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Proeremotherium ist eine ausgestorbene Gattung der Faultiere aus der Familie der Megatheriidae Sie lebte im Pliozan vor rund 5 Millionen Jahren im nordlichen Sudamerika Dort wurden im Falcon Becken in Venezuela bisher zwei weitgehend vollstandige Schadel geborgen Die Funde weisen die Tiere als mittelgrosse Vertreter der bodenlebenden Faultiere aus Im Schadelbau ahnelt Proeremotherium dem spateren und riesigen Eremotherium Es wird daher angenommen dass die beiden Angehorigen der Faultiere in einer direkten verwandtschaftlichen Beziehung zueinander stehen Die Gattung wurde im Jahr 2006 eingefuhrt Proeremotheriumzwei Schadel von Proeremotherium rechts der HolotypZeitliches AuftretenPliozan5 333 bis 2 588 Mio JahreFundorteSudamerika Venezuela SystematikNebengelenktiere Xenarthra Zahnarme Pilosa Faultiere Folivora MegatherioideaMegatheriidaeProeremotheriumWissenschaftlicher NameProeremotheriumCarlini Brandoni amp Sanchez 2006 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Fossilfunde 3 Palaobiologie 4 Systematik 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksMerkmale Bearbeiten nbsp Die beiden Schadel von Proeremotherium rechts im Vergleich mit denen von Eremotherium links Ansicht von mehreren Seiten die Umrisse der jeweiligen Zahnreihen sind grau dargestellt die Pfeile verweisen auf das hintere Gaumenloch mit Umriss Ausdehnung und Lage in Bezug zu den ZahnenProeremotherium war ein mittelgrosser Vertreter der Megatheriidae und deutlich kleiner als das verwandte Eremotherium Uberliefert sind von der Gattung bisher zwei nahezu vollstandige Schadel Diese waren 45 5 bis 46 0 cm lang und im Bereich des Hirnschadels 16 0 bis 16 8 cm breit Der Schadel hatte allgemein eine niedrige und langgestreckte Form mit der grossten Breite jeweils am vorderen und hinteren Ansatz des Jochbogens Im Vergleich zum robusten Schadel von Megatherium wirkte der von Proeremotherium eher grazil Die Stirnlinie verlief in Seitenansicht leicht aufgewolbt was sich vor allem im mittleren Drittel abzeichnete Am Nasenbein befand sich aber eine leichte Eindellung In der Aufsicht war das Rostrum deutlich dreieckig geformt was von keinem anderen Vertreter der Megatherien bekannt ist Am Scheitelbein erhob sich ein kraftiger Scheitelkamm Dieser setzte bei den beiden Schadeln unterschiedlich an einerseits am vorderen andererseits am hinteren Jochbogenansatz Vorn loste er sich in zwei Temporallinien auf die gerade oder konvex geformt waren Das Hinterhauptsbein bildete wie bei Eremotherium einen Winkel von 90 bei Megatherium war er deutlich stumpfer Die Gelenkflachen des Hinterhauptes zur Verbindung mit der Halswirbelsaule standen prominent nach hinten ab und waren halbkugelig geformt Sie sassen analog zu Eremotherium relativ niedrig am Schadel knapp oberhalb der Gaumenebene was unter anderem von Megatherium oder von Pyramiodontherium mit ihren hoch ansetzenden Condylen abweicht Die Schadelbasis bildete ebenfalls in Ubereinstimmung mit Eremotherium aber auch mit Megathericulus eine Ebene mit dem Gaumen Bei Megatherium lag erstere hoher was durch die starker hochkronigen Zahne verursacht wurde Der vordere Jochbogenansatz befand sich im Bereich des zweiten molarenartigen Zahns Der vordere Rand des hinteren Gaumenloches erreichte bei Proeremotherium den vierten bis funften molarenartigen Zahn bei Eremotherium setzte er weiter hinten an 1 2 Das Gebiss von Proeremotherium besass den typischen Aufbau wie er auch von anderen entwickelten Megatherien bekannt ist Jede Zahnreihe bestand oben aus funf Zahnen die in ihrer Form Molaren glichen Beide Reihen verliefen mehr oder weniger parallel zueinander der innere Abstand variierte zwischen 43 und 49 mm Die einzelnen Zahne jeder Reihe standen dicht beieinander ein Diastema hinter dem ersten Zahn war im Gegensatz