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Quintus Curtius Rufus war ein romischer Historiker der Kaiserzeit der eine beinahe vollstandig erhaltene Geschichte Alexanders des Grossen in zehn Buchern verfasste Der Anfang des dritten Buches der Alexandergeschichte in der Handschrift Citta del Vaticano Biblioteca Apostolica Vaticana Urb lat 427 fol 2r spates 15 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Rezeption 4 Ausgaben und Ubersetzungen 5 Kommentare 6 Literatur 7 Weblinks 8 AnmerkungenLeben BearbeitenDie Lebensdaten des Curtius und die Abfassungszeit seines Werkes sind nicht bekannt Weder Autor noch Werk finden in anderen antiken Schriften Erwahnung erst mittelalterliche Handschriften nennen Curtius als den Verfasser der Alexandergeschichte Infolgedessen schwanken die Datierungen von augusteischer Zeit bis hin zu Septimius Severus teilweise auch bis Theodosius I In der modernen Forschung wird mittlerweile vermutet dass Curtius im 1 Jahrhundert n Chr lebte auch das Vokabular und der literarische Stil seines Werkes deuten auf diesen Zeitraum hin 1 Am wahrscheinlichsten sind Datierungen des Werkes in die Regierungszeit der Kaiser Claudius oder Vespasian 2 Da externe Zeugnisse fehlen wird fur die Datierung haufig eine Passage herangezogen in der Curtius die Wirren nach dem Tod Alexanders mit dem Burgerkrieg vergleicht der zu seiner Zeit das Romische Reich heimgesucht habe Gleich einem neu aufgehenden Gestirn novum sidus habe ein namentlich nicht genannter Princeps diesen Konflikt beendet und eine neue Dynastie begrundet 3 Auf welche Ereignisse Curtius anspielt und ob tatsachlich ein Burgerkrieg stattfand oder aber eine rechtzeitig gebannte Burgerkriegsgefahr angedeutet werden soll wurde in der Forschung unterschiedlich beurteilt In jungerer Zeit haben sich vor allem zwei Ansatze herausgebildet Meist wird die Passage auf die Ermordung Caligulas und die Proklamation des Claudius bezogen 4 Nach anderen Forschern spielt die Passage auf den Burgerkrieg des Vierkaiserjahres von 69 und den Regierungsantritt Vespasians an 5 Wieder andere Forscher halten die Stelle fur einen rhetorischen Topos der keine Anspielung auf die Zeitgeschichte des Autors erkennen lasst und daher fur die Datierung des Autors nicht geeignet ist Eine obere Grenze fur die Datierung bilden vermutlich die Bezuge auf die Ausdehnung des Partherreiches die auf eine Entstehung vor der Verdrangung der Parther durch die Sasaniden ab 224 und wahrscheinlich auch vor dem Partherfeldzug Kaiser Trajans ab 114 schliessen lassen 6 nbsp Eine Seite der Alexandergeschichte in der 1467 geschriebenen Handschrift Budapest Orszagos Szechenyi Konyvtar Cod Lat 160Auch uber die Person des Autors ist nichts bezeugt Seine Haltung gegenuber Barbaren Griechen und Parthern wird in der Forschung haufig als die eines Romers verstanden aus verschiedenen Indizien wird darauf geschlossen dass er aus der Sicht eines Stadtromers von gehobenem Gesellschaftsstatus schreibt Seine Einstellung zur plebs dem einfachen Volk der Unterschicht und das Wertesystem der Historiae werden teils als Reflexe einer moglichen Zugehorigkeit zur Nobilitat gelesen teils als typisch fur einen homo novus also den Ersten einer Familie der ein hohes Amt bekleidete angesehen 7 Tacitus und Plinius erwahnen einen gleichnamigen Politiker der als homo novus unter Tiberius Praetor war im Jahr 43 das Amt eines Suffektkonsuls bekleidete spater als Legat in die Provinz Germania superior ging und schliesslich als Proconsul der Provinz Africa verstarb 8 