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Als Nervenfaser bezeichnet man den von Gliazellen umhullten Fortsatz einer Nervenzelle beispielsweise das Axon einer Nervenzelle mitsamt seiner Myelinscheide Im peripheren Nervensystem sind mehrere Nervenfasern zumeist durch zusatzliche bindegewebige Hullen zu Nerven zusammengefasst Inhaltsverzeichnis 1 Myelinisierung Myelinisation 1 1 Entwicklung 1 2 Histologie 1 3 Topographie 2 Nervenfaserbundel periphere Nerven 3 Faserqualitaten 3 1 Sensible Nervenfasern 3 2 Motorische Nervenfasern 3 3 Vegetative Nervenfasern 3 4 Einteilung nach Leitungsgeschwindigkeit nach Erlanger Gasser 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseMyelinisierung Myelinisation Bearbeiten nbsp Abb 1 Myelinisierungsstadien des Gehirns nach Paul Flechsig Die dunklen Areale werden fruh die hellgrauen spater und die weissen z T erst wahrend der Pubertat myelinisiert Entwicklung Bearbeiten Myelinisierung wird die mehrfache Umwicklung des Neuriten einer Nervenzelle durch umhullende Gliazellen genannt wodurch das Axon elektrisch derart isoliert wird dass mit Umbau seiner Internodien eine schnellere Erregungsleitung moglich wird Fortsatze von Nervenzellen werden zunachst einfach von Gliazellen umhullt und erst spater manche mehrfach und so zu myelinisierten markhaltigen Nervenfasern Dieser Vorgang lauft ontogenetisch mit einer bestimmten Reihenfolge ab in der sich oft auch eine Abfolge von Schritten der Entwicklungsgeschichte des Nervensystems und des Gehirns widerspiegelt worauf bereits Paul Flechsig 1847 1929 hinwies 1 So werden beispielsweise motorische vor sensiblen myelinisiert und grundlegende Verknupfungen vor zusatzlichen Denn manche Verbindungen konnen erst dann funktional werden wenn andere dies schon sind Doch ist die Ausbildung einer Markscheide keine Voraussetzung fur funktionstuchtige Nervenzellen Zahlreiche Nervenfasern bleiben lebenslang ohne Markscheide marklos und sind doch funktionsfahig etwa im vegetativen Nervensystem im Eigenapparat des Ruckenmarks in der Formatio reticularis des Markhirns selbst in der Retina und im Gehirn Die aufwandige Markscheide erhoht die Leitungsgeschwindigkeit was jedoch erst uber langere Distanzen deutliche Unterschiede macht Myelinisiert werden langere Axone vornehmlich solche von neuronalen Verbindungen die sensorische oder motorische Beziehungen des Korpers in seiner Umwelt tragen oikotroper Bezug somatischer Fasern Denn im Verhaltnis zu anderen Lebewesen spielt die Geschwindigkeit der Reaktion auf einen Reiz eine in Konkurrenz beschleunigt zunehmende Rolle Signalleitungen dagegen die Beziehungen des Korpers als eigene Inwelt vermitteln idiotroper Bezug viszeraler Fasern und auf Funktionen seiner Eingeweide Einfluss nehmen bedurfen dieser Beschleunigung in der Regel nicht Aussprossende Nervenzellfortsatze werden von Gliazellen umgeben bestandige erhalten eine gliare Umhullung viele dann spater wahrend bestimmter Phasen der Entwicklung auch eine regelrechte Myelinscheide oder Markscheide Innerhalb des ZNS wird sie von Oligodendrogliazellen gebildet die aus Neuroepithelzellen des Neuralrohrs hervorgehen Ausserhalb bei den Nervenfasern des peripheren Nervensystems wird diese Aufgabe von Schwann Zellen ubernommen Gliazellen die aus neuroektodermalen Zellen der Neuralleisten hervorgehen Histologie Bearbeiten nbsp Abb 2 Impulsfortleitung an einer myelinisierten NervenzelleUm 1907 beobachtete Ross Granville Harrison in einer Gewebekultur das Auswachsen der Nervenfaser aus der Nervenzelle 2 Die Schwann Zellen wachsen wahrend der Entwicklung der Myelinscheiden Myelogenese oder Markreifung je nach Typ der Nervenzelle bis etwa 50 mal um deren Nervenzellfortsatz herum und wickeln ihn dabei mit Doppellagen ihrer Zellmembran mehrfach ein Eine einzelne Schwann Zelle umwickelt dabei immer nur einen bis 2 mm langen Teilabschnitt eines Axons das Internodium viele Schwann Zellen liegen daher nebeneinander aufgereiht langs dem gemeinsamen Achsenzylinder um das Axon herum 3 Mit zunehmender Anzahl der Wicklungen nimmt der Durchmesser einer Nervenfaser bei gleichem Axondurchmesser zu Je nach Dicke der Myelinscheide bzw Anzahl der