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Die Generalsynode von 1846 war die erste Synode fur den gesamten Bereich der Evangelischen Landeskirche in Preussen Sie tagte vom 2 Juni bis zum 29 August 1846 im Berliner Stadtschloss Da sie in der damaligen Kirchenverfassung rechtlich nicht verankert war waren ihre Ergebnisse nur beratend und wurden von Konig Friedrich Wilhelm IV nicht aufgegriffen Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Zusammensetzung und Leitung 3 Ablauf und Ergebnis der Verhandlungen 4 Die Zuruckweisung der Ergebnisse 5 Literatur 6 Quellen 7 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenSchon in der Zeit der Befreiungskriege 1813 1815 gab es Bestrebungen in der evangelischen Kirche Preussens die uberkommene Kirchenverfassung zu andern indem man den Konsistorien als Organen des landesherrlichen Kirchenregiments Synoden an die Seite stellte Konig Friedrich Wilhelm III setzte 1816 einen Beratungsprozess in Gang in dessen Verlauf 1817 1819 Kreis und Provinzialsynoden nur aus Geistlichen gebildet tagten und teilweise eine Ersetzung der Konsistorialverfassung durch eine Synodalverfassung forderten 1822 entschied der Konig jedoch keine Generalsynode einzuberufen und brach so diesen Prozess wieder ab Analog zu seiner ablehnenden Haltung gegenuber den Forderungen nach einer Staatsverfassung Konstitutionalismus liess er auf kirchlichem Gebiet keine Verfassungsanderungen zu Nur in den Westprovinzen Rheinland und Westfalen wo die Selbstregierung der Kirche durch Synoden eine lange Tradition hatte wurde 1835 mit der Rheinisch Westfalischen Kirchenordnung eine Mischform aus konsistorialer und synodaler Leitung der Kirche eingerichtet Als Friedrich Wilhelm IV 1840 den Thron bestieg kamen Hoffnungen auf dass der 1822 abgebrochene Weg fortgesetzt werden konne Tatsachlich wies der Konig seinen Kultusminister Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn am 14 Dezember 1841 durch eine Kabinettsordre an Kreissynoden einzuberufen Wahrend Friedrich Wilhelm IV sich hiervon eine Unterstutzung seines geheimen Plans zur Umgestaltung der Kirche im Sinne einer vermeintlich apostolischen bischoflichen Verfassung erhoffte setzte Eichhorn auf eine Forderung von Gemeindebewusstsein und lebendiger Frommigkeit Weil er dies besonders in den Westprovinzen sah sympathisierte er mit den Forderungen nach einer Ubertragung der synodalen Elemente aus der Rheinisch Westfalischen Kirchenordnung auf ganz Preussen Am 10 Juli 1843 berief er durch einen Erlass Kreissynoden in allen Provinzen ein Die Richtung gab er ihnen vor indem er seine Uberzeugung ausdruckte dass die evangelische Kirche nicht nur von Seiten des Kirchenregiments geleitet sondern vornamlich aus eigenem innern Leben und Antrieb erbaut sein will 1 Von den 1843 tagenden Kreissynoden und den 1844 tagenden Provinzialsynoden wurden die Aussichten auf eine Reform der Kirchenverfassung grosstenteils positiv aufgenommen Vielfach wurde die Einfuhrung von Presbyterien sowie von Synoden mit Laienbeteiligung gefordert Dies schreckte aber die Vertreter der Neuorthodoxie angefuhrt durch die von Ernst Wilhelm Hengstenberg herausgegebene Evangelische Kirchenzeitung die einen Durchbruch des theologischen Rationalismus in der Landeskirche befurchteten Wie stark dieser in der Bevolkerung verankert war machte die Popularitat der Lichtfreunde 1844 45 deutlich Die Rationalisten erhofften sich von den Synoden eine Aufhebung des Symbolzwangs d h der Bindung an die Bekenntnisse des 16 Jahrhunderts wahrend die Orthodoxen gerade auf eine verstarkte Anwendung der Bekenntnisverpflichtung hinarbeiteten Eng damit verbunden war die Frage nach dem Charakter der preussischen Union die in den verschiedenen Kabinettsordres Friedrich Wilhelms III unterschiedlich bestimmt worden war Der zustandige Minister Eichhorn sah als Hauptaufgaben der Generalsynode durch die der Beratungsprozess abgeschlossen werden sollte allerdings nicht Bekenntnis und Union sondern die Losung praktischer Fragen sowie den