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Pierre Girieud eigentlich Pierre Paul Girieud 17 Juni 1876 in Paris 26 Dezember 1948 ebenda war ein franzosischer Maler dessen Flachenmalerei in komplementaren Farben sich stilistisch an Gauguin orientierte Mit Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky war er nachweislich seit 1906 befreundet und beeinflusste uber sie wesentlich die stilistische Entwicklung des Expressionismus der Neuen Kunstlervereinigung Munchen N K V M Selbstportrat ohne Datum Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Jugend 1 2 Die kunstlerischen Anfange 1 3 Erste Erfolge 1 4 Unter den Fauves 1 5 Bekenntnis zu Gauguin 1 6 Studien in Italien 1 7 Girieud und die Neue Kunstlervereinigung Munchen 1 8 Girieud und der Blaue Reiter 2 Werk 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJugend Bearbeiten Pierre Paul Girieud war der Sohn eines Ingenieurs der bei der Manufaktur Saint Gobain angestellt war 1879 siedelte die Familie nach Marseille nachdem der Vater zum Leiter der dortigen Filiale seiner Firma ernannt worden war Zwei Dinge sollten den jungen Girieud entscheidend pragen Zum einen war es die Landschaft der Provence mit seiner antiken und mittelalterlichen Kultur Diese erlebte er insbesondere bei Besuchen in Riez der im Departement Alpes de Haute Provence gelegenen Heimatstadt seines Vaters die heute noch eindrucksvolle gallo romische und fruhchristliche Denkmaler aufweist Zum anderen durfte ihn schon fruh die Schwarmerei seines Vaters fur die Malerei animiert haben selbst zu zeichnen Und als es ihn immer mehr zur Farbe drangte war es sein Vater der ihm im Alter von nur zehn Jahren den ersten Malkasten mit Olfarben schenkte 1 Die kunstlerischen Anfange Bearbeiten Nach erfolgreichem Schulabschluss Militardienst und u a Tatigkeit als Zeichner fur eine satirische Zeitschrift ging Girieud von seinem Vater finanziell grosszugig unterstutzt im Fruhjahr 1900 nach Paris um Maler zu werden Im Wesentlichen bildete er sich autodidaktisch weiter Mit Jules Monge 1855 1934 bezog er ein gemeinsames Atelier und schloss Kontakte zu Jacques Villon Fernand Piet 1869 1942 und Fabien Launay 1877 1904 Zusammen zeichneten sie in der Academie des Beaux Arts besuchten den Louvre studierten in Ausstellungen Toulouse Lautrec Cezanne Anquetin und van Gogh Erste Erfolge Bearbeiten Girieud war ein sehr interessanter 2 und kontaktfreudiger Mensch Das belegen u a seine sehr fruhen lang andauernde Freundschaften mit fuhrenden Avantgardisten z B mit Rouault und Picasso Auch seine fruhen Erfolge bei fuhrenden Kunsthandlern seiner Zeit die ihm ab 1901 ein glanzendes Auskommen verschafften lassen auf einen sehr umganglichen Menschen schliessen In den Jahren 1902 03 pflegte Girieud die Kombination verschiedener Vorbilder Sein Pinselduktus in Punktchen und Hakchen leitet sich von van Goghs Handschrift her In seinen Stillleben vereinnahmte er des Weiteren Cezannes Stileigentumlichkeit Porzellane mit harter Glasur zu malen in der sich das Licht wie Perlmutt als Glanzlicht spiegelt Ein besonderes Schlusselerlebnis hatte Girieud als er den Cloisonismus Gauguins Malerei in Flachen mit starken dunklen Konturen begriff die ihm ab 1904 05 stilistisches Leitbild wurde Unter den Fauves Bearbeiten Von den spektakularen Ereignissen im Salon d Automne 1905 in Paris war Girieud ebenso unmittelbar betroffen wie Matisse Derain oder Marquet Denn mit ihnen zusammen hatte er im Saal VII dem Cage aux fauves 3 dem Kafig der wilden Tiere sein Bild Die Versuchung des Hl Antonius ausgestellt das zur vielbeachteten Sensation wurde Girieud ist somit zu den Fauves der allerersten Stunde zu zahlen Das Gespott und der Presserummel der um die