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Die Wirbelstarke w displaystyle vec omega bzw h displaystyle vec eta bzw z displaystyle vec zeta beziffert eine zentrale Grosse der Stromungsmechanik und der Meteorologie indem sie dem Strudel und den kreis oder spiralformigen Stromungen ein Feld von Geschwindigkeiten zuordnet Die gleichwertige Bezeichnung Vortizitat von lateinisch vortex Wirbel Strudel englisch Vorticity wird mit Wirbelhaftigkeit ubersetzt In der Stromungsmechanik werden kleine Unterschiede in Geschwindigkeit und Richtung von Gasen und Flussigkeiten als Scherung bezeichnet Die Stromlinien sind anderseits geometrische Hilfsmittel zur anschaulichen Beschreibung einer Stromung als gerichtete Bewegung von Teilchen Schliesslich ist die Viskositat die Zahflussigkeit oder Zahigkeit von Fluiden also der Widerstand des Fluids gegenuber Scherung Anschaulich entspricht die Wirbelstarke der Tendenz eines Fluidelements zur Eigendrehung um eine Achse aus der eine Zirkulation von fliessenden oder stromenden Medien in einem geschlossenen Gebiet entsteht Weiter wird das Mittel der quadratischen Wirbelstarke uber einer bestimmten Flache als Enstrophie bezeichnet welche z B das Stromungsverhalten von Glas Doppelfassaden beschreibt Inhaltsverzeichnis 1 Formale Notation 2 Hydrodynamik 3 Meteorologie 3 1 Potentielle Vortizitat 4 Anmerkungen 5 Literatur 6 EinzelnachweiseFormale Notation BearbeitenDie Wirbelstarke w displaystyle vec omega nbsp in der Meteorologie angelehnt an die Zirkulation mit z displaystyle vec zeta nbsp bezeichnet ist definiert als die Rotation der Geschwindigkeit u displaystyle vec u nbsp eines Vektorfelds w rot u u displaystyle vec omega operatorname rot vec u vec nabla times vec u nbsp Sie hat die SI Einheit 1 s displaystyle tfrac 1 mathrm s nbsp und ist wie jede Rotation eines Vektorfelds ein Pseudovektorfeld Weil sich in einem abgeschlossenen System die Erhaltungsgrossen nicht andern ist die Wirbelstarke gleich der flachenbezogenen Zirkulationsrate G displaystyle Gamma nbsp 1 G A v d r A rot v d A displaystyle Gamma oint partial A vec v cdot mathrm d vec r int A operatorname rot vec v cdot mathrm d vec A nbsp w n d G d A displaystyle Rightarrow vec omega cdot vec n frac mathrm d Gamma mathrm d A nbsp mit der Normalen n displaystyle vec n nbsp In der Meteorologie liegen ausser bei echt dreidimensionalen Wirbeln wie Tornados oft zweidimensionale Geschwindigkeitsfelder vor Die entsprechende Vortizitat zeigt in z Richtung und lautet z rot u 2 D u y x u x y e z displaystyle vec zeta operatorname rot vec u 2D left frac partial u y partial x frac partial u x partial y right vec e z nbsp Hydrodynamik BearbeitenIn der Hydrodynamik ist die Vortizitat die Rotation der Fluidgeschwindigkeit die in Richtung der Rotationsachse bzw fur zweidimensionale Flusse senkrecht zur Flussebene orientiert ist Fur Fluide mit einer festen Rotation um eine Achse z B einen rotierenden Zylinder ist die Wirbelstarke gleich der doppelten Winkelgeschwindigkeit w0 des Fluidelements w 2 w 0 displaystyle vec omega 2 vec omega 0 nbsp w u w 0 r w 0 r w 0 r 3 w 0 w 0 2 w 0 displaystyle vec omega vec nabla times vec u vec nabla times left vec omega 0 times vec r right vec omega 0 left vec nabla cdot vec r right left vec omega 0 cdot vec nabla right vec r 3 vec omega 0 vec omega 0 2 vec omega 0 nbsp Fluide ohne Wirbelstarke heissen rotations oder wirbelfrei mit w 0 bzw z 0 displaystyle vec omega 0 text bzw zeta 0 nbsp Allerdings konnen auch die Fluidelemente eines solchen rotationsfreien Fluids eine Winkelgeschwindigkeit w 0 0 displaystyle vec omega 