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Das Finite Volumen Verfahren ist ein numerisches Verfahren zur Diskretisierung von Erhaltungsgleichungen also von speziellen partiellen Differentialgleichungen denen ein Erhaltungssatz zugrunde liegt Bei korrekter Anwendung des Finite Volumen Verfahrens werden die Erhaltungseigenschaften dieser Gleichungen bewahrt man spricht deswegen auch von einem konservativen Diskretisierungs Verfahren Vor allem aus diesem Grund hat sich das Finite Volumen Verfahren in der numerischen Stromungsmechanik durchgesetzt Es wird aber auch in der numerischen Strukturmechanik und Elektrotechnik angewendet Das Berechnungsgebiet wird bei diesem Verfahren durch finite Volumen diskretisiert die eine beliebige polygonale oder polyedrische Gestalt aufweisen konnen Deswegen konnen auch komplizierte Geometrien einfach vernetzt werden Approximiert werden die Funktionswerte der gesuchten Grossen in den Mittelpunkten dieser finiten Volumen Inhaltsverzeichnis 1 Herleitung 2 Losung der Gleichung 3 1D Beispiel 4 Verfahren Hoherer Ordnung 5 Konvergenztheorie 5 1 Hyperbolische Erhaltungsgleichungen 5 2 Konsistenz 6 Software 7 Geschichte 8 LiteraturHerleitung BearbeitenEin Erhaltungssatz ist durch eine Gleichung der Art t u x t f u x t g u x t displaystyle frac partial partial t u x t nabla cdot f u x t g u x t nbsp auf einem Gebiet W R d 0 displaystyle Omega subset mathbb R d times 0 infty nbsp gegeben wobei displaystyle nabla nbsp den Nabla Operator bezeichnet welcher hier fur die Divergenz steht Der gewohnliche Fall der hier betrachtet wird ist g u 0 displaystyle g u 0 nbsp Die Herleitung fur Gleichungen mit weiteren Termen erfolgt analog Zunachst wird das Gebiet in eine endliche finite Zahl an Volumenelementen vgl Gitterzellen zerlegt In jeder dieser Zellen gilt der Erhaltungssatz Erfullt jede der Zellen die Bedingungen des gaussschen Integralsatzes etwa Lipschitz Stetigkeit des Randes so ergibt die Integration uber eine Zelle W i displaystyle Omega i nbsp und Umwandlung des Integrals der Divergenz in ein Oberflachenintegral W i t u d W W i f u n d S 0 displaystyle int Omega i frac partial partial t u mathrm d Omega int partial Omega i f u cdot n mathrm d S 0 nbsp Die Veranderung einer erhaltenen Grosse z B der Energie in einer Zelle kann also nur durch Ab oder Hinzufliessen in diesem Fall von Energie uber den Rand der Zelle passieren In jeder Zelle berechnet man nun den Mittelwert der Erhaltungsgrosse in dieser Zelle u i 1 W i W i u d W displaystyle u i frac 1 Omega i int Omega i u mathrm d Omega nbsp und erhalt im Falle dass sich die Zelle mit der Zeit nicht verandert eine Gleichung welche die Veranderung der Mittelwerte in den Zellen mit der Zeit beschreibt t u i 1 W i W i f u n d S displaystyle frac partial partial t u i frac 1 Omega i int partial Omega i f u cdot n mathrm d S nbsp In numerischen Verfahren wahlt man ublicherweise polygonal berandete Zellen so dass sich das Integral uber den Rand als Summe von Oberflachenintegralen uber einfache Gebilde im zweidimensionalen Fall gerade Kanten darstellen lasst Losung der Gleichung BearbeitenZur Berechnung der Oberflachenintegrale wird im Regelfall eine Gauss Quadratur zweiter Ordnung genommen Nach Mittelung der Werte in den einzelnen Zellen ergibt sich das Problem dass die numerische Losung entlang der Gitterkanten unstetig ist Allerdings lasst sich die Situation