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Ein Pseudovektor auch Drehvektor Axialvektor oder axialer Vektor genannt ist in der Physik eine vektorielle Grosse die bei einer Punktspiegelung des betrachteten physikalischen Systems ihre Richtung beibehalt Im Gegensatz dazu kehren polare oder Schubvektoren bei einer Punktspiegelung ihre Richtung um Der Drehimpuls L als Beispiel eines Pseudovektors wahrend der Ortsvektor r und Impuls m v bei einer Punktspiegelung ihre Richtung umkehren bleibt die des Drehimpulses L m r v unverandert Das Bild zeigt einen Korper bei einer Drehbewegung und sein Spiegelbild Der Drehimpuls andert sich bei der Punktspiegelung nicht denn die Drehgeschwindigkeit wird durch einen axialen Vektor beschrieben Die Bahngeschwindigkeit zeigt nach der Punktspiegelung wie der Impuls in die entgegengesetzte Richtung und ist daher ein polarer Vektor Die Richtung eines axialen Vektors ist bezuglich einer Orientierung des Raumes ublicherweise der rechtshandigen definiert Axialvektoren treten typischerweise auf wenn ein physikalischer Zusammenhang durch das Kreuzprodukt ausgedruckt wird das bei rechtshandigen Koordinatensystemen die Rechte Hand Regel verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Definition 1 1 Transformationsverhalten unter einer Bewegung des Systems 1 2 Axiale und polare Vektoren 1 3 Aktive und passive Transformation 2 Rechenregeln 3 Zusammenhang mit Tensoren 4 Beispiele 5 Einzelnachweise 6 Siehe auchDefinition BearbeitenTransformationsverhalten unter einer Bewegung des Systems Bearbeiten Gegeben sei ein physikalisches System und ein zweites das zu jedem Zeitpunkt aus dem ersten durch immer dieselbe raumliche Bewegung x hervorgeht d h durch eine langen und winkeltreue Abbildung keine Bewegung im kinematischen Sinn Dabei sind fur x auch ungleichsinnige orientierungsumkehrende Bewegungen erlaubt Im ersten System wird zu einem festen Zeitpunkt t also ein Teilchen das sich am Ort P t befindet auf ein Teilchen am Ort P t im bewegten System abgebildet Masse und Ladung des Teilchens bleiben dabei unverandert Fur kontinuierliche Verteilungen heisst das dass eine Dichte r displaystyle rho nbsp auf eine Dichte r displaystyle rho nbsp mit r t P r t P displaystyle rho t P rho t P nbsp abgebildet wird Man sagt eine physikalische Grosse habe ein bestimmtes Transformationsverhalten unter der Bewegung wenn diese Transformation die physikalische Grosse auf die entsprechende Grosse im bewegten System abbildet Zum Beispiel hat das bewegte Teilchen am Ort P die transformierte Geschwindigkeit v displaystyle vec v nbsp die durch die Geschwindigkeit v displaystyle vec v nbsp des ursprunglichen Teilchens am Ort P bestimmt ist Axiale und polare Vektoren Bearbeiten Setzt sich die Bewegung x nur aus Verschiebungen und Drehungen zusammen so ist das Transformationsverhalten fur alle vektoriellen Grossen dieselbe Betrachtet man dagegen den Fall einer Punktspiegelung im Raum am Zentrum P Z displaystyle P Z nbsp d h r r displaystyle vec r vec r nbsp wobei r P Z P displaystyle vec r overrightarrow P Z P nbsp und r P Z P displaystyle vec r overrightarrow P Z P nbsp die Ortsvektoren eines Teilchens und seines Spiegelbildes sind so sind zwei Falle zu unterscheiden Ein polarer Vektor wie etwa die Geschwindigkeit v displaystyle vec v nbsp des Teilchens ist dadurch charakterisiert dass er wie die Ortsvektoren transformiert v v displaystyle vec v vec v nbsp Ein axialer Vektor wie etwa die Winkelgeschwindigkeit w displaystyle vec omega nbsp des Teilchens wird dagegen unter der Punktspiegelung auf sich selbst abgebildet w w displaystyle vec omega vec omega nbsp Die Eigenschaft einer vektoriellen Grosse axial oder polar zu sein legt bereits das Transformationsverhalten unter einer beliebigen Bewegung x fest Denn jede Bewegung lasst sich durch eine Hintereinanderausfuhrung von