Neubau der Kirchenverfassung Den Hoffnungen auf eine Selbstregierung der evangelischen Kirche durch Synoden gab auch der Konig neue Nahrung als er im Oktober 1845 gegenuber dem Berliner Magistrat erklarte sein Grundsatz sei die Kirche durch sich selbst sich gestalten zu lassen 2 Zusammensetzung und Leitung BearbeitenEinen Vorschlag von Eichhorn modifizierend legte Friedrich Wilhelm IV fest dass der Generalsynode 75 Manner angehoren sollten Aus jeder Provinz sollten der Generalsuperintendent der Prasident des Provinzialkonsistoriums d h meist der Oberprasident die Assessoren und Scribae der Provinzialsynoden sowie je drei von den Provinzialsynoden gewahlte Laien teilnehmen dazu je ein Jura und ein Theologieprofessor der sechs preussischen Universitaten die vier Berliner Hofprediger der Feldpropst und der Vizegeneralsuperintendent der Niederlausitz Damit war eine fast gleiche Zahl von Laien und Theologen gewahrleistet Zu den gewahlten Mitgliedern gehorten zahlreiche Vertreter des liberalen Burgertums wie die Ober Burgermeister Heinrich Wilhelm Krausnick Berlin August Friedrich Krah Konigsberg Karl August Wilhelm Bertram Halle und Hans Albert Eduard Schallehn Stettin ebenso Adlige wie Alfred von Auerswald Maximilian von Schwerin Putzar und Adolf von Thadden Trieglaff Unter den Theologieprofessoren waren die Haupter der Vermittlungstheologie wie Julius Muller Halle Isaak August Dorner Konigsberg Karl Immanuel Nitzsch Karl Heinrich Sack beide Bonn und August Twesten Berlin Der bedeutendste Juraprofessor war Friedrich Julius Stahl Berlin der zusammen mit dem Breslauer Generalsuperintendenten August Hahn und dem Magdeburger Konsistorialprasidenten Karl Friedrich Goschel als Wortfuhrer der Orthodoxen wirkte Zum Vizeprasidenten neben dem Verhandlungsleiter Eichhorn wurde der brandenburgische Generalsuperintendent Daniel Amadeus Neander gewahlt der sich knapp gegen Moritz August von Bethmann Hollweg durchsetzen konnte Ablauf und Ergebnis der Verhandlungen BearbeitenWahrend der ersten Wochen wurden nur wenige Plenarsitzungen abgehalten in denen Fragen wie die Eidleistungen die Entlastung der Superintendenten die Vorbereitung auf das geistliche Amt und die Pensionierung von Pfarrern auf dem Programm standen Parallel dazu tagten Kommissionen um die Beratungen uber die Hauptgegenstande Union und Bekenntnisverpflichtung sowie Kirchenverfassung vorzubereiten Das Gutachten zur Bekenntnisverpflichtung war von Nitzsch gepragt Es hielt eine Verpflichtung der Geistlichen zur rechten Lehre fur notwendig pladierte aber gegen die Wiedereinfuhrung der Verpflichtung auf bestimmte Bekenntnisse bei der Ordination weil dies der Union widersprechen wurde Stattdessen hatte Nitzsch einen Vorhalt entworfen durch den ein Ordinand sich zu bestimmten zentralen Glaubenslehren bekennen sollte spater als Nitzschenum verspottet In der mehrtagigen Diskussion wurde sein Vorschlag sowohl von prinzipiellen Gegnern jeden Symbolzwangs als auch von Orthodoxen die eine Verpflichtung auf die Bekenntnisschriften oder zumindest auf die Confessio Augustana als Hauptbekenntnis wunschten angegriffen Trotzdem gelang es Eichhorn eine Mehrheit fur die Wiedereinfuhrung einer Lehrverpflichtung zu erreichen Deren Inhalt sollte im Zusammenhang mit der Unionsfrage erneut aufgegriffen werden Das Gutachten zur Union von Julius Muller verfasst wertete die preussische Union grundsatzlich positiv sah aber die Notwendigkeit dass sie zu einem bestimmten Ausdruck kommen musse Dazu sollte eine Lehrordnung dienen die die fundamentalen Lehren benannte in denen lutherische und reformierte Theologie ubereinstimmten Gemeinsam mit dem Ordinationsformular ware damit eine verbindliche Grundlage der Union geschaffen gewesen Nach kontroverser Diskussion erreichte Eichhorn wiederum zunachst einen Grundsatzbeschluss Die Union durfe sich nicht auf gemeinsame Verwaltung und gleiche Liturgie beschranken sondern sei auf eine theologische Grundlage zu stellen aber nicht durch ein umfassendes und alle Differenzen ausgleichendes