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Ktesias von Knidos altgriechisch Kthsias Ktesias war ein antiker griechischer Arzt und Geschichtsschreiber Er lebte im spaten 5 und fruhen 4 Jahrhundert v Chr Beruhmt wurde er durch die von ihm verfassten nur fragmentarisch uberlieferten Persika wegen deren romanhaften Charakters er aber auch bis in die neueste Zeit stark kritisiert wurde Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 2 1 Persika 2 2 Indika 2 3 Andere Werke 3 Rezeption und Bewertung 4 Ausgaben und Ubersetzungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenLeben BearbeitenKtesias wurde im karischen Knidos geboren vielleicht um 441 v Chr 1 einer nicht unwichtigen griechischen Stadt an der Westkuste Kleinasiens Er stammte aus einer alten Arztefamilie sein Vater hiess Ktesiarchos oder Ktesiochos 2 Im byzantinischen Lexikon Suda steht zu ihm Ktesias Sohn des Ktesiarchos oder Ktesiochos aus Knidos ein Arzt der in Persien den Artaxerxes der Mnemon genannt wird heilte und die Persika in 23 Buchern schrieb 3 Diese Informationen die auf Ktesias eigene Angaben zuruckgehen werden von der Mehrheit der Gelehrten akzeptiert Als Mitglied einer Asklepiaden Familie war Ktesias beruflicher Werdegang demnach im Grunde vorgezeichnet Er gelangte zu einem unbekannten Zeitpunkt an den Hof des persischen Grosskonigs Artaxerxes II Mnemon allerdings sind die diesbezuglichen Umstande unklar Diodor der im 1 Jahrhundert v Chr eine Universalgeschichte schrieb und Ktesias als Quelle benutzt hat gibt an dass Ktesias als Kriegsgefangener dorthin kam und 17 Jahre in Persien blieb 4 Diodor erwahnt auch dessen medizinische Fahigkeiten manche Forscher nehmen deshalb an dass Ktesias regular an den persischen Hof berufen wurde 5 Die angegebenen 17 Jahre seines Aufenthalts am persischen Hof sind womoglich ebenfalls ungenau 6 und es waren eventuell nur 7 Jahre 7 Jan Stronk von dem die aktuelle Ktesias Edition einschliesslich Ubersetzung stammt nahm weiterhin 17 Jahre fur den Aufenthalt an und glaubt dass Ktesias um 413 v Chr in persische Gefangenschaft geriet und 397 v Chr den Hof wieder verliess Neuerdings halt Stronk aber auch einen Aufenthalt von 7 Jahren am persischen Hof fur denkbar und dass Ktesias insgesamt 17 Jahre in persischen Diensten stand 8 Jedenfalls stand Ktesias zum Zeitpunkt der Schlacht bei Kunaxa im Jahre 401 v Chr offenbar als Leibarzt des persischen Grosskonigs Artaxerxes II Mnemon in dessen Diensten und heilte diesen Xenophon zufolge 9 In seiner Zeit am Hof kummerte sich Ktesias auch um Mitglieder der koniglichen Familie Er scheint die Gunst von Parysatis besessen zu haben Die Details sind allerdings unklar zumal Ktesias seine eigene Rolle am Hof vermutlich ubertrieben dargestellt hat wenngleich er offenbar auch in diplomatischer Mission fur den Grosskonig unterwegs war 398 97 v Chr ist Ktesias wieder nach Hause zuruckgekehrt Er bereiste auch Griechenland selbst nach 393 92 v Chr ist er verstorben 10 Ktesias verfasste nach seiner Ruckkehr nach Knidos mehrere vor allem geschichtliche Abhandlungen von denen jedoch nur Fragmente erhalten sind Die Fragmente der griechischen Historiker Nr 688 Zu beachten ist allerdings dass eine Minderheit innerhalb der modernen Forschung diese Biographie fur weitestgehend fiktiv halt und bezweifelt dass Ktesias dem Grosskonig gedient oder uberhaupt jemals am persischen Hof war wie Marco Dorati siehe unten Werke BearbeitenPersika Bearbeiten Inhalt und UberlieferungSein Hauptwerk sind die Persika Geschichte Persiens in 23 Buchern die Ktesias in ionischem Griechisch verfasste Bereits vor Ktesias hatten Griechen spezielle Werke uber Persien verfasst die als Persika bezeichnet werden Diese Werke waren offenbar eine Reaktion auf die Neugier der Griechen auf diese fur sie fremde Welt und sollten dem griechischen Leser dazu dienen diese besser zu verstehen 11 Allerdings