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In der katholischen Kirche ist die Unfehlbarkeit des Papstes Infallibilitat lateinisch Infallibilitas eine Eigenschaft die nach der Lehre des Ersten Vatikanischen Konzils 1870 unter Papst Pius IX dem romischen Bischof Papst zukommt wenn er in seinem Amt als Lehrer aller Christen ex cathedra eine Glaubens oder Sittenfrage als endgultig entschieden verkundet 2 Entgegen einem weit verbreiteten Missverstandnis bedeutet die papstliche Unfehlbarkeit nicht dass der Papst als Mensch keine Fehler macht Die Unfehlbarkeit bezieht sich lediglich auf strittige theologische Fragen in denen der Papst kraft seines Amtes eine verbindliche Entscheidung herbeifuhren kann Der Papst als Nachfolger des Apostels Petrus und Bischof von Rom am Steuerruder der Kirche 1 Das Zweite Vatikanische Konzil sprach 1964 der Gesamtheit der Glaubigen ebenfalls Unfehlbarkeit zu Die Gesamtheit der Glaubigen welche die Salbung von dem Heiligen haben kann im Glauben nicht irren 3 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Grundlagen und Definitionen 3 Anwendung des Dogmas 4 Ausformungen und theologische Diskussion 4 1 Der Papst im Allgemeinen 4 2 Bischofe 4 3 Konzilien 4 4 Allgemeines und ordentliches Lehramt 4 5 Allgemeines Glaubensgut und Tradition 5 Kritik 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Papst Pius IX und die Bischofe auf dem Ersten Vatikanischen Konzil Lithographie von 1870 Von Anfang an bestimmte die Debatte uber die papstliche Unfehlbarkeit das ab dem 8 Dezember 1869 tagende 1 Vatikanische Konzil und teilte die Konzilsvater in zwei Lager Zu den Gegnern gehorte fast der ganze deutsch 4 osterreichische Episkopat und ein Teil des franzosischen Bischofskollegiums Der Konzilsmehrheit gelang es die Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas von der fur diese Frage bedeutendsten Kommission der Kommission Deputatio Fidei auszuschliessen Um nicht gegen das Dokument stimmen zu mussen verliessen um die 60 Bischofe vor der endgultigen Abstimmung am 18 Juli 1870 die Stadt Die Diskussion uber die papstliche Unfehlbarkeit war jedoch mit der Abstimmung nicht beendet nunmehr aber Dogma an dessen absolute Verbindlichkeit man sich zu halten hatte Es kam daher zur Abspaltung der Altkatholiken die das Dogma nicht anerkennen wollten Nach dieser Sitzung sollte das Konzil zwar weitergehen doch hatte der Papst einen Urlaub bis 11 November 1870 erteilt von dem bis auf knapp 100 Bischofe alle Gebrauch machten In zwei Generalkongregationen wurde noch uber das Konzilsschema De Sede Episcopali vacante uber die Sedisvakanz verhandelt An den Arbeiten zur Texterstellung war der an der papstlichen Universitat Gregoriana lehrende Jesuit Josef Kleutgen massgeblich beteiligt 5 Der Kirchenrechtler Kardinal Mertel empfahl im Zusammenhang mit der Texterstellung die prazise Formulierung des Kasus und fuhrte dazu aus Es geht nicht an dass alles was Papste getan und gesagt haben als Dogma gilt Grundlagen und Definitionen BearbeitenGrundlage theologisch begrundeter Unfehlbarkeit ist hier nicht der Mensch sondern Gott der einem Menschen die Unfehlbarkeit aus bestimmten Grunden verleiht Ein allmachtiger Gott kann nach dieser Meinung die Unfehlbarkeit eines Menschen bewirken Nach romisch katholischem Glauben hat Christus seiner Kirche zugesagt der Heilige Geist werde sie in der Wahrheit lehren und erhalten Joh 16 13 EU und in ihr das Bischofs und Priesteramt fur den Dienst der Einheit in der Wahrheit gestiftet Mt 16 18 EU Daher gelten