zu den meisten anderen Faultieren nicht ausgebildet Typischerweise hatten die Zahne einen quadratischen Umriss mit Ausnahme des letzten der kurz und breit war Die Form der Zahne entsprach der der anderen entwickelten Megatherien bei ursprunglicheren Angehorigen wie Megathericulus hatten sie noch einen rechteckigen Umriss Sie wiesen die fur Megatherien charakteristischen zwei scharfen Leisten quer zur Zahnlangsachse auf mit einer dazwischenliegenden tiefen V formigen Einbuchtung Die gesamte obere Zahnreihe erreichte eine Lange von 16 9 cm was knapp 37 der Schadellange entspricht Der grosste Zahn war der dritte mit 3 6 cm Lange und 3 2 cm Breite 1 2 Fossilfunde BearbeitenVon Proeremotherium liegen bisher zwei Schadel aus dem Falcon Becken im Norden von Venezuela vor Im Falcon Becken eine rund 36 000 km grossen Senke sind Ablagerungen der Urumaco Sequenz aufgeschlossen die in den Zeitraum vom Unteren Miozan bis zum Pliozan gehoren und somit eine Zeitspanne von rund 20 Millionen Jahren abdecken Die Sedimente konnen drei geologischen Gesteinseinheiten zugeordnet werden der Socorro Urumaco und der Codore Formation Alle drei zusammen formen eine der wichtigsten Fossillagerstatten des nordlichen Sudamerikas aus dem Neogen Der zuerst entdeckte Schadel von Proeremotherium entstammt der Codore Formation etwa 1 5 km nordwestlich von Cerro Chiguaje Die Gesteinseinheit wird aus dunkelfarbenen kreuzgeschichteten Sandsteinen und helleren Kalksteinen gebildet und entstand im Ubergang vom Oberen Miozan zum Unteren Pliozan vor etwa 6 Millionen Jahren Die Ablagerungen lassen sich als Reste eines ehemaligen Flussdeltas deuten Vor allem das untere Schichtglied das El Jebe Member ist fossilfuhrend So sind unter anderem Reste von Vertretern der Glyptodontidae 3 und von Vogeln belegt 4 Neben Proeremotherium kam hier mit Bolivartherium noch ein weiteres Faultier vor das jedoch zu den Mylodontidae gehort Aus alteren Ablagerungen der Urumaco Sequenz stammen hingegen Nachweise von Urumaquia als Mitglied der Megatherien Des Weiteren wurden Pseudoprepotherium Magdalenabradys Eionaletherium und Urumacotherium dokumentiert die alle Mylodonten reprasentieren wahrend Urumacoconus und Pattersonocnus Angehorige der Megalonychidae darstellen Bezuglich der Faultiere bildet die Urumaco Sequenz damit eine Fossillagerstatte mit hoher Diversitat vergleichbar zu gleichalten Fundstellen aus dem sudlichen Sudamerika etwa der Pamparegion oder Mesopotamia 5 6 7 8 Ein zweiter Schadel wurde in der San Gregorio Formation entdeckt 12 km nordnordwestlich der Stadt Urumaco Mit einem Bildungszeitraum vom Oberen Pliozan bis zum Unteren Pleistozan gehort sie nicht mehr zur Urumaco Sequenz Die Hauptkomponenten der Gesteinseinheit bestehen aus Kalksteinen mit einem geringen Anteil an Sandsteinen und Konglomeraten Sie entstand unter tropischen Bedingungen in einer aus maandrierenden Flussen durchsetzten Savannenlandschaft Ein Grossteil der Fossilfunde der San Gregorio Formation ist dem Vergel Member zuzuschreiben welches das alteste von insgesamt drei Schichtgliedern bildet Zusatzlich zu dem Schadel der Faultiergattung kamen hier auch Reste von Nagetieren wie Meerschweinchenverwandten zu Tage aber auch von Gurteltieren Vertretern der Pampatheriidae und Glyptodontidae sowie der Sudamerikanischen Huftiere Weitere Faunenkomponenten werden durch Krokodile gebildet 9 10 2 Palaobiologie BearbeitenDie beiden bekannten Schadel von Proeremotherium zeigen einzelne Variationen was etwa den Verlauf der Temporallinien oder die Lange des Scheitelkamms aber auch den Jochbogenansatz und die Orientierung der Gelenke des Hinterhauptsbeins betrifft Momentan kann aber nicht gesagt werden ob es sich um einen Geschlechtsdimorphismus unterschiedliche Altersstadien oder taxonomische Abweichungen handelt 2 Systematik BearbeitenInnere Systematik