sollten die Persika des Ktesias das wohl beruhmteste und beruchtigtste Werk dieses Genre werden Es handelt sich bei den Persika des Ktesias um eine Schilderung der altorientalisch persischen Geschichte die von der mythischen Zeit des Konigs Ninos die ausfuhrlich behandelt wurde bis in die von Ktesias erlebte Gegenwart reichte In den ersten sechs Buchern der Persika schilderte Ktesias einfuhrend die Geschichte der assyrisch medischen Reiche dieser Teil des Werks war daher auch bekannt als Assyriaka bzw Mediaka bis zur Grundung des persischen Grossreichs Dabei wurden historische Personen mit mythischen vermischt und beispielsweise die sagenhafte Konigin Semiramis behandelt 12 Die eigentliche Geschichte Persiens wurde ab dem 7 Buch behandelt und reichte von Kyros II bis ins Jahr 398 97 v Chr 13 Buch 1 bis 3 Geschichte Assyriens von Ninos bis zum Fall Ninives Ninos errichtet das assyrische Grossreich das nach Ktesias schliesslich umfangreicher gewesen ware als das Perserreich grundet die Stadt Ninos Ninive und heiratet Semiramis Semiramis grundet Babylon und fuhrt Feldzuge bis nach Indien Herrschaft von Sardanapalos wohl angelehnt an Assurbanipal und Revolte der Meder Ende des assyrischen Reiches Buch 4 bis 6 Medische Geschichte von der Herrschaft des Arbakes bis Astyages Buch 7 bis 11 Kyros II Erhebung des Kyros gegen Astyages Sieg gegen diesen und Heirat mit Amytis Krieg gegen Krosus von Lydien Letzte Jahre und Tod des Kyros Buch 12 und 13 Kambyses II bis Xerxes I Eroberung Agyptens Verschworungen am Hof und Thronbesteigung von Dareios I Beginn der Perserkriege Niederlage der Perser und Ermordung des Xerxes Buch 14 bis 17 Artaxerxes I Rebellion in Agypten Eskapaden am Hof und Tod des Artaxerxes Buch 18 Xerxes II bis Dareios II Hofintrigen fuhren zur Ermordung Xerxes II Revolte des Ochos der als Dareios II regiert Erfolglose Rebellionen gegen diesen und erfolglose Verschworungen am Hof sowie Berichte uber weitere Ausschweifungen Buch 19 bis 23 die ersten acht Regierungsjahre von Artaxerxes II Tod Dareios II in Babylon Revolte des jungeren Kyros gegen Artaxerxes der jedoch siegreich bleibt Bericht uber Tissaphernes und der Hilfe die Ktesias dem gefangenen spartanischen Feldherrn Klearchos gewahrt der aber schliesslich stirbt Ktesias wirkt in diplomatischer Mission und kehrt nach Knidos zuruck Als Anhang eine Ubersicht uber die Entfernung von Ephesos nach Baktrien sowie eine Liste der Konige von Ninos bis Artaxerxes II Die Persika sind zwar als Ganzes verloren gegangen von dem Werk ist aber ein knapper Auszug Epitome in der Bibliothek des mittelbyzantinischen Gelehrten Photios erhalten der in mehreren Handschriften uberliefert ist Friedrich Wilhelm Konig nahm an dass Photios nur die Bucher 7 bis 23 im Original vorlagen in jedem Fall ist unklar wie getreu Photios in seinem Exzerpt wiedergab was er bei Ktesias las 14 Ansonsten finden sich neben einem kurzen Papyrusfragment Auszuge aus dem Werk bei mehreren anderen Autoren Eine gewisse Pamphila verfasste bereits im 1 Jahrhundert einen Auszug aus den Persika in drei Buchern wovon aber nichts erhalten ist Einige ausfuhrlichere Fragmente finden sich unter anderem bei Diodor Athenaios Plutarch Vita Artaxerxes II Nikolaos von Damaskus und Aelian wobei die Zuordnung der Passagen als Ktesias Fragmente nicht immer gesichert ist Das zweite Buch Diodors der darin die assyrisch babylonische Zeit schilderte mit einem sehr geringen Wahrheitsgehalt ist anscheinend fast ganz aus Ktesias geschopft Somit ist es moglich sich ein recht gutes Bild vom Aufbau und Inhalt des ktesianischen Werks zu machen Dinon von Kolophon lehnte sich an Ktesias an und schrieb ebenfalls eine persische Geschichte Offenbar wurde Ktesias noch in der Spatantike und in mittelbyzantinischer Zeit gelesen bevor seine Werke verloren gingen 15 Die Darstellungsform von Geschichte in den PersikaKtesias wurde durch