Lehrbekenntnis Als die Frage nach dem Inhalt der Ordinationsverpflichtung wieder aufgenommen wurde prallten erneut die Fronten aufeinander In einer Kampfabstimmung wandte sich eine klare Mehrheit gegen die Verpflichtung auf bestimmte reformatorische Bekenntnisse oder auch nur das Apostolikum Der Ordinationsvorhalt wurde revidiert wobei Stahl und Twesten Anderungen in ihrem Sinn durchsetzen konnten Die im Plenum nochmals geanderten Formulierungen stellten einen Kompromiss zwischen einem moglichst unverbindlichen Hinweis auf evangelische Grundwahrheiten und einem ausdrucklichen Bezug auf die reformatorischen Bekenntnisschriften dar Abschliessend wurde auch eine Erklarung zur Union verabschiedet in deren wichtigstem dritten Teil der Konsens der lutherischen und reformierten Bekenntnisschriften ausformuliert war Die Debatte zur Kirchenverfassung ging von einem Kommissionsentwurf aus an dem Stahl mitgewirkt hatte Entgegen seinen eigenen Uberzeugungen die auf eine bischofliche Verfassung zielten orientierte auch er sich an der Rheinisch Westfalischen Kirchenordnung Die presbyterial synodalen Elemente sollten aber gegenuber der Konsistorialverfassung noch starker zuruckgedrangt werden Die Mehrheit der Synode sprach sich zwar fur einen Ausgleich beider Modelle aus aber die Revision des Entwurfs trug dem nur unvollstandig Rechnung Die in der letzten ordentlichen Sitzung beschlossene Verfassung hatte in ahnlicher Weise wie die unter Kultusminister Adalbert Falk schliesslich 1873 76 durchgesetzte Ordnung Presbyterien und Synoden auf allen Ebenen geschaffen die Entscheidungsgewalt aber weitgehend bei dem Ministerium bzw einem zu schaffenden Oberkonsistorium belassen Dieses entstand durch die politischen Turbulenzen mit Verzogerung 1850 als Evangelischer Oberkirchenrat der altpreussischen Landeskirche Die Zuruckweisung der Ergebnisse BearbeitenEnde August wurde die Generalsynode nach Erledigung ihrer wichtigsten Aufgaben vertagt Nun wurde gespannt erwartet ob der Konig ihre Ergebnisse sanktionieren wurde Schon wahrend der Beratungen hatte die Evangelische Kirchenzeitung eine Kampagne gegen die Beschlusse zu Union und Bekenntnis begonnen durch die man die Rechtglaubigkeit gefahrdet sah Doch auch Rationalisten und Liberale bekampften die vorgesehene Bekenntnisverpflichtung als Einschrankung der protestantischen Freiheit Die Unterstutzer traten nur halbherzig fur die Ergebnisse ein Friedrich Wilhelm IV war von vornherein entschlossen die vorgeschlagene neue Kirchenverfassung nicht umzusetzen weil sie seinen Vorstellungen nicht entsprach Den Beschlussen zu Bekenntnis und Union hatte er anfangs offen gegenubergestanden liess sich aber durch seine Berater Leopold und Ernst Ludwig von Gerlach sowie Ludwig Gustav von Thile zur Nicht Bestatigung bewegen Damit war die evangelische Kirche fur den Rest seiner Regierungszeit unterbrochen nur durch einige Monate des Revolutionsjahres 1848 als Graf Schwerin Putzar als Kultusminister amtierte auf einen Kurs der Orthodoxie festgelegt Nicht nur die Rationalisten sondern der grosste Teil des liberalen Burgertums wurde dadurch der Kirche dauerhaft entfremdet Literatur BearbeitenWilhelm Heinrich Neuser Kirche zwischen Romantik und Konstitutionalismus Die Preussische Generalsynode von 1846 In Monatshefte fur Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 33 1984 S 201 227 Martin Friedrich Die preussische Landeskirche im Vormarz Evangelische Kirchenpolitik unter dem Ministerium Eichhorn 1840 1848 Waltrop 1994 Quellen BearbeitenVerhandlungen der evangelischen General Synode zu Berlin vom 2 Juni bis zum 29 August 1846 Berlin Decker 1846 Aemilius Ludwig Richter Verhandlungen der preussischen Generalsynode von 1846 Leipzig 1847 Einzelnachweise Bearbeiten Zitiert bei Martin Friedrich Die preussische Landeskirche im Vormarz Spenner Waltrop 1994 S 157 Zitiert bei Friedrich Die preussische Landeskirche im Vormarz S 264 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Preussische Generalsynode 1846 amp oldid 202544973