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Robert Remak 26 Juli 1815 in Posen 29 August 1865 in Kissingen war ein deutscher Arzt Embryologe und Neurophysiologe sowie Deutschlands erster judischer Privatdozent Er befasste sich wegweisend mit Histologie war einer der Begrunder der Elektromedizin und identifizierte den Erbgrind als Pilzinfektion Er erkannte dass das Froschei eine Zelle ist und sich durch Zellteilungen entwickelt Ausserdem entdeckte er den Achsenzylinder Axon markhaltiger Nerven sowie die marklosen Nerven In der Embryologie erganzte er die bis dahin bekannten zwei Keimblatter um ein drittes 1 2 Robert Remak Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Medizinstudium in Berlin 3 Embryologie und Zellpathologie 4 Galvanotherapie 5 Habilitation 6 Schriften Auswahl 7 Einzelnachweise 8 Literatur 9 WeblinksFamilie BearbeitenRobert Remak war der Sohn des in Posen ansassigen judischen Kaufmanns Salomon Meyer Remak und seiner Frau Friederike Caro Er hatte eine altere Schwester und zwei jungere Bruder Am 8 Juli 1848 heiratete er Feodore Meyer 1828 1863 die Tochter des Bankiers Eli Joachim Meyer 3 Sein Sohn war der Neurologe Ernst Julius Remak Medizinstudium in Berlin BearbeitenRemak besuchte das Konigliche Gymnasium in Posen und legte 1833 sein Abitur ab Anschliessend begann Remak sein Medizinstudium an der Friedrich Wilhelm Universitat Berlin Unklar ist weshalb Remak zum Medizinstudium nach Berlin ging und nicht nach Wien Prag oder einer anderen Stadt wo auch Juden studieren durften Seit 1730 war judischen Burgern der Zugang zum Collegium medico chirurgicum gestattet d h 82 Jahre vor dem Preussischen Judenedikt von 1812 das auch qualifizierten Juden in Deutschland den freien Zugang zu universitaren Lehramtern in Aussicht stellte Das Emanzipationsedikt war die formale Voraussetzung fur die Gleichstellung der Juden mit Christen in Preussen Hintergrund war der Wunsch der preussischen Staatsfuhrung dass dem ausgezeichneten Talent in jedem Stand und Verhaltnis der Zivil und Heeresdienst offenstehen solle 4 Der Qualifikationsnachweis fur die Aufnahme in den Staatsdienst wurde jedoch im Emanzipationsedikt nicht prazisiert so dass die preussische Verwaltung im Laufe der Jahre selbst errichtete Nachweise fur die geforderte Qualifikation in die Zulassungskataloge einzelner Amter aufnahm die dann immer mehr konkretisiert und erweitert wurden und so z T restriktiv ohne Einschaltung ubergeordneter Kontrollorgane von der Verwaltung nach Belieben ausgelebt werden konnten Nur zehn Jahre spater nach Errichtung des Emanzipationsediktes am 18 August 1822 untersagte eine konigliche Verordnung judischen Burgern den Zugang zu Lehramtern ganz 5 Innerhalb dieser zehn Jahre der versuchten Gleichstellung von Juden mit Christen hatten sich nicht mehr als drei judische Wissenschaftler habilitiert und lehrten an Preussens Universitaten Mogliche Grunde fur diesen Gesinnungswechsel in der preussischen Staatsfuhrung Juden nun doch wieder den Zugang zu Lehramtern an der Universitat nicht jedoch den Zugang zur Akademie der Wissenschaften zu versagen konnten die Bedenken der christlich erzkonservativen Verwaltungsstrukturen des koniglichen Kultusministeriums gewesen sein die eine Gefahr in dem aufkommenden Liberalismus des judischen Bildungsburgertum sah Mit diesem historischen Hintergrund der Beschrankung einer zukunftigen akademischen Laufbahn begann Remak im Wintersemester 1833 34 sein Medizinstudium an der Friedrich Wilhelm Universitat in Berlin in welcher zu dieser Zeit 2 561 Studenten eingeschrieben waren Die Gebuhren fur Remaks Vorlesungen in Hohe von 87 Talern und 15 Groschen sind ihm gestundet worden was auf dem Abgangszeugnis von Remak aus dem