seine Persika bald schon als Autoritat fur die Geschichte des Orients betrachtet und von zahlreichen Autoren herangezogen So beliebt die Lekture der Persika des Ktesias offenbar war wenngleich schon in der Antike seine Glaubwurdigkeit nicht unumstritten war so kritisch wird sein Werk in der modernen Forschung betrachtet siehe Rezeption unten Ktesias selbst behauptete in seiner Zeit am Hof eine umfassende Kenntnis der Verhaltnisse des Perserreichs und seiner Geschichte erworben zu haben Schon aufgrund seines langeren Aufenthalts am persischen Konigshof und den daraus gewonnenen intimen Kenntnissen musste man annehmen dass die Geschichte des Ktesias besonders zuverlassig und akkurat sei doch trifft weitgehend eher das Gegenteil zu Allerdings und das ist das Hauptproblem bei jeder Beschaftigung mit dem ktesianischen Werk muss in aller Regel ungewiss bleiben wie genau die Fragmente das Originalwerk widerspiegeln und welche Fehler letztendlich Ktesias selbst anzulasten sind 16 Ktesias machte den Fragmenten zufolge jedenfalls oft ungenaue beispielsweise lag ihm zufolge die Stadt Ninive am Fluss Euphrat und nicht was korrekt gewesen ware am Tigris oder vollig ubertriebene Angaben so zu Heeresstarken auf chronologische Genauigkeit legte er demnach ebenfalls eher weniger Wert So verlegte er etwa die Schlacht von Plataiai vor die Schlacht von Salamis 17 Dennoch polemisiert Ktesias gegen andere Autoren namentlich Herodot wobei er Ktesias fast fortwahrend dem Herodotos Entgegengesetztes berichtet ja ihn sogar in vielen Fallen als Lugner zurechtweist und einen Marchenerzahler nennt 18 Schwerpunkt der Handlung bei Ktesias war offenbar der persische Konigshof wobei er ausfuhrlich diverse Hofintrigen und Skandalgeschichten schilderte und wohl wenigstens teilweise reale Verhaltnisse reflektierte Es ist aber keineswegs gesichert dass Ktesias mit seiner Darstellung die Absicht verfolgte dem griechischen Leser ein negatives Bild des persischen Hofes und seiner Dekadenz zu prasentieren moglich ist durchaus dass er vielmehr die dortigen nicht immer einfachen Verhaltnisse pointiert darstellen wollte Lloyd Llewellyn Jones siehe Bewertung Die Schilderung nahm wenigstens stellenweise romanhafte Zuge an wenngleich Ktesias selbst sich nicht als Romancier verstand sondern als Geschichtsschreiber Immer wieder betonte er denn auch seine besonderen Kenntnisse schmuckte die Handlung aber literarisch reich aus 19 In den Assyriaka werden der Mehrheitsmeinung der Forschung zufolge faktisch keine historischen Informationen vermittelt sondern vielmehr mythische Figuren und weitgehend erfundene Handlungen prasentiert 20 Etwas anders sieht dies jedoch etwa Lenfant die der Meinung ist Ktesias habe das Achamenidenreich als Folie benutzt und nach diesem Modell die Darstellung des Assyrerreichs erstellt 21 Des Weiteren nimmt Lenfant an dass sich in den Assyriaka durchaus einige historische Elemente finden so hinsichtlich Sardanapalos Auch Konig war der Ansicht dass Ktesias auf einheimische persische Traditionen zuruckgriff und diese verarbeitete so konnte der historische Assyrerkonig Sargon II mit Ninos gleichgesetzt werden wenngleich die tendenziosen persischen Berichte die Ktesias verarbeitete nicht mit den historischen Taten ubereinstimmend seien sondern nur Teilaspekte widerspiegeln 22 In der Forschung wird der Wert der dortigen Erzahlung in der Regel aber wie gesagt als ausserst gering bzw als nicht vorhanden betrachtet Die militarischen Auseinandersetzungen zwischen Griechen und Persern ein Hauptmotiv in der Darstellung Herodots spielen hingegen bei Ktesias nur eine untergeordnete Rolle vermutlich ubernahm er fur die Perserkriege davon ausgehend dass die entsprechenden Auszuge die ktesianische Erzahlung einigermassen genau wiedergeben die Darstellung Herodots und schrieb sie einfach teilweise recht willkurlich um 23 Arnaldo Momigliano hingegen