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Als Wirbel oder Vortex bezeichnet man in der Stromungslehre eine drehende Bewegung von Fluidelementen um eine gerade oder geschwungene Drehachse Der Begriff des Wirbels ist eher intuitiv siehe Bilder und mathematisch nicht prazise formulierbar Luftwirbel Wirbelschleppe eingefarbt Ein Strudel ist ein Sonderfall eines WirbelsIn Fluiden mit niedriger Viskositat Luft und Wasser ist die Fliessgeschwindigkeit in grosseren Wirbeln im Zentrum am grossten und nimmt umgekehrt proportional zum Abstand vom Zentrum ab Die Wirbelstarke ist im Zentrum gross und fast null im ausseren Bereich des Wirbels weshalb sich Fluidelemente dort kaum um sich selbst drehen Umgekehrt verhalt es sich mit dem Druck der im Zentrum am niedrigsten ist Wirbel neigen dazu ausgedehnte Wirbelrohren auszubilden die sich mit der Stromung mitbewegen sich winden biegen und strecken konnen In der Meteorologie und in der Aerodynamik spielen Wirbel eine wichtige Rolle Inhaltsverzeichnis 1 Phanomenologie 1 1 Entstehung des Wirbels 1 2 Eigenschaften der Drehbewegung 1 3 Druck und Temperaturverteilung in Wirbeln 1 4 Wirbel und Turbulenz 2 Wirbeltypen 2 1 Potentialwirbel 2 2 Festkorperwirbel 2 3 Rankine Wirbel 2 4 Hamel Oseen scher Wirbel 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweisePhanomenologie BearbeitenDieser Abschnitt ist der Phanomenologie d h den physikalisch gegebenen Wirbelerscheinungen gewidmet Entstehung des Wirbels Bearbeiten hydrodynamische Simulation einer Rayleigh Taylor Instabilitat Rayleigh Benard KonvektionszellenWirbel werden durch gekrummte Wande eingeleitet durch aussere Krafte angefacht durch die Drehimpulserhaltung erzwungen oder sind eine Konsequenz des Ausgleichsbestrebens sich selbst uberlassener Fluide Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik Runde Einfassungen wie das Glas in Abb Strudel oder der Stufensprung bei einer Wasserwalze leiten Stromungen im Kreis In der Aero und Hydrodynamik wichtige Wirbel entstehen wenn sich ein Fahrzeug durch ein Fluid bewegt speziell wenn sich Flugzeuge oder Autos durch Luft oder Schiffe durch das Wasser bewegen In Folge von Stromungsabrissen an der A Saule von Autos oder an einem Zylinder siehe Animation in Abbildung Wirbelstrasse entstehen dauerhafte Wirbelstromungen Nicht nur bei Orgelpfeifen 1 sind Luftwirbel an der Erzeugung horbaren Schalls beteiligt Eine Kraftwirkung die Wirbel entstehen lasst sind Tragheitskrafte in Fluiden die als Ganzes rotieren wie zum Beispiel die Erdatmosphare Der Corioliseffekt lenkt dabei Stromungen innerhalb des Luftkorpers in eine Kreisbewegung um Dies ist die Ursache dafur dass Hoch und Tiefdruckgebiete in der Atmosphare Wirbel bilden Der polare Vortex und der Jetstream sind ebenfalls Wirbel die durch Tragheitskrafte entstehen Wenn Fluide auf ein Zentrum zustreben dann konnen Fluidelemente die Drehimpuls besitzen nicht einfach geradewegs hinein sturzen Die Erhaltung des Drehimpulses zwingt sie erst auf eine Kreisbahn um das Zentrum wodurch im interstellaren Raum protoplanetare Scheiben das sind Wirbel aus Staub und Gas um junge Sterne im Zentrum entstehen Nur indirekt von ausseren Einflussen geleitet entstehen Wirbel wenn Fluidmassen mit unterschiedlichen Eigenschaften aufeinander treffen Die Fluidmassen konnen sich unter anderem in ihrer Temperatur ihrer Geschwindigkeit oder ihrer Dichte unterscheiden An den Grenzflachen zwischen den Fluidmassen kommt es bei hinreichender Differenz in den Eigenschaften am Kipp Punkt zu Instabilitaten die zu Wirbeln und im weiteren Verlauf zu turbulenter Stromung fuhren in der unterschiedlich grosse Wirbel die Massen intensiv durchmischen Ein solches Phanomen ist die Kelvin