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Periktione griechisch Periktionh Periktione um 450 v Chr vermutlich nach 365 v Chr war die Mutter des Philosophen Platon Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Familienverhaltnisse 2 Legende 3 Angebliche Schriftstellerei 4 Literatur 5 AnmerkungenHerkunft und Familienverhaltnisse BearbeitenPeriktione entstammte einer vornehmen Familie Athens Ihr Vater hiess Glaukon Zu ihren Vorfahren zahlten zwei Politiker namens Dropides die eponyme Archonten gewesen waren das heisst in Athen ein Jahr lang das hochste Staatsamt bekleidet hatten Dropides I Amtszeit 645 644 und Dropides II Amtszeit wohl 593 592 Nach Platons Angaben war Dropides II ein Freund und Verwandter des legendaren athenischen Gesetzgebers Solon 1 Um 432 heiratete Periktione den vermutlich um 470 460 v Chr geborenen Athener Ariston der ebenfalls aus einer vornehmen Familie stammte 2 Er betrachtete sich als Nachkomme des Kodros eines mythischen Konigs von Athen 3 Zu seinen Vorfahren zahlte Aristokles der 605 604 v Chr eponymer Archon gewesen war Moglicherweise lebte das Ehepaar einige Jahre auf der sudlich von Attika gelegenen Insel Aigina Der Philosophiegeschichtsschreiber Diogenes Laertios berichtet mit Berufung auf Favorinos Ariston habe zu den athenischen Kleruchen Siedlern gehort die nach Aigina entsandt wurden Dieser Uberlieferung zufolge wurde Platon auf Aigina geboren Spater seien die Kleruchen jedoch von den Spartanern von dort vertrieben worden und so sei Ariston nach Athen zuruckgekehrt 4 Auch die Prolegomena zur Philosophie Platons ein anonym uberliefertes spatantikes Werk dessen unbekannter Autor zur Schulrichtung Olympiodoros des Jungeren zahlt berichten von der angeblichen Geburt auf Aigina 5 Tatsachlich haben die Athener im Jahr 431 v Chr die Bewohner Aiginas zur Auswanderung gezwungen und dort Kleruchen angesiedelt Zu einer Vertreibung der athenischen Siedler durch die Spartaner ist es aber erst im Jahr 411 v Chr gekommen 6 Somit ist der Bericht zumindest hinsichtlich der Vertreibung unzutreffend Hinzu kommt der Umstand dass die Familie wohlhabend war und daher keinen Grund zu einer Auswanderung nach Aigina hatte es sei denn im Falle einer vorubergehenden Verarmung 7 Die Glaubwurdigkeit des Auswanderungsberichts ist daher zweifelhaft doch ist nicht auszuschliessen dass Ariston und Periktione zeitweilig auf Aigina lebten 8 In Athen befand sich der Wohnsitz der Familie in Kollytos einem zentral gelegenen Stadtteil westlich und sudlich der Akropolis Aus Periktiones Ehe mit Ariston gingen vier Kinder hervor die Sohne Adeimantos Glaukon und Platon sowie die Tochter Potone Potones Sohn Speusippos wurde Platons Nachfolger als Scholarch Leiter der Platonischen Akademie 9 Bald nachdem Ariston um 424 gestorben war schloss die verwitwete Periktione eine zweite Ehe mit Pyrilampes einem angesehenen ebenfalls verwitweten Athener Pyrilampes war zu Perikles Zeit als Gesandter tatig gewesen und war demokratisch gesinnt Er war Periktiones Onkel mutterlicherseits und wurde durch seine neue Heirat zum Stiefvater ihrer vier noch unmundigen Kinder Diese lebten nun mit ihrem alteren Stiefbruder Demos zusammen einem Sohn des Pyrilampes aus dessen erster Ehe Mit Pyrilampes hatte Periktione nur ein Kind den Sohn Antiphon 10 Als Pyrilampes um 414 v Chr starb kam Periktione die nach athenischem Recht als Frau rechtlich entweder ihrem Ehemann oder einem mannlichen Vormund unterstellt sein musste unter die Vormundschaft ihres altesten erst vor kurzem mundig gewordenen Sohnes Adeimantos 11 Unter Periktiones Verwandten waren prominente Politiker die sich in den schweren ab 411 v Chr heftig ausgetragenen innenpolitischen Konflikten Athens auf der Seite des oligarchischen Lagers engagierten und die Demokratie bekampften Periktiones Onkel Kallaischros der altere Bruder ihres Vaters Glaukon gehorte 411 v Chr dem durch Putsch kurzzeitig an die Macht gekommenen Rat der Vierhundert an Ihr Vetter Kritias Kallaischros Sohn war Mitglied des oligarchischen Rats der Dreissig Dreissig Tyrannen der 404 403 v Chr Athen regierte Unter der Herrschaft der Dreissig wurde Periktiones jungerer um 445 geborener Bruder Charmides in den Ausschuss von zehn Mannern berufen