bestimmte Entscheidungen eines Konzils oder des Papstes als Nachfolger des Apostels Petrus als unfehlbar Die katholische Kirche glaubt da die von Menschen geschriebenen biblischen Texte zugleich das unfehlbare Wort Gottes seien dass Gott auch weiterhin Menschen in bestimmten amtlich nachvollziehbaren Fallen Bischofe Papst zu unfehlbaren Aussagen befahige Hingegen ist ein amtsungebundenes unfehlbares Charisma der katholischen Kirche unbekannt Schon deshalb kann nach katholischer Auffassung die Begrundung neuer Konfessionen nicht irrtumsfrei sein Die kirchenamtliche geistliche Unfehlbarkeit bezieht sich nur auf als letztgultig unwiderruflich proklamierte Lehrentscheidungen in Glaubens oder Sittenfragen Sie wurde mit der dogmatischen Konstitution Pastor Aeternus auf dem Ersten Vatikanischen Konzil am 18 Juli 1870 unter Papst Pius IX selbst als unfehlbarer Glaubenssatz verkundet Die Definition lautet 6 nbsp Lateinischer Text in den Acta Sanctae Sedis 1870 Zur Ehre Gottes unseres Heilandes zur Erhohung der katholischen Religion zum Heil der christlichen Volker lehren und erklaren wir endgultig als von Gott geoffenbarten Glaubenssatz in treuem Anschluss an die vom Anfang des christlichen Glaubens her erhaltene Uberlieferung unter Zustimmung des heiligen Konzils Wenn der Romische Papst in hochster Lehrgewalt ex cathedra spricht das heisst wenn er seines Amtes als Hirt und Lehrer aller Christen waltend in hochster apostolischer Amtsgewalt endgultig entscheidet eine Lehre uber Glauben oder Sitten sei von der ganzen Kirche festzuhalten so besitzt er aufgrund des gottlichen Beistandes der ihm im heiligen Petrus verheissen ist jene Unfehlbarkeit mit der der gottliche Erloser seine Kirche bei endgultigen Entscheidungen in Glaubens und Sittenlehren ausgerustet haben wollte Diese endgultigen Entscheidungen des Romischen Papstes sind daher aus sich und nicht aufgrund der Zustimmung der Kirche unabanderlich Wenn sich jemand was Gott verhute herausnehmen sollte dieser unserer endgultigen Entscheidung zu widersprechen so sei er ausgeschlossen Nur wenn in aller Form ex cathedra eine Glaubensuberzeugung zum Dogma erklart wird gilt diese als verbindlich und irrtumsfrei Es konnen jedoch nur solche Glaubensuberzeugungen als festzuhalten zum Dogma erklart werden die nicht im Widerspruch zur Bibel und zur apostolischen Tradition stehen wie sie in der katholischen Kirche geglaubt sensus fidei werden Die Intention der papstlichen Unfehlbarkeit ist also dass der Papst bei einem Streit innerhalb der Kirche das letzte Wort hat Das Unfehlbarkeitsdogma darf nicht als Freibrief fur willkurliche Erfindungen interpretiert werden Als unfehlbar gilt nur die dogmatische Aussage die mit der Formel definimus et declaramus oder vergleichbaren Formulierungen eingeleitet wird es gibt keine Pflicht auch die theologischen und historischen Begrundungen und weitergehenden Ausfuhrungen innerhalb des Dokuments in dem ein Dogma definiert wird zu glauben Im Jahr 1854 also bereits vor der Konzilsdefinition gab es bereits eine Verkundung die dessen Bedingungen erfullte namlich die von der Unbefleckten Empfangnis Mariae Die romisch katholische Kirche partizipiert an dem Dogma insofern als dadurch Glaubenszweifel ausgeraumt werden entsprechend dem Katechismus der Katholischen Kirche von 1992 889 Um die Kirche in der Reinheit des von den Aposteln uberlieferten Glaubens zu erhalten wollte Christus der ja die Wahrheit ist seine Kirche an seiner eigenen Unfehlbarkeit teilhaben lassen Da das Erste Vatikanische Konzil