www.wikidata.de-de.nina.az
Kleitarchos griechisch Kleitarxos Kleitarchos war ein antiker griechischer Geschichtsschreiber Er lebte vermutlich Ende des 4 Anfang des 3 Jahrhunderts v Chr und verfasste eine Darstellung der Taten Alexanders des Grossen Zwar ist das Werk heute nur in einigen Fragmenten uberliefert es hatte aber bedeutenden Einfluss auf die Tradition zu Alexander dem Grossen insbesondere den Alexanderroman Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk und Forschungsfragen 3 Rezeption 4 Textausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenLeben BearbeitenDas Leben des Kleitarchos ist aufgrund der mangelhaften Quellenlage nur ansatzweise zu rekonstruieren und mit vielen Unsicherheiten behaftet Aufgrund einiger Bemerkungen bei antiken Historikern sowie Hinweisen in den erhaltenen Fragmenten geht eine Mehrzahl der Forscher von folgender Version aus Kleitarchos war ein Sohn des Geschichtsschreibers Dinon von Kolophon 1 Seine im mittelalterlichen byzantinischen Lexikon Suda enthaltene Vita ist verloren und so existieren nur wenige verstreute Angaben zu seiner Biographie Schon seine ungefahre Lebenszeit ist nur sehr annahernd zu bestimmen Sein Vater schrieb wohl unter Alexander dem Grossen regierte 336 323 v Chr eine bis mindestens 344 v Chr reichende Geschichte Persiens Der Philosoph Stilpon soll Lehrer des Kleitarchos gewesen sein nachdem er diesen als Schuler vom Kyrenaiker Aristippos abgeworben hatte 2 Es ist unbekannt ob Kleitarchos den Makedonenkonig dessen Leben er beschrieb noch kennenlernte und ob er am Alexanderzug teilnahm 3 wenigstens letzteres ist sehr unwahrscheinlich Laut Plinius dem Alteren verfasste er seine mindestens 12 eher 14 Bucher umfassende nur sehr fragmentarisch erhaltene Alexandergeschichte nicht allzu lange nach dem im spaten 4 Jahrhundert v Chr schreibenden Historiker Theopompos 4 Nach der proptolemaischen Tendenz von Kleitarchos Werk zu schliessen verfasste er es wohl im von den Ptolemaern beherrschten agyptischen Alexandria 5 Werk und Forschungsfragen BearbeitenDie von einigen Althistorikern vertretene Ansicht dass Kleitarchos erst wesentlich spater im 3 Jahrhundert v Chr geschrieben habe 6 bleibt eine Minderheitsmeinung Auch die Angabe eines erst 2007 erstveroffentlichten Papyrus aus Oxyrhynchos 7 dass Kleitarchos der Lehrer des agyptischen Konigs Ptolemaios IV regierte 221 204 v Chr gewesen sei halt Luisa Prandi eine der wichtigsten Kleitarchos Forscherinnen fur falsch sie halt an der Fruhdatierung von Kleitarchos fest 8 Fur die bisherige Mehrheitsmeinung communis opinio der fruheren Datierung spricht unter anderem dass Kleitarchos von antiken Schriftstellern meist in die Nahe der ersten Generation von Alexanderhistorikern gestellt wird von denen die meisten Zeitgenossen Alexanders waren Besonders gewichtig ist daneben die als verlasslich geltende Nachricht Plinius des Alteren dass Kleitarchos Vater Dinon war dessen Geschichtswerk allerdings mit eigenen Unsicherheiten in das 4 Jahrhundert v Chr datiert wird 9 Bei der Datierung ist auch die schwer zu klarende aber von der Forschung eifrig diskutierte Frage relevant ob Kleitarchos nach oder vor der Veroffentlichung des Berichts Ptolemaios I schrieb Ptolemaios hatte als hoher Offizier und enger Freund Alexanders am Alexanderzug teilgenommen wurde anschliessend Konig von Agypten und Begrunder der Ptolemaer Dynastie und schrieb ausserdem einen eigenen Bericht uber den Alexanderzug Der bedeutende Sammler und