Helmholtz Instabilitat zwischen zwei unterschiedlich schnellen Stromungen oder die Rayleigh Taylor Instabilitat zwischen zwei unterschiedlich schweren Flussigkeiten Abb Rayleigh Taylor Die Durchmischung fuhrt zu einem Ausgleich des Gefalles es sei denn aussere Einflusse halten das Gefalle aufrecht Dann konnen andauernde kreisende Konvektionszellen entstehen Passatwind Walker Zirkulation Konvektionszone der Sonne Abb Rayleigh Benard Eigenschaften der Drehbewegung Bearbeiten Ein durch eine theoretische konstante Auftriebskraft am Tragflugel erzeugter Hufeisenwirbel hinter einem SegelflugzeugWirbel bilden oftmals keine stationare Stromung konnen also ihre Form andern und sich als ganzes fortbewegen In diesem Fall sind die Wege der Fluidelemente keine geschlossenen Kurven sondern eher Schraubenlinien oder Zykloide Die Drehachse der Wirbel die analog zur Stromlinie definierte Wirbellinie kann eine gebogene sich windende und als ganzes bewegende Linie sein Tornado Die drehende Bewegung kann mit radialen zum Zentrum hin oder weg gerichtetem Fluss kombiniert sein was zu Strudeln und Spiralen wie bei Abflussen fuhrt Ein rein kreisender Wirbel ohne radiale Geschwindigkeitskomponente wird quellenfrei genannt Wegen der Drehimpulserhaltung konnen Wirbel nicht ohne weiteres aufhoren oder beginnen zu drehen Einmal aufgeloste Wirbel bleiben verschwunden was die Aussage des ersten Helmholtz schen Wirbelsatzes ist Die Kreisbewegung Zirkulation eines Rings aus Fluidelementen ist eine Erhaltungsgrosse Kelvinscher Wirbelsatz die uber die Lange einer Wirbelrohre konstant ist dritter Helmholtz scher Wirbelsatz Daher neigen Wirbel dazu ausgedehnte Wirbelrohren im Fluid auszubilden was beispielsweise am Hufeisenwirbel deutlich wird siehe Abb Durch Reibeffekte und Dissipation losen sich jedoch reale Wirbel mit der Zeit auf und nimmt die Zirkulation in Wirbeln ab Die Fluidelemente werden vom Wirbel mitgefuhrt was eine Konsequenz des zweiten Helmholtz schen Wirbelsatzes ist So konnen Wirbel Masse Drehimpuls und Energie uber beachtliche Entfernungen die das mehrfache ihrer Grosse betragen konnen mit nur geringen Verlusten transportieren Rauchringe In grosseren Wirbeln drehen sich die Fluidelemente nicht um sich selbst sondern werden im Kreis parallel verschoben Diese Tatsache fuhrt zwischen den Fluidelementen zu Scherungen die zum Zentrum des Wirbels hin zunehmen Viskositat verringert diese Scherung im Zentrum des Wirbels oder in kleinen Wirbeln so dass es dort zu einer quasi starren Rotation kommt Diese Reibeffekte dissipieren die Rotationsenergie und fuhren letztendlich zur Auflosung der Wirbel siehe Energiekaskade turbulenter Stromungen und Rankine Wirbel unten Druck und Temperaturverteilung in Wirbeln Bearbeiten Kondensation von Wasserdampf im Zentrum von Wirbeln hinter einer Boeing B 747 In einem Fluid mit niedriger Viskositat ist in einer stationaren Stromung bei Vernachlassigung ausserer Krafte die Summe aus kinetischer Energie und dem statischen Druck der Totaldruck entlang einer Stromlinie konstant Der statische Druck ist der Druck den ein mit der Stromung mitbewegtes Fluidelement verspurt In grosseren Wirbeln nimmt die Stromungsgeschwindigkeit zum Zentrum hin zu weswegen der statische Druck dort abnimmt In einem realen Gas geht in einem konstanten Volumen abnehmender Druck mit abnehmender Temperatur einher weshalb im Zentrum der Wirbel die Temperatur am niedrigsten ist Daher ist das Zentrum solcher Wirbel auf Grund von Kondensstreifen manchmal sichtbar siehe Abbildung rechts Die Wirbelstarke ist in den Randwirbeln an den Flugelspitzen am grossten und dort bilden sich klar umrissene Wirbelrohren Die Intensitat der Wirbelrohren nimmt zum Rumpf hin ab