mit dem Ausbruch des Deutsch Franzosischen Krieges im Juli 1870 abgebrochen wurde sind die Bestimmungen zur Unfehlbarkeit unvollstandig geblieben Uber die Frage der Unfehlbarkeit der Kirche als ganzer und ihres Verhaltnisses zur Unfehlbarkeit des Papstes sowie der Notwendigkeit der Rezeption eines ausgesprochenen Dogmas durch die Kirche gibt es dort keine gleichermassen ausfuhrlichen Bestimmungen wie fur die papstliche Unfehlbarkeit Das Zweite Vatikanische Konzil wiederholte in Lumen gentium die Lehre von der Unfehlbarkeit und integrierte sie in die Lehre vom Kollegium der Bischofe Nr 18 und 25 sowie von der Irrtumslosigkeit der Gesamtheit der Glaubigen Nr 12 Das Bischofskollegium konstituiert sich jedoch nach katholischem Verstandnis nur mit und unter dem Papst so dass ein Bischof ausserhalb der Gemeinschaft mit dem Papst nur unvollstandige Amtsgewalt innehaben kann Anwendung des Dogmas BearbeitenVerglichen mit den Kontroversen welche die Verkundung des Dogmas 1870 hervorrief ist seine praktische Bedeutung sehr gering Nur einmal hat ein Papst Pius XII seither davon Gebrauch gemacht als er 1950 mit dem Schreiben Munificentissimus Deus die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel verkundete Von den vorherigen Lehrakten der Papste gilt stets das Dogma der Unbefleckten Empfangnis Mariens Pius IX 1854 und fast immer auch die Bulle Benedictus Deus uber die sofortige beseligende Gottesschau der Heiligen Benedikt XII 1336 als unfehlbar Der Nachfolger von Pius XII Johannes XXIII erklarte zu Beginn seiner Amtszeit sogar dass er nicht beabsichtige von dem Dogma weiteren Gebrauch zu machen Als Kandidat fur die nachste Dogmatisierung eines Glaubensartikels galt geruchteweise die Coredemptrix Formel die Maria neben Christus zur Miterloserin erklaren soll Allerdings sprach sich Papst Benedikt XVI in seiner Zeit als Kardinal gegen ein solches Dogma aus Daruber hinaus gelten solche Dogmatisierungen wie die Dogmen der unbefleckten Empfangnis und der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel heute vielen als nicht opportun zumal sie auch dem ursprunglichen Sinn dogmatischer Definitionen nicht entsprechen in einer aktuell heftig umstrittenen Glaubensfrage eine verbindliche Entscheidung herbeizufuhren Allerdings proklamierte Papst Paul VI anlasslich des Konzils 1964 die Jungfrau Maria zur Mater Ecclesiae zur Mutter der Kirche Das zeitgleich beschlossene Schlusskapitel von Lumen gentium enthalt nach Auffassung von Papst Johannes Paul II alle wesentlichen Aussagen zu Maria so dass mit weiteren Dogmen die nur mehr schmuckende Wirkung hatten nicht mehr zu rechnen ist Ausformungen und theologische Diskussion BearbeitenDie Unfehlbarkeit wurde auch innerhalb der Kirche durchaus kritisch betrachtet und fuhrte beispielsweise zur Trennung zwischen den Altkatholiken und den romischen Katholiken 7 Anderen ging die Definition des Ersten Vatikanischen Konzils nicht weit genug Uber die Definition des Konzils hinaus wird die Unfehlbarkeit gelegentlich auch anderen Rechtsinstanzen der romisch katholischen Kirche zugeschrieben In jedem Fall gelten jedoch die Elemente obiger Definition fur die Unfehlbarkeit als unverzichtbar So muss die als unfehlbar vorgetragene Lehre vom Papst mit verkundet werden und bei der Verkundigung der Lehre muss hinreichend deutlich auf die Unfehlbarkeit der Lehrentscheidung verwiesen werden Der Papst im Allgemeinen Bearbeiten Nach obiger Definition der Unfehlbarkeit gelten Entscheidungen des Papstes in Glaubensfragen nur dann als unfehlbar