Markscheidenlamellen unterscheidet man die markhaltigen Nervenfasern in markreiche stark myelinisierte und markarme Nervenfasern Sogenannte marklose Nervenfasern besser markscheidenlose auch Remak Fasern nach Robert Remak haben keine Markscheide doch im PNS ebenfalls eine Umhullung durch Gliazellen in deren Seitenfalten sie verlaufen Diese einschichtige Hulle isoliert allerdings so wenig dass Aktionspotentiale kontinuierlich weitergeleitet werden mussen weshalb die Erregungsleitung deutlich langsamer ist als bei Axonen in einer Myelinscheide Bei somatischen Nervenfasern die afferent oder efferent die Leibeswand beziehen und so rasche Reaktionen auf Veranderungen der Umgebung vermitteln konnen stellen die markhaltigen Nervenfasern den grossten Anteil Deren Axondurchmesser macht nur noch etwa die Halfte des Nervenfaserquerschnitts aus wegen der dicken Isolierungsschicht Diese erst ermoglicht die sogenannte saltatorische Erregungsleitung mit einer mehrfach erhohten Nervenleitgeschwindigkeit Hierfur bleibt zwischen zwei Schwann Zellen eine kleine Lucke Ranvierscher Schnurring oder Knoten lateinisch nodus genannt und nur noch in diesem nodalen Bereich liegt das Axon so frei dass hier ein Aktionspotential aufgebaut werden kann was je eine gewisse Zeit beansprucht Dagegen wird die stark isolierte internodale Spanne zwischen zwei Schnurringen nun allein durch schnelle elektrotonische Fortleitung uberbruckt sodass die Aktionspotentiale nur mehr sprunghaft auftretend weitergeleitet werden Bei demyelinisierenden Erkrankungen beispielsweise einer Multiplen Sklerose geht abschnittsweise die Myelinscheide um Axone von zentralen Neuronen verloren wodurch diese Erregungsleitung gestort wird was sich unter anderem in Gefuhlsstorungen oder Lahmungen aussern kann Topographie Bearbeiten nbsp Abb 3 Cyto und myeloarchitektonischer Aufbau der Hirnrinde bzw Schichtaufbau des Isocortex Die Laminae II und III sowie die Laminae IV und V wurden auf dieser Illustration zusammengefasst Wie aus Abb 1 hervorgeht ermoglicht die Kenntnis der Reifungsstadien des Gehirns bis hin zur Pubertat eine topographische Beschreibung und Systematisierung des Gehirns im Sinne einer funktionellen Anatomie Eine solche Systematisierung betrifft die Unterteilung in Projektionszentren und Assoziationszentren im Gehirn Es wird auf die entsprechenden Artikel verwiesen Vom zyto und myeloarchitektonischen Aufbau der Hirnrinde wird gesprochen wenn man das Verhaltnis von Zellen und Markfasern in einem bestimmten Hirnabschnitt beschreiben will z B in der Hirnrinde siehe Abb 3 Die Erstellung entsprechender Karten der Hirnrinde in der Strukturen und Funktionen miteinander in Verbindung gesetzt wurden geht auf Karl Kleist 1879 1960 Korbinian Brodmann 1868 1918 Cecile Vogt 1875 1962 und Oskar Vogt 1870 1959 sowie auf Constantin von Economo 1876 1931 zuruck 4 Nervenfaserbundel periphere Nerven Bearbeiten nbsp Die einzelnen ummarkten Nervenfasern werden durch sehr feine Bindegewebslamellen das sogenannte Endoneurium voneinander getrennt Es besteht aus retikularen Fasern und einer Basalmembran Mehrere solcher Fasern werden durch das sogenannte Perineurium zu Faserbundeln Faszikeln zusammengefasst das aus kollagenem Bindegewebe besteht Das Epineurium umhullt schliesslich den gesamten peripheren Nerv d h mehrere Nervenfaserbundel und fixiert diesen im umgebenden Gewebe Diese Bindegewebsumhullung gibt den Nerven eine hohere Elastizitat durch elastische Fasern schutzt vor Druck und sie dient den Schwann Zellen zur Ernahrung da in diesen Bindegewebslamellen die Blutgefasse verlaufen Faserqualitaten BearbeitenDie Versorgung von Organen oder Korperteilen mit Nervenfasern und deren Reizubertragung bezeichnet man als Innervation Nervenfasern oder ganze Nerven konnen nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden nach der Richtung der Erregungsleitung afferent zum ZNS hin und efferent vom ZNS weg nach dem Grad der Myelinisierung und damit auch der Leitungsgeschwindigkeit nach ihrer WirkungNach ihrer primaren Wirkung unterscheidet man drei verschiedene Faserqualitaten sensibel motorisch vegetativ Sensible Nervenfasern Bearbeiten Sensible Fasern leiten