Ausstellung entstand scheinen Girieud neuen Elan gegeben zu haben denn fur einige Zeit ging er mit dem Cloisonismus weniger orthodox um als in den Jahren zuvor und danach Bekenntnis zu Gauguin Bearbeiten nbsp Hommage a Gauguin 1906 1906 war fur Girieud ebenfalls ein ereignisreiches Jahr Seine Kunst fand Eingang in die beruhmte Sammlung des Russen Sergei Iwanowitsch Schtschukin Inzwischen verkehrte Girieud auch bei den Geschwistern Leo und Gertrude Stein Wenn der Nabi Maurice Denis im Jahr 1900 mit seinem Gemalde Hommage a Cezanne 4 einem der grossen Begrunder der modernen Malerei seine Verehrung zu Ausdruck gebracht hatte so war es Girieud der 1906 mit seiner 2 3 Meter messenden Hommage a Gauguin 5 daran erinnerte dass Gauguin den Fauves den entscheidenden Anstoss gab ihre Bilder unter neuen Gesichtspunkten zu gestalten 1906 schloss Girieud Freundschaft mit Werefkin und Jawlensky die damals fast ein Jahr in Frankreich verbrachten Diese Freundschaft sollte weitreichende Folgen fur die Entwicklung des Expressionismus in Munchen haben wo sich das Malerpaar niedergelassen hatte Den Rest des Jahres 1906 verbrachte das russische Malerpaar in dem Badeort Sausset les Pins nur wenige Kilometer von Girieuds Heimatstadt Marseille entfernt Werefkin nahm interessanterweise dort nach zehnjahriger kunstlerischer Abstinenz ihre Malerei im von Girieud geschatzten Stil von Gauguin wieder auf der bislang in Munchen noch keine Verbreitung gefunden hatte Studien in Italien Bearbeiten nbsp Moise sauve des eaux 1907 1907 reiste Girieud nach Siena und San Gimignano um dort die Antike und fruhe italienische Malerei zu studieren Diese Beschaftigung hatte zur Folge dass ikonographisch biblische und mythologische Themen kunftig in seinem Repertoire einen breiten Raum einnehmen sollten Des Weiteren wandte er sich der Freskomalerei zu die wiederum die Farbigkeit seiner Olmalerei beeinflusste die zusehends kreidiger wurde und den Charakter von Wandmalerei annahm Girieud und die Neue Kunstlervereinigung Munchen Bearbeiten Seit Ostern 1908 arbeitete Jawlensky wie sein Freund Girieud im cloisonistischen Stil von Gauguin und konnte so fur einige Zeit nicht nur zum Lehrer von Kandinsky 6 avancieren Kurz vor Weihnachten 1908 hatten Werefkin Jawlensky Adolf Erbsloh und der Tonkunstler Dr Oscar Wittenstein 1880 1919 die Idee zur Grundung der N K V M die durch Eintragung in das stadtische Vereinsregister von Munchen im Fruhjahr 1909 offiziell wurde Die erste Ausstellung der N K V M fand im Dezember 1909 statt Dass Girieud als einziger Franzose mit dem Gemalde Judas 7 daran teilnahm ist auf die Freundschaft mit Werefkin und Jawlensky zuruckzufuhren Dass er daruber hinaus sich kurz darauf mit vier Werken am Ersten Salon von Wladimir Isdebsky 1882 1965 in Odessa u a zusammen mit Jawlensky und Kandinsky beteiligen konnte verdankte er nunmehr seiner besonderen Hochschatzung innerhalb der russischen Kunstlerkolonie in Munchen Im Mai 1910 wurde Girieud in Paris von Erbsloh dem Intimus der Werefkin und Jawlenskys Schuler besucht um mit seiner Hilfe avantgardistische Kunstler zur Leihgabe ihrer Werke fur die 2 Ausstellung der N K V M zu gewinnen 8 Im Laufe des Jahres wurde Girieud schliesslich Mitglied der N K V M und nahm an deren 2 Ausstellung teil zusammen mit den franzosischen Kollegen Braque Derain van Dongen Francisco Durrio Le Fauconnier de Vlaminck Picasso und Rouault neben Deutschen und Russen Im Mai 1911 wohnte Girieud bei Jawlensky und Werefkin 9 als ihm zusammen mit Marc von der Modernen Galerie Thannhauser 10 in Munchen eine Ausstellung ausgerichtet wurde Als Girieud am 15 Mai 11 von Munchen wieder abreiste war diese fur ihn ein riesiger finanzieller Erfolg Fur uber 