Jahr 1838 dokumentiert ist Schon wahrend seines Medizinstudiums zeigte sich Remak an neuartigen Untersuchungs und Forschungsverfahren sehr interessiert wie an Arbeiten uber den mikroskopischen Aufbau des Nervensystems zu sehen ist die er im Alter von 21 Jahren eigenstandig publizierte 6 In seiner Studienzeit beschrieb Remak u a erstmals das primitive Band das Axon als leitenden Teil von Nervenfasern 7 8 9 10 Remaks wissenschaftliches Interesse Begabung und handwerkliches Geschick wurden schon fruhzeitig von seinen Universitatsprofessoren erkannt die ihm bereitwillig Mikroskop Praparierwerkzeug und Untersuchungsmaterial fur seine studentischen Forschungsarbeiten zur Verfugung stellten und ihn auch spater tatkraftig forderten und protegierten gegenuber Angriffen der staatlich geforderten Professorenschaft und der ihm misstrauisch gegenuber eingestellten Verwaltung des Kulturministeriums der preussischen Regierung Zu den massgeblichen und langjahrigen Forderern Remaks gehorten u a die Anatomen und Pathologen Johannes Peter Muller und der Berliner Klinikdirektor Johann Lukas Schonlein Beide ermoglichten seine Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Embryologie 1838 wurde Robert Remak mit der die Feinstruktur von Nervengewebe behandelnden Arbeit Observationes anatomicae et microscopicae de systematis nervosi structura promoviert 11 Am 11 Mai 1839 wurde er beschrankt auf die Provinz Posen approbiert im November legte er einen staatlichen Eid fur die Niederlassung als Arzt in der Provinz Posen ab Embryologie und Zellpathologie BearbeitenNach Abschluss seines Studiums war Remak ab 1842 fur mehrere Jahre in Schonleins Berliner Klinik gegen Bezahlung 200 Taler pro Jahr angestellt wo er unter anderem weiteren Forschungen zur mikroskopischen Darstellung der Zellentwicklung Embryogenese und Zellpathologie nachgehen konnte Wahrend dieser Zeit hatte er engen Kontakt zum damaligen Leiter der Universitatspoliklinik Moritz Heinrich Romberg von dem ihm als erstem zivilen Assistenten der Charite zahlreiche Patienten zur Behandlung vorgestellt wurden Gewebsproben fur seine Studien zur Erforschung der Embryogenese und Zellpathologie erhielt er von Johann Friedrich Dieffenbach und dem Leiter der Klinik fur Geburtshilfe Joseph Hermann Schmidt sowie von zahlreichen Kollegen aus Berliner Privatpraxen die den Arbeiten Remaks sehr aufgeschlossen gegenuberstanden 12 Basierend auf diesen Arbeiten identifizierte Remak die drei Keimblatter Ektoderm Mesoderm und Endoderm als Anlage fur die Ausbildung der einzelnen Organsysteme 13 14 Diese Entdeckung Remaks ist Grundlage der modernen Embryologie Im Jahr 1843 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewahlt Robert Remak hatte zudem richtungsweisend Anteil an der Erkenntnis uber das Wachstum von Gewebe bzw der Zellvermehrung 15 Der Pathologe Friedrich Gunzburg aus Breslau und Remak wiesen in Aufsatzen schon 1842 bzw 1852 darauf hin dass sich Tumor und Embryonalzellen durch Teilung des Zellkerns vermehren und nicht wie bis dahin von Theodor Schwann und Rudolf Virchow in der Cytoblastemtheorie vertretenen Meinung durch Vermehrung und Sequestration des Zytoplasma um dann erst den Zellkern mit Hilfe des Zytoplasma zu synthetisieren In der Wissenschaft wurden jedoch Gunzburgs und Remaks fruhen Erkenntnisse uber die vom Kern ausgehende Zellteilung allein Virchow auf Grund seines Aufsatzes uber den Ursprung der Zellvermehrung zugeschrieben 16 17 in welchem dieser vergass die zeitlich alteren Leistungen seiner Kollegen zu erwahnen Diese Ruckstellung seiner wissenschaftlichen Arbeiten und letztendlich Bevorzugung Rudolf Virchows bei der Vergabe des Lehrstuhls uber pathologische Anatomie und Therapie an der Berliner