Translationen Drehungen und Punktspiegelungen darstellen Aktive und passive Transformation Bearbeiten Diese Betrachtungen 1 zum Transformationsverhalten einer vektoriellen Grosse unter einer aktiven Bewegung x des Systems hat nichts zu tun mit dem Transformationsverhalten der Komponenten des Vektors unter einer gewohnlichen Koordinatentransformation Letztere ist dieselbe fur axiale und polare Vektoren namlich die von Koordinaten eines Tensors vom Rang eins Es handelt sich also um echte Vektoren im Sinne der Tensorrechnung weswegen der Begriff Pseudovektor in diesem Zusammenhang irrefuhrend ist Tatsachlich gibt es Autoren 2 3 die diese unterschiedlichen Begriffe nicht klar trennen Viele Autoren 4 5 beschreiben eine ungleichsinnige Bewegung des Systems als Koordinatentransformation bei gleichzeitiger Anderung der Orientierung bezuglich welcher das Kreuzprodukt zu berechnen ist Dies entspricht einer passiven Transformation wobei der Beobachter die gleiche Transformation erfahrt wie das Koordinatensystem Anschaulich bedeutet das dass die rechte Hand bei einer Punktspiegelung des Koordinatensystems zu einer linken Hand wird Rechnerisch wird das realisiert durch die Einfuhrung eines Pseudotensors dessen Komponenten unabhangig von der Orientierung eines orthonormalen Koordinatensystems durch das Levi Civita Symbol gegeben sind Dieser vollstandig antisymmetrische Pseudotensor auch Tensordichte vom Gewicht 1 genannt ist also kein Tensor In diesem Sinne ist auch der Begriff Pseudovektor zu verstehen welcher in dieser Betrachtung bei einer Punktspiegelung des Koordinatensystems seine Richtung andert dessen Komponenten dagegen unverandert bleiben Diese passive Sichtweise liefert die gleichen Ergebnisse bezuglich der Unterscheidung axialer und polarer Vektoren wie die aktive Rechenregeln BearbeitenDas Kreuzprodukt zweier polarer oder zweier axialer Vektoren ist ein Axialvektor Das Kreuzprodukt aus einem polaren und einem axialen Vektor ist ein Polarvektor Das Skalarprodukt zweier polarer oder zweier axialer Vektoren ist ein Skalar d h behalt sein Vorzeichen unter einer beliebigen Bewegung Das Skalarprodukt aus einem polaren und einem axialen Vektor ist ein Pseudoskalar d h andert sein Vorzeichen unter einer Punktspiegelung Zusammenhang mit Tensoren BearbeitenJeder Tensor zweiter Stufe besitzt im dreidimensionalen Raum eine Vektorinvariante die als solche ein axialer Vektor ist 6 Zu der Vektorinvariante tragt nur der schiefsymmetrische Anteil des Tensors etwas bei Die Umkehroperation stellt aus dem axialen Vektor den schiefsymmetrischen Anteil des Tensors her a 1 a i 1 3 e i e i i 1 3 a e i e i 0 a 3 a 2 a 3 0 a 1 a 2 a 1 0 a displaystyle vec a times mathbf 1 vec a times left sum i 1 3 hat e i otimes hat e i right sum i 1 3 vec a times hat e i otimes hat e i begin pmatrix 0 amp a 3 amp a 2 a 3 amp 0 amp a 1 a 2 amp a 1 amp 0 end pmatrix vec a times nbsp Darin sind a1 2 3 die Koordinaten des Vektors a displaystyle vec a nbsp bezuglich der Standardbasis e 1 2 3 displaystyle hat e 1 2 3 nbsp 1 ist der Einheitstensor bildet das Kreuzprodukt und displaystyle otimes nbsp das dyadische Produkt Das Ergebnis ist im Koordinatenraum die Kreuzproduktmatrix a displaystyle vec a times nbsp Die Wirbelstarke ist die negative Vektorinvariante des Geschwindigkeitsgradienten und mit obiger Umkehroperation entsteht dessen schiefsymmetrischer Anteil der Wirbeltensor Bei einer Starrkorperbewegung entspricht der Winkelgeschwindigkeit der Winkelgeschwindigkeitstensor der hier die Rolle des Geschwindigkeitsgradienten ubernimmt Fur das Magnetfeld B erhalt man auf diese Weise die raumlichen Komponenten des elektromagnetischen Feldstarketensors Allgemeiner kann einem axialen Vektor uber die Hodge Dualitat ein schiefsymmetrischer Tensor zweiter Stufe zugeordnet werden In Koordinaten ausgedruckt gehort zu einem Vektor a i