20 000 Francs konnte er Bilder verkaufen u a erwarb Bernhard Koehler 12 drei Arbeiten Daruber hinaus kauften aber auch die Munchener Kollegen Erbsloh Kanoldt und Kandinsky Marc versuchte durch Tausch in den Besitz eines seiner Bilder zu kommen Die Ankaufe bei dem Kollegen bezeugen eine uberaus hohe Wertschatzung fur Girieuds Kunst Girieud und der Blaue Reiter Bearbeiten 1911 verabredeten Kandinsky und Marc mit Girieud die Aufnahme einer Abhandlung uber seine Studien zur Bedeutung der fruhen Sienenesischen Malerei fur die Moderne fur den in Vorbereitung befindlichen Almanach Der Blaue Reiter Zur Publikation kam es allerdings durch die Saumigkeit Girieuds nicht Dennoch erschien ein Gemalde von Girieud als Abbildung im Almanach 13 Im Oktober 1911 besuchten Jawlensky und Werefkin Girieud in Paris Als Girieud 1911 von der N K V M eingeladen worden war als ihr Mitglied an der 4 Ausstellung der Berliner Neuen Secession eine Abspaltung von der Berliner Secession der damals die Maler der Brucke angehorten teilzunehmen sagte er zu Wahrend der Ausstellungszeit in Berlin kam es zu einem Ereignis von historischer Tragweite Marc und Kandinsky hatten unlangst heimlich ihre Trennung von der N K V M vorbereitet Dazu inszenierten sie am 2 Dezember 1911 einen unfairen Krach 14 um Kandinskys abstraktes Gemalde Komposition V Das Jungste Gericht und traten aus der N K V M aus um ihre seit langem vorbereitete Blaue Reiter Ausstellung zu veranstalten Marc und Kandinsky bedrangten darauf Girieud zu ihnen zu konvertieren Marc hatte ihm am 4 Dezember telegraphiert 15 und Kandinsky 16 schickte ihm am gleichen Tag einen acht Seiten langen Brief Girieud reagierte auf den Antrag der beiden unmissverstandlich ablehnend er werde keinesfalls seinen N K V M Freunden den Rucken kehren 17 bei denen er auf deren dritter Ausstellung konsequenterweise dann auch seine Bilder zeigte 18 Girieuds hohe Wertschatzung die Kandinsky und Marc seiner Kunst immer entgegengebracht hatten litt deshalb keineswegs Das geht zweifelsfrei aus einer Karte hervor die Marc am 29 Dezember 1911 an Kandinsky schickte nachdem er in Berlin die Ausstellung in der Neuen Secession gesehen hatte in der die Bilder der N K V M neben denen des Blauen Reiters und der der Brucke hingen Marc schrieb ihm Am starksten wirkten auf mich Sie und Werefkin Girieuds grosse Badende Hochformat ist auch famos 19 Ebenso war Girieud in der 1912 erschienenen nobel aufgemachten Publikation der N K V M Das Neue Bild 20 vertreten Danach bemuhte sich Girieud in Marseille eine Kunstler Organisation aufzubauen die die Disziplinen Malerei Musik mit dem gesprochenen oder geschriebenen Wort verbinden sollte Der Erste Weltkrieg brach den Kontakt zu den Munchner Freunden ab Girieud war Soldat 1914 1918 Ab den 1920er Jahren erhielt er Auftrage zu mehreren Fresken in offentlichen Gebauden beschaftigte sich mit Radierungen und Lithografien arbeitete als Buchillustrator und Buhnenbildner 1937 beschlagnahmten und vernichteten die Nazis in der Aktion Entartete Kunst nachweislich aus der Ruhmeshalle Wuppertal Barmen sein Olgemalde Damenbildnis 1902 103 73 5 cm 21 1945 wurde Girieud zum Professor an der Ecole des Beaux Arts in Nantes ernannt Zusehends lebte er zuruckgezogen in Marseille und Cassis Am 26 Dezember 1948 starb Girieud in einem Altersheim in Nogent sur Marne Werk BearbeitenBedeutende Werke in den Kunstsammlungen Stadtische Galerie im Lenbachhaus Munchen Bayerische Staatsgemaldesammlungen Munchen Musee National d Art Moderne Paris Musee des Beaux Arts Pont Aven Musee d art moderne Genf Musee de Grenoble GrenobleLiteratur BearbeitenOtto Fischer Das neue Bild Veroffentlichung der Neuen Kunstlervereinigung Munchen Munchen 1912 S 