der Megatheriidae nach Varela et al 2019 11 Megatheriidae Megatheriinae Eremotherium Megatherium Proeremotherium Pyramiodontherium Anisodontherium Diabolotherium Megathericulus Planopinae Planops Prepotherium PrepoplanopsVorlage Klade Wartung StyleProeremotherium ist eine Gattung aus der ausgestorbenen Familie der Megatheriidae aus der Unterordnung der Faultiere Folivora Die heute artenarme Gruppe der Faultiere wies ihn ihrer stammesgeschichtlichen Vergangenheit eine hohe Formenvielfalt auf Dabei konnen innerhalb der Faultiere verschiedene Entwicklungslinien unterschieden werden Die Megatheriidae bilden demnach zusammen mit den Megalonychidae und den Nothrotheriidae eine enger verwandte Gruppe die Uberfamilie der Megatherioidea 12 Nach skelettanatomischen Analysen bilden die Megatherioidea neben den Mylodontoidea eine der beiden grossen Faultierlinien Dieser klassischen Sichtweise gegenuber stehen molekulargenetische und proteinbasierte Untersuchungen die mit den Megalocnoidea eine zusatzliche dritte Linie erkennen lassen Die Megatherioidea schliessen laut den letzteren Analysen auch die Dreifinger Faultiere Bradypus und damit eine der beiden heute noch bestehenden Faultiergattungen ein 13 14 Die Megatheriidae brachten die grossten bekannten Vertreter der Faultiere hervor namentlich Megatherium und Eremotherium Beide kamen uberwiegend im Pleistozan vor ersteres beschrankte sich auf die Pampas und Andenregion Sudamerikas letzteres erreichte im Zuge des Grossen amerikanischen Faunentauschs den sudlichen Teil Nordamerikas Aufgrund der Schadelmerkmale wird Proeremotherium als nahe verwandt mit Eremotherium betrachtet Dessen phylogenetischer Vorlaufer war lange Zeit unbekannt die starkere Anpassung an tropische Klimabedingungen liess aber einen Ursprung im eher nordlichen Sudamerika vermuten Die Entdeckung reichhaltiger Faultierreste des Mittleren bis Oberen Miozans sowie des Pliozans im nordlichen Sudamerika vor allem in der Urumaco Sequenz unterstutzt diese Ansicht zumal sich auch Vertreter der Megatherien darunter befinden Demnach konnte Proeremotherium oder eine weitere nahe verwandte Form wahrend des Pliozans nach Norden gewandert sein um dort den Grundstock fur das spatere Eremotherium zu bilden Im Verlauf des Pleistozans erreichte Eremotherium wiederum im Zuge einer Ruckwanderung Sudamerika Ahnliches wird auch fur Glyptotherium aus der Gruppe der Glyptodontidae angenommen wird 3 Die Gattung Proeremotherium wurde im Jahr 2006 durch Alfredo A Carlini und Forscherkollegen wissenschaftlich erstbeschrieben Als Grundlage diente der Schadel aus der Codore Formation im Falcon Becken Venezuelas der damit als Holotyp fungiert Exemplarnummer AMU CURS 126 Der Gattungsname weist mit seinem Namensbestandteil Eremotherium und der lateinischen Vorsilbe pro fur auf die vermutete nahe Verwandtschaft der beiden Gattungen hin Die einzige bekannte Art ist P eljebe das Artepitheton bezieht sich auf die genauere Fundposition im El Jebe Member der Codore Formation 1 Der Schadel war bereits zwei Jahre zuvor erwahnt jedoch der Gattung Plesiomegatherium zugewiesen worden 6 Literatur BearbeitenAlfredo A Carlini Diego Brandoni und Rodolfo Sanchez First Megatheriines Xenarthra Phyllophaga Megatheriidae from the Urumaco Late Miocene und Codore Pliocene Formations Estado Falcon Venezuela Journal of Systematik Palaeontology 4 3 2006 S 269 278 Alfredo A Carlini Diego Brandoni Rodolfo Sanchez und Marcelo R Sanchez Villagra A new Megatheriinae skull Xenarthra Tardigrada from the Pliocene of Northern Venezuela implications for a giant sloth dispersal to Central and North America Palaeontologia Electronica 2018 S 21 2 16A doi 10 26879 771Einzelnachweise Bearbeiten a b c Alfredo A Carlini Diego Brandoni und Rodolfo Sanchez First Megatheriines Xenarthra Phyllophaga Megatheriidae from the Urumaco Late