glaubte dass Ktesias von Herodot unabhangige Berichte verwertet habe ahnlich auch Dominique Lenfant doch wird dies in der modernen Forschung meistens eher abgelehnt 24 Der Schlussteil der Persika wird aufgrund der von Ktesias selbst erlebten Zeit die auch detaillierter geschildert wurde von mehreren Forschern gunstiger beurteilt und als durchaus brauchbare Quelle angesehen wenngleich auch dieser Teil nicht unproblematisch ist QuellenUnklar ist auf welche Quellen sich Ktesias im Einzelfall gestutzt hat Er wird moglicherweise Persisch gelernt haben und vielleicht Erzahlungen sowie mundliche Berichte deren Zuverlassigkeit freilich fraglich waren fur sein Werk zu benutzen Durch seine Position am Hof hatte Ktesias auch wenigstens die Gelegenheit Berichte von hochstehenden Personen zu erhalten nach manchen Forschern hat er sich aber eher an unzuverlassige Geruchte gehalten Ktesias selbst soll nach Angaben Diodors persische Aufzeichnungen in den koniglichen Archiven benutzt haben Dieser Ktesias sagt also dass er aus den koniglichen Urkunden in welchen die Perser einer Landessitte gemass ihre alte Geschichte verzeichnet haben alles einzelne mit vielem Fleiss erforscht sein eigenes Geschichtswerk daraus zusammengestellt und den Hellenen ubermacht habe 25 Es ist in der modernen Forschung sehr umstritten ob diese Aussage zutreffend ist Schon die Existenz solcher Archive wird bisweilen bezweifelt womit die Grundlage fur eine Bewertung steht oder fallt 26 Doch auch wenn es solche Archive gegeben hat wofur es durchaus mehrere Hinweise gibt ist dennoch unklar ob Ktesias sie auch tatsachlich konsultiert hat Ktesias scheint jedenfalls schriftliche Quellen herangezogen zu haben in Frage kommen vielleicht auch Inschriften 27 Indika Bearbeiten Ktesias schrieb ausserdem uber Indien eine kleinere Schrift in einem Buch die Indika Von dem Werk ist ebenfalls ein Auszug bei Photios uberliefert ansonsten sind noch einige andere Fragmente erhalten denn auch dieses Werk fand offenbar einige Leser 28 Ktesias beschreibt in den Indika den Norden des indischen Subkontinents die Sitten der Bewohner die Fauna und Flora Die Darstellung enthalt durchaus zutreffende Informationen wie zum Beispiel uber den indischen Elefanten oder Arten der Gattung Edelsittiche offenbart daneben aber ebenfalls romanhafte Zuge Laut Photios besass das Werk keinerlei innere Strukturierung vielmehr reihte es verschiedene Themen aneinander Ktesias scheint eine unkritische Sammlung aller Geschichten und Mythen die uber Indien kursierten vorgenommen zu haben Unter anderem berichtet er von Greifen die Gold bewachen von Kynokephaloi wortlich Hundskopfige vielleicht eine Fehlinterpretation eines Kommentars uber niedere Kasten die in Berichten von Zeitgenossen mit den Hunden essen mussten und Mantikoren auch spater immer wieder in Berichten uber Indien erwahnte Fabelwesen mit Lowenkorper Menschenkopf und Skorpionsschwanz Allerdings erschien Indien den Griechen ohnehin als ein legendares Wunderland am Rande der Welt uber das vor dem Alexanderzug nur wenige konkrete Informationen vorlagen Auch Herodot ging in seinen Historien nur knapp auf Indien ein und berichtete ebenfalls von Wundergeschichten so von nach Gold schurfenden riesigen Ameisen 29 Ktesias behauptet nicht Indien selbst bereist zu haben Seine Quellen waren vor allem die Berichte indischer Besucher und baktrischer Handler die er am persischen Hof traf schriftliche Quellen lagen ihm wahrscheinlich nicht vor Einige der phantastischeren Erzahlungen finden Aquivalente in den indischen Traditionen der Zeit sodass auch sie indirekt auf indische Quellen zuruckgehen konnten 30 Zu berucksichtigen ist dass Photios keinen systematischen Auszug aus den Indika anfertigte sondern hauptsachlich fur ihn interessante Episoden herausstellte dennoch ist der Auszug insgesamt wohl recht zuverlassig 31 Felix Jacoby der Ktesias sonst