Photons Anti Stokes Raman Streuung Energieubertragung auf das Photon vom streuenden Molekul Dieses befindet sich nach dem Anregungsvorgang auf einem niedrigeren Energieniveau als zuvor das gestreute Photon besitzt hohere Energie und hohere Frequenz als das anregende Photon Die Energiedifferenz zwischen eingestrahltem und gestreutem Photon ist uber das Plancksche Wirkungsquantum linear mit der Raman Frequenzverschiebung verknupft und charakteristisch fur das streuende Molekul D E R a m a n h D n R a m a n ℏ D w R a m a n displaystyle Delta E mathrm Raman h cdot Delta nu mathrm Raman hbar cdot Delta omega mathrm Raman nbsp hierbei steht n displaystyle nu nbsp fur die Frequenz der Schwingung des Molekuls Liegt das streuende Molekul in gasformiger oder flussiger Phase vor so werden Molekulschwingungen und drehungen betrachtet Handelt es sich bei der Probensubstanz um einen kristallinen Festkorper sind Gitterschwingungen Phononen Elektron Loch Anregungen oder Spinflip Prozesse fur den Raman Effekt verantwortlich Unterschiede zur Fluoreszenz Bearbeiten Bei der Fluoreszenz wird das System durch Absorption eines Photons angeregt und emittiert nach der Lebensdauer des angeregten Zustands wiederum ein Photon dessen Energie kleiner oder gleich der des ursprunglichen ist Voraussetzung fur das Auftreten von Fluoreszenz ist dass das ursprungliche Photon resonant zu einem atomaren oder molekularen elektronischen Ubergang sein muss Die Raman Streuung hingegen ist kein Resonanzphanomen Die Streuung erfolgt hier wie beispielsweise auch die Rayleigh Streuung uber virtuelle Niveaus tritt also auch fur Photonenenergien ausserhalb einer atomaren Resonanz auf Physikalische Beschreibung Bearbeiten Zur Berechnung der Wechselwirkung von Materie und Licht dient der Raman Tensor R displaystyle mathbf R nbsp der den Zusammenhang der Streuintensitat I s displaystyle I mathrm s nbsp mit der Polarisation e i displaystyle hat e mathrm i nbsp des eingestrahlten Lichts und der Polarisation e s displaystyle hat e mathrm s nbsp des gestreuten Lichts beschreibt I s e i R e s 2 displaystyle I mathrm s sim hat e mathrm i cdot mathbf R cdot hat e mathrm s 2 nbsp Da e i displaystyle hat e mathrm i nbsp und e s displaystyle hat e mathrm s nbsp experimentell frei wahlbar sind bestimmt allein der Raman Tensor das Streuverhalten der Materie Er wird sowohl durch die Symmetrie des Festkorpers bzw Molekuls als auch durch die Symmetrie der Gitterschwingung bzw Molekulschwingung vorgegeben Entscheidend ist hier die Kenntnis der Punktgruppen und der moglichen Symmetrieoperationen Mit Hilfe des Raman Tensors lassen sich die Raman Auswahlregeln bestimmen Raman Streuung in Plasmen Bearbeiten Wahrend man in der Atom und Molekulphysik unter dem Raman Effekt meist die inelastische Streuung von Licht an Gitterschwingungen versteht meint man in der Plasmaphysik damit die Streuung an Plasmawellen Das Licht verstarkt die Plasmawelle wahrend des Streuprozesses Raman Instabilitat Das Plasma wird dabei aufgeheizt In der Vorwartsrichtung sieht man im Spektrum zwei spektrale Seitenbander mit den Kreisfrequenzen w w L w p displaystyle omega omega mathrm L pm omega mathrm p nbsp wobei w L displaystyle omega mathrm L nbsp die Kreisfrequenz des einstrahlenden Lasers ist und w p n e e 2 e 0 m e displaystyle omega mathrm p sqrt frac n e e 2 varepsilon 0 m mathrm e nbsp die Plasmafrequenz im freien Plasma n e displaystyle n e nbsp die Elektronendichte Anzahl pro Volumen e die Elementarladung m e displaystyle m mathrm e nbsp die Elektronenmasse e 0 displaystyle varepsilon 0 nbsp Dielektrizitatskonstante des Vakuums In Ruckwartsrichtung sieht man meistens nur die Laserfrequenz w L displaystyle omega mathrm L nbsp und die Stokesfrequenz w S w L w p displaystyle omega mathrm S omega mathrm L omega mathrm p nbsp Fur ein Elektronengas im metallischen Festkorper gilt w p n e e 2 e 0 e Rumpf m displaystyle omega mathrm p sqrt frac n e e 2 varepsilon 0 varepsilon text Rumpf m nbsp e Rumpf displaystyle varepsilon text Rumpf nbsp relative Permittivitat des Ionenrumpfes des Metallkristalls m displaystyle m nbsp effektive Masse Resonanz Raman Effekt Bearbeiten Wenn die Frequenz des anregenden Photons resonant mit einem elektronischen Ubergang im Molekul bzw Kristall ist ist die Streueffizienz um zwei bis drei Grossenordnungen erhoht