Miocene und Codore Pliocene Formations Estado Falcon Venezuela Journal of Systematik Palaeontology 4 3 2006 S 269 278 a b c d Alfredo A Carlini Diego Brandoni Rodolfo Sanchez und Marcelo R Sanchez Villagra A new Megatheriinae skull Xenarthra Tardigrada from the Pliocene of Northern Venezuela implications for a giant sloth dispersal to Central and North America Palaeontologia Electronica 2018 S 21 2 16A doi 10 26879 771 a b Alfredo A Carlini Alfredo E Zurita Gustavo J Scillato Yane Rodolfo Sanchez und Orangel A Aguilera New Glyptodont from the Codore Formation Pliocene Falcon State Venezuela its relationship with the Asterostemma problem and the paleobiogeography of the Glyptodontinae Palaontologische Zeitschrift 82 2 2008 S 139 152 Stig Walsh und Rodolfo Sanchez The first Cenozoic fossil bird from Venezuela Palaontologische Zeitschrift 82 2 2008 S 105 112 Alfredo A Carlini Gustavo J Scillato Yane und Rodolfo New Mylodontoidea Xenarthra Phyllophaga from the Middle Miocene Pliocene of Venezuela Journal of Systematic Palaeiontology 4 3 2006 S 255 267 a b Omar J Linares Biostratigrafia de la fauna des mamiferos de las Formaciones Socorro Urumaco y Codores Mioceno Medio Plioceno Temprano de la region Falcon Venezuela Paleobiologia Neotropical 1 2004 S 1 26 Ascanio D Rincon Andres Solorzano H Gregory McDonald und Marisol Montellano Ballesteros Two new megalonychid sloths Mammalia Xenarthra from the Urumaco Formation late Miocene and their phylogenetic affinities Journal of Systematic Palaeontology 17 5 2018 S 409 421 doi 10 1080 14772019 2018 1427639 Ascanio D Rincon und H Gregory McDonald Reexamination of the Relationship of Pseudoprepotherium Hoffstetter 1961 to the Mylodont Ground Sloths Xenarthra from the Miocene of Northern South America Revista Geologica de America Central 63 2020 S 1 20 doi 10 15517 rgac v62i0 41278 M Guiomar Vucetich Alfredo A Carlini Orangel Aguilera und Marcelo R Sanchez Villagra The Tropics as Reservoir of Otherwise Extinct Mammals The Case of Rodents from a New Pliocene Faunal Assemblage from Northern Venezuela Journal of Mammalian Evolution 17 4 2010 S 265 273 Mariela C Castro Alfredo A Carlini Rodolfo Sanchez und Marcelo R Sanchez Villagra A new Dasypodini armadillo Xenarthra Cingulata from San Gregorio Formation Pliocene of Venezuela affinities and biogeographic interpretations Naturwissenschaften 101 2014 S 77 86 Luciano Varela P Sebastian Tambusso H Gregory McDonald und Richard A Farina Phylogeny Macroevolutionary Trends and Historical Biogeography of Sloths Insights From a Bayesian Morphological Clock Analysis Systematic Biology 68 2 2019 S 204 218 Timothy J Gaudin Phylogenetic relationships among sloths Mammalia Xenarthra Tardigrada the craniodental evidence Zoological Journal of the Linnean Society 140 2004 S 255 305 Frederic Delsuc Melanie Kuch Gillian C Gibb Emil Karpinski Dirk Hackenberger Paul Szpak Jorge G Martinez Jim I Mead H Gregory McDonald Ross D E MacPhee Guillaume Billet Lionel Hautier und Hendrik N Poinar Ancient mitogenomes reveal the evolutionary history and biogeography of sloths Current Biology 29 2019 doi 10 1016 j cub 2019 05 043 Samantha Presslee Graham J Slater Francois Pujos Analia M Forasiepi Roman Fischer Kelly Molloy Meaghan Mackie Jesper V Olsen Alejandro Kramarz Matias Taglioretti Fernando Scaglia Maximiliano Lezcano Jose Luis Lanata John Southon Robert Feranec Jonathan Bloch Adam Hajduk Fabiana M Martin Rodolfo Salas Gismondi Marcelo Reguero Christian de Muizon Alex Greenwood Brian T Chait Kirsty Penkman Matthew Collins und Ross D E MacPhee Palaeoproteomics resolves sloth relationships Nature Ecology amp Evolution 3 2019 doi 10 1038 s41559 019 0909 zWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Proeremotherium Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Proeremotherium amp oldid 227875947