kritisch betrachtete meinte dass die Indika die teilweise scharfe Kritik seit Aristoteles weniger verdienen und es sich bei dem Werk um ein wertvolles Dokument hinsichtlich des Wissensstands der Griechen uber Indien zur damaligen Zeit handle 32 Andere Werke Bearbeiten Ktesias werden noch einige andere Schriften zugeschrieben von denen aber nur sehr wenige Fragmente erhalten sind und uber die daher keine konkreten Aussagen moglich sind 33 Asiatischer Periplus Periploys Ἀsias Periplous Asias oder Periodos der genaue Titel ist unklar in drei Buchern zitiert bei Stephanos von Byzanz Uber die Tribute in Asien Perὶ tῶn katὰ tὴn Ἀsian forwn Peri tōn kata tḕn Asian phorōn vielleicht ein Anhang zu den Persika doch ist dies unklar Uber die Berge Perὶ ὀrῶn Peri oron und Uber die Flusse Perὶ potamῶn Peri potamon zitiert bei Plutarch aber zweifelhaft 34 Eventuell verfasste Ktesias auch medizinische Traktate von denen aber abgesehen von zwei kurzen Zitaten bei Galenos und Oreibasios nichts erhalten ist 35 Rezeption und Bewertung BearbeitenDie Glaubwurdigkeit des Ktesias wurde bereits in der Antike mehrfach angegriffen Aristoteles Arrian sowie Lukian von Samosata der allerdings auch Herodot ahnlich kritisierte und andere betrachteten dessen Werke als Sammlung von Geruchten und Wundergeschichten auch Plutarch ausserte sich eher abfallig uber Ktesias zog ihn aber dennoch heran Ohnehin wurden die Persika offenbar haufig benutzt und beeinflussten das griechische Perserbild erheblich Photios beurteilte Ktesias als klar verstandlich und mit Freuden zu lesen Auch neige Ktesias nicht wie Herodot zu unzeitgemassen Abschweifungen verzichte allerdings nicht auf Fabeln Manchmal verfalle er aber in die Sprechweise des gemeinen Mannes 36 was dem mittelbyzantinischen Klassizisten ein Grauel war Die Indika wurden wohl weniger haufig herangezogen aber auch sie werden von Aristoteles Arrian und Aelian zitiert wenngleich die Autoren meistens ihre Skepsis uber die dortigen Nachrichten zum Ausdruck brachten Die Einschatzung von Ktesias Persika ist bis heute in der Forschung umstritten Einerseits gab und gibt es starke Kritik zum Beispiel wegen zahlreicher nachweisbarer sachlicher Fehler zumal der erste Teil des Werks offenbar fast nur sagenhafte Erzahlungen beinhaltet Einige Gelehrte halten sein Werk eher fur einen historischen Roman besser gesagt als Geschichtswerk mit romanhaften Zugen denn Ktesias ordnete sein Werk eindeutig dem Genre der Historien zu oder eine reine Skandalgeschichte Felix Jacoby Besonders Jacoby der zahlreiche Historikerartikel fur Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft verfasste hat den Quellenwert des Ktesias als ausserst gering aufgefasst und den Autor sehr negativ bewertet Jacobys harsche Kritik beruht aber nicht zuletzt auf dem Umstand dass er Herodot und Thukydides als Massstab ansetzte und dementsprechend viele der folgenden Geschichtsschreiber bei ihm eher schlecht abschnitten 37 In der wissenschaftlichen Kontroverse um Ktesias gibt es inzwischen einen Ansatz der die Frage nach dem Quellenwert der Persika anders stellt Dieser besteht darin dass man Ktesias Werk zwar nicht als sachlich richtige Beschreibung des persischen Hofes nutzen konne da zumindest sehr fraglich sei wie verlasslich seine Angaben im Einzelnen seien wohl aber konne man Ktesias als eine ausgezeichnete Primarquelle fur das Perserbild in der antiken griechischen Geschichtsschreibung nutzen Denn daran dass Ktesias als Grieche fur Griechen schrieb und ein Bild des Orients malte das die Vorstellungen spaterer Generationen mitpragte besteht kein Zweifel Der persische Hof wird der Achamenidenexpertin Heleen Sancisi Weerdenburg zufolge von Ktesias als dekadent charakterisiert 38 Mit seinem Luxus den angeblich zahlreichen Verschworungen sowie den Haremsintrigen wird er der griechischen Welt antithetisch gegenubergestellt Diese Sichtweise