Universitat im Jahr 1856 konnten zu einer gewissen Verbitterung bei Remak gefuhrt haben die sich in einem gespannten Verhaltnis zu Virchow zeigte Unter diesem Gesichtspunkt konnte auch das nicht gerade vorteilhafte Fakultats Gutachten Virchows von 1858 uber die galvanotherapeutischen Versuche Remaks mit der Entgiftung zu sehen sein 18 wobei jedoch gerade diese galvanotherapeutischen Grundlagenversuche ihre spatere vorteilhafte klinische Verwirklichung in der Iontophorese und dem Stangerbad gefunden haben Galvanotherapie BearbeitenRudolf Virchow wurde von der medizinischen Fakultat der Charite Berlin die neu geschaffene ordentliche Professur zuerkannt um die auch Remak sich bemuht hatte Dieser wandte sich nachfolgend dem damals neuartigen Gebiet der Galvanotherapie zu Die Galvanotherapie fand in Europa ihren Einzug in die medizinische Behandlung von Krankheiten mit der Erfindung des Volta Elements durch den Italiener Alessandro Volta der mittels Zink Kupfer Platten die in ein leitendes Dielektrikum getaucht waren einen konstanten Gleichstrom erzeugen konnte Voltasche Saule Systematische Untersuchungen der Wirkung des galvanischen Stromes auf Gesunde und Kranke wurden in Paris von dem Revolutionar Jean Paul Marat veroffentlicht und in London von John Wesley der 1780 ein Buch uber die klinische Anwendung der Galvanotherapie publizierte Der Arzt Golding Bird errichtete im Guy s Hospital in London die erste Abteilung zur Galvanotherapie die in die Londoner Akademie der Wissenschaften eingebunden war 19 In den Anfangen der Galvanotherapie um 1800 war die Erzeugung eines reproduzierbaren elektrischen Stromes fur therapeutische Zwecke mit gleichbleibender Starke noch schwierig Der Arzt Franz Heinrich Martens erkannte dass ein reproduzierbarer galvanischer Strom fur die therapeutische Anwendung unerlasslich war 20 womit er im Gegensatz zu Bischoff Jena und Grapengiesser Berlin stand In der von ihm beschriebenen Galvani Voltaschen Saule kam es immer wieder durch Oxidationsprozesse zur Verringerung der galvanischen Strome die eine Reproduktion der Behandlungsergebnisse erschwerten Inspiriert durch diese ersten erfolgversprechenden galvanotherapeutischen Versuche versuchte Remak diese neuartige Therapieform auch an der Charite zu etablieren Bei seinen Bemuhungen wurde er von verschiedenen Wissenschaftlern unterstutzt Die Physiker Johann Georg Halske und Werner von Siemens stellten Remak die fur den Bau seiner galvanotherapeutischen Vorrichtung dem Galvanoskop notwendigen Gerate und Materialien zur Verfugung Sie waren ihm auch beim Zusammenbau und Betreiben dieser Vorrichtung behilflich 21 Remak nutzte die Erkenntnisse Martens uber die Voltasche Saule und entwickelte sein Galvanoskop das durch Galvanisometer Amperemeter und verbesserter Elektroden den gewunschten reproduzierbaren Stromfluss ergab Remaks Galvanoskop bestand aus Gleichstromquelle Ampere und Voltameter Elektrodenmaterial und Dielektrikum in welches der zu behandelnde Korperteil des Patienten eintauchte Zur gleichen Zeit als Remak sein Werk uber die Galvanotherapie 1858 publizierte veroffentlichten die Bostoner Arzte William F Channing und A C Garrat jeweils ein umfassendes Werk uber die Grundlagen Anwendung und therapeutische Wirkung des galvanischen Gleichstromes das auf ihren eigenen Erfahrungen basierte die sie in den letzten zwanzig Jahren ihrer Arbeit gewonnen hatten Auch hier finden sich umfangreiche Indikationslisten zur Anwendung des galvanischen Gleichstromes 22 23 Breite Unterstutzung fur seine Galvanotherapie fand Remak in der niedergelassenen Berliner Arzteschaft die ihm zahlreiche Patienten zur Behandlung uberwiesen Der Berliner Augenarzt Albrecht von Graefe erhoffte sich von