und die Wirbelrohren sind weniger klar definiert Wirbel und Turbulenz Bearbeiten Wirbel sind der Hauptbestandteil turbulenter Stromungen aber nicht jeder Wirbel gehort zu einer turbulenten Stromung Turbulente Stromungen beinhalten auf allen Grossenskalen Wirbel die sich scheinbar ungeordnet bewegen Eine in der Praxis bewahrte Unterscheidung wird bei den Reynolds Gleichungen getroffen Die physikalischen Grossen hier interessiert vor allem die Geschwindigkeit werden in einen Mittelwert und einen statistischen Schwankungswert aufgeteilt Der Schwankungswert behandelt die zufalligen fluktuierenden Wirbel wahrend der zeitunabhangige Mittelwert die stationaren Wirbel beinhaltet Animation zur Ausbildung einer WirbelstrasseEin Grenzfall sind periodische Ablosungen von Wirbeln wie in der Karmanschen Wirbelstrasse die hinter einem umstromten Zylinder bei nicht zu grosser Reynoldszahl entsteht siehe Animation in Abbildung rechts Hinter dem zunachst laminar wirbelfrei umstromten Zylinder bildet sich bei zunehmender Stromungsgeschwindigkeit ein stationarer Wirbelring der von der ausseren Stromung zunachst noch laminar umflossen wird Der Wirbelring wachst mit der Reynoldszahl bis er schliesslich instabil wird und sich periodische Ablosungen bilden Es losen sich in einem charakteristischen Muster abwechselnd links und rechts drehende Wirbel ab Diese Wirbel sind weder stationar noch chaotisch fluktuierend Mit steigender Anstromungsgeschwindigkeit geht die Wirbelstrasse in turbulente Stromung uber Es treten mehr Wirbel auf so dass der Stromungswiderstand ansteigt Beim Ubergang zur Turbulenz variieren die Grosse der Wirbel und die Zeitpunkte ihrer Ablosung immer mehr Bei voll ausgebildeter Turbulenz sind Wirbel auf allen Grossenskalen vorhanden Bei einer Reynoldszahl Re 3 105 wird auch die Grenzschicht turbulent und der Widerstand fallt abrupt ab um dann wieder anzusteigen 2 siehe Abhangigkeit des Stromungswiderstandes Dieser Ubergang von laminarer wirbelfreier Stromung in turbulente Stromung mit einem Ubergangsbereich der deutliche Strukturen aufweist ist ein weit verbreitetes Phanomen Wirbeltypen BearbeitenPotentialwirbel Bearbeiten Potentialwirbel mit Stromlinien blau und Fluidelementen Turkis Der Potentialwirbel oder freie Wirbel ist ein klassisches Beispiel einer rotationsfreien Potentialstromung siehe Abbildung rechts Grosse Wirbel in Fluiden mit niedriger Viskositat werden mit diesem Modell gut beschrieben Beispiele fur einen Potentialwirbel sind der Badewannenablauf fern des Ausflusses aber auch in guter Naherung ein Tornado Die Winkelgeschwindigkeit in diesen Wirbeln ist in ihrem Zentrum am grossten wo andererseits der Druck im Minimum ist Wegen dieser von einer Starrkorperbewegung abweichenden Geschwindigkeitsverteilung werden die Fluidelemente verformt Weil die Rotation rot des Geschwindigkeitsfeldes v vec v gemass rot v 0 operatorname rot vec v 0 verschwindet zeigen die Fluidelemente trotz ihrer kreisenden Bewegung im Wirbel immer in dieselbe Richtung Wenn man mathematisch genau ist gilt die obige Gleichung allerdings nur ausserhalb des Zentrums also fur x y 0 displaystyle x y neq operatorname 0 wahrend bei Mitnahme des Zentrums rot v F 0 d x y displaystyle operatorname rot vec v vec Phi 0 cdot delta x y gilt mit der zweidimensionalen Diracschen Deltafunktion und der Wirbelstarke ϕ 0 displaystyle vec phi 0 Wegen dieser totalen Rotationsfreiheit fur alle Punkte ausserhalb des Zentrums kann lokal nicht auf eine Wirbelbewegung geschlossen werden Erst die Beobachtung eines grosseren Gebietes oder uber langere Zeitraume gestattet es diese Wirbel zu erkennen In der numerischen Stromungsmechanik ist das kleinste betrachtete Volumen das finite