an der Kante als Riemann Problem auffassen Die Verwendung eines approximativen Riemann Losers erlaubt dann die Berechnung der Flusse Hierbei wird Konsistenz des Riemann Losers verlangt was in diesem Fall zum einen die Stetigkeit oder sogar Lipschitz Stetigkeit bedeutet sowie die Bedingung dass er bei identischen Daten aus beiden Zellen den physikalischen Fluss liefert Diese liefert das dann zu erstellende System von gewohnlichen Differentialgleichungen nur wenn noch eine Entropie Bedingung hinzugenommen wird Denn die rein mathematische Betrachtung der Unstetigkeit am Zellenrand erlaubt neben der fur das Riemann Problem korrekten Losung vermoge eines Verdichtungsstosses auch den unphysikalischen Verdunnungsstoss Die Entropiebedingung aber schliesst den Verdunnungsstoss aus Das Riemann Problem wird dann mittels numerischer Methoden fur gewohnliche Differentialgleichungen unter Beachtung der Entropiebedingung naherungsweise z B Osher oder iterativ exakt Godunov gelost 1D Beispiel BearbeitenEs wird die folgende Konvektionsgleichung betrachtet u t v u x t 0 x x m i n x m a x displaystyle frac partial u partial t v frac partial u partial x qquad t geq 0 qquad x in left x mathrm min x mathrm max right nbsp Dabei beschreibt v die Konvektionsgeschwindigkeit Diese partielle Differentialgleichung soll mit Hilfe des Finite Volumen Verfahrens entlang der Ortskoordinate diskretisiert werden Dazu wird zunachst die Ortskoordinate in n diskrete Abschnitte zerlegt x m i n x 1 2 lt x 3 2 lt lt x n 1 2 lt x n 1 2 x m a x displaystyle x mathrm min x frac 1 2 lt x frac 3 2 lt dots lt x n frac 1 2 lt x n frac 1 2 x mathrm max nbsp Die Kontrollvolumina W i displaystyle Omega i nbsp deren Mittelpunkte x i displaystyle x i nbsp und die Grossen der Kontrollvolumina D x i displaystyle Delta x i nbsp sind definiert durch W i x i 1 2 x i 1 2 displaystyle Omega i left x i frac 1 2 x i frac 1 2 right nbsp x i x i 1 2 x i 1 2 2 displaystyle x i frac x i frac 1 2 x i frac 1 2 2 nbsp D x i x i 1 2 x i 1 2 displaystyle Delta x i x i frac 1 2 x i frac 1 2 nbsp Hier beziehen sich ganzzahlige Indizes auf den Mittelpunkt eines Kontrollvolumens und nicht ganzzahlige Indizes beziehen sich auf den Rand eines Kontrollvolumens Nun wird jeder Term der zu diskretisierenden Differentialgleichung uber ein beliebiges inneres Kontrollvolumen integriert Fur den Akkumulationsterm folgt x i 1 2 x i 1 2 u t d x d d t x i 1 2 x i 1 2 u d x d u i d t D x i displaystyle int x i frac 1 2 x i frac 1 2 frac partial u partial t mathrm d x frac mathrm d mathrm d t int x i frac 1 2 x i frac 1 2 u mathrm d x frac mathrm d u i mathrm d t Delta x i nbsp Dabei darf nach der Leibnizregel fur Parameterintegrale die Integration und Differentiation vertauscht werden sofern das Kontrollvolumen zeitlich unveranderlich ist Anschliessend wird der diskretisierte Funktionswert u i displaystyle u i nbsp mit Hilfe des Mittelwertsatzes der Integralrechnung als integraler Mittelwert des tatsachlichen Funktionsverlaufes im Kontrollvolumen approximiert Anschliessend folgt fur den konvektiven Term mit Hilfes des Gaussschen Integralsatzes v x i 1 2 x i 1 2 u x d x v u x i 1 2 u x i 1 2 displaystyle v int x i frac 1 2 x i frac 1 2 frac partial u partial x mathrm d x v left left u right x i frac 1 2 left u right x i frac 1 2 right nbsp Hier mussen die Funktionswerte auf den Randern der Kontrollvolumina u x i 1 2 