der Anwendung des Galvanoskop bei seinen Patienten neue Therapiemoglichkeiten des okularen Nystagmus 24 Auch Moritz Heinrich Romberg Leiter der damaligen Poliklinik der medizinischen Fakultat Berlin zeigte grosses Interesse an Remaks Versuchen zur Galvanotherapie bei der Diagnostik und Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Migrane Lahmungen Paralysis agitans Parkinson Krankheit und Tabes dorsales Neuro Syphilis 24 In seinem Werk setzte sich Remak auch mit den therapeutischen Indikation der Galvanotherapie auseinander 24 die auf seinen mehr als 1000 therapeutischen Anwendungen basieren Vergleicht man die Indikationen Remaks mit denjenigen zur Anwendung der Iontophorese oder dem Stangerbad so zeigen sich hier grosse Ahnlichkeiten 25 wie z B die Anwendung in der Pravention und Behandlung von Entzundungen Hauterkrankungen und Rheuma auf die auch schon Martens fur seine Voltasche Saule hingewiesen hat 20 Fur alle von Remak aufgestellten Indikation werden in seinem Werk ausfuhrlich wissenschaftlich begrundete Erklarungen in der Anwendung am Menschen und Beispiele von Behandlungen aufgefuhrt Deutlich weist Remak auf die von Martens geforderte arztliche Kompetenz in der Anwendung der Galvanotherapie beim Menschen 26 Bei seiner galvanotherapeutischen Forschung arbeitete Remak eng mit Berliner Privat und staatlichen Gewerbearzten zusammen die ihm Patienten zur Behandlung in seine Privatordination zuwiesen Zahlreiche Besuche in Wien 27 in Paris bei Guillaume Benjamin Duchenne 28 29 und in London wo er vor der Akademie der Wissenschaften seine galvanotherapeutischen Arbeiten referierte stellten den Bezug zum internationalen Umfeld in der Galvanotherapie her 30 Im Rahmen dieser von 1856 bis zu seinem Tod in 1864 intensiv durchgefuhrten Forschungsarbeiten lieferte Remak als erster eine wissenschaftliche Erklarung fur die katalytischen Wirkungen des constanten galvanischen Stromes in der therapeutischen Anwendung am Menschen 24 Damit beschrieb er die unmittelbare Einwirkung des elektrischen Stromes auf entzuendliche Zustaende zahlreicher akuter und chronischer Krankheitsbilder im Zusammenhang mit der mittelbaren Wirkung des elektromagnetischen Feldes die von Jean Louis Jallabert und Marat in Paris aufgefunden aber nicht erklart werden konnten Remak beschrieb unter der Anwendung des Galvanoskop eine Anregung des gesamten Metabolismus mit vermehrtem Abtransport von extrazellularer Flussigkeit aus krankhaftem Gewebe uber die Lymphe Diesen Vorgang bezeichnete Remak als endosmotischen Saftestrom 31 hervorgerufen durch den Aktivionen Effekt Gerade dieser galvanotherapeutische Aktivionen Effekt und das erzielte therapeutische Ergebnis wurden von Remak bei chronischen und rheumatischen Entzundungen mit Gelenkodemen als vorteilhaft beschrieben Zwar hatte Martens schon Kenntnis daruber 32 dass es unter der Anwendung des galvanischen Strom an der Anode zu einer Gelbfarbung von Lackmuspapier Anodenoxydation mit Freisetzung von Wasserstoffionen und an der Kathode zu einer Blaufarbung durch Reduktion und Freisetzung von Hydroxidionen kommt Die therapeutischen Auswirkungen jedoch dieser elektrochemischen Aktivionen Effekt Wirkungen mit Freisetzung von aktivierten Metallionen in das von Remak eingesetzte Dielektrikum waren wegen der Neuartigkeit dieses Verfahrens zum damaligen Zeitpunkt wissenschaftlich noch nicht untersucht und erfuhren erste Erklarungen durch Remak Sein 461 Seiten umfassendes Werk uber die Galvanotherapie deckt nahezu alle Fragen zu dieser neuartigen Therapieform ab Nachvollziehbar ist dass Remak mit seinem damals sehr fortschrittlichen Denkansatz der ganzheitlichen Therapie ohne Berucksichtigung einzelner Organsysteme bei den meisten