www.wikidata.de-de.nina.az
Myelin ist eine Biomembran mit der die Axone der meisten Nervenzellen von Wirbeltieren umwickelt sind Die so gebildete Myelinscheide erhoht die Geschwindigkeit der Erregungsleitung erheblich uber die eines nackten Axons Im Vergleich zu anderen Biomembranen weist Myelin einen besonders hohen Lipidgehalt 70 und einen relativ geringen Proteinanteil 30 1 auf Daher erscheint Myelin in der makroskopischen Sicht weiss weshalb stark myelinisierte Regionen im Zentralnervensystem auch als weisse Substanz bezeichnet werden im Gegensatz zur gering myelinisierten grauen Substanz Auch die schnell leitenden sensorischen und motorischen Axone des peripheren Nervensystems sind myelinisiert Transmissionselektronenmikroskopisches Bild der das Axon konzentrisch umgebenden Myelinscheide Inhaltsverzeichnis 1 Bildung 2 Zusammensetzung 2 1 Lipide 2 2 Proteine 3 Erkrankungen 4 Mausmutanten 5 Historisches 6 QuellenBildung BearbeitenMyelin wird von Zellen gebildet im Zentralnervensystem von Oligodendrozyten im peripheren Nervensystem von Schwann Zellen Dass zentralnervoses Myelin von zellularen Fortsatzen der Oligodendrozyten gebildet wird war lange umstritten und wurde erstmals 1962 von Mary Bartlett Bunge 1931 und Richard P Bunge 1932 1996 in elektronenmikroskopischen Aufnahmen gezeigt Myelin wird haufig als ein spezielles Merkmal der Wirbeltiere angesehen Allerdings besitzen einige wirbellose Tiergruppen funktionale und strukturelle Analogien 2019 wurde in einer Studie nachgewiesen dass durch glyphosathaltige Herbizide wie Roundup bei Zellkulturen von Altweltmausen die Myelinhulle abgebaut und dessen Neubildung verhindert wird Ursachlich hierfur scheint aber nicht Glyphosat selbst sondern enthaltene Hilfsstoffe zu sein 2 3 Zusammensetzung BearbeitenLipide Bearbeiten Die Lipidkomponente 70 besteht zu ca 42 aus Phospholipiden davon 15 Phosphatidylethanolamine Kephaline 10 Lecithine Phosphatidylcholine 9 Phosphatidylserine und 8 Sphingomyeline jeweils bezogen auf den Lipidgehalt 28 Glycolipiden vorwiegend dem fur Myelin typischen Galactocerebrosiden wie N Palmitoylsphingosin b d galactopyranosid 22 Cholesterin und 8 anderen Lipiden 4 Ohne Cholesterin Cholesterol unter den Lipiden kann die Isolations Schicht eines Nervs nicht aufgebaut oder repariert werden Proteine Bearbeiten Fur das Myelin spezifische Proteine sind 5 Basische Myelinproteine oder Basisches Myelinprotein MBP Proteolipid Protein PLP DM20 Myelin assoziiertes Glykoprotein MAG Connexin 32 Cx 32 Cyclische Nukleotid Phosphodiesterase CNP Zentrales Myelin Myelin Oligodendrozyten Glykoprotein MOG Peripheres Myelin Protein Null P0 MPZ Periaxin PRX Peripheres Myelinprotein 22 kDa PMP 22 Erkrankungen BearbeitenErkrankungen bei denen die Myelinscheide geschadigt wird heissen demyelinisierende Erkrankungen und sind oft autoimmun bedingt Genetisch vererbte Erkrankungen die primar das Myelin im Zentralnervensystem betreffen werden als Leukodystrophien bezeichnet Dazu gehoren u a Pelizaeus Merzbacher Krankheit Morbus Krabbe und X chromosomal erbliche Adrenoleukodystrophie Eine Subgruppe erblicher Neuropathien beruht ursachlich auf Mutationen in Genen deren Proteinprodukte fur das Myelin des peripheren Nervensystems relevant sind MPZ PRX PMP22 Diskutiert wird daruber hinaus eine Rolle in der Entstehung psychischer Erkrankungen wie beispielsweise der Schizophrenie Auch bei der perniziosen Anamie die auf einen Mangel an Vitamin B12 zuruckzufuhren ist kommt es zur Degeneration der Myelinscheiden und den dadurch bedingten Ausfallerscheinungen Wie in anderen fetthaltigen Korpergeweben und Organen sowie Muttermilch resultieren aus dem hohen Fettgehalt des Myelins 1 hohe Adsorptionsraten und kumulative