Herausgeber der Fragmente antiker griechischer Geschichtsschreiber Felix Jacoby stellte die These einer relativen Chronologie der altesten Alexanderhistoriker auf nach der Kleitarchos um 300 v Chr und somit sicher nach Kallisthenes von Olynth und wohl auch nach Onesikritos sowie Nearchos schrieb aber vor Ptolemaios I und Aristobulos 10 Zur Begrundung der Annahme dass Kleitarchos vor Ptolemaios schrieb dient etwa die Beobachtung dass die Fragmente des Ptolemaios sehr wenig Ubereinstimmung mit jenen des Kleitarchos aufweisen So polemisiert Quintus Curtius Rufus gegen die Darstellung des Kleitarchos dass Ptolemaios einer der Lebensretter Alexanders bei dessen gefahrlichem Kampf in einer Burg des indischen Stamms der Maller gewesen sei da Ptolemaios selbst in seinen Erinnerungen dies verneinte 11 Auch berichtete Kleitarchos uber den angeblichen Besuch der Amazonenkonigin Thalestris bei Alexander als historische Tatsache wahrend Ptolemaios diese Erzahlung als fiktiv zuruckwies 12 Die erwahnten auffalligen Diskrepanzen sind am ehesten damit erklarbar dass Kleitarchos sein Werk vor Ptolemaios verfasste und dieser ausdrucklich die Darstellung seines Vorgangers korrigierte 13 Die Verteilung des Stoffes auf die einzelnen Bucher von Kleitarchos Werk ist nur sehr rudimentar anhand der wenigen Zitate mit Angabe der Buchzahl moglich So wird aus seinem ersten Buch eine Angabe uber die nach der Niederwerfung Thebens 335 v Chr gemachte Beute zitiert 14 Im vierten Buch referierte Kleitarchos in einem Exkurs uber die Geschichte Sardanapals 15 Nach diesem und einem weiteren erhaltenen Fragment vermutet Felix Jacoby dass am Ende des vierten Buches die Schlacht bei Issos 333 v Chr und im funften Buch die Belagerung von Tyros 332 v Chr berichtet war Im zehnten Buch wurde wohl die Annahme des persischen Hofzeremoniells durch Alexander geschildert Weiterhin gab das zwolfte Buch einen Bericht uber die Gymnosophisten 16 wonach wohl zu schliessen ist dass in diesem Buch Alexanders Indienfeldzug dargestellt wurde Von Kleitarchos Bericht uber Indien sind die meisten Bruchstucke erhalten Insgesamt durfte das Werk etwa 14 Bucher umfasst haben 17 Kleitarchos gab den popular romanhaften und dramatischen Episoden den Vorzug vor einer wenigstens ansatzweise kritischen Durchsicht seiner Quellen Er schilderte nicht nur die rein militarischen Geschehnisse sondern flocht auch ethnographische und geographische Ausfuhrungen ein Nicht selten waren ihm literarische Effekte wichtiger als die historische Realitat Fur die Gegenrichtung steht die Anabasis Arrians Sein Material entnahm Kleitarchos unter anderem der Geschichte des Kallisthenes der als offizieller Hofhistoriograph mit Alexander mitgereist war Er stutzte sich ferner auf Berichte von anderen Teilnehmern des Alexanderzugs darunter einfachen Soldaten aus deren Perspektive manche Passagen wie der beschwerliche Ubergang uber den Hindukusch erzahlt werden Im ptolemaischen Alexandria konnte Kleitarchos vermutlich mit zahlreichen Veteranen des Alexanderzuges sprechen die sich gemeinsam mit Ptolemaios dort niedergelassen hatten Auch die heute nur fragmentarisch erhaltenen Bucher von Nearchos und Onesikritos Offizieren Alexanders die ebenfalls am Alexanderzug teilgenommen hatten und spater als Historiker daruber berichteten standen ihm wohl als Quellen zur Verfugung Fur eine Verwendung der letzteren beiden Autoren spricht vor allem die Ausfuhrlichkeit des Berichts des Kleitarchos uber den Indienfeldzug Alexanders