Phonon Raman Streuung Bearbeiten Phonon Raman Streuung bezeichnet die inelastische Lichtstreuung an optischen Gitterschwingungen optischen Phononen in Kristallen Die Streuung an akustischen Phononen nennt man Brillouin Streuung Der Zustandsraum der Phononen im kristallinen Festkorper kann durch die Phonon Bandstruktur veranschaulicht werden Es handelt sich dabei um Energieflachen im Raum der Wellenzahlen Ein Festkorper aus N Einheitszellen mit r atomiger Basis besitzt im Dreidimensionalen 3r Dispersionszweige mit je N Schwingungszustanden also insgesamt 3Nr Schwingungsmodi Diese 3r Dispersionszweige teilen sich in 3 akustische Zweige und 3r 3 optische Zweige auf Fur akustische Phononen verschwindet die Frequenz im Grenzfall langer Wellenlangen linear die Steigung ist durch die Schallgeschwindigkeit gegeben Optische Phononen haben dagegen eine feste endliche Frequenz im Grenzfall langer Wellenlangen Da die Wellenlange von sichtbarem Licht deutlich grosser ist mehrere Grossenordnungen als der Atomabstand im Festkorper bedeutet dies im reziproken Raum dass die Anregung von Gitterschwingungen durch Licht nahe am G Punkt stattfindet d h im kleinen Bereich um das Zentrum der 1 Brillouin Zone Das hat zur Folge dass der Impulsubertrag nur sehr klein ist Eine Anregung von mehreren Phononen deren Gesamtimpuls nahe Null ist ist ebenfalls moglich Mehrphononenprozess Ein Beispiel ist die Anregung von zwei entgegengesetzt laufenden transversal akustischen Phononen am X Punkt 2TAX deren Energien sich addieren Ihr Gesamtimpuls ist aber null Elastische Streuung von hochenergetischer Strahlung Bearbeiten Streuung von hochenergetischen elektromagnetischen Wellen mind Rontgenstrahlung an freien bzw quasifreien Elektronen bezeichnet man als Compton Streuung Da keine inneren Freiheitsgrade angeregt werden ist der Stoss elastisch Bei dem Streuprozess wird Energie auf das Elektron ubertragen Dessen Impuls vergrossert sich daher ist die Streuung inelastisch Bei kleineren Energien des einfallenden Lichtes ist der Impulsubertrag vom streuenden Licht auf das Elektron jedoch vernachlassigbar Diese Streuung ist elastisch und heisst Thomson Streuung Anwendung BearbeitenDie Raman Streuung bildet die Grundlage fur die Raman Spektroskopie die zur Untersuchung von Materialeigenschaften wie Kristallinitat Kristallorientierung Zusammensetzung Verspannung Temperatur Dotierung usw eingesetzt wird Des Weiteren wird die Raman Streuung und deren Temperaturabhangigkeit in Glasfasern fur die ortsaufgeloste Faseroptische Temperaturmessung engl distributed temperature sensing DTS genutzt Bei der Multi Axis oder satellitengestutzten differenziellen optische Absorptionsspektroskopie in Luft mussen die aufgenommenen Spektren entsprechend der Ramanstreuung korrigiert werden um Ruckschlusse auf Absorber mit geringerer optischer Dichte ziehen zu konnen Die Ramanstreuung bewirkt dass die Fraunhoferlinien und Absorptionslinien atmospharischer Absorber je nach Lichtweglange und Streuwinkel in der Atmosphare aufgefullt werden Die so erklarten optischen Dicken betragen bis zu 0 1 6 Hierzu tragen sowohl Rotations als auch Vibrationsramanstreuung und die Kombination der beiden Effekte bei 7 Oberflachenverstarkte Raman Streuung BearbeitenGeschichte Bearbeiten Dieser Effekt wurde erstmals von Martin Fleischmann et al 1974 bei der Untersuchung der Adsorption von Pyridin auf einer rauen Silberelektrodenoberflache beobachtet 8 Sie erklarten die gefundenen Intensitaten der Raman Signale damit dass die durch die Rauheit entsprechend grossere Oberflache eine erhohte Absorption von Pyridin Molekulen ermoglicht und somit hohere Signalintensitaten bedingt weshalb sie ihrer Entdeckung keine angemessene Bedeutung beimassen Somit geht die eigentliche Entdeckung des SERS Effekts auf Jeanmaire und van Duyne sowie Albrecht und Creighton zuruck 9 10 Beschreibung Bearbeiten Raman Streuung von Molekulen besitzt einen sehr kleinen Streuquerschnitt ca 10 30 cm 11 so dass man eine relative hohe Konzentration an Molekulen benotigt um ein detektierbares Signal zu erhalten Raman Spektren einzelner Molekule sind so nicht moglich Wenn sich das Molekul aber nahe einer metallischen Oberflache vor allem Silber und Gold befindet kann das Raman Signal extrem verstarkt werden Dies ist die so genannte oberflachenverstarkte Raman Streuung surface