Sueton wiederum bezeugt einen Rhetoren dieses Namens aus der Zeit zwischen Tiberius und Claudius 9 Ob der Autor der Alexandergeschichte mit einer dieser Personen oder mit beiden identisch ist bleibt ungewiss und gilt in der neueren Forschung als zweifelhaft 10 Werk BearbeitenCurtius verfasste in lateinischer Sprache eine zehn Bucher umfassende Geschichte Alexanders des Grossen Historiae Alexandri Magni von der die ersten beiden Bucher verloren gegangen sind 11 Teile der Bucher 3 5 6 und 10 fehlen ebenfalls Es ist damit dennoch das einzige umfassendere lateinische Geschichtswerk uber Alexander das mehr oder weniger vollstandig uberliefert ist Der erhaltene Teil setzt mit dem Bericht uber das Jahr 333 v Chr und der Legende vom Gordischen Knoten ein und endet mit dem Tod Alexanders und einem Ausblick auf die Konflikte um seine Nachfolge Seine Darstellung stutzte Curtius vor allem auf die Alexandergeschichte des Kleitarchos Weitere Quellen stellten unter anderem die Universalgeschichte des Timagenes von Alexandria sowie die Alexandergeschichte des Ptolemaios dar die wie das Werk des Kleitarchos verloren sind Moglicherweise verwendete Curtius auch Kallisthenes Aristobulos und fur die Ereignisse in Indien Nearchos 12 Das Geschichtswerk das die Forschung der so genannten Vulgatatradition der Alexanderhistoriker zuordnet ist stark rhetorisierend zahlreiche Reden die ein Problem von mehreren Seiten beleuchten sollen werden den Protagonisten von Curtius in den Mund gelegt Das Werk neigt zu Dramatisierung teilweise ahnelt es einem Roman was auch auf Curtius Hauptquelle Kleitarchos zuruckzufuhren ist und nimmt Elemente der Biographie auf Als historische Quelle ist die Alexandergeschichte des Curtius dennoch von Wert da sie viele Details liefert die in den anderen Alexanderquellen ubergangen werden und sich vermutlich eng an die Alexanderhistoriker der ersten Generation halt Das Werk ist literarisch gelungen auch wenn Curtius schriftstellerische Fahigkeiten in der Forschung lange gering eingeschatzt wurden nbsp Inkunabel einer italienischen Ubersetzung der Alexandergeschichte Florenz 1478 nbsp Titelblatt der deutschen Ubersetzung der Alexandergeschichte von Hans Friedrich von Lehsten 1658Das Werk ist stark auf die Person Alexanders ausgerichtet Wahrend Alexander in der ersten Werkhalfte noch positiv gezeichnet wird beschreibt Curtius ab dem sechsten Buch seinen charakterlichen Niedergang In der zweiten Pentade beurteilt er Alexander durchaus negativ Von seinen Erfolgen korrumpiert habe sich der Makedonenkonig in einen orientalischen Despoten verwandelt seine tyrannischen Wesenszuge und Laster vitia uberwiegen seine tugendhaften Anlagen virtutes immer deutlicher Besonders betont Curtius den Affekt als eine Triebfeder des Handelns Alexanders In einer abschliessenden Wurdigung hebt er aber auch dessen Tugenden wie Geistesgrosse Duldsamkeit und Tapferkeit hervor und fuhrt Alexanders Laster auf seine Jugend und das Schicksal zuruck 13 Mit seinem Alexanderbild will Curtius auch im Hinblick auf seine eigene Zeit und das Kaisertum moralisch belehrend wirken 14 Rezeption BearbeitenCurtius wurde in der Antike wenig gelesen und rief daher keinerlei Wirkung hervor Erst in der Spatantike scheint Pseudo Hegesippus der um 370 eine lateinische Bearbeitung des Judischen Krieges von Flavius Josephus verfasste Curtius verwendet zu haben Auch der fruhmittelalterliche Liber monstrorum de diversis generibus konnte sich auf seine Alexandergeschichte beziehen Erst bei Einhard dem Biographen Karls des