an dem sich Nearchos und Onesikritos in fuhrender Stellung beteiligt hatten bei gleichzeitiger Nahe mit den vor allem uber Arrian erhaltenen Zeugnissen der beiden Offiziere 18 Eine weitere Quelle konnte Polykleitos von Larisa gewesen sein ein makedonischer Historiker und Geograph der wie Kleitarchos davon ausging dass das Kaspische Meer ahnlich gross sei wie das Schwarze Meer 19 Zwar schrieb Kleitarchos viel Unglaubhaftes nieder doch bewahrte er auch manch interessante Episode Sein Urteil uber Alexander war kritisch denn er schrieb ihm tyrannenhafte Zuge zu Dennoch wollte er den Konig anscheinend nicht in ganz ungunstigem Licht zeigen denn er billigte ihm durchaus Herrschertugenden wie Milde Tapferkeit und Grosszugigkeit zu Rezeption BearbeitenGerade die romanhafte Ausschmuckung und die dramatisierende effektvolle Darstellung die gezielt den Leser erstaunen sollte sorgte wohl fur den Erfolg von Kleitarchos Werk das anscheinend die am meisten gelesene antike Alexandergeschichte war Es entfaltete bei einigen spateren Alexanderhistorikern eine betrachtliche Wirkung und bildete den Ausgangspunkt der sogenannten Vulgatatradition in der das erzahlerische Element stark in den Vordergrund trat siehe auch Alexanderroman In der modernen Alexanderforschung setzt sich im Gegensatz zur alteren verstarkt die Meinung durch dass nicht nur Arrian sondern auch die Vulgata Uberlieferung und somit Kleitarchos trotz der dortigen romanhaften Darstellung ofters im Kern glaubwurdiges wertvolles Material uber Alexander liefert 20 Viele spatere Autoren schopften direkt oder indirekt aus dieser Quelle So nehmen viele Althistoriker wie Eduard Schwartz 21 und Felix Jacoby 22 an dass das den Alexanderzug behandelnde 17 Buch von Diodors Historischer Bibliothek ein alleiniges und direktes stark kurzendes Exzerpt aus Kleitarchos ist Demnach habe Diodor keine Zusatzquellen zu Rate gezogen so dass insbesondere seine Darstellung zur Rekonstruktion von Kleitarchos Werk herangezogen werden konne Auch Pompeius Trogus und Quintus Curtius Rufus verwerteten in erster Linie Material aus der Darstellung des Kleitarchos das ihnen moglicherweise von einer Zwischenquelle vermittelt wurde Noch in romischer Zeit war das Werk sehr beliebt was etwa Plinius der Altere in seiner Naturalis historia festhielt 23 Textausgaben BearbeitenFelix Jacoby Die Fragmente der griechischen Historiker Nr 137 Luisa Prandi Kleitarchos of Alexandria 137 In Jacoby Online Brill s New Jacoby Part II herausgegeben von Ian Worthington Brill Leiden 2016 DOI 10 1163 1873 5363 bnj a137 Literatur BearbeitenFelix Jacoby Kleitarchos 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XI 1 Stuttgart 1921 Sp 622 654 grundlegend Digitalisat Lionel Pearson The lost histories of Alexander the Great American Philological Association New York 1960 S 212 242 Digitalisat Luisa Prandi Fortuna e realta dell opera di Clitarco Niemeyer Stuttgart 1996 Rudiger Schmitt Cleitarchus In Ehsan Yarshater Hrsg Encyclopaedia Iranica Band 5 1992 ISBN 0 939214 79 2 S 703 704 englisch iranicaonline org Stand 21 Oktober 2011 abgerufen am 8 August 2023 mit Literaturangaben Gerhard Wirth Kleitarch In Hatto H Schmitt Ernst Vogt Hrsg Kleines Lexikon des Hellenismus 2 Auflage Wiesbaden 1993 S 224f Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Kleitarchos im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Jona Lendering Cleitarchus In Livius org englisch Anmerkungen Bearbeiten Plinius der Altere Naturalis