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Otto Lehmann 13 Januar 1855 in Konstanz 17 Juni 1922 in Karlsruhe war ein deutscher Physiker und geistiger Vater der Flussigkristall Forschung Otto Lehmann um 1907 in seinem Labor an der TH Karlsruhe Inhaltsverzeichnis 1 Lebensdaten 2 Flussige Kristalle 3 LCD 4 Otto Lehmann Stiftung 5 Werke 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLebensdaten BearbeitenLehmann studierte zwischen 1872 und 1877 Naturwissenschaften an der Universitat Strassburg und promovierte anschliessend bei Paul Heinrich von Groth dem Begrunder der Zeitschrift fur Mineralogie und Kristallographie 1877 uber physikalische Isomerie Isomere sind Molekule gleicher Summenformeln aber unterschiedlicher Struktur 1 Zunachst wurde er Lehrer fur Physik Mathematik und Chemie an der Mittelschule von Mulhausen im Elsass bevor er am 1 Oktober 1883 als Dozent fur Physik an der damals Kgl Technischen Hochschule in Aachen angestellt wurde 1888 wurde Lehmann als Professor fur Elektrotechnik an das Kgl Sachsische Polytechnikum nach Dresden berufen Doch bereits ein Jahr spater wurde er Nachfolger von Heinrich Hertz am Physikalischen Institut der Technischen Hochschule Karlsruhe mit Lehrauftrag fur Physik und Elektrotechnik Dieser Hochschule deren Rektor er in den Jahren 1900 und 1901 war blieb er bis an sein Lebensende 1922 verbunden Nach 1912 wurde Lehmann mehrfach fur den Nobelpreis vorgeschlagen ohne ihn allerdings je zu erhalten Im Jahr 1891 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewahlt 1909 wurde er ausserordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und im Dezember 1912 korrespondierendes Mitglied der Academie des sciences in Paris 2 Lehmann war Ehrenmitglied der Karlsruher Burschenschaft Tulla 3 Sein Sohn Karl Otto 1903 1976 studierte in Karlsruhe Elektrotechnik und wurde spater dort auch Professor Flussige Kristalle BearbeitenLehmanns wissenschaftliches Lebenswerk lasst sich zusammenfassend beschreiben mit dem Titel seines 1904 in Leipzig erschienenen Hauptwerks Flussige Kristalle 4 Seit den 1870er Jahren untersuchte Lehmann systematisch Kristallwachstum und Modifikationsanderungen kristalliner Substanzen Er benutzte dazu unter anderem ein von ihm 1877 entwickeltes und 1884 und 1890 verbessertes Kristallisationsmikroskop Dieses Mikroskop setzte er ebenfalls zur Untersuchung der inneren Struktur von Korpern ein Seine 1888 89 in Leipzig erschienene Molekularphysik fasst das gesamte damalige Wissen uber die Physik der Materie zusammen So zeigte Lehmann unter anderem auf dass wenn man mit den auf einen festen Korper wirkenden Kraften uber die Elastizitatsgrenze hinausgeht Formveranderungen der Korper eintreten welche man im wesentlichen als ein Uberwinden der Starrheit als ein langsames Fliessen ahnlich dem Fliessen der Flussigkeit ansehen kann Er hatte bereits 1877 beobachtet dass die zahflussige Modifikation des Jodsilbers unter Umstanden oktaedrische Gestalt hat 1888 berichtete der osterreichische Botaniker und Chemiker Friedrich Reinitzer 1857 1927 von der Deutschen Technischen Hochschule in Prag dass er beim Erhitzen und anschliessendem Abkuhlen zweier Substanzen im polarisierten Licht prachtige Farberscheinungen und das gleichzeitige Auftreten von Kristallen und amorpher geschmolzener Masse beobachtet habe Reinitzer hatte Cholesterinbenzoat entdeckt und dabei festgestellt dass diese merkwurdige Substanz bei 145 C schmilzt aber erst bei Temperaturen uber 179 C zu einer klaren Flussigkeit wird Bei Temperaturen uber 145 C und unter 179 C sieht der Stoff milchig