sollte das abendlandische Bild vom Orient mit den schon bei Ktesias beschriebenen Stereotypen noch uber viele Jahrhunderte bestimmen Andererseits gilt Ktesias anderen Forschern nach wie vor als Augenzeuge und intimer Kenner des persischen Hofes Selbst ein scharfer Kritiker wie Jacoby gestand ein dass der Schlussteil des Werks anders als der Anfang mit sagenhaften Herrschern und offenbar weitgehend erfundenen Ereignissen eine nicht ganz unwichtige aber freilich dennoch problematische Quelle fur Persien sei Dominique Lenfant warnte 2004 vor einer allzu raschen Verurteilung des Autors der ihrer Meinung nach autochthone Berichte allerdings unkritisch in den Persika verarbeitet habe und fur diese lokalen Berichte eine durchaus gute Quelle sei 39 Lloyd Llewellyn Jones nimmt ahnlich wie Dominique Lenfant an dass Ktesias lokale Erzahlungen verarbeitete sowie reale Einblicke in das Hofleben unter Artaxerxes II bot Er prasentierte dem Leser demnach fur diese Zeit wenigstens eine geschichtliche Erzahlung allerdings nicht aus einer rein griechischen Perspektive 40 Lenfant und Llewellyn Jones gehen davon aus dass Ktesias als Quelle zum Perserreich und nicht nur zum griechischen Perserbild prinzipiell verwendbar sei Demnach konne man Ktesias zwar nicht als guten Historiker betrachten der eingehend sein Material prufte Vielmehr habe er Erzahlungen gesammelt und diese unkritisch verarbeitet spiegele damit aber lokale Sichtweisen getreulich wider Ebenso sei Lloyd Llewellyn Jones zufolge die Darstellung des persischen Hofes vielleicht nicht in allen Details korrekt aber Ktesias habe dennoch das aufgeschrieben was er gesehen und gehort hatte und wie er es interpretierte Ktesias konstruierte demzufolge zwar eine Betrachtung des Orients jedoch keine aus griechischer sondern aus einheimischer Perspektive 41 freilich prasentiert von einem Griechen der sich bemuht habe diese fur die meisten Griechen fremde Welt zu verstehen Marco Dorati hat demgegenuber bereits 1995 die radikale These vertreten Ktesias sei niemals in Persien gewesen zumindest seine autobiographischen Angaben seien daher gefalscht 42 doch hat sich dieser Ansatz nicht durchgesetzt Reinhold Bichler schlug 2004 vor Ktesias als einen Spassvogel zu verstehen der bewusst einen regelrechten Herodot Verriss schrieb 43 Ahnlich wie Bichler betrachtet auch Bruno Bleckmann den Bericht des Ktesias zum Perserkrieg als einen Text mit geringem Quellenwert Bleckmann glaubt aber nicht an ein literarisches Spiel des Verfassers vielmehr meint er Ktesias wollte sich ganz bewusst von Herodot absetzen um seinem eigenen Werk eine Berechtigung zu verschaffen laut Bleckmann eine in dieser Zeit gangige Technik 44 2006 veranstaltete Josef Wiesehofer eine internationale Tagung zu Ktesias die 2011 erfolgte Publikation der Beitrage beleuchtet zahlreiche Aspekte des Werkes neu Nach wie vor stehen jene Forscher die meinen Ktesias als Quelle fur persische Interna verwenden zu konnen jenen gegenuber die dies verneinen Der Ausgang der Debatte in der sich auch unterschiedliche Wissenschaftstraditionen widerspiegeln ist offen Jan Stronk hat vor einigen Jahren darauf hingewiesen dass man Ktesias nicht in erster Linie als Historiker im engeren Sinne verstehen sollte Ktesias habe sich zwar als Autoritat in Bezug auf Persien betrachtet er habe aber keine exakte historische Schilderung beabsichtigt Historische Fakten seien von ihm mit reichen literarischen Ausschmuckungen zu einer neuartigen historisch romanhaften Handlung verarbeitet worden Die Persika seien daher kein historisches Werk im strikten Sinne aber auch keine reine Marchenerzahlung 45 In der jungsten kritischen Ausgabe der Persika betonte Stronk ausserdem dass wir ohnehin nicht sicher sein konnen was Ktesias genau schrieb da Erganzungen Auslassungen und abweichende Interpretationen durch die folgenden Autoren denen wir die Zitate und Zusammenfassungen