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Die Potentialtheorie oder die Theorie der wirbelfreien Vektorfelder behandelt die mathematisch physikalischen Grundlagen konservativer wirbelfreier Kraftfelder Wichtige Anwendungen sind einige in der Natur wirksame Skalarfelder insbesondere das Gravitations bzw Schwerefeld sowie elektrische und magnetische Felder In der Fluiddynamik Aerodynamik und Hydrodynamik lassen sich Stromungsfelder als Potentialfeld beschreiben ebenso viele Vorgange in der Atomphysik und die Modellierung der genauen Erdfigur Die Anfange der Theorie gehen auf den italienischen Mathematiker und Astronomen Joseph Louis Lagrange den Englander George Green und schliesslich Carl Friedrich Gauss 1 2 zuruck der dabei bereits Anwendungen fur die Geoidbestimmung im Sinn hatte Zentrale Elemente des Theoriegebaudes sind das Potential und seine ortlichen Ableitungen bei denen zwischen dem Innenraum eines Korpers mit seiner Ladungs bzw Massenverteilung und dem quellfreien Aussenraum zu unterscheiden ist siehe Laplace Gleichung Inhaltsverzeichnis 1 Vektor und skalares Feld 2 Poisson Problem 3 Dirichlet Problem 4 Potential der einfachen Schicht 5 Literatur 6 EinzelnachweiseVektor und skalares Feld BearbeitenDie Potentialtheorie beruht darauf dass zu jedem konservativen Vektorfeld ein skalares Potentialfeld existiert dass also in jedem Punkt das Vektorfeld a r displaystyle vec a vec r nbsp durch den Gradienten des Potentialfeldes F r displaystyle Phi vec r nbsp gemass a r grad F r F r displaystyle vec a vec r operatorname grad Phi vec r vec nabla Phi vec r nbsp mit dem Nabla Operator displaystyle nabla nbsp gegeben ist man spricht daher auch vom Gradientenfeld Gleichzeitig lassen sich durch Bildung der Divergenz von a displaystyle vec a nbsp die Quellen und Senken des Feldes bestimmen zum Beispiel die elektrischen Ladungen beim elektrischen Feld r r div a r div grad F r F r D F r displaystyle rho vec r operatorname div vec a vec r operatorname div operatorname grad Phi vec r vec nabla cdot vec nabla Phi vec r Delta Phi vec r nbsp mit dem Laplace Operator D displaystyle Delta nbsp Die Potentialtheorie beschaftigt sich nun damit wie sich bei einer gegebenen Grosse z B dem Quellenfeld r r displaystyle rho vec r nbsp die korrespondierenden anderen Grossen berechnen lassen Entsprechend der jeweiligen Fragestellung spricht man dabei von verschiedenen Problemen Poisson Problem BearbeitenFur das Potential gilt die Poisson Gleichung D F r r r displaystyle Delta Phi vec r rho vec r nbsp Wenn das Quellenfeld r r displaystyle rho vec r nbsp gegeben ist lasst sich das Potential durch Integration bestimmen Da eine einzelne punktformige Quelle der Starke q displaystyle q nbsp am Punkt r displaystyle vec r nbsp das Potential F r 1 4 p q r r bzw d F r 1 4 p d q r r 1 4 p r r r r d V displaystyle Phi vec r frac 1 4 pi frac q vec r vec r quad text bzw quad mathrm d Phi vec r frac 1 4 pi frac mathrm d q vec r vec r frac 1 4 pi frac rho vec r vec r vec r mathrm d V nbsp erzeugt ergibt sich durch Aufsummieren bzw Integration insgesamt F r 1 4 p r r r r d V displaystyle Phi vec r frac 1 4 pi int frac rho vec r vec r vec r mathrm d V nbsp Dirichlet Problem BearbeitenHaufig lassen sich in der Physik die Quellenfelder nicht direkt messen wohl hingegen ihr Potentialfeld auf einem bestimmten raumlichen Gebiet Ein solcher