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Die Geschmacksknospen oder Schmeckknospen Caliculi gustatorii sind zwiebelformige Strukturen in der Mundschleimhaut von Wirbeltieren 1 Sie beherbergen neben anderen Zelltypen die Sinneszellen des Geschmackssinnes Schematische Darstellung einer Geschmacksknospe Zungenoberflache mit Geschmackspapillen die Geschmacksknospen enthaltenAn der Spitze einer jeden Geschmacksknospe bildet das umgebende Epithel der Schleimhaut eine Offnung Porus gustatorius durch die Speichel und darin geloste Essensbestandteile an die Geschmackssinneszellen gelangen konnen In den Geschmacksporus vorragende Ausstulpungen der Sinneszellmembran ihre apikalen Mikrovilli tragen den Grossteil der molekularen Geschmacksrezeptoren Ein chemischer Kontakt mit diesen reizt die Sinneszelle Ihr Signal wird von Dendriten afferenter Nervenzellen aufgenommen und ins Zentralnervensystem weitergeleitet Diese Nervenfasern verlassen an der Basis eine Geschmacksknospe in der sich dann zumeist Chemorezeptoren fur mehrere Geschmacksqualitaten befinden Gustatorische Wahrnehmung Die Geschmacksknospen der Zunge sind Oberflachenstrukturen zugeordnet den Geschmackspapillen Papillae gustatoriae Bei Saugetieren liegen etwa 75 der Geschmacksknospen in Papillen auf der Zunge die meisten auf dem hinteren Drittel dem Zungengrund zu 2 Der Rest der Geschmacksknospen verteilt sich auf Gaumensegel Nasenrachen Kehlkopf und obere Speiserohre 2 Die Geschmacksknospen der Papillen am Zungengrund werden gereinigt durch kleine serose Spuldrusen Geschmacksdrusen Glandulae gustatoriae oder nach ihrem Entdecker 1872 Viktor von Ebner Rofenstein Ebner Spuldrusen genannt Deren Sekret enthalt zudem unspezifische Lipasen mit Optimum im sauren Bereich Zungengrundlipasen durch deren Wirkung Fettsauren aus Nahrungsfetten freigesetzt werden 3 Inhaltsverzeichnis 1 Geschmackspapillen 2 Innervation 3 Zelltypen 3 1 Verteilung 4 Historisches 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschmackspapillen BearbeitenBis zu hundert Geschmackssinneszellen liegen in einer Geschmacksknospe Mehr als hundert Geschmacksknospen konnen wiederum in einer Geschmackspapille liegen Der erwachsene Mensch hat meist weniger als vierhundert Geschmackspapillen auf der Zunge und insgesamt etwa 9 000 Geschmacksknospen 4 die meisten davon in den Papillen nbsp Ihrer Form nach unterscheidet man die eigentlichen Geschmackspapillen in drei Typen Wallpapillen Papillae vallatae Beim Menschen liegen die etwa ein dutzend Wallpapillen im hinteren Drittel der Zunge Sie sind sehr viel grosser als Pilzpapillen und konnen mehrere hundert Geschmacksknospen enthalten Blatterpapillen Papillae foliatae Die Blatterpapillen haben die Form von dicht hintereinander liegenden Falten Sie befinden sich auf der Seite des hinteren Drittels der Zunge Jede Blatterpapille enthalt etwa 50 Geschmacksknospen Pilzpapillen Papillae fungiformes Sie sind vorwiegend auf den vorderen zwei Dritteln des Zungenruckens verteilt Sie tragen beim Menschen etwa 3 5 Geschmacksknospen Deutlich sichtbar werden sie wenn man Milch getrunken hat Neben diesen Geschmackspapillen kommen auch mechanische Papillen Papillae mechanicae vor die keine Geschmacksreize aufnehmen und Keratingebilde tragen Uber den gesamten Zungenrucken verteilt finden sich Fadenpapillen Papillae filiformes deren Sinneszellen auf mechanische Reize ansprechen und so ein Tastempfinden auf der Zunge vermitteln Sehr dicke und stark verhornte Papillen werden als konische Papillen Papillae conicae bezeichnet sehr flache und dicke als linsenformige Papillen Papillae lentiformes Innervation BearbeitenGeschmackssinneszellen sind sekundare Sinneszellen sie besitzen als spezialisierte Epithelzellen kein eigenes Axon Zur Weiterleitung der Signale in das Zentralnervensystem werden sie von afferenten Nerven innerviert den Geschmacksfasern Der Nervus petrosus major ein Ast des Nervus facialis VII versorgt die Geschmacksknospen des Gaumens Ein weiterer Ast des Nervus facialis die Chorda tympani versorgt die Pilzpapillen in den vorderen zwei Dritteln der Zunge und Teile der Geschmacksknospen in den vorderen Blatterpapillen Der Rest der Blatterpapillen und die Wallpapillen werden von den Zungenasten des Nervus glossopharyngeus IX innerviert Die Geschmacksknospen der Epiglottis werden vom Nervus laryngeus superior einem Ast des Nervus vagus X versorgt Uber welchen Nerv die Geschmacksinformationen der Knospen der Speiserohre und des Nasenrachens weitergeleitet werden ist noch nicht vollig geklart man vermutet dass auch hier die Nervi glossopharyngeus und vagus beteiligt sind 2 Zelltypen