seines Werkes verdanken nie ausgeschlossen werden konnen 46 Unser Bild von Ktesias sei aufgrund der Uberlieferung grundsatzlich unvollstandig und moglicherweise verzerrt ahnlich ausserte sich Llewellyn Jones der auf das durch andere Autoren gefilterte Ktesiasbild hinwies 47 Die oft kritisierten Persika reflektieren aber auch Stronk zufolge wenigstens teilweise mundliche Uberlieferungen Ausgaben und Ubersetzungen BearbeitenFriedrich Wilhelm Konig Hrsg Die Persika des Ktesias von Knidos Archiv fur Orientforschung Beiheft 18 Graz 1972 Edition und Ubersetzung Dominique Lenfant Hrsg Ctesias de Cnide La Perse l Inde autres fragments Les Belles Lettres Paris 2004 ISBN 2 251 00518 8 massgebliche Edition der Ktesias Fragmente enthalt auch Abschnitte deren Zuweisung an Ktesias von anderen Forschern bestritten wird Rezension Lloyd Llewellyn Jones James Robson Hrsg Ctesias History of Persia Tales of the Orient Routledge London u a 2010 englische Ubersetzung der Persika basierend auf der Edition von Lenfant mit ausfuhrlicher Einleitung Andrew Nichols Ctesias On India and Fragments of His Minor Works London 2011 Andrew Nichols The complete Fragments of Ctesias of Cnidus Diss Gainesville 2008 englische Ubersetzung der Persika und Indika und anderer Fragmente mit Einleitung und einem knappen Kommentar online PDF 2 7 MB Jan P Stronk Hrsg Ctesias Persian History Part I Introduction Text and Translation Wellem Verlag Dusseldorf 2010 ISBN 978 3 941820 01 2 Sammlung aller griechischen lateinischen und weiteren Fragmente mit englischer Ubersetzung und ausfuhrlicher Einleitung Literatur BearbeitenEran Almagor Plutarch and the Persica Edinburgh University Press Edinburgh 2018 Janick Auberger L Inde de Ctesias In Jean Claude Carriere Hrsg Inde Grece ancienne regards croises en anthropologie de l espace Paris 1995 S 39 59 Reinhold Bichler Ktesias korrigiert Herodot Zur literarischen Einschatzung der Persika In Herbert Heftner Kurt Tomaschitz Hrsg Ad fontes Festschrift fur Gerhard Dobesch zum funfundsechzigsten Geburtstag am 15 September 2004 dargebracht von Kollegen Schulern und Freunden Selbstverlag der Herausgeber Wien 2004 S 105 116 online PDF 115 kB Joan M Bigwood Ctesias Indica and Photius In Phoenix 43 1989 ISSN 0031 8299 S 302 316 Bruno Bleckmann Ktesias von Knidos und die Perserkriege Historische Varianten zu Herodot In Bruno Bleckmann Hrsg Herodot und die Epoche der Perserkriege Realitaten und Fiktionen Kolloquium zum 80 Geburtstag von Dietmar Kienast Bohlau Koln u a 2007 ISBN 978 3 412 08406 6 S 137 150 Europaische Geschichtsdarstellungen 14 Jan Boncquet Ctesias Assyrian King List and his Chronology of Mesopotamian History In Ancient Society 21 1990 ISSN 0066 1619 S 5 16 Felix Jacoby Ktesias 1 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XI 2 Stuttgart 1922 Sp 2032 2073 grundlegend Lloyd Llewellyn Jones Ctesias In The Oxford Classical Dictionary 5 Auflage Oxford Classical Dictionary Online Rudiger Schmitt Ctesias In Ehsan Yarshater Hrsg Encyclopaedia Iranica Band 6 4 1993 ISBN 1 56859 007 5 S 441 446 englisch iranicaonline org Stand 15 Dezember 1993 abgerufen am 16 Juni 2011 mit Literaturangaben Carlo Scardino Ktesias von Knidos In Bernhard Zimmermann Antonios Rengakos Hrsg Handbuch der griechischen Literatur der Antike Band 2 Die Literatur der klassischen und hellenistischen Zeit C H Beck Munchen 2014 ISBN 978 3 406 61818 5 S 618 620 Jan P Stronk Ctesias of Cnidus a Reappraisal In Mnemosyne Serie 4 Nr 60 2007 S 25 58 Christopher Tuplin Doctoring the Persians Ctesias of Cnidus Physician and Historian In Klio 86 2004 S 305 347 Josef Wiesehofer Robert Rollinger Giovanni Battista Lanfranchi Hrsg Ktesias Welt Ctesias World Harrassowitz Wiesbaden 2011 ISBN 978 3 447 06376 0 Classica et Orientalia 1 Weblinks BearbeitenOriginaltexteLiteratur von und uber Ktesias von Knidos im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Epitome