dem die Dreissig die Verwaltung der Hafenstadt Piraeus ubertrugen 12 Kritias und Charmides fielen im Jahr 403 im Kampf gegen die Demokraten als die Truppen der Oligarchen beim Hugel Munychia in der Nahe des Piraeus eine Niederlage erlitten 13 Einen Anhaltspunkt fur die Datierung von Periktiones Tod bietet der unechte 13 Brief Platons dessen unbekannter wirklicher Verfasser Pseudo Platon vielleicht uber korrekte Informationen verfugte In dem Brief dessen fiktive Abfassungszeit nach der Ruckkehr Platons von seiner zweiten Sizilienreise im Jahr 365 v Chr liegt wird die Mutter des Philosophen als noch lebend erwahnt 14 Legende BearbeitenSchon bald nach Platons Tod wurde die Legende erzahlt er sei nur scheinbar Aristons Sohn gewesen in Wirklichkeit habe ihn der Gott Apollon gezeugt Nach den unterschiedlichen Versionen der Legende hat Apollon Ariston zeitweilig am geschlechtlichen Umgang mit Periktione gehindert und ihm diesen fur den betreffenden Zeitraum ausdrucklich untersagt oder Ariston hat aus einer Erscheinung des Gottes eine entsprechende Folgerung gezogen Diogenes Laertios nennt drei Autoren darunter Speusippos welche die Legende in ihren heute verlorenen Werken erwahnten Er behauptet aber nicht diese Autoren hatten sich fur die buchstabliche Wahrheit der Behauptung verburgt besonders dem gut informierten Speusippos der altesten Quelle ist ein allegorisches Verstandnis der Legende zu unterstellen Betonung eines lebenslangen besonderen Verhaltnisses Platons zu Apollon 15 Diese Legende erlangte in der Antike eine erhebliche Verbreitung In der Religionswissenschaft zahlt man sie zum in vielen Kulturen gangigen Typus der Geburtsmythen welche die Behauptung enthalten ein aussergewohnlicher Mensch sei nicht durch Geschlechtsverkehr gezeugt worden sondern nach einer unmittelbar durch gottliche Intervention erfolgten Zeugung geboren worden und somit ein Gottessohn Dazu gehort oft die Annahme seine Mutter sei Jungfrau gewesen und als solche sei sie nicht durch fruheren Geschlechtsverkehr verunreinigt gewesen 16 Im Falle Platons stand jedoch der Vorstellung einer Jungfrauengeburt der Umstand entgegen dass er junger war als seine Bruder und Periktione somit zur Zeit der Empfangnis keine Jungfrau mehr gewesen sein kann Zwar behauptet die Legende in ihrer altesten uberlieferten Fassung nicht ausdrucklich dass Periktione zum Zeitpunkt von Platons Zeugung Jungfrau gewesen sei sondern nur dass Apollon sein wirklicher Vater sei doch wird die Jungfraulichkeit der Mutter dabei offenbar vorausgesetzt 17 Die ausdruckliche Feststellung Platon sei von einer Jungfrau geboren worden ist erst bei dem spatantiken Kirchenvater Hieronymus uberliefert Hieronymus berichtet es gebe drei Autoren die schon von Diogenes Laertios genannten nach deren Ansicht der Furst der Weisheit nur aus einer Jungfrauengeburt hervorgegangen sein konne 18 Angebliche Schriftstellerei BearbeitenEiner Pythagoreerin namens Periktione wurden in der Antike zwei philosophische Traktate zugeschrieben von denen nur Bruchstucke erhalten geblieben sind Uber die Harmonie der Frau und Uber die Weisheit In der Forschung wird meist davon ausgegangen dass der angebliche Name der Verfasserin ein Pseudonym ist 19 Vermutlich sollte wie schon Richard Bentley 1699 meinte Platons Mutter als die Autorin ausgegeben werden sie kann in dem Milieu in dem die beiden Schriften entstanden als Pythagoreerin gegolten haben oder man wollte sie als solche prasentieren um die Verbindung von platonischer und pythagoreischer Philosophie zu betonen 20 Literatur BearbeitenDebra Nails The People of Plato A Prosopography of Plato and Other Socratics Hackett Indianapolis 2002 ISBN 0 87220 564 9 S 228f und Stammtafel S 244 John S Traill Persons of Ancient Athens Band 14 P to Proposis Athenians Toronto 2005 ISBN 0 9685232 6 9 S 188 Nr 772675 Zusammenstellung der Belege Anmerkungen Bearbeiten Platon Timaios 20e und Charmides 155a Der spatantike Neuplatoniker Proklos hat in seinem Kommentar zu Platons Dialog Timaios diese Stelle erlautert und dabei Periktiones Abstammung und Verwandtschaftsverhaltnisse erortert Proklos In Platonis Timaeum 1 81 83 Vgl John K Davies Athenian Propertied Families 600 300 B C Oxford 1971 S 322 326 Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 106 108 228 244 Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 53 229 Diogenes Laertios 3 1 Diogenes Laertios 3 3 Favorinos Fragment 69 Amato Fragment 32 Mensching Fragment 64 Barigazzi Prolegomena zur Philosophie Platons 2 10 13 Westerink Leendert G Westerink Hrsg Prolegomenes a la philosophie de Platon Paris 1990 S 3 Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 54 Eckart Mensching Hrsg Favorin von Arelate Der erste Teil der Fragmente Memorabilien und Omnigena Historia Berlin 1963 S 118f und Anm 38 Adelmo Barigazzi Hrsg Favorino di Arelate Opere Firenze 1966 S 226 Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 54 Vgl Eugenio Amato Hrsg Favorinos d Arles Œuvres Bd 3 Paris 2010 S 314 Skeptisch sind Alice Swift Riginos Platonica Leiden 1976 S 33f und Luc Brisson Diogene Laerce Vies et doctrines des philosophes illustres Livre III Structure et contenu In Aufstieg und Niedergang der romischen Welt Teil II Band 36 5 Berlin 1992 S 3619 3760 hier 3633f Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 244 254 Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 31 229 258 Michael Erler Platon Munchen 2006 S 15 Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 229 Xenophon Hellenika 2 4 19 Siehe dazu Gyorgy Nemeth Kritias und die Dreissig Tyrannen Stuttgart 2006 S 115f Debra Nails The People of Plato Indianapolis 2002 S 92 Xenophon Hellenika 2 4 19 Pseudo Platon Brief 13 361e Diogenes Laertios 3 2 Zum Hintergrund siehe Heinrich Dorrie Matthias Baltes Der Platonismus in der Antike Bd 2 Stuttgart Bad Cannstatt 1990 S 150 157 Zusammenstellung der Belege und S 404 414 Kommentar Leonardo Taran Speusippus of Athens Leiden 1981 S 228 235 Christina Schefer Platon und Apollon Sankt Augustin 1996 S 269 286 289 292 Michael Erler Platon Hellmut Flashar Hrsg Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike Band 2 2 Basel 2007 S 43f Alice Swift Riginos Platonica Leiden 1976 S 9 15 Luc Brisson Diogene Laerce Vies et doctrines des philosophes illustres Livre III Structure et contenu In Aufstieg und Niedergang der romischen Welt Teil II Band 36 5 Berlin 1992 S 3619 3760 hier 3629 3631 Vgl dazu Christina Schefer Platon und Apollon Sankt Augustin 1996 S 282f 287 Alice Swift Riginos Platonica Leiden 1976 S 13 15 Eugen Fehrle Die kultische Keuschheit im Altertum Berlin 1966 Nachdruck der Ausgabe Giessen 1910 S 3 42 Leonardo Taran Speusippus of Athens Leiden 1981 S 228f Alice Swift Riginos Platonica Leiden 1976 S 10 und Anm 8 Luc Brisson Diogene Laerce Vies et doctrines des philosophes illustres Livre III Structure et contenu In Aufstieg und Niedergang der romischen Welt Teil II Band 36 5 Berlin 1992 S 3619 3760 hier S 3629f und Anm 27 Hieronymus Adversus Iovinianum 1 42 Siehe dazu Heinrich Dorrie Matthias Baltes Der Platonismus in der Antike Bd 2 Stuttgart Bad Cannstatt 1990 S 413 Leonardo Taran Speusippus of Athens Leiden 1981 S 233f Eine abweichende Auffassung vertreten Mary Ellen Waithe und Vicki Lynn Harper in Mary Ellen Waithe Hrsg A History of Women Philosophers Bd 1 Dordrecht 1987 S 59 74 Ihrer Hypothese zufolge stammt Uber die Harmonie der Frau tatsachlich von einer Frau namens Periktione die moglicherweise mit Platons Mutter zu identifizieren ist Diese Hypothese hat sich in der Forschung nicht durchgesetzt Vgl dazu Ian Michael Plant Women Writers of Ancient Greece and Rome Norman 2004 S 76 englische Ubersetzung der Fragmente S 76 78 Die Fragmente sind kritisch herausgegeben von Holger Thesleff The Pythagorean Texts of the Hellenistic Period Abo 1965 S 142 146 Vgl Kurt von Fritz Periktione 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft Band 19 1 Stuttgart 1937 Sp 794f Holger Thesleff An Introduction to the Pythagorean Writings of the Hellenistic Period Abo 1961 S 17 111 Constantinos Macris Perictione d Athenes In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Bd 5 Teil 1 Paris 2012 S 231 234 Normdaten Person GND 102402094 lobid OGND AKS VIAF 7775327 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME PeriktioneKURZBESCHREIBUNG Mutter PlatonsGEBURTSDATUM um 450 v Chr STERBEDATUM nach 365 v Chr Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Periktione amp oldid 235629750