www.wikidata.de-de.nina.az
Die Pasyryk Harfe ist der archaologische Fund einer horizontalen Winkelharfe aus dem 4 Jahrhundert v Chr auf dem Hochland von Ulagan im Altai das im sudwestsibirischen Teil von Russland liegt Die holzernen Bruchstucke der Winkelharfe entdeckte Sergei Iwanowitsch Rudenko 1947 in einem zur Pasyryk Kultur gehorenden Kurgan Grabhugel Sie sind der alteste Beleg einer Harfe im nordlichen Asien Das restaurierte Musikinstrument befindet sich in der Eremitage in Sankt Petersburg Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft der asiatischen Winkelharfen 2 Pasyryk Stufe 3 Bauform 4 Verbreitung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHerkunft der asiatischen Winkelharfen BearbeitenDie fruheste Abbildung eines Musikinstruments in Mesopotamien zeigt auf einer Tontafel aus der Uruk Zeit Ende 4 Jahrtausend v Chr eine bogenformige Harfe mit drei Saiten Dieser einfachste Harfentyp ist eine Weiterentwicklung des einsaitigen Musikbogens Das dazugehorige Ideogramm gab Wilhelm Stauder mit dem sumerischen Lautwert BALAG wieder worunter in fruher Zeit vermutlich Musikinstrumente allgemein verstanden wurden Mit dem Zusatz gis Holz ergab sich GIS BALAG fur ein Saiteninstrument 1 zur Abgrenzung von BALAG oder KUS BALAG fur eine sanduhrformige Trommel 2 Die Bogenharfe wird in den altindischen Veden des 1 Jahrtausends v Chr als vina bezeichnet Bis zum 12 Jahrhundert n Chr existierte sie in Sudasien neben den Stabzithern und ist heute praktisch nur noch in Gestalt der burmesischen saung gauk erhalten Um 2000 v Chr entwickelte sich ein verbesserter Harfentyp mit einer hoheren Saitenzahl der als Winkelharfe bezeichnet wird und erst im 17 Jahrhundert n Chr aus seinem damaligen Kerngebiet dem Iranischen Hochland verschwand Das sumerische Bilderzeichen lautete ZAG SAL Aus dem assyrischen Wort zak k al wurde auf Arabisch cangal im Persischen gekurzt zu cang tschang das in der heute noch gespielten georgischen Winkelharfe cangi tschangi erhalten ist 3 Die Grundkonstruktion der Winkelharfe blieb wahrend der gesamten Zeit ihrer Existenz bis heute unverandert Nach der Position des Resonanzkorpers und der Spielweise lassen sich zwei Modelle unterscheiden Grosse vertikale Winkelharfen in Agypten oder Mesopotamien die mit dem Resonanzkorper in senkrechter Stellung gehalten wurden besassen eine grosse Zahl Saiten bis 20 oder mehr Der Spieler zupfte sie mit den Fingern wahrend er die waagrecht getragene kleinere Winkelharfe mit hochstens zehn Saiten mit einem Plektrum anriss Pasyryk Stufe BearbeitenDie Pasyryk Kultur eine Zeitstufe der nomadisierenden skythischen Viehzuchter ist nach dem Fundort Pasyryk bei Baschadar in einem 1650 Meter hoch gelegenen Gebirgstal des Altai benannt Hier wurden Anfuhrer und andere herausgehobene Mitglieder der Stammesgesellschaft in Schachtgrabern bestattet Die aus einer Balkenkonstruktion gebildete Decke der Grabstatte uberhaufte man mit einem etwa vier Meter hohen Steinhugel Die Graber gehoren der Bronzezeit und ab der zweiten Halfte des 1 Jahrtausends v Chr der Eisenzeit an Ende des 19 Jahrhunderts begann die Erforschung der Kurgane im Bereich des Altai Kurgan II von Pasyryk ist fur die Musikgeschichte von besonderer Bedeutung da er neben der Harfe zwei kleine Trommeln aus Rinderhorn beinhaltete Sie stellen die Urformen einfelliger Bechertrommeln in der Region dar zu denen im Iran die holzerne tombak und in Afghanistan die aus Ton gefertigte zerbaghali gehoren 4 Zu den reichen Grabbeigaben die offensichtlich fur ein Weiterleben im Jenseits gedacht waren gehorten ferner Nahrung Kleidungsstucke Eisenwerkzeuge Waffen Wollteppiche von denen der Pasyryk Teppich erhalten blieb andere Gebrauchsgegenstande und mitbestattete Pferde Die verganglichen Materialien und die bestatteten Leichname haben sich erhalten weil sie in Eisblocken eingeschlossen waren Das in die Graber eingedrungene Wasser war gefroren und blieb durch die daruberliegende Gesteinsschicht auch wahrend der kurzen und nur massig warmen Sommer vor dem Auftauen geschutzt Bauform BearbeitenDie gefundenen zwei Teile