displaystyle left u right x i frac 1 2 nbsp als Funktion der bekannten Funktionswerte u i displaystyle u i nbsp approximiert werden Eine einfache Methode dazu ist das sog UPWIND Verfahren 1 Ordnung das besagt dass der Funktionswert auf dem Rand durch den nachsten bekannten stromaufwartsliegenden Funktionswert approximiert wird d h u x i 1 2 u i v gt 0 u i 1 v lt 0 displaystyle left u right x i frac 1 2 begin cases u i amp v gt 0 u i 1 amp v lt 0 end cases nbsp Werden die beiden Terme wieder zusammengesetzt erhalt man den Satz gewohnlicher Differentialgleichungen d u i d t v D x i u i u i 1 displaystyle frac mathrm d u i mathrm d t frac v Delta x i left u i u i 1 right nbsp der mithilfe eines beliebigen Verfahrens fur gewohnliche Differentialgleichungen gelost werden kann Verfahren Hoherer Ordnung BearbeitenDas bisher beschriebene Verfahren ist durch die Mittelung der Werte in jeder Zelle nur erster Ordnung Hohere Ordnung wird dadurch erreicht dass Polynome hoherer Ordnung in den Zellen angesetzt werden D h es wird eine Verteilung konstant linear parabolisch usw angenommen die den Integralwert erhalt Die zentrale Schwierigkeit hierbei ist dass Verdichtungsstosse bzw Schocks in der Losung zu Oszillationen fuhren konnen Zur Vermeidung dessen werden Total Variation Diminishing Verfahren TVD Verfahren eingesetzt die die totale Variation nicht erhohen und so keine neuen Extrema zulassen Da Polynome Unstetigkeiten i a mit Uberschwingern interpolieren Die wichtigsten Klassen von Verfahren sind hier die Flux Limiter Verfahren und die ENO Verfahren bzw WENO Konvergenztheorie BearbeitenFinite Volumen Verfahren lassen sich fur elliptische Gleichungen als spezielle Finite Elemente Verfahren auffassen bei denen man stuckweise konstante bzw stuckweise lineare Ansatzfunktionen wahlt die auf den Zellen und nicht auf den Gitterpunkten leben Dies erlaubt mit Hilfe der dortigen umfassenden Theorie eine Konvergenzanalyse Fur parabolische oder hyperbolische Gleichungen wie die Euler oder Navier Stokes Gleichungen ist die mathematische Konvergenztheorie allerdings weniger weit fortgeschritten Hyperbolische Erhaltungsgleichungen Bearbeiten Bei hyperbolischen Problemen treten insbesondere Stosse auf die die Analyse erheblich erschweren Eine weitere Schwierigkeit hier besteht darin dass die Losung der Gleichungen im Regelfall nicht eindeutig ist Der Satz von Lax Wendroff liefert dass ein Finite Volumen Verfahren bei Konvergenz tatsachlich gegen eine schwache Losung der Gleichung konvergiert Entropiebedingungen bzw numerische Viskositat werden dann genutzt um zu zeigen dass dies tatsachlich die physikalisch sinnvolle ist Die Konvergenz einer numerischen Approximation u D t displaystyle u Delta t nbsp zu einer exakten Losung u displaystyle u nbsp ist mittels des globalen Fehlers E D t x t u D t x t u x t displaystyle E Delta t x t u Delta t x t u x t nbsp definiert E D t t 0 fur D t 0 t R displaystyle E Delta t cdot t longrightarrow 0 quad text fur Delta t rightarrow 0 quad t in mathbb R nbsp Eine andere Aussage die fur alle Finite Volumen Verfahren gilt ist die notwendige CFL Bedingung dass der numerische Abhangigkeitsbereich den tatsachlichen Abhangigkeitsbereich enthalten muss Andernfalls ist das Verfahren instabil Insbesondere fur mehrdimensionale Gleichungen ist die Konvergenztheorie schwierig Im Eindimensionalen gibt es auch fur Verfahren hoherer Ordnung