Mitgliedern der medizinischen Fakultat der Charite nicht auf verstandliche Resonanz gestossen ist Die universitaren Meinungsbildner der Charite zu deren innerem Zirkel sich Remak zeitlebens hingezogen fuhlte vertraten eher die Meinung der individuellen auf einzelne erkrankte Organe bezogenen Therapie die im Gegensatz zu Remaks ganzheitlichem Therapieansatz in Form der neuartigen Galvanotherapie stand Moglicherweise aus diesem Grund wurde seine mehrmals vorgetragene Bitte nach einer eigenen galvanotherapeutisch ausgerichteten Krankenstation in der Charite ahnlich dem Vorbild des Guy s Hospital in London abschlagig beschieden Unterstutzung fur seinen ganzheitlichen galvanotherapeutischen Ansatz mit Aktivionen Effekt Wirkung fand Remak eher bei seinen europaischen Kollegen in Paris und London Die ablehnende Haltung der konservativ medizinischen Kreise der Charite Berlin gegenuber der neuartigen Galvanotherapie ist moglicherweise aus dem Interessenkonflikt zwischen den klassisch medizinischen Verfahren der damaligen Zeit und den sich rasch entwickelnden technischen Neuerungen in der Elektrizitatslehre zu verstehen Habilitation BearbeitenMit Abschluss seines Medizinstudiums 1838 sind bei Remak Bemuhungen festzustellen in der medizinischen Fakultat der Berliner Universitat eine feste Professur und damit Anerkennung regelmassiges Gehalt Forschungsforderung Prufungskompetenz und soziale Sicherheit fur seine bis dahin ungewohnlich erfolgreichen wissenschaftlichen Arbeiten zu bekommen Remaks Bemuhungen in dieser Richtung fielen in eine Zeit der Emanzipation des judischen Bildungsburgertums die sich bis zur Revolution von 1848 hinzog Aufgrund formalrechtlicher Diskriminierungen war es Burgern judischen Glaubens zwischen 1822 und 1848 nicht gestattet ein staatliches Lehramt wie z B eine Professur einzunehmen Remak lehnte es mit seinen fur damalige Verhaltnisse liberal revolutionaren Vorstellungen ab nur deshalb zum Christentum zu konvertieren um sich dadurch Vorteile zu verschaffen Remak erklarte hierzu Auch habe ich von jeher den groessten Widerwillen gegen den Gedanken durch Religionswechsel aeussere Vorteile zu erlangen 33 Wahrend die Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften uberwiegend von wissenschaftlichen Leistungen abhing war die Ernennung zur Professor an den staatlich finanzierten Universitaten grundsatzlich von politischem Wohlverhalten und zweitrangig von der wissenschaftlichen Qualifikation abhangig Die konservativ christlichen Verwaltungsbeamten des preussischen Kultusministeriums die fur die Ernennung der vom Staat finanzierten Professoren und Lehrer verantwortlich waren betrachteten den Neoliberalismus des judischen Bildungsburgertum mit tiefem Misstrauen Namentlich sind hier die staatschristlichen Herren Kulturminister Karl vom Stein zum Altenstein 1770 1840 sein Nachfolger Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn und der erzchristlich antijudaisch ausgerichtete Kultusminister Karl Otto von Raumer 1805 1859 zu nennen die uber lange Jahre hinweg die Habilitation Remaks durch Vorgabe formaljuristischer Bedenken hinsichtlich seiner liberalen Weltanschauung verzogerten So mussten die Forderungen Remaks und seiner Kollegen nach Hinzuziehung der Offentlichkeit bei Promotions und Arztprufungen oder bei Vergabe von akademischen Stellen an der Universitat bzw Stipendien und Forschungsforderungen unter den Kultusministern auf grosses Misstrauen und Zweifel an der Staatstreue Remaks gestossen sein Derartige ganz legitime Forderungen nach Offentlichkeit bei Arztprufungen und Fakultatssitzungen wurden damals von Rudolf Virchow 34 wie auch heute noch in einzelnen Arztekammer der Bundesrepublik Deutschland namlich der Bayerischen