0 neq 0 nbsp besitzen d h sich auf gekrummten Bahnen bewegen vgl die folgende Abbildung wobei der Buchstabe w displaystyle omega nbsp im Text fur die Wirbelstarke und in der Abbildung fur die Winkelgeschwindigkeit steht nbsp Vortizitat und WinkelgeschwindigkeitMan betrachtet ein infinitesimal kleines quadratisches Gebiet einer Flussigkeit Wenn dieses Gebiet rotiert ist die Wirbelstarke der Stromung ungleich null Die Wirbelstarke bezieht sich auf erzwungene Wirbel mit w rot u 0 displaystyle vec omega operatorname rot vec u neq 0 nbsp Die Vortizitat ist ein geeignetes Mittel fur Flussigkeiten mit kleiner Viskositat Dann kann die Vortizitat an fast allen Orten der Stromung als gleich null angesehen werden Dies ist offensichtlich fur zweidimensionale Stromungen in denen der Fluss auf der komplexen Ebene dargestellt werden kann Derartige Probleme konnen meist analytisch gelost werden Fur jede Stromung konnen die bestimmenden Gleichungen durch einfaches Ersetzen auf die Wirbelstarke anstatt auf die Geschwindigkeit bezogen werden Dies fuhrt zur Wirbeldichtegleichung die fur inkompressible nichtviskose Flussigkeiten wie folgt lautet 2 D w D t w u displaystyle frac mathrm D vec omega mathrm D t vec omega cdot vec nabla vec u nbsp Auch fur reale Stromungen dreidimensional endliche Reynoldszahl d h Viskositat ungleich Null ist die Betrachtung des Flusses uber die Wirbelstarke mit Einschrankungen nutzbar wenn man annimmt dass das Vortizitatsfeld als eine Anordnung einzelner Wirbel darstellbar ist Die Diffusion dieser Wirbel durch die Stromung wird durch die Wirbeltransportgleichung beschrieben D w D t w u h r 2 w displaystyle frac mathrm D vec omega mathrm D t vec omega cdot vec nabla vec u frac eta rho cdot nabla 2 vec omega nbsp wobei 2 displaystyle nabla 2 nbsp den Laplace Operator bezeichnet 3 Hier wurde die Wirbeldichtegleichung durch den Diffusionsterm h r 2 w displaystyle frac eta rho cdot nabla 2 vec omega nbsp erganzt Fur hochviskose Stromungen beispielsweise Couette Stromungen kann es sinnvoller sein direkt das Geschwindigkeitsfeld des Fluids anstelle der Wirbelstarke zu betrachten da die hohe Viskositat zu einer sehr starken Diffusion der Wirbel fuhrt Die Wirbellinie hangt direkt mit der Wirbelstarke zusammen indem Wirbellinien Tangenten an die Wirbelstarke sind Die Gesamtheit der durch ein Flachenelement d A displaystyle dA nbsp gehenden Wirbellinien wird als Wirbelfaden bezeichnet Die Helmholtzschen Wirbelsatze sagen aus dass der Wirbelfluss w d A displaystyle iint vec omega cdot mathrm d vec A nbsp sowohl zeitlich als auch raumlich konstant ist Meteorologie BearbeitenIn der Meteorologie wird mit der Vortizitat hauptsachlich die Rotation von Luft um eine Achse beschrieben Die absolute Vortizitat w a b s displaystyle omega mathrm abs nbsp eines Volumenelements oder eines Korpers in der Meteorologie setzt sich zusammen aus zwei Summanden der planetaren Vortizitat f c displaystyle f mathrm c nbsp und der relativen Vortizitat w r e l displaystyle omega mathrm rel nbsp bzw z displaystyle zeta nbsp w a b s h f c w r e l f c z displaystyle begin aligned omega mathrm abs colon eta amp f mathrm c omega mathrm rel amp f mathrm c zeta end aligned nbsp Aufgrund der Erddrehung w 0 displaystyle omega 0 nbsp erfahrt jeder Korper in Erdnahe eine Rotation um die Erdachse und besitzt somit eine feste Vortizitat Diese wird bestimmt durch den Coriolisfaktor f c 2 w 0 sin f 10 4 1 s displaystyle f mathrm c 2 omega 0 sin varphi approx 10 4 frac 1 mathrm s nbsp dd der vom Breitengrad f displaystyle varphi nbsp abhangt und als planetare Vortizitat