22 und 32 33 Alexej Jawlensky Lebenserinnerungen in Clemens Weiler Hrsg Alexej Jawlensky Kopfe Gesichte Meditationen Peters Hanau 1970 ISBN 3 87627 217 3 Wassily Kandinsky Franz Marc Briefwechsel mit Briefen von und an Gabriele Munter und Maria Marc hrsg eingeleitet und kommentiert von Klaus Lankheit Piper Munchen 1983 ISBN 3 492 02847 0 Veronique Serrano Pierre Girieud et l experience de la modernite 1900 1912 Ausstellungskatalog Musee Cantini Marseille 1996 Ausstellungskatalog Der Blaue Reiter und das Neue Bild Von der Neuen Kunstlervereinigung Munchen zum Blauen Reiter Stadtische Galerie im Lenbachhaus Prestel Munchen 1999 ISBN 3 7913 2065 3 Bernd Fathke Pierre Girieud Eigentlich ein Blauer Reiter In Weltkunst 70 2000 Nr 3 Munchen 2000 S 483 485 Bernd Fathke Marianne Werefkin Hirmer Munchen 2001 S 136 137 ISBN 978 3 7774 1107 1 Bernd Fathke Jawlensky und seine Weggefahrten in neuem Licht Hirmer Munchen 2004 S 77 93 und S 135 157 ISBN 3 7774 2455 2 Bernd Fathke Werefkin und Jawlensky mit Sohn Andreas in der Murnauer Zeit In Ausstellungskatalog 1908 2008 Vor 100 Jahren Kandinsky Munter Jawlensky Werefkin in Murnau Schlossmuseum Murnau Murnau 2008 S 47 55 56 und 60 ISBN 978 3 932276 29 3Weblinks BearbeitenPierre Girieud auf Artexpertswebsite englisch mit Abbildungen einiger seiner WerkeEinzelnachweise Bearbeiten Serrano Pierre Girieud et l experience de la modernite 1900 1912 1996 S 91 Jawlensky Lebenserinnerungen Hanau 1970 S 112 Serrano Pierre Girieud et l experience de la modernite 1900 1912 1996 S 100 Das Gemalde befindet sich im Musee d Orsay Paris Das Gemalde befindet sich im Musee des Beaux Arts in Pont Aven Bernd Fathke Elisabeth Ivanowna Epstein Eine Kunstlerfreundschaft mit Kandinsky und Jawlensky Clemens Weiler zum Andenken Galleria Sacchetti Ascona 1989 o S Rosel Gollek Der Blaue Reiter im Lenbachhaus Munchen Katalog der Sammlung in der Stadtischen Galerie Munchen 1974 S 262 Serrano Pierre Girieud et l experience de la modernite 1900 1912 1996 S 121 Jawlensky Lebenserinnerungen Hanau 1970 S 112 Mario Andreas von Luttichau Die Moderne Galerie Heinrich Thannhauser in Munchen in Avantgarde und Publikum zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905 1933 Koln Weimar Wien Bohlau 1992 S 299 ff Kandinsky Marc Briefwechsel 1983 S 35 Silvia Verena Schmidt Bernhard Koehler Ein Sammler und Mazen der Moderne Weltkunst 1 Juli 1995 S 1815 f Klaus Lankheit Der Blaue Reiter Herausgegeben von Wassily Kandinsky und Franz Marc Dokumentarische Neuausgabe Munchen Zurich 1984 S 199 Wassily Kandinsky Unsre Freundschaft Erinnerungen an Franz Marc in Klaus Lankheit Franz Marc im Urteil seiner Zeit Texte und Perspektiven Koln 1960 S 48 Serrano Pierre Girieud et l experience de la modernite 1900 1912 1996 S 121 Kandinsky Marc Briefwechsel 1983 S 80 Serrano Pierre Girieud et l experience de la modernite 1900 1912 1996 S 122 Rosel Gollek Der Blaue Reiter und die Neue Kunstlervereinigung Munchen in Der Blaue Reiter im Lenbachhaus Munchen Munchen 1982 S 401 Kandinsky Marc Briefwechsel Erscheinungsjahr S 93 Otto Fischer Das neue Bild Veroffentlichung der Neuen Kunstlervereinigung Munchen Munchen 1912 S 32 f Tafeln XIV XVIII Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion Entartete Kunst Forschungsstelle Entartete Kunst FU BerlinNormdaten Person GND 121223795 lobid OGND AKS LCCN n96110902 VIAF 5061358 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Girieud PierreALTERNATIVNAMEN Girieud Pierre Paul wirklicher Name KURZBESCHREIBUNG franzosischer MalerGEBURTSDATUM 17 Juni 1876GEBURTSORT ParisSTERBEDATUM 26 Dezember 1948STERBEORT Nogent sur Marne Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pierre Girieud amp oldid 222311902