wenn er ex cathedra spricht Dies beinhaltet dass er seine Aussage sinngemass als endgultig und verbindlich bezeichnen muss Daruber hinaus wird gelegentlich irrtumlich die Meinung vertreten er sei immer dann unfehlbar wenn er sein Lehramt ausube beispielsweise bei Predigten Apostolischen Rundschreiben oder Enzykliken In der Kirchengeschichte finden sich einige Male irritierende Lehrmeinungen von Papsten die spater von anderen Papsten oder Konzilien als Irrtumer beurteilt wurden So fanden sich bei Liberius uneindeutige Positionen zum Arianismus bei Honorius I ein verdachtiger Vorschlag zum Monotheletismus bei Nikolaus I eine fur ungenugend erachtete Taufformel und bei Johannes XXII die Ablehnung der visio beatifica der Verstorbenen vor der Auferstehung des Fleisches vgl Benedictus Deus Diese Lehrmeinungen wurden auch brieflich oder als Predigten und somit im Rahmen des gewohnlichen Lehramts vorgetragen jedoch nie mit Entscheidungsanspruch in der Sache Die Zahl der unsicheren Falle ist aber extrem gering Der haufig als Beweis papstlichen Irrtums zitierte Fall Galileo Galilei betrifft das papstliche Amt nur mittelbar da die sehr komplexe Materie von einer nachgeordneten Stelle beurteilt wurde Ausserdem betraf der theologische Streitpunkt die Bibelauslegung nicht aber den wissenschaftlichen Erkenntnisstand Fur diesen ist das Papsttum nach eigener Auffassung jedenfalls unzustandig da wissenschaftliche Erkenntnisse nie Teil der gottlichen Offenbarung sind Dem Papst wird aber auch in Ausubung seines ordentlichen Lehramts keine definitive Unfehlbarkeit zugestanden Trotzdem gilt ein Vertrauensprinzip uber den schmalen Bereich expliziter Definitionen hinaus Was die Kirche in breiter Kontinuitat ununterbrochen lehrt darauf darf der Glaubige sich im Wesentlichen verlassen Die umstrittene Enzyklika Humanae vitae betreffend sagt etwa eine wachsende Zahl von moraltheologischen Experten dass zuverlassig nicht sundigt wer dieser papstlichen Affirmation des uberlieferten Ehebildes folgt Explizite Definitionen zur Sittenlehre hat das kirchliche Lehramt allerdings bislang noch nicht ausgesprochen Es ist im Allgemeinen zu vermuten dass die Bischofe oder der Papst in Ausubung des ordentlichen Lehramtes die wahre Lehre Christi verkunden Dies gilt allenfalls nicht bei bekannten Haretikern Auch ist der Papst nicht sundenfrei weshalb er wie andere Glaubige die Beichte ablegt 8 Bei einer Begegnung im Bistum Aosta am 25 Juli 2005 ausserte sich Papst Benedikt XVI zur Unfehlbarkeit mit den Worten aber ich mochte auch sagen dass der Papst kein Orakel und wie wir wissen nur in den seltensten Fallen unfehlbar ist 9 Bischofe Bearbeiten Gelegentlich wird einzelnen Bischofen oder bestimmten Bischofsversammlungen die Unfehlbarkeit zugesprochen Allerdings wurden in der Kirchengeschichte jedoch sowohl von einzelnen Bischofen als auch von Bischofskollegien Meinungen gelehrt die spater von der Kirche als Haresie abgelehnt wurden Ein Beispiel sind die Beschlusse des Konzils von Ephesos von Ephesus im Jahr 449 Raubersynode die im Jahr 451 vom Konzil von Chalkedon abgelehnt und zuruckgewiesen wurden 10 Aus diesem Grund wird einzelnen Bischofen und Bischofssynoden nicht die Unfehlbarkeit zugestanden Den Bischofen im Allgemeinen und in ihrer kollegialen Gesamtheit wird die Unfehlbarkeit zwar zugestanden und diese Unfehlbarkeit ist theoretisch unterschieden von der des Papstes doch gilt dies nur fur das eigentliche Bischofskollegium welches den Papst als Oberhaupt enthalt ausgeubt in den Konzilien