Grossen finden sich sprachliche Ubereinstimmungen die auf eine Benutzung des Werkes in karolingischer Zeit hinweisen Aus dem 9 und 10 Jahrhundert stammen auch die altesten der insgesamt 123 erhalten Curtius Handschriften Johannes von Salisbury empfahl die Lekture des Curtius Auf der Grundlage seiner Alexandergeschichte verfasste der mittellateinische Dichter Walter von Chatillon zwischen 1178 und 1182 die Alexandreis ein Epos in zehn Buchern das zur Schullekture wurde und in mehr als 200 Handschriften uberliefert ist im 13 Jahrhundert uberflugelte die Popularitat der Alexandreis die Wirkung ihrer Vorlage Ab dem 15 Jahrhundert fand Curtius weitere Verbreitung und wurde verstarkt stilistisch nachgeahmt Zugleich entstanden die ersten Ubersetzungen 1470 folgte die erste Druckausgabe Mit dem Aufkommen der historisch kritischen Methode schatzte man Curtius zunehmend gering Vor allem in der deutschsprachigen Forschung wurde Curtius lange als Historiker und Schriftsteller sehr negativ beurteilt wahrend seinen Angaben in Frankreich grosseres Vertrauen entgegengebracht wurde Die neuere Forschung misst ihm trotz mehrerer Unzuverlassigkeiten wieder mehr Gewicht zu Wenngleich er den objektiveren Alexanderhistoriker Arrian nicht ersetzen kann so bietet das Werk des Curtius Rufus doch wertvolles Material um das positive Alexanderbild bei Arrian zu erganzen und zu korrigieren Ausgaben und Ubersetzungen BearbeitenQ Curtius Rufus Historiae Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana 2001 Hrsg Carlo M Lucarini de Gruyter Berlin New York 2009 ISBN 978 3 11 020116 1 kritische Ausgabe Q Curtius Rufus Geschichte Alexanders des Grossen Lateinisch und deutsch Eingeleitet nach der Ubersetzung von Johannes Siebelis uberarbeitet und kommentiert von Holger Koch bzw Christina Hummer 2 Bande Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2007 ISBN 978 3 534 18643 3 mit ausfuhrlicher Einleitung Quintus Curtius Rufus Alexandergeschichte Die Geschichte Alexanders des Grossen Ubersetzt von Johannes Siebelis Phaidon Essen Stuttgart 1987 ISBN 3 88851 036 8 Quintus Curtius Rufus The History of Alexander Ubersetzt von John C Yardley eingeleitet und kommentiert von Waldemar Heckel Penguin London u a 2004 mit aktualisierter Bibliographie zuerst 1984 veroffentlicht Curtius Rufus Histories of Alexander the Great Book 10 Ubersetzt von John C Yardley eingeleitet und kommentiert von J E Atkinson Oxford University Press Oxford New York 2009 ISBN 0 19 955762 4 Kommentare BearbeitenJohn E Atkinson A commentary on Q Curtius Rufus Historiae Alexandri Magni Books 3 and 4 J C Gieben Amsterdam 1980 ISBN 90 70265 61 3 John E Atkinson A commentary on Q Curtius Rufus Historiae Alexandri Magni Books 5 to 7 2 A M Hakkert Amsterdam 1994 ISBN 90 256 1037 4 Literatur BearbeitenMichael von Albrecht Geschichte der romischen Literatur von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken Band 2 3 verbesserte und erweiterte Auflage De Gruyter Berlin 2012 ISBN 978 3 11 026525 5 S 916 926 John E Atkinson Q Curtius Rufus Historiae Alexandri Magni In Aufstieg und Niedergang der romischen Welt Band II 34 4 de Gruyter Berlin New York 1998 S 3447 3483 ISBN 3 11 015699 7 Elizabeth Baynham Alexander the Great The unique history of Quintus Curtius Ann Arbor 1998 Joachim Fugmann Zum Problem der Datierung der Historiae Alexandri Magni des Curtius Rufus In Hermes Band 123 1995 S 233 243 Holger Koch Hundert Jahre Curtius Forschung 1899 1999 Eine Arbeitsbibliographie Scripta Mercaturae St Katharinen 2000 ISBN 3 89590 103 