Landesarztekammer Munchen mit dem Argument abgelehnt dass es sich nur um Formalien handele und deren Durchfuhrung ein Zeitverlust sei Die eher vorgeschobenen Argumente waren damals aus historischer Sicht bei Remak wie auch heute noch Grund fur Anschuldigungen von Manipulationen und Betrug in der Zulassung zum Facharzt oder zum Ordinariat Der Naturforscher Alexander von Humboldt unterstutzte Remak immer wieder gegen die beruflichen Beschrankungen seiner Widersacher im preussischen Kultusministerium Erst die schriftliche Anweisung von Konig Friedrich Wilhelm IV von Preussen datiert vom 8 Marz 1847 an das Kultusministerium ebnete den formaljuristischen Weg fur Remaks universitare Karriere 35 Remaks langjahriger Forderer Alexander von Humboldt hatte sich an den Konig mit Bitte um Intervention in der Habilitation von Remak gewandt 36 Die hohe Anerkennung die die medizinische Fakultat der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin der wissenschaftlichen Leistung Remaks entgegenbrachte ist daran zu sehen dass Remak als einer der ganz wenigen Habilitanden auf einstimmigen Fakultatsbeschluss hin ohne Habilitationsprufung 1847 die Venia legendi zuerkannt wurde Er musste nur seine in lateinischer Sprache abgefasste Habilitationsantrittsrede mit dem Thema De exudatione materiae fibrinosae in membranis mucosis et glandulis quibusdam occurrente halten 37 38 Virchow empfahl Remak mit einem wohlwollenden Schreiben fur eine o Professur an der Universitat Krakau 39 zu der er von dem Dekan der medizinischen Universitat zu Krakau Fryderik Kasimir Skobel eingeladen worden war Remak lehnte diese Stelle jedoch mit dem in polnischer Sprache verfassten Schriftsatz vom 28 November 1850 an Skobel mit der Begrundung ab keine akademische Vorlesung in polnischer Sprache abhalten zu konnen 40 Allerdings konnten die schon in jungen Jahren als Student erzielten wissenschaftlichen Erfolge bei Remaks Kollegen nicht nur Bewunderung sondern auch Neid hervorgerufen haben Zu Recht war Remak uber Virchows Abhandlung uber die Kernteilung verstort ohne dass er und Gunzburg in dieser beruhmten Arbeit als Mitbegrunder genannt wurden obwohl Gunzburg und Remak nachweislich Jahre vor Virchows Publikation auf die direkte Kernteilung als Grund fur die Gewebsvermehrung hingewiesen hatten Auch die danach erfolgte Bevorzugung Virchows als ordentlicher Professor an der Charite 1856 konnte bei Remak auf Unverstandnis gestossen sein zumal hier keine antijudische Ruckweisung zu erkennen war Remaks Hinwendung zur Galvanotherapie als neuartige medizinische Disziplin entfernte ihn von seinen Professoren Kollegen die sich eher mit greifbaren Fragestellungen aus der Pathologie Chirurgie und Inneren Medizin beschaftigten Diese Distanzierung zeigte sich auch in raumlicher Entfernung vom akademischen Alltag an der Charite durch die Auslagerung seiner galvanotherapeutischen Aktivionen Studien in seine Privatpraxis da ihm keine eigene Krankenstation zu Versuchszwecken in der Charite genehmigt wurde Remak wurde erst 1859 zum ausserordentlichen Professor ernannt 41 Schriften Auswahl BearbeitenVorlaufige Mittheilungen microscopischer Beobachtungen uber den innern Bau der Cerebrospinalnerven und uber die Entwickelung ihrer Formelemente In Archiv fur Anatomie Physiologie und wissenschaftliche Medicin 1836 S 145 161 Observationes anatomicae et microscopicae de systematis nervosi structura Dissertation Berlin 1838 Google Books Ueber die physiologische Bedeutung des organischen Nervensystems besonders nach anatomischen Tatsachen In Monatsschrift fur Medizin Augenheilkunde und Chirurgie 3 1840 S 225 265 Ueber den Inhalt der Nervenprimitivrohren In Archiv fur Anatomie Physiologie und wissenschaftliche