der Harfe liessen sich bei der Restaurierung passgenau zu einem 83 Zentimeter langen wannenformigen Korpus zusammenfugen Das aus einem Stuck hergestellte sorgfaltig geglattete Holz ist an beiden Enden elf Zentimeter breit und verjungt sich in der Draufsicht zu einer mit funf Zentimetern deutlich taillierten Mitte In der Seitenansicht ist die Korpusform leicht gekrummt im Querschnitt ergibt sich eine Hufeisenform Die Wande wurden auf funf bis sieben Millimeter Starke ausgedunnt und mit drei Querstaben zwischen den Randern wie bei einem Kanu stabilisiert Diese sollten die Spannung der an beiden Enden aufgezogenen Membran aus einer Tierhaut ausgleichen Die rot gefarbten Hautstucke waren mit winzigen Holzdubeln knapp unterhalb des Randes befestigt den mittleren Teil uberdeckte ein dunnes Holzbrett das vermutlich aufgeklebt war Die zerbrochen aufgefundene Holzdecke war vier Millimeter stark und besass in der Mitte ein Schallloch in jedes Hautstuck waren drei Locher von einem Zentimeter Durchmesser eingeschnitten Auf einer Seite des Korpus war ein elliptischer Stab von maximal zwolf Millimetern Durchmesser langs mittig auf der Hautdecke festgebunden Es ist nicht erkennbar dass dieser Holzstab wie bei fast allen Harfen unter der Decke verlief Elf Zentimeter des ursprunglich langeren Stabes blieben erhalten Seine leichte Krummung ruhrt wohl vom Zug der Saiten her die zwischen ihm und dem etwa senkrecht auf der Hautdecke gegenuber stehenden Saitentrager gespannt waren Der T formig aus einem Ast an seiner Verbindung zum Stamm herausgeschnittene Saitentrager stand mit seinem breiten Fuss in Langsrichtung und war mit einer Hautschnur festgebunden Die Schnur fuhrte durch ein Loch am ausseren Ende des Saitentragers nahm die Spannung der Saiten auf und ubertrug diese an einen an der Stirnseite des Korpus herausragenden holzernen Fortsatz An den Resten der aus Tiersehnen bestehenden Saiten wurde ein Durchmesser von 0 8 Millimetern gemessen Streifenartige Verfarbungen am Saitentrager lassen den Schluss zu dass die Harfe funf Saiten besass die mit Hautwicklungen am Saitentrager festgebunden waren Der Physiker und Musikarchaologe Bo Lawergren rekonstruierte 1984 auf Grundlage des Grabungsfundes ein moglichst originalgetreues Modell Dabei bereitete die Befestigung des Stabes an dem die Saiten auf anstatt wie ublich unter der Membran festgebunden waren technische Schwierigkeiten Ausserdem erwiesen sich die noch vorhandenen Holzdubel als zu kurz um die Hautdecke am Korpusrand gespannt halten zu konnen Moglicherweise war die Harfe bereits funktionsunfahig bevor sie ins Grab gelegt wurde Die ausgerissene Membran konnte mit einigen Hautstreifenwicklungen quer um den Korpus reparaturmassig fixiert gewesen sein 5 Verbreitung Bearbeiten nbsp Horizontale Winkelharfe mit neun Saiten auf einem assyrischen Relief in NimrudDie Pasyryk Harfe gehort zu einer Gruppe von horizontalen Winkelharfen in Asien die nach Lage der Fundorte zu den Steppenharfen gerechnet werden Im Unterschied zu den vertikalen Harfen waren diese Instrumente kompakt und robust genug um von den Nomaden auf Pferden transportiert werden zu konnen Alle besassen funf Saiten und unterschieden sich dadurch von den assyrischen horizontalen Winkelharfen mit neun Saiten Moglicherweise brachten Skythen die in der Armee der Assyrer gedient hatten im 8 Jahrhundert v Chr solche Harfen aus Mesopotamien in ihre zentralasiatische Heimat mit wobei neben der grosseren Saitenzahl auch die in Mesopotamien entwickelten diatonischen Tonleitern auf dem Ruckweg in Vergessenheit gerieten Die in Zentralasien gespielte Musik war eine andere Reliefs am Nordwestpalast von Nimrud um 870 v Chr und am Sudwestpalast von Niniveh aus dem 7 Jahrhundert v Chr zeigen assyrische Musiker die den als Vorbild dienenden Harfentyp mit dem Korpus waagrecht in Hufthohe nach vorn halten Der Saitentrager befindet sich auf der vom Korper entfernten Seite Mit einem langen Plektrum in der einen Hand schlagen die in Seitenansicht gezeigten Manner gegen die Saiten In Baschadar einem weiteren zur Pasyryk Kultur gehorenden