Resultate die darauf beruhen dass der Raum der Funktionen mit beschrankter Variation kompakte Mengen in L1 liefert Konsistenz Bearbeiten Ein numerisches Verfahren H D t displaystyle H Delta t nbsp ist eine Vorschrift zur Konstruktion der numerischen Approximation fur den nachsten Zeitschritt u j n 1 H D t U n j displaystyle u j n 1 H Delta t U n j nbsp wobei n displaystyle n nbsp der Zeitindex j displaystyle j nbsp der Ortsindex und U n displaystyle U n nbsp die approximative Losung zum vorigen Zeitpunkt aller Ortsindizes darstellt t t n x x j U n u 1 n u 2 n displaystyle t t n quad x x j quad U n left u 1 n u 2 n cdots right nbsp Das numerische Verfahren H D t displaystyle H Delta t nbsp kann auch kontinuierlich definiert sein u x t D t H D t u t x displaystyle u x t Delta t H Delta t left u cdot t x right nbsp Der lokalen Abschneidefehler L D t displaystyle L Delta t nbsp des Verfahrens H D t displaystyle H Delta t nbsp ist definiert als L D t x t 1 D t u x t D t H D t u t x displaystyle L Delta t x t frac 1 Delta t left u x t Delta t H Delta t left u cdot t x right right nbsp wobei u displaystyle u nbsp als exakte Losung zur Zeit t displaystyle t nbsp angenommen wird Zur Definition der Konsistenz Numerik des Verfahrens H D t displaystyle H Delta t nbsp nutzt man nun den lokalen Abschneidefehler L D t displaystyle L Delta t nbsp L D t t 0 mit D t 0 t R displaystyle L Delta t cdot t longrightarrow 0 quad text mit Delta t rightarrow 0 quad t in mathbb R nbsp Das Verfahren H D t displaystyle H Delta t nbsp hat Konsistenzordnung n N displaystyle n in mathbb N nbsp falls es ein C gt 0 displaystyle C gt 0 nbsp gibt sodass L D t t C D t n mit D t 0 t R displaystyle L Delta t cdot t leq C Delta t n quad text mit Delta t rightarrow 0 quad t in mathbb R nbsp gibt Software BearbeitenDie verbreitetsten kommerziellen Programmpakete zur numerischen Stromungssimulation mittels der FVM sind Fluent und CFX von Ansys Inc und Star CCM von Siemens In der Luft und Raumfahrt sind unterschiedliche Codes im Einsatz darunter von der NASA entwickelte Codes die flo Codes von Antony Jameson sowie bei der Airbus SE die Codes ELSA und der TAU Code des Deutschen Zentrums fur Luft und Raumfahrt OpenFOAM ist ein unter der GNU General Public License veroffentlichtes Softwarepaket Geschichte BearbeitenDie grundlegenden theoretischen und praktischen Ideen wurden ab den 1950er Jahren fur die Raumfahrt entwickelt insbesondere von dem Russen Godunow und dem Ungarn Lax Die ersten Finite Volumen Verfahren stammen von Richard S Varga 1962 und Preissmann 1961 Der Terminus Finite Volumen Verfahren wurden dann unabhangig voneinander 1971 von McDonald und 1972 von MacCormack und Paullay fur die Losung der zeitabhangigen zweidimensionalen Euler Gleichungen eingefuhrt Die Idee der approximativen Riemann Loser tauchte erstmals in den 1980ern auf als Roe Osher van Leer und andere ebenfalls unabhangig voneinander solche Verfahren vorstellten Literatur BearbeitenCharles Hirsch Numerical computation of internal and external flows 2 Bande Wiley amp Sons Chichester u a 1988 1990 Wiley series in numerical methods in engineering Randall J LeVeque Finite Volume Methods for Hyperbolic Problems Cambridge University Press Cambridge 2002 ISBN 0 521 00924 3 Cambridge Texts in Applied Mathematics Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Finite Volumen Verfahren amp oldid 223538360