Medicin 1843 S 197 201 Neurologische Erlaeuterungen In Archiv fur Anatomie Physiologie und wissenschaftliche Medicin 1844 S 463 472 De exudatione materiae fibrinosae in membranis mucosis et glandulis quibusdam occurrente Habilitationsschrift Berlin 1847 Ueber extracellulare Entstehung thierischer Zellen und uber die Vermehrung derselben durch Theilung In Archiv fur Anatomie Physiologie und wissenschaftliche Medicin 1852 S 47 57 Untersuchungen ueber die Entwicklung der Wirbelthiere Berlin 1850 1855 Ueber die genetische Bedeutung des oberen Keimblattes im Eie der Wirbelthiere Arch Anat Physiol Leipzig 1851 Galvanotherapie der Muskel und Nervenkrankheiten Verlag von August Hirschwald Berlin 1858 Einzelnachweise Bearbeiten Ilse Jahn Hg Geschichte der Biologie Sonderausgabe der 3 Aufl Nikol Hamburg 2004 S 338 und 935 Lexikon der Biologie Remak Robert Heinz Peter Schmiedebach Robert Remak 1815 1865 Ein judischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik Gustav Fischer Stuttgart 1995 Medizin in Geschichte und Kultur 18 H P Schmiedebach Robert Remak Ein judischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik In R Toeller und N Tsouyopoulos Hg Medizin in Geschichte und Kultur Bd 18 Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1995 S 152 Moritz Kalisch Die Judenfrage in ihrer wahren Bedeutung fur Preussen Leipzig 1860 R Remak Vorlaeufige Mitteilungen microscopischer Beobachtungen ueber den innern Bau der Cerbrospinalnerven und ueber die Entwicklung ihrer Formelemente Arch Anat Physiol Muellers Arch Leipzig 1836 S 145 159 R Remak Weitere mikroskopische Beobachtungen ueber die Primitivfasern des Nervensystems der Wirbelthiere N Notiezen Natur Heilk 3 Frorieps N Notiezen 1837 S 36 41 R Remak Vermischte anatomische Beobachtungen N Notiezen Natur Heilk 3 Frorieps N Notiezen 1837 S 150 154 R Remak Neurologische Notiezen N Notiezen Natur Heilk 3 Frorieps N Notiezen 1827 S 216 R Remak Ueber die Verrichtung des organischen Nervensystems N Notiezen Natur Heilk 7 Frorieps N Notiezen 1838 S 65 70 Dissertation Observationes anatomicae et microscopicae de systematis nervosi structura GoogleBooks H P Schmiedebach Robert Remak Ein judischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik In R Toeller N Tsouyopoulos Hrsg Medizin in Geschichte und Kultur Band 18 Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1995 S 118 R Remak Ueber die genetische Bedeutung des oberen Keimblattes im Eie der Wirbelthiere Arch Anat Physiol Leipzig 1851 S 209 210 R Remak Untersuchungen ueber die Entwicklung der Wirbelthiere Berlin 1855 R Remak Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der krebshaften Geschwuelste Dtsch Klin 6 1854 S 170 175 R Virchow Cellular Pathologie Virchows Arch Path Anat Berlin 8 1855 S 3 39 R Virchow Ueber die Theilung der Zellenkerne Virchows Arch Path Anat Berlin 11 1857 S 89 92 H P Schmiedebach Robert Remak Ein judischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik In R Toeller und N Tsouyopoulos Hg Medizin in Geschichte und Kultur Bd 18 Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1995 S H Licht History of Electrotherapy In S H Licht Hg Therapeutic Electricity and Ultraviolet Radiation 2 Ausgabe New Haven 1967 S 1 69 a b F H Martens Vollstaendige Anweisung zur therapeutischen Anwendung des Galvanismus nebst einer Geschichte dieses Heilmittels In der Boeseschen Buchhandlung Meissenfels und Leipzig 1803 S 155 158 R Remak Galvanotherapie der Muskel und Nervenkrankheiten Berlin 1858 Dritter Abschnitt Technische und therapeutische Vorbemerkungen I Vorrichtungen S 253 ff A C Garratt Medical Electricity Embracing Electrophysiology and Electricity as a Therapeutic Boston 1858 Philadelphia 1866 W F Channing