Signale von Rezeptorzellen im Korper zum Zentralnervensystem und tragen so zu Empfindungen bei Hinsichtlich der Richtung der Erregungsleitung spricht man auch von afferenten Fasern wobei grob zwischen somatischen Afferenzen von der Leibeswand und viszeralen Afferenzen von den Eingeweiden unterschieden wird Im deutschen Sprachraum werden von den sensiblen haufig sensorische Fasern abgegrenzt Sensorische Fasern leiten Erregungen von spezifischen Sinnesorganen wie der Netzhaut des Auges dem Corti Organ des Innenohrs der Riechschleimhaut der Nase oder den Geschmacksknospen der Zunge Allerdings konnen auch sensible Fasern spezialisierte Nervenendigungen haben wie z B verschiedene Mechanorezeptoren der Haut Im Englischen wird diese Differenzierung nicht gemacht sowohl sensibel als auch sensorisch werden unter dem Begriff sensory zusammengefasst Dem Sensorium zugehorige Fasern werden nochmals unterteilt in speziell somatosensible Fasern Sehen Horen sowie speziell viszerosensible Fasern Riechen Geschmack Neben den allgemein somatosensiblen Fasern Hautsinne Bewegungssinn Kraftsinn gibt es allgemein viszerosensible Fasern die Signale aus inneren Organen zum ZNS leiten und meist zu den vegetativen Fasern gezahlt werden Motorische Nervenfasern Bearbeiten Motorische Fasern innervieren die Skelettmuskeln Dort wird die Erregung uber eine motorische Endplatte auf die Muskelfaser ubertragen und diese zu einer Kontraktion angeregt Gelegentlich werden von den motorischen Nerven die branchomotorischen Nerven abgegrenzt Diese innervieren Skelettmuskeln die aus den Kiemenbogen hervorgehen Nach der Richtung der Erregungsleitung handelt es sich um efferente Fasern Rein motorische Nerven gibt es nicht in als motorisch klassifizierten Nerven laufen stets auch afferente Fasern von den Rezeptoren in den Muskeln Muskelspindel Golgi Sehnenorgan die den aktuellen Tonus des Muskels registrieren Viszeromotorische Nerven innervieren die glatte Muskulatur der Eingeweide und Blutgefasse und gehoren zu den vegetativen Fasern Vegetative Nervenfasern Bearbeiten Als vegetative Fasern bezeichnet man die Nervenbahnen des autonomen vegetativen Nervensystems Sie konnen nach Zugehorigkeit zum jeweiligen System auch als parasympathisch oder sympathisch und auch als enterisch klassifiziert werden Nach ihrer primaren Funktion oder Leitungsrichtung unterscheidet man viszeroafferent oder viszerosensibel viszeroefferent viszeromotorisch an glatte Muskulatur oder sekretorisch an Drusen Einteilung nach Leitungsgeschwindigkeit nach Erlanger Gasser Bearbeiten Fasertyp klasse nach Erlanger Gasser 5 Leitungsgeschwindigkeit Durchmesser efferent zu afferent von Einteilung nach Lloyd Hunt Aa 70 120 m s 10 20 µm Skelettmuskel extrafusal Skelettmuskel Muskelspindel Ia Golgi Sehnenorgan Ib Ab 30 70 m s 7 15 µm Hautrezeptoren Beruhrung Druck Vibration II Ag 15 30 m s 4 8 µm Skelettmuskel intrafusal Ad 12 30 m s 2 5 µm Hautrezeptoren Temperatur schneller Schmerz III B 3 15 m s 1 3 µm praganglionare ViszeroefferenzenC 0 5 2 m s 0 1 1 5 µm postganglionare Viszeroefferenzen langsamer Schmerz Thermorezeptoren IV Siehe auch BearbeitenRenaut KorperchenWeblinks BearbeitenMyelin Projekt Deutschland e V mit Informationen zu Erkrankungen und ForschungEinzelnachweise Bearbeiten Paul Flechsig Anatomie des menschlichen Gehirns und Ruckenmarks auf myelogenetischer Grundlage Thieme Leipzig 1920 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 55 Ulrich Welsch Sobotta Lehrbuch Histologie Zytologie Histologie mikroskopische Anatomie 2 vollig uberarbeitete Auflage Elsevier Urban amp Fischer Munchen u a 2006 ISBN 3 437 44430 1 S 186 188 Alfred Benninghoff u a Lehrbuch der Anatomie des Menschen Band 3 Nervensystem Haut und Sinnesorgane Urban amp Schwarzenberg Munchen 1964 S 234 Der Feinbau der Grosshirnrinde und seine funktionelle Bedeutung Robert F Schmidt Florian Lang Manfred Heckmann Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie 31 uberarbeitete und aktualisierte Auflage SpringerMedizin Verlag Heidelberg 2010 ISBN 978 3 642 01650 9 S 72 Normdaten Sachbegriff GND 4171480 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nervenfaser amp oldid 233968236