Anreicherungen mit neurotoxisch wirksamen Chemikalien welche lipophile bzw fettlosliche Eigenschaften aufweisen beispielsweise mit Halogenkohlenwasserstoffen wie Dioxin Polychlorierte Biphenyle 6 Mausmutanten BearbeitenMause mit spezifischen Defekten in der Myelinisierung werden zur wissenschaftlichen Untersuchung dieses komplexen Vorgangs herangezogen Dies ermoglicht ein besseres Verstandnis der korrespondierenden menschlichen Erbkrankheiten der Leukodystrophien Mausmutante Myelin Gen humane Myelinerkrankungjimpy PLP DM20 Pelizaeus Merzbacher Krankheitrumpshaker PLP DM20 Spastische Paraplegie X chrom SPG 2 shiverer MBP Twitcher Galactocerebrosidase Morbus Krabbe Krabbe SyndromArylsulfatase A Arylsulfatase A Metachromatische Leukodystrophie MLD ALDP Y ALDP Adrenoleukodystrophie X ALD Sphingomyelinase Sphingomyelinase Niemann Pick SyndromHexosaminidase A Hexosaminidase A Tay Sachs SyndromHexosaminidase B Hexosaminidase B Sandhoff KrankheitAspartoacylase ASPA Canavan ErkrankungHistorisches BearbeitenMyelin wurde 1854 von dem Pathologen Rudolf Virchow 1821 1902 mittels Lichtmikroskopie an Gewebeschnitten entdeckt Er fand in Nervenfasern eine Markscheide und schlug vor sie Myelin griech myelos Mark Gehirn zu nennen 7 Der aktuelle Begriff des Myelins in der Biologie und Medizin geht auf detaillierte strukturelle Beschreibungen des Pariser Pathologen Louis Antoine Ranvier im Jahr 1878 zuruck Die fur die Funktion der saltatorischen Erregungsleitung essentiellen ringformigen Aussparungen der Myelinscheide tragen seinen Namen Ranvier Schnurringe Von historischem Interesse ist ein typisches Aufquellen des Myelins in Wasser unter Ausbildung wurmartiger Formen Als weiteres wichtiges Merkmal entdeckte der Frankfurter Arzt Carl von Mettenheimer 1824 1898 im Jahre 1858 die optische Doppelbrechung des Myelins Aus diesen Eigenschaften und aufgrund eigener Experimente folgerte der Karlsruher Physiker Otto Lehmann 1855 1922 der Vater der Flussigkristalle dass es sich beim Myelin um flussige Kristalle handelt genauer um lyotrope Flussigkristalle die sich in Verbindung mit einem Losungsmittel hier Wasser bilden Virchow hat also in der Tat erstmals einen Flussigkristall beobachtet 8 9 Quellen Bearbeiten a b Renate Lullmann Rauch Taschenlehrbuch Histologie 3 Auflage Thieme Stuttgart 2009 ISBN 978 3 13 129243 8 S 189 Fabian Szepanowski Leon Phillip Szepanowski Anne K Mausberg Philipp Albrecht Christoph Kleinschnitz Bernd C Kieseier Mark Stettner Differential impact of pure glyphosate and glyphosate based herbicide in a model of peripheral nervous system myelination In Acta Neuropathologica Band 136 Nr 6 16 November 2018 ISSN 0001 6322 S 979 982 doi 10 1007 s00401 018 1938 4 Daniela Albat Schadigt Glyphosat die Nerven Glyphosat basierte Pflanzenschutzmittel fordern Abbau von Zellen des Nervensystems In scinexx de 3 Dezember 2018 abgerufen am 9 Juni 2019 Eintrag zu Myelin In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 23 April 2021 Klaus Armin Nave Hauke B Werner Myelination of the Nervous System Mechanisms and Functions In Annual Review of Cell and Developmental Biology Band 30 Nr 1 1 Januar 2014 S 503 533 doi 10 1146 annurev cellbio 100913 013101 Umweltbundesamt Dioxine R Virchow Uber das ausgebreitete Vorkommen einer dem Nervenmark analogen Substanz in den tierischen Geweben In Virchows Arch Pathol Anat 6 1854 S 562 572 H R Stegemeyer H Stegemeyer Finally I propose the medullary substance to be named Myelin In Dtsch Med Wochenschr 129 2004 S 2784 2787 Horst Stegemeyer Hans Roland Stegemeyer Die scheinbar lebenden Flussigkristalle In Nachr Chem 52 2004 S 903 908 doi 10 1002 nadc 20040520907 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Myelin amp oldid 236495019