und im allgemeinen ordentlichen Lehramt siehe unten nicht fur das Bischofskollegium ohne Papst aus dem mithin willkurlich der Bischof von Rom ausgenommen wurde Auch das Bischofskollegium kann somit jedenfalls gegen die Meinung des Papstes keine Unfehlbarkeit beanspruchen Konzilien Bearbeiten Konzilien besitzen gemass katholischer Lehre dann die Unfehlbarkeit wenn sie eine Lehre als endgultig und verbindlich bezeichnen und wenn der Papst dem jeweiligen Dokument zustimmt Allerdings bezieht sich die Unfehlbarkeit nicht auf alle Konzilstexte sondern lediglich auf die hinreichend als unfehlbar gekennzeichneten Passagen Interessant ist dass der Papst ohne Zustimmung eines Konzils mithilfe seiner eigenen Unfehlbarkeit das Konzil jedoch nur in Einheit mit dem Papst mithilfe der Unfehlbarkeit des Bischofskollegiums Glaubenssatze dogmatisieren kann somit ist die Zustimmung eines Konzils zu einem Dogma nicht erforderlich 11 Freilich ist in der Regel davon auszugehen dass der Papst auch in seinem Bereich im Einklang mit dem Bischofskollegium handeln wird so ging den beiden papstlichen Dogmen von 1854 und 1950 eine formelle Befragung des Bischofskollegiums per Enzyklika voraus und diese Lehrakte genossen die Zustimmung der grossen Mehrheit der Bischofe Konzilstexte im Allgemeinen werden nicht als unfehlbare Definitionen angesehen Daruber hinaus wird es bei der grossen Menge veroffentlichter Konzilstexte als vermessen angesehen alle Texte als unfehlbar anzusehen Die Dogmatisierung umfangreicher Abhandlungen wurde eher zu Glaubensunsicherheit denn zu einer Prazisierung des Glaubens fuhren insbesondere wenn der jeweilige Text mehr als eine Interpretation zulasst Daher wurde in vielen Konzilsdokumenten beispielsweise in der Dogmatischen Konstitution uber die Kirche Christi des ersten vatikanischen Konzils genau festgelegt welche Absatze unfehlbar sind Ausserdem werden die als dogmatisch verbindlich verkundeten Glaubensinhalte besonders pragnant formuliert um den Interpretationsspielraum zu reduzieren Jedenfalls als unfehlbar gelten die mit Anathema verbundenen Verwerfungen von falschen Glaubensaussagen 12 Die grosse Masse des mit dem Merkmal der Unfehlbarkeit uberlieferten Lehrguts kommt aus Konzilien Das Zweite Vatikanische Konzil verzichtete darauf neue Glaubenssatze zu verkunden und als dogmatisch endgultig oder verbindlich einzustufen Formulierungen wie wir erklaren feierlich wir lehren endgultig fehlen Papst Johannes XXIII brachte dies zum Ausdruck indem er das Konzil als pastoral im Gegensatz zu definitiv einberief Da den Konzilsvatern andererseits die einschlagigen theologischen Argumente und Formfragen zur Unfehlbarkeit bekannt waren wird davon ausgegangen dass sie absichtlich auf die Dogmatisierung einzelner Aussagen verzichteten Dennoch gelten die wesentlichen Aussagen des II Vaticanum als verbindliche Lehre der Kirche die sich uberdies auf diesem Konzil erstmals ausfuhrlich mit ihrer eigenen Struktur und Aufgabe zusammenhangend befasste Allgemeines und ordentliches Lehramt Bearbeiten Die Gesamtheit der Bischofe ist unfehlbar wenn sie uber den Erdkreis zerstreut eine Glaubens oder Sittenlehre als von allen Glaubigen festzuhaltende Wahrheit vorlegen 13 Gefordert ist hierfur jedenfalls eine praktische Einmutigkeit die den Papst einschliesst Die Schwierigkeit einen solchen Lehrakt feststellen zu konnen fuhrt zu einer heute geringeren Bedeutung dieser Art unfehlbaren Lehrens zumal da etwa gegenuber der Urkirche die Klarung von Streitfragen durch Konzilien und