Volumen fur das sogenannte Wirbelkriterien formuliert wurden um Wirbel von Scherschichten zu unterscheiden Festkorperwirbel Bearbeiten Festkorperwirbel mit Stromlinien blau und Fluidelementen Turkis Ein Festkorperwirbel bildet sich z B wenn sich nach entsprechend langer Anlaufzeit eine Flussigkeit in einem Gefass auf einem Drehteller mit konstanter Winkelgeschwindigkeit w omega als starrer Korper dreht siehe Abbildung rechts Mitbewegte Fluidteilchen drehen sich um ihre eigene Achse ohne verformt zu werden In einem Festkorperwirbel ist rot v 2 w 0 operatorname rot vec v 2 omega neq 0 Alle Fluidpartikel bewegen sich wie beim Potentialwirbel auf konzentrischen Kreisbahnen aber die Geschwindigkeits und Druckverteilung ist eine vollig andere Die Geschwindigkeit ist aussen am grossten und innen am langsamsten so dass der Druck aussen am niedrigsten und innen am hochsten ist Rankine Wirbel Bearbeiten Skizze eines Rankine WirbelsDer Rankine Wirbel 3 nach William John Macquorn Rankine ist ein Wirbelmodell das den Potentialwirbel im Aussenbereich mit dem Festkorperwirbel im Zentrum verbindet siehe Abb 10 Der Potentialwirbel beschreibt eine Ausflussstromung im Aussenbereich gut wo die Umfangsgeschwindigkeit v f v varphi mit dem Radius abnimmt blaue Kurve und keine Rotation vorliegt w rot v omega operatorname rot vec v rote Kurve Mit Annaherung der Fluidelemente an das Zentrum entwickeln sich im Potentialwirbel unrealistisch hohe Schergeschwindigkeiten im Fluid Im Rankine Wirbel verhindern Zahigkeitskrafte unterhalb eines gewissen Kernradius r0 die Scherungen und es kommt zu einer quasi starren Drehung Innerhalb des Kernradius ist die Umfangsgeschwindigkeit daher proportional zum Radius und die Rotation w ist konstant ungleich null In realen Fluiden wird der Ubergang von der Aussen in die Kernstromung nicht abrupt sondern glatt verlaufen gestrichelte rote und blaue Kurven Der Effekt der aussen fehlenden und innen vorhandenen Rotation der Teilchen ist durch mitschwimmende Streichholzer angedeutet Hamel Oseen scher Wirbel Bearbeiten Hauptartikel Hamel Oseenscher Wirbel Umfangsgeschwindigkeit beim Hamel Oseen schen Wirbel im Vergleich mit der starren Rotation und dem PotentialwirbelDer Hamel Oseen sche Wirbel von Carl Wilhelm Oseen Georg Hamel ist ein Wirbelmodell das die Navier Stokes Gleichungen exakt erfullt die die Stromung realer Fluide gut beschreibt Das Fluid stromt rein kreisformig jedoch zeitabhangig instationar um das Wirbelzentrum Die Viskositat zehrt die kinetische Energie des Wirbels mit der Zeit auf und die Stromungsgeschwindigkeit nimmt monoton mit der Zeit ab Zu Beginn der Bewegung oder im Grenzfall verschwindender Viskositat ist der Wirbel ein Potentialwirbel Ansonsten ist das Geschwindigkeitsprofil des Hamel Oseen schen Wirbels beschrankt und entspricht im Wirbelkern sowie im Aussenbereich einem Rankine Wirbel siehe Abbildung rechts Literatur BearbeitenM Bestehorn Hydrodynamik und Strukturbildung Springer 2006 ISBN 978 3 540 33796 6 Hans J Lugt Wirbelstromung in Natur und Technik Braun Karlsruhe 1979 ISBN 3 7650 2028 1 Weblinks Bearbeiten Wiktionary Wirbel Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Luftblattvisualisierung an einer offenen Pfeife orgel info de abgerufen am 27 August 2015 J H Spurk Stromungslehre Einfuhrung in die Theorie der Stromungen 8 uberarbeitete Auflage Springer Verlag Heidelberg Dordrecht London New York 2010 ISBN 978 3 642 13142 4 S 377 f doi 10 1007 978 3 642 13143 1 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche H E Siekmann P U Thamsen Stromungslehre Springer 2007 ISBN 978 3 540 73726 1 S 177 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wirbel Stromungslehre amp oldid 224767771