www.wikidata.de-de.nina.az
Der Litteralvertrag lat contractus litteris aus littera Buchstabe Brief daher auch litteris contrahi war im romischen Recht eine Vertragsart des ius civile bei welcher die Verbindlichkeit neben der Einigung durch einen Schriftakt lat transcriptio Umbuchung der die Zahlung ersetzte entstand 1 Der Vertragstyp geht auf die vorklassische Zeit der spaten Republik zuruck 2 Bereits vor Ende der nachfolgenden klassischen Periode im Prinzipat muss er als Rechtsinstitut aufgegeben worden sein denn seine Streichung lasst sich in den Digesten an verschiedenen Stellen nachzeichnen 3 Inhaltsverzeichnis 1 Rechtswesen 2 Abgrenzung und Bedeutung 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenRechtswesen BearbeitenDe facto beruhte der Litteralvertrag auf einem Eintrag ins Haus Kassenbuch codex accepti et expensi 4 in welchem Einnahmen und Ausgaben des pater familias eingetragen wurden Verzeichnet wurden darin Forderungen und Schulden gleichermassen Manthe hebt hervor dass eine Geldforderung dergestalt begrundet wurde dass der Schuldner sie dem Glaubiger in einem Brief antrug litterae und die Eintragung im Haus Kassenbuch Beweiszwecken diente expensilatio Demnach war der Litteralvertrag ein Briefvertrag und nicht allein ein uber das Hausbuch dokumentierter schriftformlicher Vertrag 5 Jakab betont dass Nichtburgern peregrini die als Schuldner keine rechtswirksamen Eintragungen im Kassenbuch vornehmen konnten diese durch eigenhandige Schriftstucke chirographa und Schuldscheine syngrapha ersetzen konnten denn sie erfolgten ebenfalls durch Schriftakt Der Schriftakt war als Urkunde geschaftlicher Rechtsgrund causa obligationis Nach Gaius soll diese Handhabe der hellenistischen Rechtsauffassung gefolgt sein dass die Urkunde konstitutive Wirkung habe und unwiderlegbare Beweiskraft verleihe 6 Schuldbegrundend war nicht die Buchung eines tatsachlich vorgenommenen Zahlungsvorgangs nomina arcaria nomen Forderung 7 im Hausbuch sondern die Lastschrift einer mit dem Einverstandnis des Schuldners tatsachlich nicht vorgenommenen Auszahlung zu Zwecken einer Schuldumbuchung Voraussetzung war eine bestehende Verbindlichkeit die umgebucht werden sollte Die Buchung im Hausbuch selbst diente dann allein Beweiszwecken 8 Mit der Umbuchung wurde das Ziel verfolgt die alte Schuld dadurch zu tilgen dass eine prozessual leichter zu verfolgende Darlehensschuld mutuum begrundet wurde was dem Glaubigerschutzinteresse diente beziehungsweise dass ein Schuldnerwechsel vollzogen wurde 9 Nach sabinianischer Lehre war das Institut dem Schuldneraustausch vorbehalten 10 Fur die Fruhzeit sei nach Kaser noch glaubhaft gemacht dass eine Akzeptilation acceptilatio litteris 11 nicht allein Beweiszwecken diente ihr vielmehr auch schuldaufhebende Wirkung zukam wenn sie verlangt wurde so etwa beim Erlass oder der Schuldtilgung 12 Nach heutigem Rechtsverstandnis ahnelt die Rechtseinrichtung der Novation durch Erneuerung einer Obligation Der einzuschlagende Klageweg war wie aus Darlehen die actio certae creditae pecuniae Abgrenzung und Bedeutung BearbeitenIm romischen Obligationenrecht waren uber die Jahrhunderte und Epochen insgesamt vier verschiedene Vertragstypen relevant die auf jeweils eigener Konzeption beruhten re verbis litteris consensu Im Gegensatz zu den anderen Vertragssystemen hatte der Litteralvertrag keine konstitutive verpflichtungsbegrundende Wirkung sondern diente vornehmlich Beweiszwecken Der alteste konstitutive Vertragstyp war der Verbalvertrag Ihm waren strengrechtliche Wortformeln eigen und Produkt bereits des Zwolftafelgesetzes Wahrend der klassischen Zeit wurde er weitestgehend durch den Konsensualvertrag der formfreie Willenserklarungen zuliess verdrangt und soweit es um die Vermittlung von Besitzverhaltnissen ging kam der Realvertrag in Betracht bei dem eine zusatzliche Sachhingabe notwendig war Die untergeordnete Bedeutung von Litteralvertragen mag daran ablesbar sein 1 dass sie als eigenstandige Kategorie von Vertragen zwar im Anfangerlehrbuch der Institutiones Gai des Juristen Gaius erschienen nicht dagegen beim Fruhklassiker Labeo 13 obwohl vermutet wird dass sie moglicherweise uber ein halbes Jahrtausend bis ins 3 Jahrhundert angewandt wurden 14 Literatur BearbeitenOkko Behrends Der Litteralvertrag zwischen klassischem und vorklassischem Rechtsdenken In Melanges Witold Wolodkiewicz Warschau 2000 S 102 Jan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 4 Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 212 Heinrich Honsell Romisches Recht 5 Auflage Springer Zurich 2001 ISBN 3 540 42455 5 S 101 Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 44732 5 S 76 77 Ralf Michael Thilo Der Codex accepti et expensi im Romischen Recht Ein Beitrag zur Lehre von der Litteralobligation Gottinger Studien zur Rechtsgeschichte 1980 Karl Kroeschell Okko Behrends und Wolfgang Sellert Herausgeber Leopold Wenger Die Quellen des romischen Rechts Schriftenreihe Denkschriften der Gesamtakademie Osterreichische Akademie der Wissenschaften Holzhausen Wien 1953 S 734 841 insb 736 Weblinks BearbeitenRudolf Beigel Rechnungswesen und Buchfuhrung der Romer Bremen 2013Anmerkungen Bearbeiten a b Der romischen Burgern eroffnete Litteralvertrag war eine nur kurz geubte Vertragsart Im Wesentlichen beruhen heutige Kenntnisse uber ihn auf Schriften des hochklassischen Juristen Gaius 3 128 ff Unter Justinian war der Litteralvertrag im Corpus iuris bereits getilgt Digesten 46 3 80 Max Kaser Romische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode in Forschungen zum Romischen Recht Band 36 Verlag Bohlau Wien Koln Graz 1986 ISBN 3 205 05001 0 S 160 ff Rudolf Leonhard Codex accepti et expensi In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band IV 1 Stuttgart 1900 Sp 160 f Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 44732 5 S 76 77 Eva Jakab Chirographum in Theorie und Praxis In Romische Jurisprudenz Dogmatik Uberlieferung Rezeption Festschrift fur Detlef Liebs zum 75 Geburtstag hrsg von Karlheinz Muscheler Duncker amp Humblot Berlin Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge Band 63 S 275 292 277 Heinrich Honsell Romisches Recht 5 Auflage Springer Zurich 2001 ISBN 3 540 42455 5 S 101 Gaius Institutiones 3 131 Gaius Institutiones 3 128 130 Vgl auch Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 212 Gaius Institutiones 3 133 Rudolf Leonhard Acceptilatio In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band I 1 Stuttgart 1893 Sp 138 Max Kaser Romische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode In Forschungen zum Romischen Recht Bd 36 Bohlau Wien Koln Graz 1986 ISBN 3 205 05001 0 S 160 f Digesten 50 16 19 Ulpian 11 ed Jan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 4 Rnr 19 S 44 f Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Litteralvertrag amp oldid 229563167