papstliche Dogmen weit fortgeschritten ist Die Catholic Encyclopedia kommentierte Hence for practical purposes and in so far as the special question of infallibility is concerned we may neglect the so called magisterium ordinarium 14 Doch wurde in jungerer Zeit die Frage nach der Frauenpriesterweihe so entschieden indem der Papst die Existenz einer solchen unfehlbaren Lehre amtlich feststellte Ordinatio sacerdotalis vorhergangen war ein Nachweis der Tatsachlichkeit dieser Tradition u a in Inter insigniores Allgemeines Glaubensgut und Tradition Bearbeiten Allgemein nimmt die katholische Kirche an dass das gesamte von Gott in Jesus Christus geoffenbarte Glaubensgut auch Depositum fidei genannt seit der Urkirche vorhanden ist Abschluss der Offenbarung 15 soweit es fur die Kirche notwendig ist Sie nimmt ferner an dass die mit dem Ende apostolischer Zeit vollstandige Offenbarung zwar ortlich und zeitlich begrenzt von Irrtum verfalscht wurde aber von der kirchlichen Tradition im Allgemeinen zuverlassig weitergegeben wurde Zu unterscheiden ist der wesentliche Gehalt des Glaubens von den zeitgebundenen Ausdrucksformen Das Kriterium der Unterscheidung ist dem kirchlichen Lehramt Papst und Bischofen nicht aber einzelnen Bischofen oder Theologen anvertraut Glaubenssatze durfen folglich auch wenn ihr Verstandnis zur Entwicklung fahig ist im Kern nicht dem widersprechen was immer und uberall von der Kirche geglaubt worden ist Dies bedeutet dass der betreffende Glaubenssatz auch unabhangig von einer Dogmatisierung wahr ist dass lediglich die Kirche kein endgultiges Urteil daruber abgegeben hatte Hierbei werden gelegentlich die Irrtumslosigkeit der gottlichen Offenbarung in kirchlicher Tradition des Wortes Gottes selbst mit der papstlichen Unfehlbarkeit verwechselt oder gleichgesetzt Hierbei bezieht sich jedoch die papstliche Unfehlbarkeit auf das papstliche Urteil welche Glaubensinhalte nun der gottlichen Offenbarung entsprechen welche Aussagen aber Verfalschungen darstellen Das Papsttum hat bewusst fast alle Streitfragen der theologischen Schulen bislang offen gelassen so sogar im Fall der Aufnahme Mariens in den Himmel definiert 1950 die Frage ob die Mutter Jesu gestorben ist bevor sie mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde Diese Zuruckhaltung im Amtsgebrauch mahnt dazu das Papsttum nicht vom Unfehlbarkeitsanspruch ausgehend abwarts sondern von seinem taglichen Auftrag im Leben der Kirche her aufsteigend zu verstehen Kritik BearbeitenDer katholische Kirchenhistoriker Hubert Wolf unterzieht das Dogma einer historischen Betrachtung und zitiert dabei den Dogmatiker Johannes Evangelist von Kuhn mit der Frage Ist es moglich bis zum 18 Juli 1870 etwas fur unwahr und von da an fur wahr zu halten Er verdeutlicht das Problem an Papst Honorius I der vom Okumenischen Konzil von Konstantinopel 680 681 als Haretiker verurteilt wurde 16 Im Marz 2016 rief der Theologe Hans Kung in einem offenen Brief an Papst Franziskus zu einer Uberprufung des Unfehlbarkeitsdogmas auf Er sieht durch die Unfehlbarkeitsideologie alle Reformen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil blockiert die eine Revision fruherer dogmatischer Festlegungen erfordert hatten Erst durch eine freie ernsthafte Unfehlbarkeitsdiskussion sei eine wirkliche Erneuerung der Kirche moglich Themen wie die Verstandigung zwischen den Konfessionen die gegenseitige Anerkennung der Amter und des Abendmahls Fragen von Ehescheidung Frauenordination und Zolibat sowie der katastrophale Priestermangel