bezeichnet Die relative Vortizitat ist die mit der Eigendrehung des Korpers zusammenhangende Grosse Da in der Meteorologie meist zweidimensionale Stromungsfelder auftreten wird sie oft durch die Rotation in zwei Dimensionen ausgedruckt z rot u 2 D displaystyle vec zeta operatorname rot vec u 2D nbsp dd Die Richtung des Wirbelstarke Vektors lasst sich mit der Korkenzieherregel bestimmen Dreht sich das Fluid gegen den Uhrzeigersinn so zeigt die Wirbelstarke nach oben und ist positiv Auf der Nordhalbkugel wird Rotation gegen den Uhrzeigersinn also mit positivem h displaystyle eta nbsp als zyklonale Rotation bezeichnet und mit negativem h displaystyle eta nbsp als antizyklonale Rotation Auf der Sudhalbkugel gilt dies jeweils entsprechend umgekehrt In naturlichen Koordinaten ergibt sich z z C z S v K s v n displaystyle begin alignedat 2 zeta amp zeta C amp amp zeta S amp v cdot K s amp amp frac partial v partial n end alignedat nbsp mit 4 der Krummungsvortizitat z C v K s displaystyle zeta C v cdot K s nbsp der Krummung K s displaystyle K s nbsp der Stromlinien der Scherungsvortizitat z S v n displaystyle zeta S frac partial v partial n nbsp den Komponenten n und s des Koordinatensystems Potentielle Vortizitat Bearbeiten Die Helmholtzschen Erhaltungssatze fur den Wirbelfluss fuhren zur potentiellen Vortizitat PV 5 P V h D p f c z D p displaystyle PV frac eta Delta p frac f c zeta Delta p nbsp Durch Kombination der Wirbeldichtegleichung mit der Kontinuitatsgleichung kann man zeigen dass die potentielle Vortizitat zeitlich erhalten ist d P V d t 0 displaystyle frac mathrm d PV mathrm d t 0 nbsp Anmerkungen BearbeitenDie Literatur enthalt auch die Definition 6 7 w 1 2 rot u displaystyle vec omega frac 1 2 operatorname rot vec u nbsp Die Begriffe Wirbelstarke Wirbeldichte Wirbelhaftigkeit Wirbeligkeit Wirbelung Vortizitat Wirbelfaden sowie die Benennung der Wirbeldichte und Wirbeltransportgleichung sind nicht klar definiert und somit schwer gegeneinander abgrenzbar In der Literatur finden sich teilweise widerspruchliche Angaben und Definitionen Literatur BearbeitenHans Stephani Gerhard Kluge Theoretische Mechanik Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1995 ISBN 3 86025 284 4 Ludwig Bergmann Clemens Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik Band 1 Mechanik Relativitat Warme de Gruyter Berlin 1998 ISBN 3 11 012870 5 Lew D Landau Jewgeni M Lifschitz Lehrbuch der theoretischen Physik Band 6 Hydrodynamik Verlag Harri Deutsch Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 8171 1331 6 Koji Ohkitani Elementary Account Of Vorticity And Related Equations Cambridge University Press 2005 ISBN 0 521 81984 9 Andrew J Majda Andrea L Bertozzi Vorticity and Incompressible Flow Cambridge University Press 2002 ISBN 0 521 63948 4Einzelnachweise Bearbeiten Ludwig Bergmann Clemens Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik Band 1 Mechanik Relativitat Warme S 564 de Gruyter Berlin 1998 ISBN 3 11 012870 5 Roland Netz Mechanik der Kontinua PDF 671 kB Abgerufen am 25 Mai 2011 Wirbeltransportgleichungen Nicht mehr online verfugbar Archiviert vom Original am 21 September 2008 abgerufen am 25 Mai 2011 Vorticity Abgerufen am 25 Mai 2011 Atmospharenphysik PDF 337 kB Nicht mehr online verfugbar Archiviert vom Original am 18 Februar 2015 abgerufen am 25 Mai 2011 scienceworld wolfram com Abgerufen am 25 Mai 2011 Hans Stephani Gerhard Kluge Theoretische Mechanik Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1995 ISBN 3 86025 284 4 S 273 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wirbelstarke amp oldid 228507292