BearbeitenIn jeder Geschmacksknospe finden sich beim Menschen etwa 40 60 Sinneszellen des Geschmackssinnes 5 Seit langem ist bekannt dass Geschmacksknospen aus mehreren Zelltypen aufgebaut sind Die heute gebrauchlichste Aufteilung umfasst Typ I bis Typ III Zellen sowie Basalzellen die manchmal auch als Typ IV Zellen bezeichnet werden Die Einteilung beruht ursprunglich auf Beobachtungen von Gewebeschnitten im Elektronenmikroskop und wurde spater durch molekularbiologische Methoden gestutzt 2 Typ I Zellen sind kleiner als Typ II und Typ III Zellen typischerweise elektronendicht weisen mehrere Mikrovilli an ihrer Spitze auf und haben Membranausstulpungen die benachbarte Typ II und Typ III Zellen einhullen Aus diesem Grund wird eine unterstutzende Funktion dieser Zellen vermutet Unterstutzt wird diese Vermutung dadurch dass Typ I Zellen unter anderem GLAST Glutamat Aspartat Transporter exprimieren der sich auch in Gliazellen den unterstutzenden Zellen des Nervensystems findet 2 Typ II Zellen sind weniger elektronendicht und weisen nur einen einzelnen Mikrovillus an ihrer Spitze auf Die genaue Aufgabe der Typ II Zellen ist noch nicht vollstandig geklart Aufgrund des Expressionsmusters ist anzunehmen dass sie einen Grossteil der Geschmacksrezeptoren enthalten Typ II Zellen exprimieren unter anderem a Gustducin eine Untereinheit des in die Geschmackswahrnehmung involvierten G Proteins den Phospholipase Subtyp PLCb2 sowie IP3R3 einen Subtyp des Inositoltrisphosphatrezeptors Aber auch das fur die Reizweiterleitung wichtige Protein Synaptobrevin konnte nachgewiesen werden 2 Typ III Zellen sind ebenfalls wenig elektronendicht und bilden die Synapsen mit afferenten Nervenzellen der drei Hirnnerven Dies spiegelt sich in ihrem Proteinexpressionsprofil wider Man konnte Synaptobrevin SNAP 25 die bei der Transmitterfreisetzung an der Prasynapse beteiligt sind sowie NCAM Neuronales Zelladhasionsmolekul nachweisen Allerdings finden sich auch die fur Geschmackswahrnehmung wichtigen Proteine PLCb2 und IP3R3 in Typ III Zellen 2 Aus den Basalzellen gehen bestandig neue Zellen hervor die die kurzlebigen Geschmackssinneszellen ablosen und erneuern Verteilung Bearbeiten Die Verteilung und die Anzahl der Geschmacksknospen differieren innerhalb der Saugetiere Bei Vogeln tragt die Zunge keine Geschmacksknospen hier sind sie im Rachen lokalisiert Der Wels Ictalurus furcatus hat sogar Geschmacksknospen auf der ganzen Korperoberflache 2010 wurde bekannt dass Saugetiere in der Lunge offenbar auch Rezeptoren fur bittere Stoffe haben Bei Inhalation von Bitterstoffen soll uber diese eine Entspannung der glatten Muskulatur der Bronchien vermittelt werden sodass die Atemwege weiter werden Diese Rezeptoren werden allerdings von Zellen der glatten Atemwegsmuskulatur selbst gebildet die daruber auf Bitterstoffe mit einer Dilatation reagieren konnen von neuronal eingebundenen Sinneszellen sollte man in diesem Zusammenhang also nicht sprechen 6 Historisches BearbeitenDie Geschmacksknospen wurden unabhangig voneinander 1867 von Gustav Schwalbe und dem schwedischen Mediziner Christian Loven 1835 1904 entdeckt 7 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Geschmacksknospe Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Bei Fischen auch in der Aussenhaut etwa an Flossenstrahlen siehe Osphronemidae a b c d e f g D V Smith J D Boughter jr Neurochemistry of the Gustatory System In A Lajtha D A Johnson Hrsg Handbook of Neurochemistry and Molecular Neurobiology Springer US 2007 S 109 135 ISBN 978 0 387 30349 9 Stefan Silbernagl Agamemnon Despopoulos Taschenatlas Physiologie 8 Aufl Thieme Stuttgart 2012 ISBN 978 3 13 567708 8 S 360 Steffen Schaal Konrad Kunsch Steffen Kunsch Der Mensch in Zahlen Eine Datensammlung in Tabellen mit uber 20000 Einzelwerten Springer Verlag 2015 ISBN 978 3 642 55399 8 S 176 google de abgerufen am 10 November 2023 B Lindemann Receptors and transduction in taste In Nature Nr 413 2001 S 219 225 PMID 11557991 ISSN 0028 0836 Bitter taste receptors on airway smooth muscle bronchodilate by localized calcium signaling and reverse obstruction In Nature Medicine 24 Oktober 2010 Sekundar dargestellt als Neu entdeckte Sinneszellen Bitterstoffe konnten gegen Asthma helfen Spiegel Online 25 Oktober 2010 V v Ebner Uber die Spitzen der Geschmacksknospen In Sitzungsber d math phys CI d kon Akad d Wissensch in Munchen vom 5 Mai 1888 S 73 Robert Jutte Geschichte der Sinne Von der Antike bis zum Cyberspace CH Beck Munchen 2000 S 251 ISBN 3 406 46767 9 Normdaten Sachbegriff GND 4412714 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geschmacksknospe amp oldid 238992358