von Persika und Indika bei Photios englisch LiteraturJona Lendering Ctesias of Cnidus In Livius org englisch Christopher Tuplin Ctesias as Military Historian PDF 504 kB BibliographieMargareta M Berktold Birgit Gufler Irene Huber Inge Klingler Ktesias Bibliographie PDF 109 kB Anmerkungen Bearbeiten So Llewellyn Jones Robson 2010 S 11 Zu seinem Leben und Werk ist Felix Jacobys RE Artikel immer noch grundlegend Jacoby 1922 Suda Stichwort Ktesias Adler Nummer kappa 2521 Suda Online Testimonium 1 Ubersetzung nach Konig 1972 S 199 Diodor Bibliothek 2 32 4 Llewellyn Jones Robson 2010 S 12 Jacoby 1922 Sp 2033 Llewellyn Jones Robson 2010 S 12f Stronk 2010 S 8f Xenophon Anabasis 1 8 Zum moglichen Todeszeitpunkt siehe Stronk 2010 S 11 mit Anmerkung 27 Dominique Lenfant Greek Historians of Persia In John Marincola Hrsg A Companion to Greek and Roman Historiography Oxford u a 2007 S 200ff Dazu siehe auch Konig 1972 S 34ff Zu den diversen Passagen bei Ktesias siehe Jacoby 1922 Sp 2040ff Konig 1972 S 34ff Vgl auch Stronk 2010 S 107ff Eine Auflistung der Autoren in deren Werken Auszuge aus Ktesias nachweisbar sind bietet Llewellyn Jones Robson 2010 S 220 226 Vgl Stronk 2010 S 34f Fragment 13 Auszug bei Photios Testimonium 8a Auszug bei Photios Ubersetzung nach Konig 1972 S 1 Vgl etwa Jacoby 1922 Sp 2063f Jacoby 1922 Sp 2042ff vgl auch den Uberblick bei Stronk 2010 S 32f Siehe allgemein die Einleitung in Lefant 2004 zusammenfassend S XLIIf Konig 1972 S 36f Vgl Bleckmann 2007 Bleckmann 2007 S 139f Diodor Bibliothek 2 32 Fragment 5 Ubersetzung nach Konig 1972 S 161f Zu der Moglichkeit dass solche Archive existierten siehe unter anderem Stronk 2007 S 37ff Stronk 2010 S 16ff und auch Konig 1972 S 33 skeptischer ist Pierre Briant From Cyrus to Alexander Winona Lake 2002 S 6 und S 422ff der aber die Existenz nicht prinzipiell bestreitet Allgemein zu den Quellen siehe Llewellyn Jones Robson 2010 S 55ff Stronk 2010 S 15ff Andrew Nichols Ctesias On India and Fragments of His Minor Works London 2011 kommentierte englische Ubersetzung Stavros Solomou The Indica of Ctesias of Cnidus Dissertation London 2007 Textedition Ubersetzung und Kommentar der Indika Herodot Historien 3 102 Zu Ktesias Quellen zu Indien Richard Stoneman The Greek Experience of India From Alexander to the Indo Greeks Princeton University Press Princeton Oxford 2019 ISBN 978 0 691 15403 9 S 29 32 insbesondere S 29 32 Bigwood 1989 Jacoby 1922 Sp 2037 2039 In englischer Ubersetzung bei Andrew Nichols Ctesias On India and Fragments of His Minor Works London 2011 S 83ff Andrew Nichols Ctesias On India and Fragments of His Minor Works London 2011 S 89f Andrew Nichols Ctesias On India and Fragments of His Minor Works London 2011 S 87f Testimonium 13 Vgl zur Beurteilung des Ktesias in der Forschung etwa Stronk 2007 S 40 43 Heleen Sancisi Weerdenburg Decadence in the empire or decadence in the sources Ctesias from source to synthesis In Dieselbe Hrsg Achaemenid History I Leiden 1987 S 33ff Einleitung in Lenfant 2004 Llewellyn Jones Robson 2010 S 81ff Gegen diese Vermutung dass Ktesias fur diese Zeit eine brauchbare Quelle sei siehe jedoch Carsten Binder Plutarchs Vita des Artaxerxes Ein historischer Kommentar Berlin 2008 etwa S 57f Llewellyn Jones Robson 2010 S 82f Marco Dorati Ctesia falsario In Quaderni di storia 21 1995 S 33 52 Bichler 2004 Bleckmann 2007 Stronk 2007 S 43ff Stronk 2010 S 31ff Llewellyn Jones Robson 2010 S 35f Normdaten Person GND 119379295 lobid OGND AKS LCCN n82006134 NDL 001317697 VIAF 192092583 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ktesias von KnidosALTERNATIVNAMEN Kthsias griechisch KURZBESCHREIBUNG antiker griechischer GeschichtsschreiberGEBURTSDATUM 5 Jahrhundert v Chr GEBURTSORT Knidos KarienSTERBEDATUM 4 Jahrhundert v Chr Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ktesias von Knidos amp oldid 237341516