trube aus Lehmann untersuchte diese so genannten Reinitzerschen Praparate und erkannte dass Cholesterinbenzoat und das von ihm untersuchte Jodsilber zwischen der flussigen und festen auch noch eine dritte Phase besitzen und in dieser Zwischenphase identische Verhaltensweisen wie etwa eine starke Doppelbrechung unter dem Polarisationsmikroskop zeigen Lehmann begann mit der systematischen Untersuchung der Substanzen und findet in der Folge mehr als 100 Stoffe mit ahnlichem Verhalten Lehmann nannte diese Stoffe fliessende Kristalle 1891 begrundete Lehmann die nach ihm benannte Kristallanalyse Er verglich eine bekannte Verbindung mit der zu untersuchenden auf identische Eigenschaften Dazu benutzte er das von ihm konstruierte Kristallisationsmikroskop Nach Lehmann unterscheiden sich kristalline von amorphen Korpern dadurch dass amorphe Korper keine Wachstumsrichtung aufweisen 1904 veroffentlichte Lehmann als Zusammenfassung seiner Forschungsergebnisse sein Werk Flussige Kristalle Bis zu seinem Tode im Jahre 1922 blieben die flussigen Kristalle zentrales Thema seiner Forschungen Otto Lehmann hinterliess mit diesem Thema ein fur die damalige Zeit nahezu vollig erforschtes Kapitel der Physik Aber eine technische Anwendung fur die von ihm entdeckten Phanomene gab es zunachst nicht So gerieten die flussigen Kristalle und ihr Entdecker fur nahezu sechzig Jahre mehr oder weniger in Vergessenheit LCD BearbeitenErst Ende der 1960er Jahre begann man erneut sich intensiv mit Lehmanns flussigen Kristallen zu beschaftigen 1971 stellte der Schweizer Chemiekonzern F Hoffmann La Roche erste Prototypen von Flussigkristallanzeigen nach dem Prinzip der nematischen Drehzelle LCD Liquid Crystal Display mit organischen Flussigkristallen her Schadt Helfrich Zelle 5 Flussigkristalle zeichnen sich dadurch aus dass innerhalb eines Temperaturbereichs circa 20 C bis 70 C zwischen der normalen flussigen und der festen Phase ein flussiger Zustand gegeben ist in dem sich die Molekule dieser Stoffe in mindestens einer raumlichen Richtung nematische Phase oder zusatzlich in Schichten smektische oder cholesterische Phase einheitlich orientieren Die einzelnen Schichten sind gegeneinander und in sich verschiebbar und drehbar Die Gesamtheit dieser Phasen zwischen isotroper Flussigkeit und Festkorper heisst Mesophase Wie in einem Kristall fuhrt die Ordnung der Molekule hier zu optischen Effekten Doppelbrechung Polarisation des Lichts usw Beim LCD wird durch Anlegen elektrischer Felder die Molekulstruktur in der Mesophase so beeinflusst dass sich die Lichtbrechung des Flussigkristalls reversibel andert das heisst der Flussigkristall nach dem Abschalten des elektrischen Feldes wieder in seinen Ursprungszustand zuruckkehrt Optisch wirkt sich dieses Verhalten im polarisierten Licht zum Beispiel als Helligkeitskontrast aus wodurch eine Anzeige von Ziffern oder Buchstaben moglich wird Vorteil dieser Flussigkristallanzeige ist die extrem geringe elektrische Leistung im Bereich von wenigen µW cm die zum Betrieb eines solchen Displays benotigt wird Nachdem man die Probleme die sich aufgrund der elektrischen Ansteuerung in so genannten Passiv Matrix Anzeigen z B niedriger Kontrast reduzierter Sehrichtungsbereich lange Schaltzeiten ergeben durch die Active Matrix Ansteuerung gelost hatte tauchten Flussigkristallanzeigen Mitte der 1970er Jahre erstmals in Digitaluhren als technische Anwendung auf Mittlerweile sind sie weit verbreitet bei allen moglichen technischen Anwendungen Sie sind preiswert und benotigen kaum elektrische Energie Nach der Art wie