Fundort waren im Kurgan II ein Mann und eine Frau in Holzsargen bestattet Das Schachtgrab datiert in die Mitte des 7 Jahrhunderts v Chr Zu den Grabbeigaben gehorten 14 Pferde mit Satteln und Zaumzeug Mehrere der geringen Reste eines holzernen Gegenstandes werden als Winkelharfe gedeutet die nach ihrem Ausgraber Rudenko 15 Saiten gehabt haben konnte 6 Samtliche Funde von Steppenharfen sind ansonsten junger als 500 v Chr ein Fund aus Olbia in der Ukraine am westlichen Rand der Eurasischen Steppe stammt von 75 n Chr Skythen brachten die Winkelharfe bis in die chinesische Grenzregion Xinjiang aber nicht weiter nach China hinein In Xinjiang wurden in Zaghunluq und Yanghai Harfen aus dem 5 Jahrhundert v Chr gefunden Nach China gelangten erst uber die Seidenstrasse in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten in grosserer Zahl Winkelharfen 7 Die grosste Wertschatzung erfuhren ostasiatische Winkelharfen ab dem 6 Jahrhundert unter den Bezeichnungen konghou in China gonghu in Korea und kugo in Japan Ab dem 11 Jahrhundert gab es in ganz Asien immer weniger Winkelharfen Der Nachteil liegt in ihrer unzureichenden Festigkeit wodurch das Stimmen auch weniger Saiten muhselig wird 8 Die Saitenspannung der Pasyryk Harfe ist zwangslaufig wesentlich geringer als bei einer modernen Konzertharfe Im Kaukasus sind Winkelharfen durch den Fund einer kleinen Bronzefigur in Kazbegi an der Georgischen Heerstrasse seit dem 6 Jahrhundert v Chr nachgewiesen Bis auf die in den Bergtalern Swanetiens noch gespielte tschangi sind die kaukasischen Winkelharfen praktisch verschwunden Ihre Namensgeberin die persische tschang blieb auf Miniaturmalereien erhalten Literatur BearbeitenBo Lawergren The Ancient Harp from Pazyryk In Beitrage zur allgemeinen und vergleichenden Archaologie 9 10 1990 S 111 118 Bo Lawergren The Beginning and End of Angular Harps In Ellen Hickmann Ricardo Eichmann Hrsg Studien zur Musikarchaologie I Saiteninstrumente im archaologischen Kontext Orient Archaologie Band 6 Verlag Marie Leidorf Rahden Westfalen 2000 S 53 64 Bo Lawergren Angular Harps Through the Ages A Causal History PDF 3 1 MB In Arnd Adje Both Ricardo Eichmann Ellen Hickmann Lars Christian Koch Hrsg Herausforderungen und Ziele der Musikarchaologie Papers from the 5th Symposium of the International Study Group on Music Archaeology at the Ethnological Museum State Museums Berlin 19 23 September 2006 Orient Archaologie 22 Studien zur Musik Archaologie 6 Verlag Marie Leidorf Rahden Westfalen 2008 S 261 281 O R Gurney Bo Lawergren Ancient Mesopotamian Terminology for Harps and Sound Holes In Ellen Hickmann David W Hughes Hrsg The Archaeology of Early Music Cultures Third International Meeting of the ICTM Study Group on Music Archaeology Verlag fur systematische Musikwissenschaft Bonn 1988 S 175 187 F M Karomatov V A Meskeris T S Vyzgo Mittelasien Werner Bachmann Hrsg Musikgeschichte in Bildern Band II Musik des Altertums Lieferung 9 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1987 S 50 53 Weblinks Bearbeitenpinterest com Foto Xie Jin Reflection upon Chinese Recently Unearthed Konghous in Xin Jiang Autonomous Region Musicology Department Shanghai Conservatory of Music China Fotos von Steppenharfen Einzelnachweise Bearbeiten Wilhelm Stauder Die Musik der Sumer Babylonier und Assyrer In Bertold Spuler Hrsg Handbuch der Orientalistik 1 Abt Der Nahe und der Mittlere Osten Erganzungsband IV Orientalische Musik E J Brill Leiden Koln 1970 S 174 215 Francis W Galpin The Music of the Sumerians and their Immediate Successors the Babylonians and Assyrians Cambridge University Press Cambridge 1937 2 unveranderte Auflage Strasbourg University Press 1955 S 2f ISBN 978 0 521 18063 4 Francis W Galpin S 29 Jean During Drums Large group of percussion instruments In Encyclopaedia Iranica V A Meskeris T S Vyzgo Mittelasien S 50 52 V A Meskeris T S Vyzgo Mittelasien S 52 Bo Lawergren Angular Harps Through the Ages S 264 f Bo Lawergren The Beginning and End of Angular Harps S 56 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pasyryk Harfe amp oldid 234613224