2 Robert Porod Der Literat Curtius Tradition und Neugestaltung Zur Frage der Eigenstandigkeit des Schriftstellers Curtius DBV Verlag Graz 1987 ISBN 3 7041 9035 7 Werner Rutz Zur Erzahlkunst des Q Curtius Rufus In Aufstieg und Niedergang der romischen Welt Band II 32 4 de Gruyter Berlin New York 1986 S 2329 2357 ISBN 3 11 010840 2 Gabriel Siemoneit Curtius Rufus in Strassburg Imitation und Quellenbenutzung in den Supplementen Johannes Freinsheims De Gruyter Berlin Boston 2020 ISBN 978 3 11 069953 1 Hartmut Wulfram Hrsg Der romische Alexanderhistoriker Curtius Rufus Erzahltechnik Rhetorik Figurenpsychologie und Rezeption Wiener Studien Beiheft 38 Wien 2016 ISBN 978 3 7001 7864 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Quintus Curtius Rufus Historiker Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Quintus Curtius Rufus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Quintus Curtius Rufus in der Deutschen Digitalen Bibliothek Historiae Alexandri Magni bei LacusCurtius nach der Teubneriana von Theodor Vogel 1880 Historiae Alexandri Magni bei The Latin Library Christoph Cellarius Q Cvrtii Rvfi De Rebvs Alexandri Magni Historia Svperstes Apud Thomam Fritsch Lipsiae Anno M DCC XXI Digitalisat De Rebus Gestis Alexandri Magni Notis Germanicis Illustratus durch nutzliche Anmerkungen erlautert und zum Nutzen der studirenden Jugend herausgegeben bey Matthaus Riegers sel Sohnen Augsburg 1776 Digitalisat Jona Lendering Quintus Curtius Rufus In Livius org englisch Anmerkungen Bearbeiten Atkinson 1998 S 3453 3473 Uberblicke zur Frage der Datierung bieten Atkinson 2009 S 2 9 fur eine Abfassung des zehnten Buches in claudischer Zeit Baynham 1998 S 201 219 Atkinson 1998 S 3451 3455 und Atkinson 1980 S 19 50 Curtius 10 9 1 6 eine weitere Digression die Datierungen zugrunde gelegt wird spielt auf eine lange Friedenszeit der Stadt Tyros an Curtius 4 4 21 Eine Zusammenfassung bietet Baynham 1998 S 206 f Etwa Fugmann 1995 der gestutzt auf intertextuelle Bezuge zu Titus Livius fur Vespasian pladiert oder James Robertson Hamilton The Date of Quintus Curtius Rufus In Historia 37 1988 S 445 456 der aufgrund von vermuteten Anklangen bei Seneca einer Datierung unter Claudius den Vorzug gibt Auf die Parther bezieht sich Curtius etwa in 5 7 9 5 8 1 und 6 2 12 dazu Atkinson 1998 S 3452 f Baynham 1998 S 202 f Dazu Atkinson 2009 S 9 f mit alterer Literatur Tacitus Annales 11 20 21 Plinius Epistulae 7 27 1 3 siehe dazu Fugmann 1995 S 243 Anmerkung 34 mit weiterer Literatur Sueton De rhetoribus 33 Fur einen Uberblick zur Frage des Autors siehe Atkinson 1998 S 3455 f Atkinson 2009 S 13 f Die Identifizierung mit dem Rhetor Curtius schliesst Atkinson nicht zuletzt wegen der stilistischen Nahe der Historiae zur kaiserzeitlichen Beredsamkeit nicht aus Versuch einer ansatzweisen Rekonstruktion auf Basis erhaltener Quellen bei Quintus Curtius Rufus The History of Alexander Ubersetzt von John C Yardley eingeleitet und kommentiert von Waldemar Heckel London u a 2004 S 19 ff Zu den Quellen siehe Baynham 1998 S 57 100 Curtius 10 5 26ff Zur Darstellung Alexanders bei Curtius siehe Baynham 1998 S 132 164 erste Pentade und S 165 200 zweite Pentade Normdaten Person GND 118523074 lobid OGND AKS LCCN n50034703 VIAF 73866222 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Curtius Rufus QuintusKURZBESCHREIBUNG romischer HistorikerGEBURTSDATUM um 1 JahrhundertSTERBEDATUM 1 Jahrhundert oder 2 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Quintus Curtius Rufus Historiker amp oldid 236558452