enhanced raman scattering SERS Hierbei werden zwei Mechanismen diskutiert Bei der chemischen Verstarkung bildet das Molekul einen Komplex welcher neue Energieniveaus gegenuber dem Molekul besitzt Angeregte Elektronen konnen vom Metall zum Molekul und zuruck springen und dabei das Molekul in einem angeregten Schwingungszustand zurucklassen Man spricht auch von einem vorubergehenden Ladungsubergang Es werden Verstarkungen bis zu 102 angegeben Damit sich ein Komplex bilden kann wird eine chemische Bindung zwischen Metall und Molekul benotigt d h das Molekul muss an der Oberflache chemisorbiert sein Die elektromagnetische Verstarkung beruht auf Anregung von Oberflachenplasmonen im Metall welche an Spitzen an der Oberflache oder in Partikeln lokal sehr hohe Felder erzeugen kann Dieses Feld zusammen mit dem einfallenden Licht regen das Molekul an und fuhren so zu einer verstarkten Raman Streuung Es werden Verstarkungen in der Grossenordnung 106 bis 1010 diskutiert Uber der Oberflache fallt dieser Effekt rasch ab etwa mit der neunten Potenz des Abstandes r also r9 aber das Molekul braucht nicht an der Oberflache gebunden zu sein Wenn beide Effekte zusammen mit dem Resonanz Raman Effekt wirken ist es moglich Raman Spektren einzelner Molekule zu detektieren Anwendungen Bearbeiten Die Moglichkeit verschiedene Zusammensetzungen von Stoffen im Nanogramm Bereich zu detektieren macht die oberflachenverstarkte Raman Spektroskopie zu einer vielfaltig einsetzbaren analytischen Methode in den Bereichen Pharmazie Materialwissenschaften Forensik und Sicherheitswissenschaften Unter anderem Drogen und Explosivstoff Detektoren sind in diesem Bereich mogliche Einsatzgebiete 12 13 14 Siehe auch BearbeitenNichtlineare Raman Spektroskopie PlasmaoszillationEinzelnachweise Bearbeiten A Smekal Zur Quantentheorie der Dispersion In Die Naturwissenschaften Band 11 Nr 43 1923 S 873 875 doi 10 1007 BF01576902 Biografie Ramans der Nobelpreis Stiftung abgefragt am 27 Februar 2010 Chandrasekhara V Raman The molecular scattering of light University of Calcutta 1922 dspace rri res in G Landsberg L Mandelstam Eine neue Erscheinung bei der Lichtzerstreuung in Krystallen In Die Naturwissenschaften Band 16 1928 S 557 558 doi 10 1007 BF01506807 F Kohlrausch Der Smekal Raman Effekt J Springer Berlin 1931 T Wagner u a Correction of the Ring effect and I0 effect for DOAS observations of scattered sunlight In Proc of the 1st DOAS Workshop Heidelberg 13 14 September 2001 2001 S 1 13 joseba mpch mainz mpg de PDF 501 kB J Lampel U Friess U Platt The impact of vibrational Raman scattering of air on DOAS measurements of atmospheric trace gases In Atmos Meas Tech Discuss Band 8 Nr 3 31 Marz 2015 S 3423 3469 doi 10 5194 amtd 8 3423 2015 M Fleischmann P J Hendra A J McQuillan Raman spectra of pyridine adsorbed at a silver electrode In Chem Phys Lett Band 26 Nr 2 1974 S 163 166 doi 10 1016 0009 2614 74 85388 1 D L Jeanmaire R P Van Duyne Surface Raman spectroelectrochemistry Part I Heterocyclic aromatic and aliphatic amines adsorbed on the anodized silver electrode In Journal of Electroanalytical Chemistry Band 84 Nr 1 1977 S 1 20 doi 10 1016 S0022 0728 77 80224 6 M Grant Albrecht J Alan Creighton Anomalously intense Raman spectra of pyridine at a silver electrode In Journal of the American Chemical Society Band 99 Nr 15 1977 S 5215 5217 doi 10 1021 ja00457a071 Thomas Hellerer CARS Mikroskopie Entwicklung und Anwendung Munchen 2004 d nb info Dissertation Ludwig Maximilians Universitat Munchen Fakultat fur Chemie und Pharmazie 2004 Y Deng Y Juang Black silicon SERS substrate Effect of surface morphology on SERS detection and application of single algal cell analysis In Biosensors and Bioelectronics Band 53 Marz 2014 S 37 42 doi 10 1016 j bios 2013 09 032 Eric Hoppmann Trace detection overcoming the cost and usability limitations of traditional SERS technology Hrsg Diagnostic anSERS 2013 diagnosticansers com PDF diagnosticansers com Memento vom 5 Marz 2016 im Internet Archive H Wackerbarth C Salb L Gundrum M Niederkruger K Christou V Beushausen W Viol Detection of explosives based on surface enhanced Raman spectroscopy In Applied Optics Band 49 Nr 23 2010 S 4362 4366 doi 10 1364 AO 49 004362 Normdaten Sachbegriff GND 4176912 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Raman Streuung amp oldid 238968608