Fall ist die Erforschung des Erdinneren durch geodatische oder geophysikalische Methoden Man kann nicht ins tiefe Erdinnere bohren um dort die Dichte zu bestimmen man kann jedoch auf der Erdoberflache ihre Wirkung in Form der Fallbeschleunigung und der Lotabweichung messen In einem solchen Fall ist F r displaystyle Phi vec r nbsp auf einem Teil des Raumes bestimmt das Quellenfeld selbst jedoch unbekannt Es ist nur unter gewissen Nebenbedingungen eindeutig und lasst i a mehrere Losungen zu siehe auch Umkehrproblem der Potentialtheorie Eine elegante mathematische Losung des Dirichlet Problems ist mit Hilfe der Greenschen Funktionen moglich Potential der einfachen Schicht BearbeitenEine Schwierigkeit bei praktischen Berechnungen in der Potentialtheorie ist oft die grosse zu verarbeitende Datenmenge beispielsweise fur harmonische Kugelfunktions Entwicklungen zur Bestimmung von Schwerefeld und Geoid Um beispielsweise aus Bahnstorungen von Satelliten 50 000 Massefunktionen des Erdkorpers zu berechnen benotigt die Neumannsche Methode ca 100 000 Datensatze und die Inversion von riesigen Matrizen Gleichungssystemen Fur dieses Problem der Satellitengeodasie hat der Bonner Geodat Karl Rudolf Koch in den 1970er Jahren unter der Bezeichnung Potential der einfachen Schicht eine sog robuste sehr effektive Rechenmethode erarbeitet bei der das Storpotential nicht durch harmonische Funktionen sondern als Flachenbelegung auf der Erdoberflache dargestellt wird Diese fiktiven dunnen Schichten ersetzen die im Detail unbekannte Quellen bzw Massenverteilung im tieferen Erdinnern und in der Erdkruste Die im Prinzip an den Modellrandern unstetige Rechenmethode bewahrte sich in der Praxis ungemein und konnte die Rechenzeiten der Grosscomputer auf einen Bruchteil reduzieren Literatur BearbeitenR J E Clausius Die Potentialfunction und das Potential Leipzig Barth 1859 T Wand Die principien der mathematischen Physik und die Potentialtheorie nebst ihren vorzuglichsten Anwendungen im Grundriss dargestellt Leipzig B G Teubner 1871 C Neumann Untersuchungen uber das logarithmische und Newton sche Potential Leipzig B G Teubner 1877 Max Doehler Beitrag zur Potentialtheorie die Green sche Funktion fur das Rotationsellipsoid den unendlichen Kreiscylinder und Schalen die von zwei konfokalen Rotationsellipsoiden resp zwei koaxialen unendlichen Kreiscylindern begrenzt werden Matthes Brandenburg 1889 Digitalisat A Wangerin Theorie des Potentials und der Kugelfunktionen 2 band Leipzig G J Goschen 1909 1921 R Courant D Hilbert Methoden der mathematischen Physik Zweiter Band Berlin Springer 1924 S Axler P Bourdon W Ramey Harmonic Function Theory 2 Auflage Springer Verlag 2001 ISBN 0387952187 O D Kellogg Foundations of Potential Theory Dover Publications 1967 ISBN 0486601447 Karl Ledersteger Handbuch der Vermessungskunde Band V Astronomische und Physikalische Geodasie J B Metzler Stuttgart 1969 Theoreme und Schwerefeld Gleichgewichtsfiguren und Prinzip der Entblatterung Isostasie usw Rudolf Sigl Einfuhrung in die Potentialtheorie Wichmann Verlag 1973 ISBN 3 87907 031 8 Einzelnachweise Bearbeiten Walter Gellert Herbert Kustner Manfred Hellwich Herbert Kastner Hrsg Kleine Enzyklopadie Mathematik Leipzig 1970 S 741 Grimsehl Lehrbuch der Physik Bd I Leipzig 1954 S 160 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Potentialtheorie amp oldid 214022843