sie ihre jeweiligen Bilder bzw Pixel picture elements erzeugen unterscheidet man zwischen TN Twisted Nematic STN Super Twisted Nematic D STN Double Super Twisted Nematic Displays oder sogenannten TFT Thin Film Transistor Displays Bei TFT LCDs wird jedes Pixel durch einen eigenen Transistor angesteuert Otto Lehmann Stiftung BearbeitenSeit 1998 verleiht eine Otto Lehmann Stiftung einen nach dem bedeutenden Physiker benannten Preis zur Forderung wissenschaftlicher Arbeiten von Nachwuchskraften auf dem Gebiet der Flussigkeitskristallanzeige Der Siegeszug und die Verbreitung von tragbaren Rechnern im Notizbuchformat mit Flussigkeitskristallanzeige und der Umstand dass heute kaum eine Maschine ein elektrisches Gerat oder eine technische Anwendung ohne ein LCD auskommt ist der sinnfalligste Beweis fur die enorme technische und wirtschaftliche Bedeutung der Entdeckungen Otto Lehmanns Werke BearbeitenSelbstanfertigung physikalischer Apparate Leipzig 1885 Molekularphysik 2 Bande 1888 89 Leipzig Die Kristallanalyse Leipzig 1891 Elektricitat und Licht Braunschweig 1895 Flussige Krystalle Leipzig 1904 Die scheinbar lebenden Krystalle Esslingen 1907 Die wichtigsten Begriffe und Gesetze der Physik Berlin 1907 Das Kristallisationsmikroskop und die damit gemachten Entdeckungen insbesondere die der flussigen Kristalle Aus der Festschrift der Fridericiana zum 53 Geburtstage Sr Konigl Hoheit des Grossherzogs Friedrich II von Baden Vieweg Braunschweig 1910 Flussige Kristalle und ihr scheinbares Leben Forschungsergebnisse dargestellt in einem Kinofilm Voss Leipzig 1921 Literatur BearbeitenPeter M Knoll Hans Kelker Otto Lehmann Erforscher der flussigen Kristalle Eine Biographie mit Briefen an Otto Lehmann Privatpublikation Ettlingen 1988 Klaus Ricking Otto Lehmann Flussige Kristalle und ihr scheinbares Leben In Peter Johannes Droste Hrsg Made in Aachen Beitrage zur regionalen Technik Wirtschafts und Sozialgeschichte Aachen 2000 S 56 59 Timothy J Sluckin David A Dunmur Horst Stegemeyer Hrsg Crystals that flow Classic papers from the history of liquid crystals Taylor amp Francis London New York 2004 ISBN 0 415 25789 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Otto Lehmann Sammlung von Bildern nbsp Wikisource Otto Lehmann Quellen und Volltexte Otto Lehmann Stiftung Literatur von und uber Otto Lehmann im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Otto Lehmann im Mathematics Genealogy Project englisch Vorlage MathGenealogyProject Wartung id verwendet Verzeichnis der Mitglieder seit 1666 Buchstabe L Academie des sciences abgerufen am 11 Januar 2020 franzosisch Karlsruher Burschenschaft Tulla 1893 1993 Karlsruhe 1993 S 29 Otto Lehmann Flussige Kristalle sowie Plastizitat von Kristallen im allgemeinen molekulare Umlagerungen und Aggregatzustandsanderungen Wilhelm Engelmann Leipzig 1904 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Details dazu von Gerhard H Buntz Twisted Nematic Liquid Crystal Displays TNLCDs Eine Erfindung aus Basel geht um die Welt PDF Nicht mehr online verfugbar In Information Nr 118 der INTERNATIONALEN TREUHAND AG Basel Oktober 2005 archiviert vom Original am 9 Mai 2006 abgerufen am 1 Januar 1970 Normdaten Person GND 116875275 lobid OGND AKS LCCN nr2004024551 VIAF 45065512 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lehmann OttoKURZBESCHREIBUNG deutscher Physiker und Vater der Flussigkristall ForschungGEBURTSDATUM 13 Januar 1855GEBURTSORT KonstanzSTERBEDATUM 17 Juni 1922STERBEORT Karlsruhe Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Lehmann Physiker amp oldid 232799603