Notes on the medical application of electricity Boston 1849 a b c d R Remak Galvanotherapie 1858 VII Therapeutischer Werth des constanten Stromes S 267ff J W Shriber A manual of electrotherapy Lea amp Febiger Philadelphia 1979 USA S 132 ff F H Martens Vollstaendige Anweisung zur therapeutischen Anwendung des Galvanismus nebst einer Geschichte dieses Heilmittels In der Boeseschen Buchhandlung Meissenfels und Leipzig 1803 S 13 f R Remak Ueber die Anwendung elektrischer Stroeme in der praktischen Heilkunde Oesterr Zschr Prakt Heilk 7 1861 S 717 721 R Remak Remarques sur laction du Courant galvanique continu J physiol Paris 3 Brown Sequards Journal 1860 S 439 442 Duchenne De L electrisation localisee Paris 1850 S 8 R Remak On the therapeutical action of the constant galvanic current Medical Times and Gazette London 1858 Vol 14 No 410 S 479 480 R Remak Galvanotherapie 1858 VII Therapeutischer Werth des constanten Stromes S 317 F H Martens Vollstaendige Anweisung zur therapeutischen Anwendung des Galvanismus nebst einer Geschichte dieses Heilmittels In der Boeseschen Buchhandlung Meissenfels und Leipzig 1803 S 98 Moritz Kalisch Die Judenfrage in ihrer wahren Bedeutung fur Preussen Leipzig 1860 S 23 H P Schmiedebach Robert Remak Ein judischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik In R Toeller und N Tsouyopoulos Hg Medizin in Geschichte und Kultur Bd 18 Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1995 S 47 Moritz Kalisch Die Judenfrage in ihrer wahren Bedeutung fur Preussen Leipzig 1860 S 26 Moritz Kalisch Die Judenfrage in ihrer wahren Bedeutung fur Preussen Leipzig 1860 2 24 26 Habilitationsschrift De exudatione materiae fibrinosae in membranis mucosis et glandulis quibusdam occurrente UA HU Berlin Med Fak Nr 36 Bl 27 Fakultatssitzung vom 28 September 1847 R Virchow Brief von Virchow an Remak uber Professur in Krakau 8 Dezember 1850 StaBi Preussischer Kulturbesitz in Berlin Autographenabteilung NL Remak 187 Kasten 5 H P Schmiedebach Robert Remak Ein judischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik In R Toeller und N Tsouyopoulos Hg Medizin in Geschichte und Kultur Bd 18 Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1995 S 253 Barbara I Tshisuaka Remak Robert 2005 S 1232 Literatur BearbeitenAlexander Nowicki Darstellung der Beziehung J L Schonlein und R Remak anhand uberlieferten Schrifttums Erste Schritte auf dem Gebiet der medizinischen Mykologie Medizinische Dissertation Wurzburg 1985 H P Schmiedebach Robert Remak Ein judischer Arzt im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik In R Toeller und N Tsouyopoulos Hg Medizin in Geschichte und Kultur Bd 18 Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1995 Pagel Remak Robert In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 28 Duncker amp Humblot Leipzig 1889 S 191 f Heinz Peter Schmiedebach Remak Robert In Neue Deutsche Biographie NDB Band 21 Duncker amp Humblot Berlin 2003 ISBN 3 428 11202 4 S 410 f Digitalisat Barbara I Tshisuaka Remak Robert In Werner E Gerabek u a Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 1232 f Weblinks BearbeitenLexikon der Biologie Remak Robert Kulturportal West Ost Remak Robert Biografie auf whonamedit com engl Kurzbiografie und Bibliografie im Virtual Laboratory des Max Planck Instituts fur Wissenschaftsgeschichte engl Normdaten Person GND 118744461 lobid OGND AKS LCCN n87148103 VIAF 64802871 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Remak RobertKURZBESCHREIBUNG deutscher Zoologe Neurologe und PhysiologeGEBURTSDATUM 26 Juli 1815GEBURTSORT PosenSTERBEDATUM 29 August 1865STERBEORT Bad Kissingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Robert Remak Mediziner amp oldid 237472295