seien sonst nicht zu losen 17 In seiner Antwort begrusste der Papst Kungs Vorstoss eine freie Diskussion uber den seit 1870 geltenden Unfehlbarkeitsanspruch zu ermoglichen 18 Literatur BearbeitenHans Kung Unfehlbar Eine unerledigte Anfrage Erweiterte Neuausgabe Piper Munchen u a 1989 ISBN 3 492 11016 9 Serie Piper 1016 erw Neuausgabe von Unfehlbar Eine Anfrage von 1970 August Bernhard Hasler Wie der Papst unfehlbar wurde Macht und Ohnmacht eines Dogmas Mit einem Geleitwort von Hans Kung 2 Auflage Piper Munchen u a 1980 ISBN 3 492 02450 5 Georgios Metallinos Uber die Unfehlbarkeit des Papstes Geschichte eines Dogmas Edition Hagia Sophia Wachtendonk 2011 ISBN 978 3 937129 72 3 Hubert Wolf Der Unfehlbare Pius IX und die Erfindung des Katholizismus im 19 Jahrhundert C H Beck Munchen 2020 ISBN 978 3 406 75575 0 Weblinks BearbeitenZur Geschichte Weiteres zur Geschichte Quellen Aktuelle Literatur zur Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramts Kirchenlexikon auf katholisch de Eintrag Unfehlbarkeit des Papstes Uberschatzte Dogmen eine Antwort an Dr Heinz Lothar Barth Zusammenfassung einer katholischen Debatte aus dem Jahr 2017Einzelnachweise Bearbeiten Hier ist Leo XIII am Steuerruder der Kirche Gottes Nach einem Gemalde des Kunstmalers Friedrich Stummel in der Wallfahrtskirche von Kevelaer Die katholischen Missionen Freiburg im Breisgau September 1903 Allgemeine Kirchenversammlung im Vatikan 4 Sitzung 1870 Lehrentscheid uber die Kirche Christi 4 Kapitel Das unfehlbare Lehramt des romischen Papstes Dogmatische Konstitution uber die Kirche Lumen gentium Nr 12 1 siehe etwa Berliner Laien Adresse 1869 Hubert Wolf Die Nonnen von Sant Ambrogio Eine wahre Geschichte C H Beck Munchen 2013 ISBN 978 3 406 64522 8 Siehe Glaubenssatz 388 auf den Seiten 234 und 235 in Josef Neuner S J Heinrich Roos S J Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkundigung Vierte verbesserte Auflage herausgegeben von Karl Rahner S J Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1954 Imprimatur 27 Juni 1949 Hubert Jedin Kleine Konziliengeschichte Herder Freiburg 1978 S 124 126 Pepper Curtis Bill Einmal die Woche beichtet der Papst Das Leben im Vatikan Der Spiegel 16 September 1968 Der Papst ist kein Orakel In kath net Katholische Nachrichten 24 August 2005 abgerufen am 11 Februar 2013 Hubert Jedin Kleine Konziliengeschichte Herder Freiburg 1978 S 27 28 Katechismus der Katholischen Kirche Kompendium Pattloch Munchen 2005 S 78 Nr 185 So der sel John Henry Newman vgl Adrian Luchinger Papstliche Unfehlbarkeit bei Henry Edward Manning und John Henry Newman Academic Press Fribourg 2001 S 261 Beachte Einige von diesen wie z B Canon 9 uber die Eucharistie Konzil von Trient verbieten ein bestimmtes kirchliches Gesetz das zum Zeitpunkt der Dogmatisierung galt und oft auch heute noch gilt als unverbindlich zu betrachten Dies bedeutet dann jeweils nicht dass der Gesetzgeber also die Kirche das Gesetz nicht wieder aufheben konnte es bedeutet auch nicht dass der der die Einhaltung des Gesetzes verabsaumt ausser Sunder auch Haretiker ware Ludwig Ott Grundriss der Dogmatik Eintrag Infallibility Katechismus der Katholischen Kirche Kompendium Pattloch Munchen 2005 S 27 Nr 9 Hubert Wolf Krypta Unterdruckte Traditionen der Kirchengeschichte C H Beck Munchen 2015 S 75 ff Der Fehler der Unfehlbarkeit Hans Kung in Suddeutsche Zeitung domradio zur PapstantwortNormdaten Sachbegriff GND 4161643 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Papstliche Unfehlbarkeit amp oldid 234289886