historia 10 136 Diogenes Laertios Uber Leben und Lehren beruhmter Philosophen 2 113 Rudiger Schmitt Cleitarchus In Ehsan Yarshater Hrsg Encyclopaedia Iranica Band 5 1992 ISBN 0 939214 79 2 S 703 704 englisch iranicaonline org Stand 21 Oktober 2011 abgerufen am 8 August 2023 mit Literaturangaben Plinius Naturalis historia 3 57 Felix Jacoby Kleitarchos 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XI 1 Stuttgart 1921 Sp 622 654 hier Sp 622 f Digitalisat Vgl auch Lionel Pearson The lost histories of Alexander the Great New York 1960 S 214 Digitalisat Vgl etwa V Parker Source Critical Reflections on Cleitarchus Work In P Wheatley R Hannah Hrsg Alexander and His Successors Essays from the Antipodes Regina Books Claremont California 2009 ISBN 978 1 930053 58 8 S 28 55 der Kleitarchos Werk um 270 v Chr datiert Erstveroffentlichung in A G Beresford P J Parsons M P Pobjoy 4808 On Hellenistic Historians In R Hatzilambrou P J Parsons J Chapa u a Hrsg The Oxyrhinchus Papyri Band 71 London 2007 S 27 36 Vgl dann F Landucci Luisa Prandi Un nuovo catalogo di storici ellenistici POxy LXXI 4808 In Rivista di filologia e d istruzione classica Band 141 2013 S 61 104 Luisa Prandi New Evidence for the Dating of Cleitarchus POxy LXXI 4808 In Histos Band 6 2012 S 15 26 insbesondere S 23 Zu diesen Argumenten Luisa Prandi New Evidence for the Dating of Cleitarchus POxy LXXI 4808 In Histos Band 6 2012 S 15 26 hier S 16f Felix Jacoby Kleitarchos 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XI 1 Stuttgart 1921 Sp 622 654 hier Sp 625 ff Curtius Rufus Historia Alexandri Magni 9 5 21 Plutarch Alexander 46 1 f So Felix Jacoby Kleitarchos 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XI 1 Stuttgart 1921 Sp 622 654 hier Sp 625 ff Vgl dazu auch aus der neueren Literatur Luisa Prandi New Evidence for the Dating of Cleitarchus POxy LXXI 4808 In Histos Band 6 2012 S 15 26 hier S 20 23 Athenaios Deipnosophistai 4 p 148 d Athenaios Deipnosophistai 12 p 530 a Diogenes Laertios Uber Leben und Lehren beruhmter Philosophen 1 6 Felix Jacoby Kleitarchos 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XI 1 Stuttgart 1921 Sp 622 654 hier Sp 638 f Luisa Prandi Fortuna e realta dell opera di Clitarco Stuttgart 1996 S 61 63 75 83 Indien behandeln die Fragmente 6 und 17 27 des Kleitarchos in der Zahlung von Brill s New Jacoby Zu Kleitarchos und Polykleitos siehe Luisa Prandi Fortuna e realta dell opera di Clitarco Niemeyer Stuttgart 1996 S 77 79 und dieselbe Commentary zu Fragment 12 In Kleitarchos of Alexandria 137 In Jacoby Online Brill s New Jacoby Part II herausgegeben von Ian Worthington Brill Leiden 2016 DOI 10 1163 1873 5363 bnj a137 Siegfried Lauffer Alexander der Grosse 3 Auflage Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1993 ISBN 3 423 04298 2 S 226 Eduard Schwartz Diodoros 38 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band V 1 Stuttgart 1903 Sp 663 704 hier Sp 683 f Felix Jacoby Kleitarchos 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XI 1 Stuttgart 1921 Sp 622 654 hier Sp 631 ff Plinius Naturalis historia 10 70 136 Normdaten Person GND 119457652 lobid OGND AKS LCCN no97061760 VIAF 56220108 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME KleitarchosALTERNATIVNAMEN Kleitarchos von AlexandriaKURZBESCHREIBUNG antiker griechischer HistorikerGEBURTSDATUM 4 Jahrhundert v Chr STERBEDATUM 3 Jahrhundert v Chr Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kleitarchos Historiker amp oldid 236745307