displaystyle a i nbsp die 2 Form a i j ϵ i j k a k displaystyle a ij mp epsilon ijk a k nbsp fur positiv bzw negativ orientierte Orthonormalbasis mit dem Levi Civita Symbol ϵ i j k displaystyle epsilon ijk nbsp und unter Verwendung der Summenkonvention Dieser Zusammenhang kann benutzt werden um Grossen wie den Drehimpuls fur Raume der Dimension ungleich drei zu verallgemeinern Nur im ℝ3 hat eine antisymmetrische 2 Form genauso viele unabhangige Komponenten wie ein Vektor Im ℝ4 beispielsweise sind es nicht 4 sondern 6 unabhangige Komponenten Beispiele BearbeitenFur den Zusammenhang von Ortsvektor r displaystyle vec r nbsp Geschwindigkeit v displaystyle vec v nbsp und Winkelgeschwindigkeit w displaystyle vec omega nbsp eines Teilchens gilt v w r displaystyle vec v vec omega times vec r nbsp Unter einer Punktspiegelung r r displaystyle vec r vec r nbsp pruft man leicht nach dass v v displaystyle vec v vec v nbsp Orts und Geschwindigkeitvektor sind also Polarvektoren Damit gilt fur die Winkelgeschwindigkeit w displaystyle vec omega nbsp des gespiegelten Teilchens v w r displaystyle vec v vec omega times vec r nbsp Also muss w w displaystyle vec omega vec omega nbsp gelten d h die Winkelgeschwindigkeit ist ein Axialvektor Der Drehimpuls ist definiert als L r p displaystyle vec L vec r times vec p nbsp Es folgt L r p r m v r m v L displaystyle vec L vec r times vec p vec r times m vec v vec r times m vec v vec L nbsp also ist der Drehimpuls ein Axialvektor siehe Einleitung Aus der Formel fur die Lorentzkraft F q B v displaystyle vec F q vec B times vec v nbsp folgt dass das Magnetfeld B displaystyle vec B nbsp ein axialer Vektor sein muss denn die Kraft F displaystyle vec F nbsp ist zur Beschleunigung proportional und damit ein polarer Vektor Die Wirbelstarke w rot v displaystyle vec omega operatorname rot vec v nbsp mit der Rotation eines Vektorfeldes rot ist ein Axialvektor Spiegelung einer rotierenden Scheibe an einer Ebene Betrachtet wird eine rotierende horizontale Scheibe die eine rote Oberseite und eine gelbe Unterseite besitze Die Rotation wird durch den Winkelgeschwindigkeitsvektor beschrieben Die Rotationsrichtung sei so dass der Winkelgeschwindigkeitsvektor von der roten Oberseite nach oben wegzeigt Bei einem Spiegelbild dieser rotierenden Scheibe an einer horizontale Ebene kehren sich nach Voraussetzung die vertikalen Anteile von Ortsvektoren um die Oberseite ist im Spiegelbild gelb und die Unterseite rot Der dem Beobachter zugewandte Rand der Scheibe bewegt sich im Original wie im Spiegelbild in dieselbe Richtung Der Drehsinn bleibt also erhalten Der Winkelgeschwindigkeitsvektor hat sich durch die Spiegelung nicht umgekehrt und weist am Spiegelbild von der gelben Seite ebenfalls nach oben Einzelnachweise Bearbeiten Richard P Feynman Robert B Leighton Matthew Sands The Feynman Lectures on Physics Vol 1 Mainly mechanics radiation and heat Addison Wesley 1964 Abschnitt 52 5 S 52 6 52 7 Online Edition Caltech axialer Vektor In Lexikon der Physik Spektrum Akademischer Verlag abgerufen am 23 Juli 2008 Die Komponenten axialer Vektoren bleiben bei einer Spiegelung des Koordinatensystems d h bei einer Vorzeichenumkehr aller drei Koordinaten ungeandert Eric W Weisstein Pseudovector In MathWorld A Wolfram Web Resource Abgerufen am 23 Juli 2008 A typical vector is transformed to its negative under inversion of its coordinate axes Arnold Sommerfeld Mechanik In Vorlesungen uber Theoretische Physik 8 Auflage Band I Harri Deutsch 1994 ISBN 3 87144 374 3 S 105 Herbert Goldstein Charles Poole John Safko Classical mechanics 3 Auflage Addison Wesley 2000 S 169 H Altenbach Kontinuumsmechanik Springer 2012 ISBN 978 3 642 24118 5 S 34 f und 109 f Siehe auch BearbeitenParitat ChiralitatNormdaten Sachbegriff GND 4273027 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pseudovektor amp oldid 233160095